Читать книгу SchattenSchnee - Nané Lénard - Страница 7

Prolog

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Blut rann in den Schnee. Jeder einzelne Tropfen bahnte sich seinen Weg durch die Kristalle und hinterließ eine rote Spur, bis seine Temperatur so weit gesunken war, dass er plötzlich stoppte und vom Weiß umschlungen wurde. Ein kleines Stück Leben, das einem Körper gehört hatte, der unwiederbringlich verloren war. Noch für eine Weile würde er weiter vom Frost gekühlt werden. Doch dies war kein Ort für die Ewigkeit. Man hatte die Frau sichtbar in diesem Park abgelegt, wie einen Engel. Sie sollte gefunden werden. Nur in ein weißes Spitzenhemd gekleidet lag sie unter der Tanne. Mit ihren toten Armen hatte jemand Flügel in die Schneedecke gemalt. Das hatte nichts Besinnliches.

Es war drei Tage vor dem ersten Advent, aber hier hielt der Totensonntag noch alles fest in seinen Klauen. Die Grabesstille lastete schwer auf Mauern und Wipfeln. Sie wurde jetzt durch das Zwitschern der Wintervögel durchbrochen, denn inzwischen dämmerte es.

Wenn man die Frau genauer ansah, musste man unwillkürlich an das Märchen mit der Eiskönigin denken. Versteinert lag die Tote in einem Bett aus Schnee. Ihre naturblonden Haare waren um den Kopf herum ausgebreitet wie Strahlen um einen Stern. Sie umrahmten ein Gesicht, das sich so wenig vom Weiß des Untergrundes abhob, dass es beinahe damit verschmolz. Möglicherweise war es das Bläuliche, das ihr einen märchenhaften Schimmer verlieh, fast als wäre Eiswasser statt Blut durch ihre Adern geflossen. In ihr konnte sich auf jeden Fall keines mehr befinden, denn es war zur Tinte für einen Todespoeten geworden und hatte dazu gedient, eine Botschaft im Weiß des Winters zu hinterlassen.

SchattenSchnee

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