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Um jeden Preis

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Mit dem Taxi fuhren wir zu der Nachtbar. Sie lag unauffällig im Souterrain einer Häuserreihe. Eine ausgetretene Treppe führte hinunter zum Eingang der Bar.

Die Tür stand bereits offen. Eine Luft, vollgesogen mit Zigarettenqualm und Wodka, quellte uns entgegen.

Von einem kleinen Vorraum, der von einem Zigaretten-automaten dominiert wurde, gelangte man in den Barraum. Rechts erstreckte sich eine lange, dunkel-holzige Bar mit wenigen Barhockern. Gegenüber standen kleine runde Tische mit jeweils drei Stühlen.

Wir gingen den schmalen Gang zwischen Bar und den Tischen entlang. Der Raum öffnete sich nach diesem Bereich in einen größeren, quadratischen Tanzflur. Von diesem gingen links und rechts ebenfalls zwei schmale Gänge mit kleinen, runden Tischen ab. Wir gingen in den linken Gang und setzten uns an den zweiten Tisch.

Als die Kellnerin an unseren Tisch kam, bedeutete Ville ihr, sich zu ihm herunter zu beugen. Er flüsterte ihr etwas ins Ohr, worauf sie verschwand und kurz darauf mit zwei schwarzen Bechern wieder auftauchte, welche sie vor uns abstellte.

Der Duft von frischem Blut drang mir in die Nase. Fragend schaute ich Ville an. Der grinste nur.

„Der Service hier ist unübertroffen in Bukarest.“

Mit dieser Antwort wollte ich mich noch nicht zufriedengeben, was Ville bemerkte. Also erklärte er weiter: „Diese Bar wird von einem Vampir geführt. Ja, er gehört auch dem Gardianul-Clan an. Seine Kellnerinnen sind alle Prostituierte. Entweder bestellst du bei ihnen einen Becher Blut, wie ich es tat, oder du bedienst dich direkt von ihnen. Dazu musst du jedoch einen der Räume am Ende der Gänge aufsuchen. Dort kannst du natürlich auch andere Dinge mit ihnen anstellen. Das Betreten dieser Räume ist für menschliche Gäste jedoch verboten.“

Also ich musste sagen, dass die Welt der Vampire, wie ich sie nun zum ersten Mal kennenlernte, nicht gerade die schönste war. Mit Tristan war alles so romantisch gewesen. Jetzt wirkte es kalt, blutrünstig und pornografisch. Es ging nur um Blut trinken, Morden und Sex. Gab es denn hier überhaupt keine Liebe?

„Gibt es auch Pärchen unter den Vampiren hier?“

„Ein paar wenige. Sie sind eher eine Seltenheit. Auf Grund unserer ewigen Lebenserwartung macht eine feste Bindung wenig Sinn. Es ist unwahrscheinlich für ewig mit einem einzigen Vampir verkehren zu wollen. Aus diesem Grund gibt es zwar immer einmal wieder Partnerschaften, die mehrere Jahrzehnte oder sogar auch mal ein paar Jahrhunderte anhalten können, doch meist wächst bei beiden dann die Lust auf etwas Neues. Hier in Bukarest hat eigentlich jeder einmal mit jedem, wenn du verstehst, was ich meine.“

Das waren ja keine rosigen Aussichten für Tristan und mich. Zwar hielt seine Liebe zu mir auch bereits seit Jahrhunderten. Doch hatte er mich in dieser langen Zeit stets nur wenige Monate begleiten können. Vielleicht würde seine Liebe zu mir ebenfalls nachlassen, wenn er mich fortan Jahrzehnte um Jahrzehnte täglich haben konnte? Eine schreckliche Vorstellung.

Wir nippten an unserem Blut, während sich die Bar füllte. Die ersten Gäste eroberten die Tanzfläche. Die Musik war gut. Das meiste war aus den 80ern.

Gegen Mitternacht mischten sich unter die Menschen nach und nach Vampire. Misstrauisch beäugten sie mich, als würde auf meiner Stirn „Achtung, Neugeborene“ prangen.

Nervös rutschte ich auf meinem Stuhl hin und her. Würden sie mich hier auch auffordern mit in den Park zu kommen, um kein Aufsehen zu erregen?

Ich musste nicht lange auf eine Antwort warten. Keine fünf Minuten später kam ein Vampir an unseren Tisch. Es war kein geringerer als Herr Arroganz persönlich, der Typ aus dem Swingerclub.

„Na, hey! Wir kennen uns doch. Wolltest du mich doch wiedersehen?“

Sein Hochmut war ungetrübt. Ich rollte genervt mit den Augen. Doch auch dies schreckte ihn nicht ab. Unbeeindruckt davon, dass ich mit Ville zusammensaß, strich er mir mit seinem Zeigefinger über meine Wange und über meine Lippen.

„Hübsch siehst du heute wieder aus. Wenngleich auch leider etwas zugeknöpfter als beim letzten Mal“, er grinste dreckig. Ville zog fragend eine Augenbraue hoch.

„Du musst mit mir in den Park kommen“, bestimmte der Typ.

„Das wird das letzte sein, was mir in den Sinn kommt“, gab ich schnippisch zurück.

Der Typ lachte. „Das war keine Bitte. Du bist hier nicht nur mir aufgefallen, meine Süße. Einige aus dem Clan wollen sich mit dir unterhalten.“

Du meine Güte, was hatten die nur alle mit mir.

„Warum?“, wollte ich wissen.

„Das werden sie dir dann schon sagen. Ich bin nur der Überbringer der Nachricht.“

„Wenn sie mit mir reden wollen, müssen sie sich schon selbst herbemühen, um mich zu bitten“, so leicht ließ ich mich nicht einschüchtern.

Villes Augen wurden immer größer. Wahrscheinlich begrub er gerade seine Hoffnung auf einen ruhigen Abend.

„Du bist noch genauso störrisch, wie beim letzten Mal. Das macht mich unglaublich scharf. Ich hoffe, der Clan lässt von dir noch etwas übrig, an dem ich mich dann vergehen darf.“

Angewidert verzog ich den Mund. Noch bevor ich etwas sagen konnte, kam ein zweiter Vampir zu uns an den Tisch.

„Lucian, was ist los? Du sollst dich nicht mit ihr unterhalten, sondern sie mitbringen.“

Ah, Lucian. So hieß der Typ also.

„Und wer bist du?“, wollte ich wissen.

Der neue Vampir blickte mich böse an, wie ich es wagen konnte, auf diese Art mit ihm zu sprechen. Dennoch ließ er sich zu einer Antwort herab.

„Du hattest gestern einen Kampf mit einigen von uns. Wir möchten noch einmal mit dir reden.“

„Es gibt nichts, worüber ich mit euch reden müsste.“

Der Typ kämpfte zusehends um seine Beherrschung.

„Mag sein, dass du nicht mit uns reden willst. Doch es gibt jemanden, mit dem du dich bestimmt unterhalten möchtest. Suchtest du hier nicht nach einer gewissen Person..., einer Elisabeth?“

Damit hatte er mich. Als ich meine Augen aufriss, konnte er sich ein Grinsen nicht verkneifen.

„Wusste ich es doch, dass dich das interessiert. Sie wartet im Park auf dich. Also los.“

„Woher wissen wir, dass dies keine Falle ist?“, schaltete Ville sich ein, der bis dahin schweigend alles verfolgt hatte.

„Da werdet ihr mir einfach vertrauen müssen.“

Na super, von Vertrauen konnte hier niemand reden. Aber ich musste es riskieren. Die Chance mit Elisabeth sprechen zu können, durfte ich mir nicht entgehen lassen. Selbst wenn ich dabei in eine Falle tappte.

„Du musst nicht mitkommen, Ville, du…“.

„Auf keinen Fall, ich komme mit!“

Mit diesen Worten sprang Ville bereits auf. Mich überkam jetzt schon ein schlechtes Gewissen für den Fall, dass dieser Ausflug wieder in einem Kampf enden würde.

Lucian strich mir mit seiner Hand über meinen Po, als ich aufstand und nach draußen ging. Ich schlug sie weg, worauf er leise lachte. Sein Duft kribbelte mich in der Nase. Wenn er doch wenigstens nicht so verflucht gut aussehen würde.

Doch für diese Gedanken hatte ich jetzt keine Zeit. Uns stand wahrscheinlich ein Kampf bevor, bei dem ich nicht wusste, ob wir ihn überleben konnten.

Als wir im Park ankamen, wurden wir in eine abgelegene Ecke geführt, die vom Weg aus kaum einsehbar war.

Dort warteten ungefähr zehn Vampire auf uns. Zwei von ihnen erkannte ich von gestern wieder. Der Anführer war jedoch nicht dabei. Dafür trat ein anderer aus der Gruppe hervor, der dem Anführer von gestern in Nichts nachstand. Von Elisabeth sah ich keine Spur.

Mist! War ich doch in eine Falle getappt?

„Liebe Tara“, begann der neue Anführer zu sprechen. Warum konnten die alle deutsch?

„Mir ist zu Ohren gekommen, dass du dich in unsere schöne Stadt begeben hast, um unsere...“, er sah sich in der Runde um. „...ja, man kann schon sagen, 'Schwester' Elisabeth zu besuchen.“

Ich hörte ausnahmsweise auf Villes Ratschlag und nickte daher nur.

„Doch mir kam außerdem zu Ohren, dass du sie nicht nur treffen möchtest, sondern auch… töten magst. Ist dies richtig?“

Anstatt eine Antwort zu geben, starrte ich den Kerl nur an.

Er schien auch keine Antwort zu gebrauchen, denn er redete weiter. Die Frage war also eher rhetorisch gemeint.

„Du wirst verstehen, dass wir unsere Schwester nicht einfach so hergeben möchten. Wir lieben sie und möchten nur ihr Bestes. Da stehen deine Tötungsabsichten in absolutem Widerspruch zu unseren Interessen. Wie können wir also alle glücklich werden?“

Ich ging davon aus, dass auch diese Frage nur rhetorisch gemeint war und blieb daher still. Ich lag damit richtig.

„Wir haben uns alle Gedanken gemacht und möchten dir daher nun folgendes anbieten: Elisabeth wartet hier im Park. Du darfst mit ihr reden, aber nur innerhalb dieses Kreises und nur, während wir dich festhalten dürfen.“ Er blickte zu Ville und dann wieder zu mir. „Das Gleiche gilt auch für deinen... Kumpanen“, er wedelte mit seiner Hand abfällig in Villes Richtung.

Ich überlegte kurz. Mir blieb keine andere Wahl, als auf ihr Angebot einzugehen, wenn ich mit Elisabeth reden wollte und dies wollte ich, mehr als alles andere!

Ich vermied es Ville anzuschauen, der scheinbar gerade leicht mit dem Kopf schüttelte, so wie es mir aus dem Augenwinkel erschien. Schnell willigte ich nickend in das Angebot des Anführers ein.

Dieser begann selbstgefällig zu grinsen und winkte einen seiner Anhänger heran. Er wies ihn an, Elisabeth zu holen. Bereits in der nächsten Sekunde wurden Ville und ich ergriffen. Je zwei Mann hielten uns fest, während unsere Arme auf dem Rücken gedreht wurden.

Stolz hielt ich meinen Kopf aufrecht ohne den Blick vom Anführer abzuwenden. Er hob eine Augenbraue und drehte sich in Richtung leiser, herannahender Schritte um.

Dann sah ich sie. Elisabeth. Sie sah genauso aus, wie damals, als ich sie das letzte Mal gesehen hatte. Damals vor sieben Jahren, als sie mich im Schnee liegen ließ, als sie mich verletzte, damit mich Tristan töten würde.

In mir wuchs unbändige Wut. Ich versuchte sie schmerzhaft herunterzuschlucken. Wenn ich jetzt ausrastete, würde ich nie eine Antwort von ihr bekommen.

Süffisant lächelnd trat sie vor mich. Anstatt etwas zu sagen, verpasste sie mir eine schallende Ohrfeige.

Sprachlos schaute ich sie an. Dann stellte sie sich vor mich hin.

„Das ist das geringste, was ich jemandem geben kann, der mich töten möchte“, lächelte sie eisig.

Obwohl ich nun selbst ein Vampir war, wirkte sie nach wie vor beängstigend auf mich.

„Streng genommen hast du mich zuerst getötet“, gab ich zwischen zusammengebissenen Zähnen zurück. Krampfhaft versuchte ich meine Wut im Zaum zu halten.

„Das kann man sehen, wie man möchte. Ich verstehe, dass du es so sehen willst, weil du deinen geliebten Tristan nicht verantwortlich machen möchtest für eine Tat, die er wahrhaft zum dritten Mal begangen hat“, sie grinste mich triumphierend an.

„Tja, nur hast du dennoch versagt. Ich lebe nun für ewig“, ich funkelte sie hämisch an.

Ihre Gesichtszüge verhärteten sich, eh sie wieder giftig zu grinsen begann.

„Das werden wir heute Nacht ja noch sehen.“

Ich spürte, wie Ville neben mir zusammenzuckte. Jedoch ließ ich mich nicht von ihren Worten beeindrucken und begann nun endlich mit dem Thema, weswegen ich hier war.

„Was weißt du über Tristans derzeitigen Aufenthaltsort? Hast du ihn wieder in irgendeine Gruft gesperrt?“, ich konnte nicht anders. Ich hasste diese Vampirfrau so abgrundtief.

Ein Schmunzeln umspielte Elisabeths Mundwinkel.

„Es tut mir leid, Tara. Leider hat er sich nach dem Mord an dir nicht bei mir gemeldet. Ich hatte es ehrlich gesagt auch nicht erwartet. Vielleicht hat er nun doch seine einstigen Pläne umgesetzt und sich in einen Vulkan gestürzt?“

Ich wusste es besser. Wenn er tot wäre - mich schüttelte es bei dem Gedanken - dann hätte ich diese Visionen ganz bestimmt nicht bekommen. Sie mussten etwas bedeuten.

„Es tut mir leid, dass du den ganzen Weg hierhergereist bist und ich dir nicht weiterhelfen kann. Mir tut es auch fast etwas leid, dass du wegen einer so unbefriedigenden Antwort nun sterben musst.“

Elisabeth trat einen Schritt zurück und schnippte mit dem Finger, worauf sich zwei Vampire auf mich stürzten.

Tara

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