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Die Reise beginnt

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Nancy Omreg

Tara – Blutroter Nebel

Aus der Reihe „Tara und Tristan“, Band 2

Nancy Omreg

Tara

Blutroter Nebel


Impressum

Texte: © 2022 Copyright by Nancy Omreg

Umschlag: © 2022 Coverdesign copyright by:

Nadine Merschmann

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Nancy Omreg

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GmbH, Berlin

8.15 Uhr. Gebannt starrte ich auf den Lautsprecher, dass er endlich das Boarding ausrufen würde. Ich war bereit. Mein Flugzeug scheinbar noch nicht, denn eigentlich sollte es bereits vor fünfzehn Minuten starten.

8.18 Uhr. Meine Augen wechselten schnell zwischen der großen Uhr im Warteraum und dem Lautsprecher, um diesen erneut zu fixieren. Am liebsten wäre ich wie wild durch den Raum gelaufen, dieses Herumsitzen machte mich noch wahnsinnig. Aber ich hatte Sorge, dass ich mich in meiner Aufregung zu schnell bewegen würde. Schon im Sitzen hatte ich damit zu kämpfen menschlich zu wirken. Auf gar keinen Fall wollte ich Aufsehen erregen und die Security auf irgendeine Art und Weise auf mich aufmerksam machen. Um nichts auf dieser Welt wollte ich diesen Flug verpassen. Der Flug, der mich hoffentlich zu Tristan bringen würde. Der Flug, der mich auf jeden Fall zu unserem Rückzugsplatz bringen würde: Erice, der Ort an dem wir geheiratet hatten.

Es machte Sinn meine Suche bei Pietro zu starten. Wenn jemand wusste, wo Tristan war, dann bestimmt er. Ich hoffte darauf, dass Tristan auch dieses Mal ihn aufgesucht hatte, nachdem er mich…, naja..., nachdem er mich wieder getötet hatte. Pietro war meine einzige Hoffnung, der einzige Strohhalm, an dem ich mich klammern konnte. Wenn er mir nichts über Tristan sagen könnte, würde meine Reise beendet sein, noch bevor sie richtig begonnen hatte. So sehr ich mich auch freuen würde, schnell wieder bei Maja und Fine zu sein, so wollte ich doch auf keinen Fall ohne Tristan zurückkehren.

Fine wollte mich zum Flughafen bringen, doch ich hatte darauf bestanden mich bei allen zu Hause zu verabschieden. Ich hatte Angst, dass ich mich nicht dazu überwinden könnte meine Maja zurückzulassen. Ihr Lachen fehlte mir schon jetzt.

Verstohlen blinzelte ich eine Blutsträne weg, als ich an meine Patennichte dachte. Nein, keine Emotionen mehr, zumindest bis ich Tristan gefunden hatte. Ich musste jetzt stark sein. Er hatte mich über Jahrhunderte immer wieder gefunden. Nun war es an mir, selbiges zu tun.

8.23 Uhr. Nervös tippte ich mit dem Finger auf die Armlehne. Immerhin ließ mich dies menschlicher erscheinen. Bevor ich heute Morgen losgezogen war, hatte ich meiner Biografin noch einmal geschrieben und ihr die letzten Anmerkungen zu meiner Geschichte gesendet. Nun war ich gespannt, was sie aus meinen Notizen machen würde. Vor allem hoffte ich, dass sie meine Geschichte an einen Verlag verkaufen könnte, der sie richtig groß herausbrachte. Sie sollte soweit bekannt werden, dass Tristan nicht umhinkam, darauf aufmerksam zu werden. Meine Biografin hatte mir versprochen, mich auf dem Laufenden zu halten.

8.27 Uhr. Jetzt reichte es mir. Ich entschloss das Boardingpersonal um Auskunft zu bitten. Ja, ich war eine Vampirin mit einer unendlichen Menge an Zeit, aber in diesem Moment nahm ich es auf menschlicher Weise sehr genau mit der elendigen Verspätung. Gerade als ich auf eine der Schaltuchträgerinnen losstürmen wollte, bewahrte mich die Lautsprecheransage vor größeren Dummheiten. Krächzend und hallend verkündete sie, dass das Flugzeug nun betreten werden konnte.

Mit einem Handgriff nahm ich mein Handgepäck auf und stand als Erste bereit das Gate zu erstürmen.

Aus dem Sturm wurde eher eine gemütliche Kaffeefahrt im Boardingbus, aber immerhin ging es voran. Wenige Minuten später saß ich endlich auf meinem Fensterplatz in der Boeing.

Neben mich setzte sich ein dicker Mann mittleren Alters und daneben einer dieser „Junior Sales“-Typen. Warum musste ich auch Business Class fliegen? Hätte ich nur die First Class gewählt, aber irgendwie kam ich mir dabei zu versnobt vor.

Der dicke Mann rasselte beim Atmen. Er lockerte seine Krawatte und zwinkerte mir zu.

Der Junior-Typ tippte noch etwas nervös in sein Handy ein, bevor er es ausschalten musste. Dann nahm er eine Men's Health aus seiner Aktentasche und bestellte sich einen Tomatensaft.

Auf den würde er noch warten müssen, schließlich mussten wir erst noch abheben. Wahrscheinlich war er es gewohnt, stets bevorzugt behandelt zu werden.

Ich schaute wieder zum Fenster heraus. Die Treppe wurde weggerollt. Der Flugkapitän begrüßte uns mit russischem Akzent und beendete seine Durchsage mit einem Flugwitz.

Endlich fing die Maschine an zu rollen. Es war erst mein dritter Flug in meinem Leben und der erste allein. Ich wusste zwar, dass ein Absturz mich nicht töten würde, dennoch überkam mich ein menschliches Unwohlsein.

Der dicke Mann an meiner Seite schien dies zu spüren, denn er drehte sich mir zu. „Uns kann hier nichts passieren. Immerhin sitzt doch schon ein Engel hier“, er zwinkerte wieder. Ich zwang mir ein höfliches Lächeln ab und widmete mich wieder meinem Fenster.

Inzwischen hatten wir unsere Flughöhe erreicht. Der Junior-Typ bekam seinen Tomatensaft und ich bekam… Klaus-Dieter Herrmann.

So hieß der dicke Mann an meiner Seite, wie ich nun erfuhr. Nach zwei Minuten wusste ich auch, wie seine Geschwister hießen, was sein Wellensittich am liebsten fraß und warum der FC Bayern München der beste Verein war.

Klaus-Dieter war frisch geschieden, seine Kinder lebten bei seiner Ex-Frau und er wäre nun wieder frei für Spaß und Liebe. Er zwinkerte mir so oft zu, dass ich stellenweise überlegte, ob es gewollt war oder er einen Schlaganfall bekam. Leider schien ich so viel Glück nicht zu haben. Stattdessen entpuppte sich Klaus-Dieter als echte Witzkanone. Einen Gassenhauer nach dem nächsten haute er heraus.

Während die Witze immer schmutziger wurden, überlegte ich, wie es seine Frau überhaupt so lange mit ihm aushalten konnte.

Der Junior-Typ schien mit seiner Zeitung fertig zu sein und beäugte mich selbstsicher. Er schien wohl auch gewöhnt zu sein, sich die Frauen zu nehmen, die er wollte.

„Sollte sie der Mann stören, kann ich auch gern mit ihm die Plätze tauschen“, raunte er mir über die Schulter von Klaus-Dieter zu. Ja…, die Wahl zwischen Pest und Cholera…, klasse. Nächstes Mal definitiv First Class, schwor ich mir.

Klaus-Dieter schien langsam die Luft auszugehen. Er gähnte und beschloss ein kleines Nickerchen zu machen.

Der Junior-Typ nutzte die Gelegenheit, um sich nun ins Rampenlicht zu stellen. Gott, wie lange konnte dieser Flug noch dauern?!

Während der Junior-Typ Marcus, „mit C, nicht mit K“, mir von seinen tollen Brokererfolgen berichtete, rutschte Klaus-Dieters schlafender Kopf auf meine Schulter. Zum Glück ging es in diesem Moment endlich zum Landeanflug über. Die Stewardess weckte Klaus-Dieter und Marcus war wieder mit dem Verpacken seiner Zeitung beschäftigt.

Ich glaubte, ich klatschte am lautesten von allen, als der Flugkapitän das Flugzeug gelandet hatte. Nicht vor Erleichterung, dass wir sicher gelandet waren, sondern, weil ich endlich den beiden Testosteronbolzen entkommen konnte.

Eilig steckte mir Marcus noch seine Visitenkarte zu. Klaus-Dieter schien dies beobachtet zu haben und sich nun zu ärgern, dass er nicht selbst diesen Einfall gehabt hatte.

Schnell hatte ich mein Handgepäck aufgenommen und rannte förmlich aus dem Flugzeug.

Erst, als ich meinen Rollkoffer vom Band genommen und den Flughafen verlassen hatte, konnte ich durchatmen. Die Männer war ich los und ich war endlich auf Sizilien.

Tara

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