Читать книгу Sullivans Gesetz/ Sullivans Rache/ Dunkler Garten - Nancy Taylor Rosenberg - Страница 23

Kapitel 17

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»Ich muss die Sandoval-Akte wohl einem deiner Kollegen geben«, sagte Brad Preston und lehnte sich in dem schwarzen Ledersessel hinter seinem Schreibtisch zurück. »Diese Geschichte gestern Abend ergibt einfach keinen Sinn, Carolyn. Daniel Metroix liegt doch im Krankenhaus. Warum sollte jemand versuchen, dich von der Straße zu drängen? Bist du dir sicher, dass es sich dabei nicht um ein paar verrückte Teenager handelte? Vielleicht wollten sie mit dir um die Wette fahren.«

»Mit einem gemieteten Toyota Camry?«

»Kann doch sein, oder?«, sagte Brad spöttisch und mit strahlendem Lächeln.

»Das ist alles andere als ein Spiel, du Mistkerl.«

Rachel, Brads Assistentin, hatte sich den Tag freigenommen. Und weil sie auf einen Anruf von Hank Sawyer warteten, vertrieben sie sich die Zeit mit ihrem üblichen Geplänkel.

»Gestern hast du gesagt, ich sei ein fantastischer Liebhaber gewesen«, sagte Brad und setzte sich aufrecht hin. »Und heute bin ich wieder ein Mistkerl. Warum einigen wir uns nicht darauf, dass wir Freunde sind? Und sollte das nicht funktionieren, so versuch dich manchmal daran zu erinnern, dass ich dein Vorgesetzter bin.«

»Ich werde nur sauer, wenn du mich nicht ernst nimmst«, sagte Carolyn. Sie saß auf dem kleinen Sofa in Brads Büro. Heute trug sie schwarze Hosen und ein blaues Baumwolltop. Ihr Haar war zu einem Pferdeschwanz nach hinten gebunden. Ehe sie Rebecca beim Professor abgeliefert hatte, war sie schnell in ihr Haus gegangen, hatte sich umgezogen und ein sauberes T-Shirt und Jeans für ihre Tochter mitgenommen.

»Ich bin dahinter gekommen, warum du mich neulich in die Herrentoilette gezerrt hast«, sagte sie.

»Ach ja, tatsächlich?«, meinte Brad grinsend.

»Sollte ich dich der sexuellen Belästigung beschuldigen, würde ich wie eine Idiotin dastehen«, erläuterte Carolyn und streckte ein Bein in die Luft. »Du könntest behaupten, du hättest nur pinkeln müssen und ich sei da reingeplatzt und hätte dich verführen wollen. Da wir jedoch keinen Sex hatten, hast du nicht gegen die Vorschriften verstoßen.«

»Vergiss dieses kleine Intermezzo, okay«, wechselte Brad schnell das Thema. »Wegen gestern Abend ...«

»Denk doch mal nach«, unterbrach ihn Carolyn. »Daniel Metroix saß im Gefängnis, als mein Auto demoliert und diese Drohung hinter den Scheibenwischer gesteckt wurde. Das waren keine ausgeflippten Kids, die mich von der Straße drängen wollten. Ich bin mir fast sicher, diese Männer wollten mich ebenso erschießen wie Metroix.«

»Hast du die Waffe gesehen?«

»Das kann ich nicht genau sagen«, entgegnete Carolyn. »Sekunden bevor ich das Lenkrad herumriss und von der Straße abbog, hat der Beifahrer in der Corvette das Fenster runtergekurbelt. Wenn man mit fast hundertsechzig durch ein Wohngebiet rast, kann man sich auf nichts anderes als das Fahren konzentrieren.«

»Es tut mir Leid, dass sich Rebecca den Knöchel verstaucht hat«, sagte Brad. »Sie ist ein süßes Ding.«

»Ja«, sagte Carolyn und setzte sich auf. »Du musst den Sandoval-Fall keinem Kollegen übertragen. Den Bericht habe ich gestern diktiert. Er muss nur noch geschrieben und weitergeleitet werden. Gib mir aber keinen neuen Fall.«

»Wir stecken bis über beide Ohren in Arbeit«, sagte Brad und rieb sich den Nacken. »Dieser Stress bringt mich noch um. Meine Wirbelsäule macht mir zu schaffen. Hoffentlich ist es kein Bandscheibenvorfall. Aber wegen dieser Geschichte mit Eddie Downly ist die ganze Stadt in Aufruhr.«

»Ich könnte es nicht ertragen, sollte meinen Kinder etwas zustoßen«, sagte Carolyn. »Das Ganze spielt sich zu sehr in unserem Umfeld ab. Ich habe Angst, Brad.«

Da kam der erwartete Anruf. Brad drückte auf die Freisprechtaste und legte die Füße auf seinen Schreibtisch.

»Charles Harrison ist tot«, sagte Hank Sawyer. »Ich komme gerade vom Bestattungsunternehmen Arden Brothers. Der Bestatter hat mir gesagt, dass Harrison heute Morgen eingeäschert wurde.«

»Wann ist er gestorben?«, fragte Carolyn und trat näher, damit sie Hank besser hören konnte.

»Gestern Abend«, antwortete Hank mit seiner rauen Stimme.

»Wird eine Autopsie gemacht?«, fragte Brad.

»Wissen Sie denn nicht, wie das läuft?«, konterte der Detective sarkastisch. »Da Harrison von einem Hausarzt betreut wurde, brauchte die Haushälterin nur das Bestattungsunternehmen anzurufen und die Leiche abholen zu lassen. Ihr Leute von der Bewährungshilfe habt wohl nie was mit Toten zu tun, wie?«

»Nein, nur mit Morden«, sagte Brad und legte seine Hände auf den Schreibtisch.

»Legal ist sogar«, fuhr der Detective fort, »dass sich niemand außer den Bestattern die Leiche ansehen muss. Der Totenschein wurde noch nicht unterschrieben. Einer der Angestellten holt ihn sich irgendwann heute Vormittag in der Praxis von Harrisons Hausarzt ab.«

Carolyn warf Brad einen fragenden Blick zu. Sie traute ihren Ohren nicht. Damit wurden ihre Vermutungen hinsichtlich des früheren Polizeichefs in ein völlig neues Licht gerückt.

»Ist Charles Harrison wirklich tot?«, fragte sie.

»Jedenfalls wurde mir das gesagt«, meinte Hank. »Aber ist er nicht genau zum richtigen Zeitpunkt gestorben? Auf Metroix wurde gestern gegen zwei Uhr geschossen. Und am Abend hat es jemand auf seine Bewährungshelferin abgesehen. Metroix überlebt ... Carolyn entkommt. Nicht zu vergessen die Explosion im Seagull. Diese Nieten versagen auf der ganzen Linie.«

Carolyn fragte: »Wollen Sie damit etwa sagen, dass Harrison seinen eigenen Tod inszeniert hat?«

»Hätte ich Killer angeheuert, die alles vermasseln, so dass ich den Kopf dafür hinhalten muss, wäre ich wohl auch dazu in der Lage.« Hank holte kurz Luft, ehe er fortfuhr: »Okay, Harrison war ein todkranker Mann. Ein Grund mehr, um seinen eigenen Abgang zu inszenieren. Wer will schon seine letzten Tage im Knast verbringen?«

»Gehen wir noch einmal alles durch«, sagte Carolyn und versuchte, die Fakten logisch zu ordnen. »Selbst wenn jemand eingeäschert wird, gibt es doch eine Möglichkeit, seine Identität festzustellen, oder? Wir brauchen eine positive Identifizierung, Hank.«

»Arden Brothers ist ein erstklassiges Unternehmen«, sagte er. »Mrs. Harrison lebt in einer Nervenklinik. Wahrscheinlich wäre sie nicht einmal in der Lage, an der Beerdigung teilzunehmen, wäre eine geplant gewesen. Glauben Sie etwa, die Klinik wird Arden Brothers auffordern, der Witwe die Asche ihres Mannes zu schicken?«

»Worauf wollen Sie hinaus, Hank?«

»Die Überreste verschwinden einfach«, entgegnete Hank. »Die meisten Leute wollen die Asche nicht haben, das hat mir Anthony Arden gesagt. Früher wurde sie in eine Mülltonne hinter dem Gebäude geschüttet. Jetzt hat das Unternehmen eine Vereinbarung mit dem Ivy-Lawn-Friedhof getroffen. Die Überreste werden dorthin gebracht und in einem Gemeinschaftsgrab verbuddelt. Heute Morgen hat zufällig die regelmäßige Säuberungsaktion stattgefunden.«

»Gab es nicht vor ein paar Jahren einen Prozess wegen dieser Bestattungsart?«, fragte Carolyn, die sich an einen Zeitungsartikel erinnerte.

»Ihr habt noch immer nichts begriffen«, regte Hank sich noch mehr auf. »In dem Fall, von dem Sie reden, ging es um eine Firma, die die Angehörigen mit dem Angebot gelockt hat, die Überreste ins Meer zu streuen. Meines Wissens nach hatte die Firma jedoch weder ein Krematorium noch ein Boot. Überall auf dem Gelände waren Leichen gestapelt. Arden Brothers hatte damit nichts zu tun. Wenn niemand die Überreste haben will und weder ein Grab vorhanden ist noch eine Urne bestellt wird, wird die Leiche eingeäschert und die Asche ins Gemeinschaftsgrab geschüttet.«

»Ist doch eine gute Methode, um einen Mord zu vertuschen«, warf Carolyn ein. »Was ist mit Harrisons Zähnen?«

»Wenn Sie sich durch dieses Zeug wühlen wollen, um eine Brücke oder sonst etwas zu finden, das nicht verbrannt ist ... bitte sehr! Nein, unsere einzige Chance, den eventuell noch lebenden Harrison zu rinden ist, bei Ärzten und Krankenhäusern nachzufragen, weil er wegen seiner kaputten Leber ständige medizinische Betreuung braucht.«

»Warum sollte er dort seinen richtigen Namen angeben?«, fragte Carolyn und ging in Brads Büro auf und ab. »Harrison war Deputy Chief. So dumm wäre er doch nicht. Nein. Er hat entweder den Staat verlassen oder sich unter einem falschen Namen in L. A. versteckt. Natürlich können Sie durch Ihre Behörde verschiedene Ärzte und Krankenhäuser überprüfen lassen. Aber ich halte das für reine Zeitverschwendung.«

»Mal angenommen, Harrison ist tatsächlich gestorben«, warf Brad ein, weil er von dieser Theorie überzeugt zu sein schien. »Soviel wir wissen, hatte er nichts mit den jüngsten Ereignissen zu tun. Und das bedeutet, wir müssen andere Verdächtige in Betracht ziehen. Haben Sie was über den Geländewagen und die Corvette herausgefunden?«

»Noch nicht«, sagte Hank. »Wir lassen die Buchstaben und Ziffern des Kennzeichens, das die Zeugin nur teilweise gesehen hat, in jeder erdenklichen Kombination durch den Computer laufen. Wenn wir wenigstens das Modell kennen würden ...«

»Die beiden Autos wurden wahrscheinlich gestohlen und sind irgendwo abgestellt worden«, warf Carolyn ein und schnippte mit ihren Fingernägeln. »Überprüfen Ihre Leute Autos, die längere Zeit irgendwo rumstehen?«

»Natürlich«, sagte der Detective. »Aber wissen Sie, wie viele Autos in dieser Stadt einfach stehen gelassen werden? Und warum gehen Sie davon aus, dass die Autos noch in Ventura sind? Auftragskiller kennen alle Tricks. Die parken Autos auf Supermarktplätzen, wo es Wochen oder sogar Monate dauern kann, ehe jemand Verdacht schöpft. Oder sie werden an Schrotthändler verkauft und ausgeschlachtet. Mit gestohlenen Ersatzteilen verdient man eine Menge Geld.«

»Also werden wir diese Kerle nie finden«, sagte Brad. »Das wollen Sie uns damit doch sagen, nicht wahr, Hank?«

»Mehr oder weniger.«

»Und was ist mit Daniel?«, fragte Carolyn. »Hat schon jemand mit ihm gesprochen?«

»Nein«, sagte Hank. »White hat berichtet, dass er noch nicht bei Bewusstsein ist. Ich fahre heute Nachmittag hin und rede selbst mit ihm.«

»Tja«, sagte Brad, stand auf und streckte sich. »Leider kann unsere Behörde nichts mehr für Sie tun, Hank.«

Carolyn setzte sich wieder aufs Sofa. »Warum bin ich eigentlich in die Schusslinie geraten? Daniel ist doch zumindest für zwei Männer eine Bedrohung, sollte die Wahrheit über den Tod von Tim Harrison herauskommen. Aber weil ich die Einzige bin, die diesen Fall noch einmal aufrollen will, soll wohl auch ich aus dem Weg geräumt werden«, beantwortete sie sich selbst ihre Frage, deutete auf ihren Vorgesetzten und fügte hinzu: »Ich sehe doch, wie du reagierst, Brad. Du glaubst, Daniel und ich wären nicht länger in Gefahr. Also sollen wir vergessen, was passiert ist. Aber selbst wenn man Daniel Metroix und Charles Harrison einmal außer Acht lässt, ändert das noch immer nichts an der Tatsache, dass ich nur mit knapper Not zwei Anschlägen entkommen bin.«

»Beruhige dich«, sagte Brad. »Außerdem weiß ich nicht, wen du mit diesen zwei Männern meinst.«

»Aber ich weiß es«, dröhnte Hanks Stimme aus dem Lautsprecher. »Es ist wohl höchste Zeit, dass wir Liam Armstrong und Nolan Houston einen Besuch abstatten. Aber können wir die beiden überhaupt strafrechtlich verfolgen? Die Verjährungsfrist für Meineid ist doch schon vor Jahren abgelaufen.«

»Die beiden haben nicht nur einen Meineid geleistet«, warf Carolyn ein. »Also vergessen Sie die Verjährung. Wir reden hier von Mord.«

»Wie kommen Sie denn auf Mord?«, fragte der Detective.

»Daniel Metroix wurde wegen Totschlags verurteilt«, sagte Carolyn und war sich sicher, jetzt auf der richtigen Spur zu sein. »Sollte Houston oder Armstrong Tim Harrison vor das Auto gestoßen haben, können sie wegen derselben Straftat angeklagt werden. Und für Mord gibt es keine Verjährungsfrist. Verstehen Sie mich? Wir sind vom falschen Ausgangspunkt ausgegangen.«

In der Leitung herrschte eine Weile Stille, bis Hank schließlich sagte: »Sie könnten Recht haben, Carolyn. Wir wissen ja, was passiert, wenn man Steine umdreht.«

»Ich habe Houston und Armstrong schon aufgespürt«, sagte sie und redete schnell weiter. »Allerdings kenne ich nur ihre Geschäftsadressen. Ihre Privatnummern sind nicht registriert und ich hatte noch keine Zeit, mich darum zu kümmern. Hank, wenn Sie die beiden aufsuchen, möchte ich dabei sein. Es ist schwerer, jemanden zu töten, dem man einmal in die Augen gesehen hat.«

»Ich möchte die beiden nicht zu Hause befragen«, entgegnete Hank. »Im Beisein von Frau und Kindern bekommen wir bestimmt keine verwertbaren Auskünfte. Machen wir Schluss für heute. Am Montag besuchen wir Armstrong und Houston. Kommen Sie um acht Uhr zu mir ins Revier.«

Carolyn ging in ihr Büro und holte die Unterlagen, die sie bisher über die beiden Männer zusammengetragen hatte, damit sie am Montag direkt von zu Hause aus ins Revier fahren konnte.

»Kluge Lady«, sagte Hank zu Brad. »Wir könnten ein paar von ihrem Kaliber bei der Polizei brauchen. Sie wird Ihnen fehlen, wenn sie ihr Juraexamen gemacht hat.«

»Hoffentlich erlebt sie das noch«, sagte Brad Preston und drückte die entsprechende Taste. Das Gespräch war beendet.

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