Читать книгу Sullivans Gesetz/ Sullivans Rache/ Dunkler Garten - Nancy Taylor Rosenberg - Страница 28

Kapitel 22

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Am Montagnachmittag um halb fünf hatten sich Carolyn, Hank Sawyer und der stellvertretende Staatsanwalt Kevin Thomas in Richterin Arline Shoeffels Büro versammelt.

Sobald Hank die Möglichkeit in Betracht ziehen musste, dass Eddie Downly in den Fall involviert war, hatte er den Staatsanwalt informiert, der wiederum nach Prüfung der Fakten bereit war, Durchsuchungsbeschlüsse für die Häuser von Charles Harrison, Nolan Houston und Liam Armstrong auszustellen, wobei er jedoch gleichzeitig zu bedenken gegeben hatte, dass er nicht sicher sei, ob ein Richter sie unterzeichnen würde. Als er hörte, dass Carolyn bereits mit der vorsitzenden Richterin über die Angelegenheit gesprochen hatte, war er begeistert. Was sich jedoch schnell ändern sollte.

»Ich verstehe Ihr Anliegen«, sagte Arline Shoeffel kühl und richtete ihren bohrenden Blick über ihre Lesebrille auf den armen Mann. »Die Ereignisse der letzten Woche stehen aber in keinem Zusammenhang mit dem ursprünglichen Verbrechen. Ich unterschreibe diese Durchsuchungsbeschlüsse erst, wenn Sie mir handfeste Beweise vorlegen, dass Mr. Houston und Mr. Armstrong daran beteiligt waren. Diese Männer scheinen gesetzestreue Bürger zu sein. Sie haben keine Vorstrafen. Da es sich bei den beiden um prominente Bürger handelt, müssen wir mit einem gewissen Maß an Diskretion vorgehen.«

»Bei allem nötigen Respekt«, wandte Carolyn ein, »nur weil es sich bei diesen Männern um erfolgreiche Geschäftsleute handelt, muss das nicht unbedingt heißen, dass sie unschuldig sind. Gerade dieser Erfolg, den es zu schützen gilt, könnte das Motiv sein.«

Richterin Shoeffel presste ihren Mund zu einer schmalen Linie zusammen. Offensichtlich schätzte sie Widerspruch nicht. Staatsanwalt Thomas schwieg klugerweise. Einem der Richter zu widersprechen, war eine Sache, dasselbe bei der vorsitzenden Richterin zu tun, konnte seine Karriere ruinieren.

Arline Shoeffel schob ihre Brille den Nasenrücken hoch und blätterte wieder in der Akte.

»Was Mrs. Harrison betrifft«, sagte sie schließlich so leise, dass man sie kaum verstehen konnte, »lebt sie auf freiwilliger Basis in dieser psychiatrischen Einrichtung oder wurde sie eingewiesen? Das heißt, steht sie unter Vormundschaft?«

Der Staatsanwalt sah fragend den Detective an, doch der schüttelte langsam den Kopf.

»Kann mir bitte jemand meine Frage beantworten?«, sagte die Richterin schließlich immer mehr verärgert.

»Das weiß ich nicht«, gab Hank endlich zu. »Ich hielt es nicht für nötig, mich mit dem Sanatorium in Verbindung zu setzen. Mrs. Harrison lebt schon seit fast zwanzig Jahren dort. Sie ist sogar zu krank, um zur Beerdigung ihres Mannes zu gehen.«

Die Richterin klappte die Akte zu und legte ihre Hände darauf. »Ich möchte eins klarstellen, Detective«, sagte sie und nahm ihre Brille ab. »Ich wurde dahingehend informiert, dass Mr. Harrison nicht beerdigt wird, sondern dass seine sterblichen Überreste von dem Bestattungsunternehmen bereits auf andere Weise zur Ruhe gebettet wurden. Ist das richtig?«

»Ja«, musste Hank zugeben und rutschte auf seinem Stuhl herum. »Aber normalerweise würde ein Gottesdienst stattfinden.«

»Und Mr. Harrison wollte keinen Gottesdienst?«

»Nein«, antwortete Hank. »Er hat verfügt, dass das Bestattungsunternehmen sofort nach seinem Tod seinen Körper verbrennt, weil er die Kosten so niedrig wie möglich halten wollte. Das sagte mir seine Haushälterin.«

»Und glauben Sie, dass Mr. Harrison gestorben ist oder noch lebt?«

»Ich weiß es nicht«, antwortete Hank achselzuckend.

»Ich weiß es ebenso wenig«, entgegnete die Richterin und setzte ihre Brille wieder auf. »Zwar bin ich nicht bereit, die Durchsuchungsbeschlüsse für Houston und Armstrong zu unterschreiben, bis neue Beweise vorliegen, aber ich unterschreibe den für Charles Harrisons Haus.«

Sie nahm das entsprechende Formular, unterzeichnete es und gab es mit der Akte dem Staatsanwalt.

»Und jetzt«, fuhr sie fort, »wollen wir ein paar logische Schlussfolgerungen ziehen, nicht wahr? Sie haben mir eine Menge Zeit gestohlen, weil Sie nicht sorgfältig genug recherchiert haben. War Mr. Harrison zum Zeitpunkt seines angeblichen Todes am Freitagabend im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte?«

»Sein behandelnder Arzt sagte, dass seine Leber in einem katastrophalen Zustand, er aber bei vollem Verstand gewesen sei.«

»Wann hat der Arzt ihn zum letzten Mal gesehen?«

»Vor etwa vierzehn Tagen«, antwortete Hank und sprach weiter, weil er die nächste Frage der Richterin ahnte. »Der Arzt sagte, Harrison hätte nur mit einer Transplantation überleben können. Und er war ziemlich empört, weil die Haushälterin ihn nach dem Tod Harrisons nicht gerufen hatte.«

»Warum diese Empörung?«, fragte die Richterin und stützte ihren Kopf in die Hand.

»Weil er nicht erwartet hat, dass sein Patient so plötzlich sterben würde. Sehen Sie«, erklärte Hank und kratzte sich am Kinn, »deswegen haben wir ja Zweifel, ob der Mann tot ist. Sein Arzt sagte, er hätte noch ein Jahr oder länger leben können. Aber vielleicht habe Harrison auch einen Leberinfarkt bekommen. Deshalb wäre eine Autopsie hilfreich gewesen. Aber dazu ist es ja leider nicht gekommen.«

»Kein Mensch leidet unter dem Tod eines Kindes mehr als die Mutter«, sagte Arline Shoeffel. »Das erklärt die Tatsache, dass Mrs. Harrison in einer psychiatrischen Einrichtung lebt. Ihr Mann hingegen litt unter keiner geistigen Erkrankung. Und der Fakt, dass die Frau nicht zur Beerdigung ihres Mannes ging, ist nicht relevant, da ihr Mann verfügt hatte, dass eine solche nicht stattfindet. Stimmen Sie mit mir darin überein, Detective Sawyer?«

»Ja, sicher. Ich denke schon«, antwortete Hank schulterzuckend.

»Der wesentliche Punkt in diesem Fall ist wahrscheinlich die Frage, ob Mrs. Harrison in einer geschlossenen Anstalt lebt, oder ob sie nach Belieben kommen und gehen kann. Es wäre ebenfalls wichtig zu erfahren, welche finanziellen Mittel ihr zur Verfügung stehen und woher sie stammen.«

Hank begriff sofort, worauf Arline Shoeffel anspielte. Auch Carolyn kam sich wie ein kleines Schulmädchen vor. Der Staatsanwalt klatschte die Akte gegen sein Bein und sprang nervös auf. Er warf dem Detective und Carolyn böse Blicke zu, die die Botschaft enthielten, die beiden mögen sich zum Teufel scheren.

»Sie alle haben Ihre Hausaufgaben nicht gemacht«, erklärte die Richterin mit einem Blick auf ihr Telefon, an dem vier Lichter blinkten. »Und versuchen Sie ja nicht, einem meiner Kollegen Ihr Anliegen zu unterbreiten. Denn an mir führt kein Weg vorbei.«

Am Montag nach Dienstschluss um sechs begleitete Brad Preston Carolyn zu ihrem Auto.

»Wann hast du deinen Wagen zurückbekommen?«

»Vorhin haben sie ihn mir gebracht«, antwortete sie und musterte prüfend den Infinity, weil sie feststellen wollte, ob die Reparatur zu ihrer Zufriedenheit ausgefallen war. »Ich habe in die Stoßstange des BMW meines Nachbarn eine Delle gefahren. Jetzt muss ich die Reparatur auch noch bezahlen.«

»Gehst du wieder zur Uni?«

»Nein. Diese Woche nicht, weil ich die Kinder nicht allein lassen will.«

Ein paar Leute gingen vorbei und sie schwiegen, bis Brad sagte: »Veronica hat mir erzählt, dass du bei dem Physikprofessor warst. Wie war der Abend?«

»Schön«, antwortete sie lächelnd. »John mag ihn. Und Rebecca und seine Tochter verstehen sich prächtig. Außerdem ist seine Haushälterin eine fantastische Köchin.«

Brad lehnte sich gegen die Fahrertür, so dass Carolyn nicht einsteigen konnte.

»Bist du mit ihm nur befreundet, oder steckt mehr dahinter?«, fragte er mit finsterem Gesicht.

»Mein Gott!«, rief sie. »Du bist ja eifersüchtig. Der Mann hat mir sein Auto geliehen. Er hat meine Tochter bei sich zu Hause übernachten lassen. Vielleicht habe ich mich wegen Amy McFarland geirrt, aber du kannst mir nicht erzählen, du hättest keine Beziehungen zu anderen Frauen.«

»Ich habe dir neulich gesagt, was ich für dich empfinde«, verkündete Brad großspurig. »Natürlich habe ich Affären. Aber nur mit Mädchen, die mir nichts bedeuten.«

»Na, dann ist der Professor auch nur ein Junge«, konterte Carolyn.

Wieder einmal war sie über die Logik männlichen Denkens verblüfft. Er schlief mit einem Dutzend Frauen und behauptete, es bedeute ihm nichts, regte sich jedoch darüber auf, dass sie bei einem Nachbarn zu Abend gegessen hatte.

»Brad, wir haben uns schon vor Monaten getrennt«, erinnerte sie ihn. »Es tut mir Leid, dass ich neulich die Kontrolle verloren habe. Ich mag dich und du fehlst mir. Aber ich will mich gefühlsmäßig nicht mehr binden. Und ich will auf keinen Fall meinen Job deinetwegen verlieren.«

»Warum lädst du mich nicht mehr in dein Haus ein? Wir waren jahrelang befreundet, ehe wir miteinander geschlafen haben. Zählt das denn gar nicht mehr? John und ich hatten Spaß zusammen. Na ja, mit Rebecca lief’s nicht so gut, schließlich ist sie ein Mädchen.«

John hatte dieselbe Frage gestellt. Aber einen ehemaligen Liebhaber nur als Freund zu betrachten, war schwierig. Wenn man einmal diese Grenze überschritten hatte, änderte sich alles.

»Frank ist neulich Abend plötzlich aufgetaucht«, sagte sie, ohne auf seine Frage einzugehen.

»Und wie war’s?«, fragte Brad. »Hat er dir einen Scheck über die noch ausstehenden Unterhaltszahlungen gebracht?«

»Machst du Witze? Selbst wenn er das Geld hätte, ich wüsste nicht einmal, ob ich es annehmen würde. Er sah fürchterlich aus, Brad. Als wir nach Hause kamen, saß er im Wohnzimmer und versuchte, Rebecca auf seine Seite zu ziehen. Dann gab er ihr eine falsche Telefonnummer. Wie kann ein Vater seine Tochter nur so verletzen?«

»Er ist ein Junkie«, sagte Brad angeekelt. »Er lebt nicht in der Wirklichkeit.«

»Ich will ihn nicht mehr sehen.«

»Was ist mit Harrisons Witwe?«, fragte Brad, um das Thema zu wechseln. »Hat Hank heute Nachmittag etwas herausgefunden?«

»Ja«, antwortete Carolyn. »Und Arline Shoeffel ist wirklich brillant. Madeline Harrison lebt nicht etwa in einem Sanatorium, sondern in einer Art Country-Club. Sie geht shoppen und zum Friseur. Sie besucht Theateraufführungen. Ich habe das Gefühl, dass sie sich an diesem Ort in Sicherheit fühlt. Und Hank ist der Meinung, dass die hohen Kosten für diese Einrichtung wohl der Grund für Harrisons Geldgier waren.«

»Dann wird sie wohl keinen Killer auf dich und Metroix angesetzt haben?«

»Nach dem heutigen Tag«, sagte Carolyn und strich eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht, »ergehe ich mich nicht mehr in Spekulationen. Nur Fakten zählen noch. Die Richterin war gewillt, den Fall wieder aufzurollen, bis sie herausfand, dass wir geschlampt haben.«

»Nun mach mal einen Punkt«, sagte Brad. »Glaubst du wirklich, dass Mrs. Harrison mit diesen Verbrechen etwas zu tun hat? Woher sollte sie die Verbindungen und das Geld haben, solche Typen anzuheuern? Das ist doch ziemlich starker Tobak für so eine alte Lady.«

»Woher soll ich das wissen?«, entgegnete Carolyn. »Vielleicht hat sie ein geheimes Bankkonto. Angeblich ist sie in ausgezeichneter physischer Verfassung. Sie läuft jeden Tag drei Kilometer. Und alt ist sie auch nicht, Brad. Erst zweiundfünfzig.«

»Aber ich weiß es«, sagte Brad. »Sie hat ihre Freunde aus der Klapsmühle für den Job angeheuert, ein Auto gemietet und anstatt auf Einkaufstour zu gehen, haben sie einen kleinen Schießausflug gemacht.«

»Manchmal redest du wie ein jugendlicher Straftäter«, sagte Carolyn und schob Brad sanft beiseite. »Morgen früh reden wir weiter.«

Sullivans Gesetz/ Sullivans Rache/ Dunkler Garten

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