Читать книгу Im Westen gegen den Strom - Natascha N. Hoefer - Страница 12
Оглавление6. Streit
Am Dienstagmorgen, seinem ersten Arbeitstag nach Ostern, fand Yohann einen gelben Zettel vor, den Lucie ihm an den Rand des Monitors geklebt hatte: »Eine Lina hat nach Dir gefragt. Sie will wiederkommen.«
Er lächelte, als er den Zettel neben die Tastatur legte.
Lina betrat die Mairie. Yohann saß hinter seinem Bürotisch, war aber nicht allein; vor ihm standen eine jüngere Frau und Jean-Yves, der Mini-Quad-Fahrer, der sie nun erkannt hatte und auf sie zu trat. »Hallo, wie geht es, Lina?«, fragte er zu laut für die Enge des Zimmers, »hast du ein gutes Osterfest gehabt?«
»Hm - danke«, brachte sie sarkastisch hervor, bei dem Gedanken an die Einsamkeit, Verlorenheit, die Weinkrämpfe. Dann kam von hinter Jean-Yves ein weiteres vertrautes Wesen angewedelt - sofern man die Bewegung dieses Mini-Schwanzes als Wedeln bezeichnen konnte. »Babou«, sagte sie laut und das Schwänzchen zuckte noch schneller hin und her. Wie ein Mini-Metronom, dachte sie und musste wider Willen lächeln. Sie streichelte die Hündin, die sich sogleich an sie drängte; dann war plötzlich ein zweiter Hund da, anders als die braun-weiß gefleckte Babou schwarz-weiß. »Das ist meine Dudu«, verkündete Jean-Yves stolz, während im Hintergrund die junge Frau Yohann fragte, wie lange sie das Buch ausleihen könne, das sie einem der hohen Wandregale entnommen hatte. Was Yohann antwortete, verstand Lina nicht, weil Jean-Yves meinte, ihr mitteilen zu müssen: »Dudu fährt immer mit mir, in dem Anhänger, du weißt schon.«
»Jaja«, murmelte sie und dann, weil sie nicht weiter wusste: »Warum kupiert man diesen armen Hunden die Schwänze?« Mittlerweile hatte sich Dudu an ihr rechtes Bein gedrängt, das linke nahm Babou ein, und Lina streichelte beidhändig. Sie hatte noch nie so aufdringlich verschmuste Hunde erlebt.
»Aber das sind Epagneuls bretons - Jagdhunde; und man kupiert ihnen die Schwänze nicht«, entrüstete sich Jean-Yves.
»Nein?«, fragte sie und setzte ironisch hinzu: »Dann werden die Hunde wohl so geboren?«
»Genau!«, bestätigte Jean-Yves, angetan davon, dass die Pariserin so schnell von allein darauf gekommen war.
Da verließ die Frau mit dem Buch endlich die Mairie und Yohann lächelte scheu: »Guten Tag, Lina. Jean-Yves und ich sind gleich fertig; wir waren im Gespräch, als Patricia kam.«
Sie nickte zerstreut. Patricia - das musste die Buchausleiherin sein. Gab es in Saint-Hernin keine Nachnamen? Sie hörte mit Hundestreicheln auf und ging zum Bücherregal neben der Eingangstür, möglichst weit weg von den beiden Männern, die sie in ihrer Unterhaltung nicht stören wollte. »Und du meinst, das geht wirklich, dass man einfach so nein sagt?«, hörte sie Jean-Yves trotzdem. Verblüfft horchte sie auf. Es war, als hätte der alte Mann ihren eigenen Gedanken laut ausgesprochen; so antwortete sie ihm im Stillen: Aber sicher kann man nein sagen, wenn man es muss.
Yohann antwortete unterdessen: »Aber sicher. Es muss sein.«
Lina lächelte ironisch und spitzte unwillkürlich die Ohren. Was hatten die vor?
»Na gut. Und wenn die Ärger machen?«, wollte Jean-Yves wissen.
Yohann zuckte die Achseln. »Wir werden sehen.«
»Du hilfst mir doch, oder?«
»Natürlich.«
»Weil - ich will garantiert keinen Linky.«
Aha, dachte sie sich, darum geht es! Die wollen wirklich rebellieren? - Typisch Bretonen! Nur mit halbem Ohr hörte sie danach zu, wie Jean-Yves beklagte, seinen Neffen, der ihm normalerweise bei Papierkram helfe, kaum mehr zu Gesicht zu bekommen; er, Jean- Yves, habe nicht einmal verstanden, was Juliens beanspruchender neuer Job sei - »irgendwas Technisches, hat er gesagt, mehr nicht.« Der alte Mann holte tief Luft. »Aber zumindest verdient er etwas. Und es ist nicht gut für die jungen Leute, wenn sie zu Hause herumhängen und keine Arbeit finden. Sie haben den Eindruck, dass niemand sie will. Nein, so ist es wohl besser.«
Yohann nickte und spähte nach Lina, die so tat, als hätte sie nichts von der Unterhaltung mitbekommen. »Gut, Jean-Yves, machen wir es wie besprochen, ja?«, fragte er.
»Geht in Ordnung, Yohann. Kenavo!« Jean-Yves wandte sich zum Gehen. »Kenavo, Lina! So verabschiedet man sich auf Bretonisch!«
»Soso. Dann kenavo, Jean-Yves.« Sie atmete auf, als der Alte aus dem Raum war, und trat endlich an Yohann heran. »Guten Tag. Ich - ich wollte gelbe Säcke. « Das war geflunkert. Sie hatte sich am Freitagnachmittag gelbe Säcke geholt. Aber sie brauchte das Ausweichmanöver für den inneren Anlauf.
»Gelbe Säcke liegen in der Kiste, drüben auf dem Stuhl.« Er wies in besagte Richtung.
Sie nahm sich schnell eine Rolle aus dem Karton, ihr Blick schweifte dann zu der halb geöffneten Tür zum Nebenzimmer.
»Pierric ist nicht da«, sagte Yohann, ihrem Blick folgend.
»Gut, egal. Sie sind ja da .«
Er sah sie abwartend an.
»Was ich sagen wollte«, begann sie abrupt, »was ich sagen will ist: Ich will kein Fahrzeug!«
Er hob unmerklich die Augenbrauen, sah von Linas zusammengepressten Lippen zu ihrem fast bösen Blick, dann zu ihren geballten Fäusten. »Kein Problem«, sagte er sanft.
»Ich meine, niemand hat mich gefragt, ob ich ein Fahrzeug will, ja?«, fuhr sie fort, als ob sie seine Worte nicht gehört hätte. »Das ist nämlich nicht der Fall. Und ehrlich gesagt, ich könnte mir eine Miete auch gar nicht leisten, also - nein!«
»Aber niemand sprach von einer Miete«, wandte Yohann sachte ein, doch sie erwiderte höhnisch: »Ach kommen Sie! Auf unserer Welt bekommt man nichts für nichts; aber sowieso, ich brauche kein Fahrzeug! Und vor allem keine Leute, die mir sagen, was ich tun und lassen soll! Ich brauche keine Hilfe, klar?« Sie atmete aus, war ganz rot im Gesicht.
Babou sprang Yohann auf den Schoß und schmiegte sich schutzsuchend an ihn. Hund und Mann hatten, nun auf Augenhöhe, denselben erschrockenen Blick. Es hatte fast etwas Komisches. Lina riss sich zusammen. Das war genug, was machte sie da?
»Kein Fahrzeug, ich werde es Pierric ausrichten«, sagte Yohann vorsichtig.
Sie nickte und rang nach Atem.
Er wartete ab, dass sie sich beruhigen würde. Er spürte, wie peinlich ihr Auftritt ihr war. Er wollte schon fragen: Sonst noch etwas, kann ich helfen?, aber das wäre definitiv Selbstmord gewesen. Er schwieg und streichelte Babou.
Lina räusperte sich, wollte sich nervös über die Haare streichen. Unversehens hielt sie ihre Mütze in der Hand - und sah seine aufgerissenen Augen. Auch das noch! Wehe, wehe wenn er etwas sagen würde! Hastig setzte sie die Mütze wieder auf den geschorenen Kopf und funkelte ihn an. Dann spürte sie, wie alle Scham in noch mehr Aggression umschlug, und sie hörte sich höhnisch ausrufen: »Wissen Sie was, Yohann? Sie sind viel zu lieb! Ich stehe hier vor Ihnen und schnauze Sie an, und Sie sitzen da, voller Geduld und Nachsicht! Meinen Sie, das kriegen Sie zurück? Meinen Sie, Sie werden nicht ausgenutzt?«
Seine Augen weiteten sich noch mehr.
Und sie setzte nach: »Ja, Sie wundern sich, wie ich, eine Fremde, mich so in Ihre Angelegenheiten einmische, nicht wahr? Aber das ist es eben: Ich sage Ihnen das, weil ich eine Fremde bin! Die Leute hier, die Sie kennen, die werden Ihnen nie die Wahrheit ins Gesicht sagen, weil es den einen zu bequem ist, einen so lieben Trottel für sich arbeiten zu lassen, und die anderen haben Sie zu gern, um Ihnen zu sagen, dass Sie nichts anderes sind, als zu gut, zu blöd!« Hastig atmete sie aus.
»Gut. War es das?«, fragte er angespannt nach ein paar Sekunden.
»Und was den digitalen Zähler betrifft: Man kann nicht ewig auf dem Mond leben, und auch wenn man das möchte, wollen es die, die das Sagen haben, eben nicht! Also, nein sagen wird in dem Fall nicht funktionieren! Und Sie werden sehen, am Ende stehen Sie sowieso allein damit da; naja, allein mit Jean-Yves . So, ich denke, das war es.« Sie nickte und stürmte aus der Mairie.
Er starrte ihr nach, Babou an sich gedrückt. Dann griff er nach dem gelben Klebezettel mit der Aufschrift: »Eine Lina hat nach Dir gefragt. Sie will wiederkommen.«, zerknäulte ihn und warf ihn in den Papierkorb.
Wenn Lina gehofft hatte, sich nach der Abschreckung Yohanns besser zu fühlen, kam das nicht sofort. Und schon am nächsten Tag bereute sie fast, was sie getan hatte.
Dabei fing der Tag erst gut an, mit der Entdeckung des Fahrrads. Sie fand es beim Holzholen, im Schuppen hinter dem Haus. Das Damenrad musste viele Jahrzehnte alt sein; die Chromteile waren voller Rost, und auch am schwarz lackierten Rahmen nagte er stellenweise. Aber nachdem sie es geputzt und aufgepumpt hatte, war es tatsächlich fahrtüchtig. Ein Fahrrad - ein Fahrzeug, frohlockte Lina, und machte sich gleich auf zu einer ersten Runde. Da sie nichts anderes von der Gegend kannte, fuhr sie dorthin, wo sie (leider) Yohann im Regen begegnet war: an den Nantes-Brest-Kanal. Um nicht dauernd an ihren unerwünschten Helfer zu denken, nahm sie aber bewusst den anderen Spazierweg den Kanal entlang - den einstigen Treidelweg. Der entpuppte sich schnell als sehr angenehmer Radfahrweg, denn er war gut befestigt, fast eben und ganz ohne Autoverkehr. Der Kanal neben ihr sah nach einem idyllischen Flüsschen aus, mit ruhig dahinströmendem Wasser, eingebettet zwischen Wald und bretonischem Wiesengrün.
Sie strampelte fest, ging in den größten, den dritten Gang. Sie konnte nicht super schnell sein, aber sie kam sich so vor, und hatte plötzlich das Gefühl, frei zu sein - ein Gefühl, das sich verstärkte, als sich die Schreie von Möwen in den Gesang der Vögel über ihr mischten; Seemöwen kreisten über dem Kanal! Hier gab es nur sie und diese freien Vögel - und gelbe Schmetterlinge, die neben ihr schwebten - und links von ihr hohe Alleebäume, dahinter ein Bach und mal Wald, mal Wiesen mit weidenden Kühen darauf; rechts von ihr immer das lautlos dahinfließende Wasser, und dahinter der Wald - dabei keine Spur von Menschen, nicht das leiseste Geräusch eines Autos oder ein sonstiges Anzeichen menschlicher Nähe - und jetzt, plötzlich, brach der bislang graue Himmel auf und die Sonne erschien hinter den Wolken!
Es war, als hätte jemand das Licht angemacht und die Welt flugs mit Farben überzogen: Das Grün der Wiesen, der Büsche und erster Bäume sprang ihr nun gelb-grün ins Auge; das Blau des Himmels hinter den aufreißenden Wolken spiegelte sich in dem nun funkelnden Wasser; weiß leuchteten die Blüten der Obstbäume auf, an denen sie eben vorbeiflog, und rote, gelbe und blaue Wildblumen leuchteten aus dem hohen Gras der Uferböschung - da zog eine Wolke vor die Sonne, und der Zauber war wieder vorbei. Doch nicht für lange! Die störende Wolke wehte der Wind gleich wieder fort; und dann dauerte es keine Viertelstunde und die Wolken waren alle vertrieben und die intensive Sonne strahlte ungehemmt und erstaunlich warm von einem makellosen, tiefblauen Himmel.
Und dann hörte sie ein Rauschen, ein Rauschen, das lauter wurde, als sie immer dichter an die Schleuse heranfuhr. Neben dem Schleusentunnel für Wasserfahrzeuge überbrückte ein Wehr den Kanal, und von dem schoss das funkelnde Wasser in einem kräftigen, breiten Strahl hinunter, ein richtiger Wasserfall! Am Rande des Weges, direkt bei der Schleuse, stand aber ein Haus, das sie entzückte: teilweise hell verputzt, teilweise aus unverputztem Naturstein, war seine Front geschmückt durch rote Rosen und üppige, violette Glyzinien. Wie schön musste es sein, hier zu wohnen!
Sie strampelte weiter, immer begeisterter von diesem Weg, dieser Entdeckung. Sie wollte mehr davon sehen, immer mehr! Am nächsten Schleusenhaus, das sie passierte, begegnete sie dann doch einem Menschen, einem einsamen Angler. Grüßend fuhr sie an ihm vorbei und schnell weiter; links neben ihr erstreckte sich nun, hinter einer Reihe alter Kastanien, ein sumpfig aussehendes Terrain mit hohen Gräsern; auf der anderen Kanalseite stand kühl und schattig der dichteste Wald. Ihre des Radelns ungewohnten Beine begannen allmählich, sich bemerkbar zu machen, so wie auch ihr Gesäß auf dem recht harten Sattel; aber bis zur nächsten Schleuse noch, nahm sie sich vor! Noch einige Kilometer, noch einige Kurven, dann fuhr sie auf eine alte Brücke mit verrostetem Eisengeländer zu - hier wechselte ihr Weg die Kanalseite. Und nach der Brücke kam dann die nächste Schleuse.
Sie stieg vom Fahrrad, um auszuruhen. Hier war kein Angler, hier war überhaupt niemand, auch kein Auto stand vor diesem Schleusenhaus, das sie sogar besonders hübsch fand. Es war verputzt und weiß gestrichen, mit Haustür und Läden in Dunkelblau. Umgeben war es von einem Garten, der voller bunter Blumen war und - in dem zwei Palmen standen! Sie trat näher. Tatsache! Palmen im bretonischen Grün!
Sie legte ihr Fahrrad ins Gras, machte ein paar Schritte und dehnte sich. Als sie die Schleuse näher betrachtete, fiel ihr auf: Die führte nicht über die ganze Kanalbreite, sondern auf eine kleine Kanalinsel. Sie konnte nicht widerstehen und ging hinüber, um die zu erkunden.
Eine Wäscheleine war zwischen zwei Pfosten gespannt; ansonsten schien die Insel wild überwuchert mit Gräsern, Wildblumen, Gestrüpp und ein paar knorrigen Bäumen. Dann entdeckte Lina einen ausgetretenen Pfad, dem sie folgte. Er führte sie, immer am Ufer entlang, auf die andere Seite der Insel - und zu einem meterhohen Wehr, von dem das Wasser hinabstürzte! Vorsichtig balancierte sie das Geländer des Wehrs entlang und beugte sich darüber, um dem Stürzen des Wassers zuzusehen und dem Rauschen nachzulauschen; dann, als ihr etwas schwindelig wurde, tastete sie sich weiter, bis sie an der anderen Kanalseite ankam. Hier erspähte sie, hinter den noch kahlen Zweigen alter Eichen, mehrere Gebäude um einen Hof: eine alte Mühle. Aber hier im Schatten war es ihr zu kalt, und so beschloss sie, zurück in die Sonne zu gehen.
Als sie wieder auf der Kanalinsel war und das hübsche Schleusenhaus vor sich erblickte, hielt sie inne. Diesmal hatte sie eine unangenehme Entdeckung gemacht: Vor dem Haus stand ein gelber Kleintransporter; in roter Schrift stand darauf ein Firmenname, Macrotech. Wo kam denn der her? - Sie überquerte die Schleuse und hob ihr Fahrrad auf; da sah sie die beiden Männer, in gelben Overalls. Die machten sich an dem Strommast zu schaffen, der einen Steinwurf von dem Haus entfernt stand.
Sie schob das Fahrrad an dem Kleintransporter vorbei und stieg auf. Jetzt fuhr sie langsam auf die Männer zu. Was machten die da? Erst, als sie an ihnen vorbei war, begriff sie - und bremste. Sie wandte sich um.
Ja. So war es. Dass an dem Strommast ein Zähler gehangen hatte, war ihr vorhin gar nicht aufgefallen. Aber jetzt hing plötzlich ein lindgrüner Zähler daran, und diese Farbe kannte sie: Das war doch ein Linky!
»Guten Tag«, grüßte einer der Männer; er hatte bemerkt, wie sie ihn anstarrte.
»Guten Tag«, gab sie zurück.
»Wohnen Sie hier?«, wollte der Mann wissen und nickte Richtung Schleusenhaus. Klang er misstrauisch?
»Nein«, erwiderte sie. »Ist der Linky für dieses Haus?«
»Wir tun hier nur unsere Arbeit«, fuhr der andere Mann sie barsch an.
Sie sollte weiterfahren. Das hier ging sie nichts an. Trotzdem musste sie nachhaken: »Aber die, die hier wohnen, wissen schon, dass Sie das machen?«
»Alle kriegen den Linky, Madame, und alle wissen das«, gab der, der sie zuerst angesprochen hatte, zurück und grinste.
Da fuhr sie ab. Unangenehm berührt von dem, was sie gesehen hatte - wobei sie nicht ganz sicher war, was sie da genau gesehen hatte. In diesem Moment verspürte sie plötzlich das Bedürfnis, Yohann von der Sache zu erzählen. Aber das kam natürlich nicht in Frage, schalt sie sich.
Das Wetter blieb schön, und die Landschaft war dieselbe; und doch konnte Lina auf dem Heimweg nicht in die begeisterte Stimmung zurückfinden, die sie auf der Hinfahrt getragen hatte. Ein Missklang schien sich in den Gesang der Vögel zu mischen; auf einmal sah sie nur noch Komplikationen. Weit, schier endlos erschien ihr der Rückweg; die letzte Steigung zum Dorf musste sie das Fahrrad hochschieben. Vollkommen erschöpft kam sie vor dem Linken der drei an.
Zwei Wochen. Noch zwei Wochen musste sie hier aushalten; dann hatte sie ihren Termin in Paris. Und dann? Dann konnte es im schlimmsten Fall sein, dass sie in Paris bleiben, dass sie wieder arbeiten musste, und das sah sie nicht. Angst überkam sie. Sie würde froh sein müssen, hierher zurückkommen zu dürfen - hierher, weil ihr nichts anderes blieb! Wo sollte sie sonst hin? Wo sonst wäre sie in Sicherheit? Und doch - sie wusste nicht, ob sie das wirklich konnte. Leben in der tiefsten Provinz. Ganz allein.