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VII.

Es war Donnerstagmorgen, was Gregor als angenehm empfand, da das Wochenende nahte. Er stand auf, machte sich fertig, frühstückte und schaute kurz in die regionale Tageszeitung, die er abonniert hatte.

In der Zeitung waren wieder hauptsächlich Texte der Deutschen Presse-Agentur abgedruckt. Außerdem gab es vor dem Hintergrund von Zuwendungen Artikel diverser Interessenverbände, die diese wahrscheinlich selbst geschrieben hatten – es hieß, Jugendliche sollten in den Schulferien Praktika absolvieren, um ihre späteren Jobchancen zu erhöhen. Darüber hinaus erfuhr er aus den Stadtteilnachrichten, welches Kaninchen beim letzten Züchterwettbewerb gewonnen hatte – diesmal war es Trude gewesen, deren Fell sehr geglänzt habe.

Gregor schaute auf die Uhr – er musste gehen. Er stieg ins Auto und fuhr los. Auf der Arbeit angekommen, betrat er pünktlich um 9 Uhr die Einrichtung. Die ersten Kinder kamen um halb zwölf, so dass noch Zeit war, nach Bastelarbeiten der Kinder zu sehen, die diese noch nicht fertiggestellt hatten.

Nachdem er sich einen Überblick verschafft hatte, suchte er Materialien zusammen: Da meist aufgrund der durchgeplanten Tage wenig Zeit blieb, um an den Werken zu arbeiten, war es günstig, wenn das Material bereits vor Ort war.

Anschließend beaufsichtigte er einige Kinder, die ein Plakat zum Thema Pflanzen für den Biologieunterricht anfertigen sollten. Darauf folgend ging er in die Küche und deckte die Tische für die ersten Gruppen des Mittagessens ein. Dort plauderte er ein wenig mit der Köchin, musste dann aber zurück in die Einrichtung, weil die Erstklässler Schulschluss hatten.

Auf dem Weg in die OGS traf er auf Anja, die mit Anmeldelisten aufgeregt vor der Tür stand und versuchte, ankommende Kinder anzumelden. Sie raunzte Gregor unfreundlich an: „Du bist zu spät! Das ist eine Unverschämtheit! Du siehst doch, was hier los ist! So geht das nicht, das kann nicht wahr sein!“

Gregor sagte: „Ich komme aus der Küche, in der ich die Tische vorbereitet habe.“

„Dann musst du schneller arbeiten!“, schimpfte sie.

Kurze Zeit später teilte Anja Gregor mit: „Du musst in Mathildas Büro kommen.“

Gregor erwiderte: „Weshalb muss ich das?“

Anja begann tatsächlich fast zu weinen: Sie tat Gregor schon fast leid, was bei ihrem Verhalten schon eine Leistung war.

„Doch“, schluchzte sie, „ich habe Mathilda um ein Mitarbeitergespräch mit dir zusammen gebeten, um deine gleichgültige Reaktion zu besprechen, die mich sehr verletzt hat, als ich vorhin gestresst alleine alle Kinder betreuen musste, weil du zu spät kamst.“

Gregor war sprachlos: Wenn man überlegte, wie häufig sie ihren Dienst für Rauchpausen unterbrach, war das, was sie hier sagte, schon ein starkes Stück. Offensichtlich war es wieder an der Zeit, dass sie Mathilda ihre Untergebenheit direkt vor Augen führte: Wahrscheinlich hatte Mathilda sie beim Rauchen erwischt und sie daher tadeln müssen, was nun durch einen Beweis, wie wichtig ihr ein korrekter Ablauf war, wieder gutgemacht werden musste – so war es wahrscheinlich. Möglicherweise machte ihr aber auch ihr Kater zu schaffen, denn sie sah schlecht aus. Möglicherweise war sie daher etwas verwirrt.

„Nun gut“, dachte Gregor, „bevor sie in Tränen ausbricht, soll sie ihr Mitarbeitergespräch bekommen. Mathilda ist schließlich bereits alarmiert und wird das Gespräch so oder so einfordern.“ Er sammelte sich und war bereit für Mathildas Weisheit.

Vor der Bürotür angekommen, mussten Anja und Gregor warten, da die Erste Pädagogin gerade Engagement demonstrierte: Sie hatte sich zwei streitende Kinder bringen lassen, um ihnen ihren berühmten Streitschlichtungsvortrag zu halten.

Die Kinder schienen sich allerdings bereits gegen Mathildas Geschwafel verbündet zu haben, so, wie sie sich gegenseitig angrinsten.

Es dauerte einige Zeit, bis die Chefin geendet hatte – sie war eben sehr gründlich. Als sie Anja und Gregor endlich die Tür öffnete, sagte sie: „Ihr hättet ruhig noch arbeiten können, anstatt vor der Tür zu warten; ich hätte euch schon geholt.“

Anja begann eine Entschuldigungsarie, die Mathilda wohlwollend zur Kenntnis nahm. Im Anschluss daran ließ sie sich von ihr den Fall schildern, der sie zusammengeführt hatte. Gregor log zu seiner Verteidigung, dass er etwas länger in der Küche gewesen sei, da er der Köchin geholfen habe, Kisten mit Lebensmitteln zu tragen.

Nun wusste selbst Mathilda nicht ganz genau, weshalb Anja hier so sensibel reagiert hatte. Daher begann sie einen Vortrag über Dienstpflichten im Allgemeinen und Pünktlichkeit im Speziellen.

Als sie nach fünfzehn Minuten geendet hatte, verließen Gregor und Anja ihr Büro. Gregor schaute seine Kollegin verständnislos an und schüttelte den Kopf. Sie jedoch schien zufrieden zu sein: Sie hatte Mathilda ihre Ergebenheit erwiesen, auch wenn der Anlass nicht ganz so tragisch gewesen war, wie sie sich ihn gewünscht hätte.

Gregor ließ Anja dann stehen und wandte sich wieder erfreulicheren Dingen zu. Mathilda machte Feierabend, denn sie hatte schließlich an diesem Tag schon wieder drei Stunden gearbeitet und allein durch ihre Anwesenheit für drei Tage pädagogisch gewirkt: Die Kinder waren eingestielt, die Kolleginnen befolgten ihre Regeln, so dass das Wichtigste erst einmal erledigt war. Selbst die Anwesenheitslisten für den nächsten Tag hatte sie offensichtlich schon fertig. Zu vermuten war aber, so legte es Anjas Kater nahe, dass Anja die Listen bereits am vergangenen Abend hatte vorbereiten müssen: Mathilda machte doch nicht alles selbst!

Anja widmete sich nun wieder ihren Anmeldelisten, da sie niemals mit den Kindern irgendetwas tat. Ihr einziger Kontakt zu ihnen bestand darin, sie unfreundlich anzuraunzen, dass sie sich an- oder abzumelden hätten. Diese Kontaktaufnahme wurde allerdings noch erweitert, indem sie als Aufpasserin auf der äußeren Lernumgebung Verfehlungen der Kinder mit barschem Ton unterband.

Der Auszubildende

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