Читать книгу DER ERZENGEL JOHANNES - Nicole Sturm - Страница 14
Оглавление_KAPITEL 10
»Du kommst aus der Hölle frei«-Karte
_Leipzig // 1509
V
or der Nikolaikirche steht ein hässlicher, dicker Dominikaner-mönch. Sein Atem ist durchzogen von Maßlosigkeit, doch das riechen die verirrten Schafe nicht, die erfüllt von Furcht seinen Lügen lauschen. Im Hintergrund lehnen zwei Männer an einer Hauswand, sie sind von Tetzels Theater genauso wenig beeindruckt wie das Mauerwerk. Der eine wünscht ihm die ewige Hölle, der andere wird diesen Wunsch, in nicht allzu ferner Zukunft erfüllen. Der dicke Mönch krakeelt noch lauter über den Platz.
Sie werden gegeißelt, schlimmer als euer Erlöser selbst und ihr verprasst die Münzen für Wein und Weib. Die Flammen lodern, doch das Feuer verzehrt sie nicht, sie brennen bis zum jüngsten Gericht. Nicht nur ihre Seelen, nein, auch eure Seelen könnt ihr von dieser Pein erretten. Gott kennt all eure Sünden, vor ihm bleibt nichts verborgen. Wie viel Sünde trägt jeder von euch mit sich?! Wahrlich, ich sage euch, der Teufel wandelt unter uns.
Tetzels Blick schweift theatralisch durch die verängstigte Menge, unwissend das er recht hat.
Könnt ihr sie riechen, die brennenden kreischenden Leiber eurer Mütter und Väter? Es ist nicht mehr als ein Almosen und es wirkt sofort. Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele…
Johannes verzieht angewidert das Gesicht. Seine Stimme reicht gerade bis zu seinem Mauernachbarn.
Ich habe mein ganzes Leben lang, noch nie so einen Mist gehört. Stört dich das nicht, wenn er so spricht? Als ob Gott Sünden vergeben würde gegen Bezahlung. Narren. Ich bin nur froh, dass der Täufer sich dieses Schauspiel nicht ansehen muss.
Judas hätte diesen Hurenknecht von seinem Sockel geprügelt.
Ein Lächeln stiehlt sich in Johannes Gesicht.
Ja und Jesus hätte ihn von ihm runter gezerrt. Obwohl bei diesem Mönch bin ich mir nicht sicher.
Johannes drückt sich mit dem Rücken von der Wand und zeigt mit der offenen Hand auf die Menge.
Wie konnte Gott es nur soweit kommen lassen?
Das frage ich mich seit der Idee mit der verdammten Frucht. Wo wir davon sprechen.
Nun tritt auch die zweite Gestalt enthusiastisch hervor, einen Augenaufschlag später fällt Emilias Blick auf dessen elegante Erscheinung. Für die Tochter eines Bauers ist ihre Haut auffallend hell und das strahlende Rot ihrer Haare, die sich sanft auf ihre Schulter betten, wird nur noch von dem sündigen Rot der Äpfel in ihrem Weidenkorb übertroffen. Emilia und die Gestalt bleiben nebeneinander stehen. Als seine Hand sachte nach einem der glänzenden Äpfel greift, folgen die Augen der jungen Frau dem silbernen Ring. Indem sich Haar und Frucht vereinen. Emilias Herz rast.
Schönes Kind, was begehrt ihr für diesen Apfel und euer schönstes Lächeln.
Ein verlegenes Lächeln schießt aus ihrem Gesicht. Ihre Augen wenden sich verschämt ab. Johannes verdreht die Augen und geht auf die Szenerie zu.
Wir sind nicht zum Vergnügen hier!