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1.2 Kinder mit Gebrauchsanweisung

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Was all diese Kinder gemeinsam haben, ist die Vielfalt an Symptomen, die sie aufweisen sowie große Schwankungen in ihren Leistungen und ihrem Verhalten. Dadurch passen sie nur selten in ein einziges Profil, was die Diagnosestellung erschwert. Oft erhalten diese Kinder daher von verschiedenen Therapeut*innen unterschiedliche Diagnosen. Das widersprüchliche, unvorhersehbare und manchmal explosive Verhalten ist typisch für diese Kinder und führt oft dazu, dass ein Therapeut oder eine Therapeutin ein Kind ganz anders einschätzt als ein anderer Therapeut oder eine andere Therapeutin oder ein Lehrer bzw. eine Lehrerin ein vollkommen anderen Eindruck von einem Kind bekommt als die Eltern des Kindes. Es wird jedoch nur selten angenommen, dass dieses widersprüchliche Verhalten das Ergebnis einer traumatischen Erfahrung sein könnte. Und selbst wenn das Trauma erkannt wird, ist es oft schwer vorstellbar, dass das Trauma einen Einfluss auf all diese Verhaltens-, Gefühls- oder Entwicklungsprobleme hat und dabei die zentrale Rolle spielt. So wird manchmal behauptet: »Okay, da ist das Trauma von früher, aber das kann doch nicht die Erklärung für all diese aktuellen Verhaltensauffälligkeiten sein?«

Gerade wegen der großen Schwankungen im Verhalten und im Funktionieren ist das Leben mit diesen Kindern für die Pflege- oder Adoptiveltern häufig besonders herausfordernd. Die Eltern berichten oft, dass sie »keine normale Familie« sein können. Was vielen Kindern Spaß macht, wie zum Beispiel gemeinsam zum Jahrmarkt oder zu einer Geburtstagsfeier zu gehen, ist für diese Kinder oft so überwältigend und aufregend, dass der Spaß durch die damit einhergehende Anspannung und Stressbelastung verschwindet. Einige Kinder benötigen strenge Rituale, um ein Gleichgewicht aufrechtzuerhalten.

Zum Beispiel kann Maya nicht zur Schule gehen, solange sich ihre Buntstifte nicht in geordneter Reihenfolge in ihrem Mäppchen befinden. Hierdurch kommt ihre Mutter jedes Mal zu spät zur Arbeit. Jeder Versuch, Maya von diesem Ritual abzubringen, führt zu Auseinandersetzungen, wodurch der Morgen nur noch schwieriger wird. Tina fängt grundsätzlich an zu streiten, wenn ihr gesagt wird, dass es Schlafenszeit ist. Ihre Mutter beschreibt, wie das Adrenalin nach dem Streit noch stundenlang durch Tinas Körper rast, während sie doch dringend Ruhe bräuchte und Energie für den nächsten Tag tanken müsse.

Darüber hinaus haben viele der betroffenen Eltern auf der Suche nach einem angemessenen Gleichgewicht gelernt, Eskalationen zu vermeiden. Sie haben gelernt, sich weniger aufzuregen und nicht alles so ernst zu nehmen und nicht jeden Streit auszutragen (»choose your battles!«).

Das bedeutet zum Beispiel, dass Mayas Vater nicht gleich sauer wird, wenn Maya auf dem Spielplatz herumschreit: »Loser, nennst du das pünktlich sein?« Er teilt ihr dann in Ruhe mit, dass er der Meinung ist, dass man so nicht mit dem Papa redet, ohne auf eine weitere Diskussion einzusteigen. Dass dies für sie die beste Lösung ist, zeigt sich darin, dass sie sich anschließend erstmals für ihren Wutausbruch entschuldigen kann.

Diese elterliche Haltung löst im sozialen Umfeld jedoch oft nur wenige unterstützende Reaktionen aus. Meist hören sie dann Folgendes: »Bei mir wäre das anders.« oder »Wenn Sie das alles zulassen, ist es kein Wunder, dass sich Ihr Kind schlecht benimmt.« Dass Verhaltensprobleme und Erziehungsschwierigkeiten mit einem Trauma verbunden sein können und dass Eltern manchmal auf »ungewöhnliches« Verhalten mit »positiven Reaktionen« reagieren, ist für Außenstehende dabei meist unbegreiflich.

Bindungstraumatisierungen bei Kindern und Jugendlichen

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