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Veganer*innen sind intolerant

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Tolerieren bedeutet laut Duden so viel wie dulden, zulassen bzw. gelten lassen, obgleich etwas nicht den eigenen Vorstellungen entspricht. Ob Toleranz nun gut oder schlecht ist, hängt dabei davon ab, was toleriert wird. Was viele Veganer*innen kritisieren, also vermeintlich nicht »tolerieren«, ist unter anderem Tierausbeutung und das Verursachen von unnötigem Leid. Wenn man das als intolerant bezeichnet, prangert man damit an, dass Gewalt und Ausbeutung nicht toleriert werden. Häufig wird auch argumentiert, dass Essen Privatsache sei (siehe Kapitel 5). Es wird also die Ansicht vertreten, dass das »Essverhalten« anderer zu tolerieren sei. Doch dabei übergeht man mindestens zwei wichtige Punkte:

Indem man empfindungsfähige Lebewesen, bzw. das, was man aus ihnen macht, kurzerhand als »Essen« bezeichnet, verdrängt man, dass es bei dieser Sache nicht um einen selbst geht oder um Veganer*innen und Nicht-Veganer*innen und deren jeweiliges »Essverhalten«, sondern um das Leben der Tiere. Wenn vegan lebende Menschen also diese Haltung tolerieren, obwohl es nicht ihren eigenen Vorstellungen entspricht, lassen sie dabei zu, dass anderen Lebewesen geschadet wird. Häufig wird in diesem Kontext betont, dass man die vegane Lebensweise Anderer schließlich auch toleriere. Daraus folgt aber nicht automatisch, dass die mischköstliche Ernährungsweise, die in den meisten Fällen zwingend mit Ausbeutung und Grausamkeit verbunden ist, akzeptiert werden muss. Die Toleranz von Gewalt steht in starkem Gegensatz zur Toleranz von Gewaltfreiheit. Mit dieser Forderung nach Toleranz gegenüber dem Konsum von Fleisch (und anderen tierischen Produkten) stellt man Gewalt und die Ablehnung von Gewalt auf eine Stufe, da beides undifferenziert als »Essverhalten« betrachtet wird. Man sagt damit etwa: »Ich toleriere, dass du keine Gewalt verursachen willst, und wenn du nicht tolerierst, dass ich Gewalt verursache, bist du intolerant.« Durch das Fleischessen missachtet man das Bedürfnis der »Nutztiere«, nicht zu leiden, nicht eingesperrt, nicht ausgebeutet und nicht getötet zu werden. Die Inkonsistenz liegt hierbei darin, dass kritisiert wird, dass der Wunsch nach Fleischkonsum nicht toleriert wird, man aber selbst den Wunsch des Tiers nach Unversehrtheit ebenso wenig akzeptiert. Hier ist zusätzlich einzuwenden, dass es sich bei Ersterem nur um ein schlichtes Begehren handelt, bei Letzterem hingegen um den Erhalt des Lebens. Es gibt viele Alternativen zum Fleischkonsum. Zu Leben und Unversehrtheit gibt es jedoch keine. Wenn man fordert, den Fleischkonsum zu tolerieren, verlangt man Toleranz für Intoleranz. Man spricht dabei vom Toleranz-Paradoxon.4 Der Philosoph Karl Popper schrieb dazu:

»Uneingeschränkte Toleranz führt mit Notwendigkeit zum Verschwinden der Toleranz. Denn wenn wir die uneingeschränkte Toleranz sogar auf die Intoleranten ausdehnen, wenn wir nicht bereit sind, eine tolerante Gesellschaftsordnung gegen die Angriffe der Intoleranz zu verteidigen, dann werden die Toleranten vernichtet werden und die Toleranz mit ihnen.«5

Popper erläutert dies am Beispiel der menschlichen Gesellschaft; es gibt jedoch keinen Grund, dieses Prinzip nur darauf zu beschränken. Jeder ist in gewissen Punkten intolerant und es gibt sogar eine staatlich verordnete Intoleranz gegenüber gewissen Verhaltensweisen. Wir sind intolerant gegenüber ungerechtfertigter Gewalt, Rassismus, Sexismus und anderer Formen der Unterdrückung. Ferner gibt es keine valide Rechtfertigung für Toleranz gegenüber Speziesismus und der damit einhergehenden Gewalt an Tieren. Sicher würde kaum jemand fordern, dass man gewalttätige Personen tolerieren muss, nur weil diese friedfertige Personen tolerieren, und dass es intolerant sei, jene zu kritisieren. Auch in solch einem Fall sind nicht nur zwei Parteien involviert (die, welche Gewalt verursacht, und die, welche sie kritisiert), sondern noch eine dritte: das Opfer der Gewalt. Die Interessen der entscheidenden dritten Partei sollten hier auf keinem Fall übergangen werden.

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