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Veganer*innen sind extrem
ОглавлениеDer Duden beschreibt das Wort »extrem« als »bis an die äußerste Grenze gehend«. Damit ist von Kritiker*innen des Veganismus in der Regel gemeint, dass vegan lebende Menschen zu weit gehen oder etwas übertreiben. Synonyme für extrem sind etwa »äußerst« oder »aus dem Rahmen fallend«. Auch darin steckt aber noch keine Wertung. Denn eine Sache kann extrem schön, extrem vielseitig, extrem hilfreich oder extrem wichtig sein. Oder aber extrem brutal, extrem gleichgültig oder extrem ungerecht. Es kommt also immer darauf an, was genau extrem in welchem Kontext bedeutet. Beim Veganismus geht es u. a. um Gewaltfreiheit und den Versuch, empfindungsfähige Lebewesen gerecht zu behandeln. Wenn zwei konträre Ansichten existieren, heißt das nicht, dass das Wahre, Richtige oder Gute zwangsläufig genau in der Mitte liegt. Die »goldene Mitte« ist nicht immer die beste Lösung. Oder um es mit den Worten des deutschen Dichters Friedrich von Logau zu sagen: »In Gefahr und größter Not bringt der Mittelweg den Tod.«11 Angesichts der Auswirkung der weltweiten industriellen »Nutztierhaltung« mag also auch durchaus eines der »Extreme« das Richtige sein. Wenn man ohne weitere Begründung davon ausgeht, dass die Mitte der beste Kompromiss ist, ist das ein Fehlschluss, der als Argument der goldenen Mitte bzw. als Argument für die Mäßigung (lateinisch »argumentum ad temperantiam«) bezeichnet wird.12 Eine Aussage oder Überzeugung kann nämlich vollkommen richtig und die entgegengesetzte vollkommen falsch sein. Eine Handlungsweise kann nachweislich schädlicher sein als eine andere, und die richtige Antwort ist in diesem Fall nicht, dass man sich irgendwo in der Mitte trifft, nur damit beide Parteien ein wenig Recht behalten. Ähnlich sieht es auch bei ethischen Überzeugungen aus. Man kann beispielsweise nicht auf nachvollziehbare Weise argumentieren, dass mittelmäßiger Rassismus oder Sexismus besser wäre als die komplette Abschaffung, weil diese zu extrem wäre. Manchmal liegt das richtige Maß schlichtweg bei null. Ebenso ist es beim Speziesismus.
Veganismus ist also im Grunde das Gegenteil von extrem. Extrem ist es, jährlich viele Milliarden Tiere zu züchten, zu halten, auszubeuten, leiden zu lassen und zu töten, meist nur wegen des Geschmacks und obwohl es Alternativen gibt. Extrem ist, wie wir auf industrialisierter und automatisierter Ebene aus empfindungsfähigen Lebewesen Produkte machen. Extrem ist, wie wir unseren Planeten und unsere Ressourcen ausbeuten und wie schlecht viele Arbeiter*innen in Schlachtbetrieben behandelt werden.