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Veganer*innen sind militant

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Im Jahr 1932 schrieb der Physiker Albert Einstein in einem Briefwechsel mit dem Arzt Sigmund Freud: »Ich bin nicht nur Pazifist, ich bin militanter Pazifist.«6 Manchmal wird der Begriff »militant« verwendet, um eine Person mit stark verfestigter Meinung zu bezeichnen.7 Verwendet man dieses Adjektiv also ganz im Sinne Einsteins, dann kann man durchaus bejahen, dass die meisten vegan lebenden Menschen militant sind, weil sie sich (auf Basis rational begründbarer und konsistenter Gründe) mit Nachdruck gegen die Ausbeutung von Tieren einsetzen. Genauso setzen sich Pazifist*innen mit Nachdruck gegen Krieg und Feminist*innen mit Nachdruck gegen das Patriarchat ein. Wir alle erachten gewisse Handlungen anderer Menschen als völlig inakzeptabel, auch wenn sie uns nicht selbst betreffen. Wenn jemand auf der Straße ein Kind schlägt oder einen anderen Menschen überfällt und eine dritte Person schreitet ein, dann sprechen wir von Zivilcourage. Auch wenn jemand öffentlich einen Hund tritt, werden viele Menschen zum Tierschützer und schreiten ein. Die allermeisten Menschen erachten diese Art der Einmischung als begrüßenswert. Wir reagieren häufig sogar empört, wenn in solchen Situationen weggesehen und nicht gehandelt wird. Aus irrationalen Gründen werden Menschen, die sich konsequent für alle Tiere einsetzen und nicht nur für jene, die willkürlich von der Gesellschaft als schützenswert angesehen werden, nicht selten als »militante, intolerante Gutmenschen, die sich für etwas Besseres halten und anderen ihre Meinung aufzwingen wollen« beschrieben (siehe Kapitel 1). Genau so könnten auch die ersteren Szenarios kommentiert werden. Eine derartige Charakterisierung klingt an diesen Stellen allerdings äußerst zynisch. Objektiv betrachtet sind diese jedoch nicht grundlegend anders, denn alle beschreiben das Einschreiten bei Gewalt gegenüber leidensfähigen Lebewesen.

Somit hat die Bezeichnung »militant« in diesem Kontext per se nichts Negatives, und sogar große Denker wie Einstein bezeichneten sich selbst völlig zu Recht in manchen Aspekten als militant. Eine verfestigte Meinung auf Basis einer kritischen Auseinandersetzung mit einer Thematik zu haben und diese Meinung nach außen zu vertreten, ist nichts Negatives. Vor allem dann nicht, wenn diese Thematik so weitreichende Konsequenzen für andere hat. Eine verfestigte Meinung ist erst dann ein Problem, wenn sie auf keinem rationalen Fundament steht und taub für valide Kritik ist. Beides trifft auf den Veganismus nicht zu. Viel eher trifft dies jedoch auf die unhinterfragten, oft irrationalen und teils ebenso nachdrücklich verteidigten karnistischen Ideale der mischköstlichen Mehrheitsgesellschaft zu. So sind viele Fleischesser*innen der festen Überzeugung, dass Fleischessen gerechtfertigt sei, und sie treten für diese Überzeugung ein, obwohl die Argumente zur Rechtfertigung des Fleischkonsums in unserer heutigen Welt nicht widerspruchsfrei sind und einer kritischen Betrachtung nicht standhalten.

Dennoch wirkt die (stets mit Gewalt gegenüber Tieren verbundene) Ideologie des Fleischessens meist nicht militant, denn ihre Vertreter*innen sind in einer sehr privilegierten Position, weil sie die Gewalt, die sie verursachen, meist nicht wahrnehmen, da sie ausgelagert ist und von anderen ausgeübt wird. Da Mischköstler*innen aber aktuell den weit größeren Teil der Gesellschaft darstellen, sind sie in den meisten Situationen nicht dazu »verpflichtet«, sich für ihr Essverhalten zu rechtfertigen und müssen daher auch gar nicht »militant« sein.

Andererseits bezeichnet Militanz in seiner primären Definition aber eine »[…] kriegerische Haltung, ein aggressives Auftreten oder eine physische oder verbale Gewaltbereitschaft von Personen und Gruppen im Kampf für politische oder religiöse Überzeugungen«.8 Der Veganismus ist allerdings das Gegenteil einer kriegerischen, gewaltbereiten Bewegung, er setzt sich vielmehr als soziale Gerechtigkeitsbewegung explizit gegen ungerechtfertigte Gewalt, Ausbeutung und Tötung gegenüber allen Tieren (inklusive der Menschen) ein. Der Veganismus ist auch keine Religion (siehe Kapitel 27) oder eine politische Überzeugung, sondern in erster Linie eine Lebensweise. Jede Person kann sich dafür entscheiden, vegan zu werden – egal welche politischen Überzeugungen sie vertritt oder ob sie unpolitisch ist. Veganer*innen folgen keinem politischen Konsens, sondern leben entsprechend ihren ethischen Grundwerten schlichtweg ohne Produkte aus der Tierausbeutung.

Vegan ist Unsinn!

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