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GRÜNDE für die Exklusion von Meerestieren

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Mit Lebensmitteln aus dem Meer verhält es sich wie mit beinahe allen anderen tierischen Produkten: Ökologisch gesehen sind sie nicht per se problematisch, aber die schiere Masse, die die wachsende Weltbevölkerung verlangt, und die Methoden, die zur Deckung dieser steigenden Nachfrage zu möglichst günstigen Preisen gewählt werden, belasten unsere Umwelt schwerwiegend.35 Im Jahr 2018 wurden etwa 180 Millionen Tonnen Fisch gefangen bzw. gezüchtet (etwa zu gleichen Teilen Wildfang und Aquakultur).36 Das entspricht etwa der siebenfachen Menge im Vergleich zu 1950.37 Wie diese Zahlen zeigen, werden Meerestiere im Gegensatz zu »Nutztierhaltung« am Land nicht als Individuen erfasst, sondern es wird lediglich das Gesamtgewicht gemessen – ein Umstand, der verdeutlicht, dass Meerestiere ethisch noch weniger Berücksichtigung als Land-»Nutztiere« erfahren. Wie viele Individuen das sind, lässt sich aufgrund des stark unterschiedlichen Gewichts schwer messen, Schätzungen gehen von etwa 1 bis 2,7 Billionen (1 Billion = 1.000 Milliarden) aus.38

Diese enorme Menge führt dazu, dass laut Weltfischereireport der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) etwa ein Drittel der weltweiten Fischbestände überfischt ist.39 Wenn dieser Kurs beibehalten wird, könnte es bis Mitte dieses Jahrhunderts laut einer kanadischen Publikation sogar so weit kommen, dass die kommerzielle Fischerei komplett zusammenbricht.40 Erschwerend kommt hinzu, dass beim konventionellen Fischfang nicht nur der Fisch aus seinem Lebensraum entfernt wird, sondern dass aufgrund der Fangmethoden oft das gesamte Ökosystem Schaden nimmt. Nicht zu vergessen die oftmals menschenunwürdigen Bedingungen auf See für die Mitarbeiter*innen. Diese werden in Publikationen als moderne Sklaverei beschrieben, denn um die Kosten zu senken, setzen einige Unternehmen Menschen ein, die dem Menschenhandel zum Opfer gefallen sind.41 Viele von ihnen werden oft monate-oder gar jahrelang wie Sklaven an Bord gehalten und unter Gewaltandrohung gezwungen, bis zu 20 Stunden täglich ohne freie Tage zu arbeiten.42 Aquakulturen, die gängige Alternative zu herkömmlichem Wildfang, sind quasi Intensivtierhaltung unter Wasser. Sie verursachen viele vergleichbar schwere ethische, ökologische und weltgesundheitliche Probleme wie die Intensivtierhaltung an Land und sind daher ebenso keine tragbare Alternative.43

Reduzierte man hingegen die Produktionsmengen auf ein umweltverträgliches Maß und veränderte die Rahmenbedingungen so, dass derartige Menschenrechtsverletzungen bei den Arbeiter*innen auf hoher See nicht mehr begangen werden, wäre die Produktion so gering, dass die Nachfrage nicht im geringsten gedeckt werden könnte. Zudem wäre der Preis so hoch, dass nur wenige Menschen sich regelmäßig Fisch leisten könnten. Unabhängig davon, wie nachhaltig produziert wird, bleibt die Frage, was Menschen überhaupt das Recht gibt, Fische und andere Meerestiere zu töten, wenn es für ihr Überleben nicht notwendig ist. Wie die Wissenschaftlerin Victoria Braithwaite in ihrem lesenswerten Buch »Do Fish Feel Pain?« (nur in Englisch erhältlich) beschreibt, fühlen Fische nicht nur Schmerzen, sondern sind auch wesentlich intelligenter als es viele Menschen glauben.44 Diese Erkenntnis unterstreicht der Verhaltensforscher Jonathan Balcombe in seinem aufschlussreichen Buch »What A Fish Knows (deutscher Titel »Was Fische Wissen«).45 Mit ihrer ausgeprägten Lernfähigkeit und ihrem erstaunlichen Langzeitgedächtnis gleichen Fische vielen höheren Wirbeltieren. Manche von ihnen benutzen Werkzeuge, sie kommunizieren auf vielfältige Weise, kooperieren zum Teil sogar artübergreifend und weisen weitere Merkmale von sozialer Intelligenz auf.46,47 Auch das von der Europäischen Union beauftragte AHAW-Panel (Animal Health and Welfare) schlussfolgerte anhand der wissenschaftlichen Datenlage: »Die Gesamtheit der Daten zeigt, dass einige Fischarten die Kapazität zur Schmerzempfindung aufweisen. […] Reaktionen von gewissen Fischarten in bestimmten Situationen suggerieren, dass diese in der Lage sind, Angst zu erleben.«48 Auch wenn das genaue Ausmaß noch nicht gänzlich klar ist, zeigt sich, dass Fische Strukturen besitzen, die den Schmerzrezeptoren im Menschen ähneln und dass sie auf Schmerzimpulse reagieren und versuchen, diese zu vermeiden.49 Wenn eine uns geistig überlegene, aber körperlich und sprachlich gänzlich fremde Spezies auf die Erde kommt und sich anhand ihrer zur Verfügung stehenden Testmethoden unsicher ist, ob Menschen leidensfähig sind, wären wir auch froh, wenn die Entscheidung im Zweifel zu unseren Gunsten als potenziell Leidtragende ausgeht. Genauso sollten wir es mit Fischen und anderen Meerestieren halten.

Warum vegan lebende Menschen keine Fische, Krusten- und Schalentiere essen

Billigfisch verletzt auch Menschenrechte

Um die Kosten geringstmöglich zu halten, setzen manche Unternehmen Personen ein, die Opfer von Menschenhandel wurden. Diese werden oft Monate oder gar Jahre wie Sklaven an Bord gehalten und unter Gewaltandrohung zu Arbeit unter unwürdigen Bedingungen gezwungen.

Fische fühlen Schmerz und Angst

Das von der Europäischen Union beauftragte AHAW-Panel schlussfolgerte, dass die Datenlage klar dafür spricht, dass einige Fischarten die Kapazität zur Schmerzempfindung aufweisen und Emotionen wie Angst erleben können.

Fischkonsum tötet nicht nur Fische

Unter den 10–40 Prozent Beifang der konventionellen Fischerei befinden sich pro Jahr mehrere Hunderttausend Wale, Delfine, Haie, Rochen, Meeresschildkröten und sogar Seevögel, die schwer verletzt oder tot zurück ins Meer geworfen werden.


Fischkonsum zerstört Ökosysteme

Der konventionelle Fischfang entfernt nicht nur wahllos große Mengen an Tieren aus dem Meer, sondern zerstört zugleich (z. B. durch Grundschleppnetze) den Meeresboden und damit ganze Ökosysteme. Da beispielsweise Korallen langsam wachsen, kann eine Erholung Jahrzehnte dauern.

Fische, Krusten- und Schalentiere haben kein Monopol auf Nährstoffe

Man findet alle in diesen Tieren enthaltenen überlebensnotwendigen Nährstoffe auch in anderen nicht tierischen Lebensmitteln. So kann eine gesunde Ernährung auch ohne die Ausbeutung dieser Tiere gelingen.

Meerestiere sind oft mit Schadstoffen belastet

Es häufen sich Meldungen über Mikroplastik, Biozide, Schwermetalle und andere Industriegifte in Fischen, die zeigen, dass neben den guten Omega-3-Fettsäuren vieles in Meerestieren stecken kann, das man besser nicht zu sich nehmen möchte.

Fische werden noch grausamer als Landtiere behandelt

Die meisten kommerziell gefangenen Fische werden nicht betäubt, sobald sie an Bord geholt wurden. Sie ersticken entweder qualvoll an der Luft oder sie sterben, während sie lebendig und bei vollem Bewusstsein aufgeschlitzt und ausgenommen werden.

Abb. 13. Probleme verbunden mit dem Verzehr von Fischen, Krusten- und Schalentieren

Vegane Alternativen zu Meerestieren


Nährstoffe & Aroma

•Omega-3-Fettsäuren (EPA/DHA) Mikroalgenöl (Kapseln oder Öle; z. B. von Watson Nutrition oder Norsan)

•Jod Jodsalz oder Meeresalgen (Achtung, teils hoher Jodgehalt; z. B. von Arche Naturkost oder Algamar)

•Fischaroma diverse Algen (z. B. Nori oder Dulse)


Pflanzliche Fischalternativen

•Algen-Tofu (z. B. von Alberts oder Nagel)

•Vegane Fischstäbchen (z. B. von Vivera oder Vantastic Foods)

•Veganer Lachs (»Laxs« von Veganz oder »ZeaStar« von Vegan Finest Foods)

•Veganer Karottenlachs von Sebastian (siehe S. 158)


Zellbasierter & 3-D-gedruckter Fisch (noch nicht erhältlich)

•BlueNalu (u. a. zallbasierte Goldmakrele)

•Bluu Biosciences (u. a. zellbasierter Karpfen)

•Finless Foods (u. a. zellbasierter Thunfisch)

•Wildtype (u. a. zellbasierter Lachs)

•Shiok Meats (u. a. zellbasierte Shrimps)

•Cultured Decadence (u. a. zellbasierter Hummer)

•Caviar Biotec (u. a. zellbasierter Kaviar)

•Revo Foods (u. a. 3-D-gedruckter Lachs)


Sebastians Tipp für Fischersatz

Algen mit Meeresaroma wie Nori oder Wakame oder auch Mikroalgenöle bringen ein Meeresaroma in Gerichte. Mit ihrer Hilfe kann man Karottenlachs (siehe S. 158) herstellen, einen Joghurt-Auberginen-Dill Salat mit Meeresaroma zubereiten oder eine Art Thunfischaufstrich mit zerdrückten Kichererbsen, veganer Mayonnaise und fein geschnittenen Zwiebeln genießen. Mehr Inspiration zum Thema findet ihr auf YouTube unter www.youtube.com/SebastianCopienChefkoch

Abb. 14. Vegane Fischalternativen

Ein weiteres mit dem herkömmlichen Fischfang einhergehendes Problem ist der hohe ungewollte Beifang. Wie hoch dieser bemessen wird, hängt von der Methodik der Erfassung ab und davon, was genau als Beifang definiert wird. Selbst konservative Schätzungen gehen immer noch von 10–20 Prozent Beifang aus.50 Wird eine strenge Beifang-Definition in Einklang mit den Prinzipien des nachhaltigen Managements angewandt, dann werden laut WWF rund 38 Millionen Tonnen (also etwa 40 Prozent des Gesamtfangs) als Beifang unbeabsichtigt aus dem Meer geholt und zumeist stark verletzt oder tot zurück ins Meer geworfen.51 Dazu zählen pro Jahr auch mehrere Hunderttausend Wale, Delphine, Haie, Rochen, Meeresschildkröten und sogar Seevögel, die in den Netzen hängenbleiben. So sterben durch Beifang mehr Wale pro Jahr als zur Blütezeit des Walfangs im vergangenen Jahrhundert.52 Der technologische Fortschritt hat es ermöglicht, dass wir Wale nicht mehr für ihr Öl jagen müssen, um es zum Heizen oder für Öllampen zur Lichterzeugung zu nutzen. Wir haben mittlerweile bessere und ethischere Alternativen dafür. Ebenso können wir in Zukunft durch immer besser werdende pflanzliche und zellbasierte Fischalternativen auf hören, Fische und andere Meerestiere für unseren Genuss auszubeuten, und so die Weltmeere von der Lebensmittelindustrie befreien. Wie die Übersicht auf Seite 31 zeigt, gibt es in der veganen Ernährung zahlreiche gute Fischalternativen, die unseren Speiseplan mit marinen Geschmackserlebnissen sowie Nährstoffen wie Omega-3-Fettsäuren und Jod bereichern – ganz ohne Meerestiere.


Pro Jahr ertrinken etwa 300.000 Wale, Delfine und Tümmler ungewollt in den Fangnetzen der Fischerei. Somit sterben heutzutage alleine durch Beifang jährlich mehr Wale als zur Blütezeit des Walfangs im letzten Jahrhundert.

Abb. 15. Buckelwal mit Nachwuchs

Zur Vertiefung: Die für Netflix produzierte Dokumentation Seaspiracy befasst sich mit den ökologischen und ethischen Auswirkungen des globalen Fischfangs. Produziert wurde sie von Kip Andersen, der bereits die beiden Dokumentationen Cowspiracy und What the Health zu den ökologischen und gesundheitlichen Folgen des Konsums tierischer Produkte veröffentlicht hat. Alle drei stellen einige Sachverhalte etwas zu einseitig zugunsten des Veganismus dar, aber dennoch ist gerade Seaspiracy äußerst sehenswert, um die mit dem Fischverzehr assoziierten Probleme einem breiten Publikum begreifbar zu machen.


Vegane Ernährung für Einsteiger

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