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GRÜNDE für die Exklusion von Eiern

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1850 verzehrte jeder Mensch in Deutschland durchschnittlich 46 Eier (Schaleneier und Eier in verarbeiteten Produkten zusammengezählt) pro Jahr.76 Im Jahr 2020 waren es mit 239 Eiern pro Person mehr als fünfmal so viel.77 Dieser hohe Bedarf steht im Gegensatz zu der eigentlichen Frequenz, in der Hühner Eier legen. In der Natur dienen die Eier einzig der Fortpflanzung. Aus diesem Grund legten die nicht domestizierten Vorfahrinnen heutiger Hühner lediglich zwei- bis viermal pro Jahr fünf bis zehn Eier.78

Um die stark steigende Nachfrage zu günstigen Preisen zu bedienen, wurden über die Jahrzehnte hinweg Hühner so gezüchtet, dass diese immer mehr Eier legen. Betriebe wurden immer größer, die Besatzdichten immer höher und die Haltungsformen damit einhergehend immer weniger artgerecht. Um 1900 legten Hühner in der »Nutztierhaltung« mit etwa 80 Eiern pro Jahr schon mehr als das Doppelte von natürlich vorkommenden Hühnerrassen, und heutzutage sind es sogar 300 und mehr Eier pro Jahr.79 2018 stammten knapp zwei Drittel der Eier, die in Deutschland verkauft wurden, aus Bodenhaltung und knapp 6 Prozent aus der noch grausameren Käfig- bzw. Kleingruppenhaltung.80 In der Bodenhaltung werden mehrere Tausend Legehennen in großen Hallen dicht gedrängt gehalten. Bis zu neun Hennen drängen sich hier pro Quadratmeter, und sie haben keinen Ausgang ins Freie. Bei der beschönigend als »Kleingruppenhaltung« bezeichneten Haltung sind es sogar 13 Hennen pro Quadratmeter. Somit steht in der Bodenhaltung jeder Henne nur etwa die Fläche von anderthalb DIN–A4–Blättern zu, und in der Kleingruppenhaltung ist es nur etwa ein einziges DIN-A4-Blatt. Selbst in der Biohaltung müssen sich sechs Hennen 1 Quadratmeter teilen.

In den Ställen, in denen nicht selten Zehntausende Hühner auf engem Raum zusammengedrängt werden, können sich selbstredend keine Familien und Sozialverbände bilden. Hühnergruppen sollten nicht mehr als 50 Individuen umfassen.81 Ist die Gruppe wesentlich größer, können Hühner keine stabile Rangordnung aufbauen. So ist es wenig überraschend, dass die Tiere unter permanentem Stress leiden und es zu Verhaltensstörungen wie Federpicken kommen kann. Diese Störung kann sich bis zum Kannibalismus ausweiten. Um Verletzungen zu verhindern, wird den Hennen daher für gewöhnlich schon im Kükenalter der vordere Teil ihres Schnabels abgeschnitten. Das Kürzen des Schnabels zerstört dabei Knochen und Gewebe und verursacht starke akute und zum Teil chronische Schmerzen beim Tier.82 Der Schnabel ist ein empfindliches Tastorgan und kann durch das sogenannte Kupieren seine Funktion nur noch eingeschränkt erfüllen. Das führt dazu, dass die Tiere kaum noch artgemäß fressen und ihr Gefieder nicht sachgemäß pflegen können. Dieser Eingriff ist zwar offiziell verboten, aber er wird auf der Grundlage von Ausnahmegenehmigungen dennoch weiterhin routinemäßig durchgeführt.83

Aufgrund der schlechten Haltungsbedingungen und der hohen Legeleistung weisen außerdem mehr als die Hälfte der Legehennen Knochenbrüche auf.84 Zur Bildung der Schale von einem Ei benötigt das Huhn etwa 2–3 Gramm Calcium.85 Da das benötigte Calcium für die Eierschale aus dem Hühnerskelett mobilisiert wird, demineralisieren die Hühnerknochen aufgrund der hohen Legeleistung unverhältnismäßig rasch. Dies kann selbst durch die calciumreiche Fütterung nicht ausgeglichen werden. Folgen sind eine reduzierte Festigkeit des Skeletts und brüchigere Knochen, was als Hauptursache für die häufigen Knochenbrüche bei Legehennen gilt.86

Viele Menschen denken fälschlicherweise, dass der Konsum von Eiern nicht mit der Tötung von Tieren einhergeht. Die Wahrheit könnte aber auch hier leider nicht weiter von dieser Vorstellung entfernt sein. Wie Abbildung 8 (siehe S. 22) zeigt, wird kaum eine Legehenne älter als etwa anderthalb Jahre, obwohl sie eigentlich eine durchschnittliche maximale Lebenserwartung von fünf bis acht Jahren hätte. Das bis dato älteste Huhn namens Matilda wurde sogar 16 Jahre alt.87 Dies liegt daran, dass die Hühner getötet werden, wenn ihre Legeleistung nachlässt. Legehennen erhalten in der Regel zudem keine ausreichende medizinische Versorgung. Beträchtliche Sterberaten aufgrund von Krankheiten und Verletzungen sind in den Betrieben stets fest einkalkuliert. In Deutschland sterben jährlich etwa 2,6 Millionen Legehennen bereits vor der Schlachtung, über 32 Millionen werden hierzulande pro Jahr aufgrund nachlassender Legeleistung oder anderen Effizienzgründen getötet.88,89 Zusätzlich zu den Legehennen, die wegen nachlassender Legeleistung getötet werden, vergast oder schreddert die Eierindustrie jährlich etwa 45 Millionen männliche Küken am ersten Tag ihres Lebens.90 Der Grund: Die Tiere in der Eierindustrie entspringen einer Zuchtlinie, die nicht schnell genug Fleisch ansetzt, um sie profitabel als Masthuhn aufzuziehen. Masthybriden wiegen nach 30 Tagen bereits mehr als 2 Kilogramm, wohingegen die männlichen Küken aus der Zuchtlinie der Legehybriden weniger als 1 Kilogramm wiegen.91 Zusammen mit den getöteten Legehennen sowie jenen bereits vor der Schlachtung verstorbenen Tieren sterben so in Deutschland jährlich zwischen 80 und 100 Millionen Tiere für die Eierproduktion.92,93 Durch den Kauf und den Konsum von Eiern finanziert man also auch Tierausbeutung und Tötung.

Warum vegan lebende Menschen keine Eier essen

Hühner werden oft verstümmelt

Um das durch schlechte Haltebedingungen verursachte Federpicken bei Hühnern zu verhindern, wird den Tieren oft schon im Kükenalter der (überaus schmerzempfindliche) vordere Teil ihres Schnabels ohne Betäubung abgeschnitten.

Haltung & Legeleistung gehen zulasten der Gesundheit

Die schlechten Haltungsbedingungen und die hohe Legeleistung führen bei mehr als der Hälfte der Legehennen in Deutschland zu Knochenbrüchen.

Auch Legehennen werden getötet

Hühner können fünf bis acht Jahre alt werden. In der Eierindustrie werden sie aufgrund nachlassender Legeleistung bereits nach 13 bis 20 Monaten geschlachtet.

Hühner stammen aus Qualzuchten

Hühner legen in der Natur pro Jahr nur wenige Dutzend Eier. Heutige Hühner stammen aus Qualzuchten, sodass sie jährlich bis zu 300 Eier und mehr legen. Die hohe Legeleistung ist nicht nur anstrengend, sondern geht unter anderem zulasten der Knochengesundheit.

Hühner leben zusammengepfercht

Zwei Drittel aller Eier in Deutschland stammen aus Bodenhaltung, bei der jede Henne nur etwa die Fläche von anderthalb DIN-A4-Blättern Platz hat.

Eierverzehr tötet Küken

Etwa 45 Millionen männliche Küken wurden 2019 in Deutschland an ihrem ersten Lebenstag geschreddert oder vergast, weil sie keine Eier legen und ihre Aufzucht zur Fleischproduktion aufgrund ihrer Zuchtlinie unökonomisch für die Betriebe ist.


Eier haben kein Monopol auf Nährstoffe

Alle in Eiern enthaltenen überlebensnotwendigen Nährstoffe findet man auch in anderen nicht tierischen Lebensmitteln. Eine gesunde Ernährung kann auch ohne Hühnerausbeutung gelingen.

Abb. 19. Probleme verbunden mit dem Verzehr von Eiern

Vegane Alternativen zu Eiern


Vegane Alternativen als Bindemittel

•1 EL Leinsamen/Chiasamen/Sojamehl + 3–6 EL Wasser

•½ EL Pfeilwurzelmehl + 3 EL (kaltes) Wasser

•½ sehr reife Banane oder 60 g Apfelmus (für süße Backwaren)

•Veganer Ei-Ersatz (z. B. von KoRo oder Biovegan)


Geschmack, Farbe, Textur

•Kala Namak (Schwarzsalz; Geschmack)

•Kurkuma oder Safran (Farbe)

•Aquafaba (Kichererbsen-Kochwasser; wie Eischnee)

•Gekochte Karotten perfekt um Eifarbe zu imitieren. (siehe z. B. Seite 248 Vanillecreme mit Erdbeeren


Vegane Ersatzprodukte für Eiergerichte (Rührei, Omelett etc.)

•(Seiden-)Tofu

•Just Egg

•MyEy

•Soyana vegane Omelett-Alternative


Sebastians Tipp für Eiersatz

Eier bedienen in der Küche viele unterschiedliche Funktionen. Ein Ei bringt Fett mit ein, das Eigelb wirkt als Emulgator um Fette und Flüssigkeiten zu verbinden und das Eiweiß wirkt wie ein Kleber, der aber auch gleichzeitig für Luftigkeit sorgt. Daher gibt es leider wenig Möglichkeiten, um einen pauschalen Eiersatz zu nennen, weil man jedes Mal sehen muss was das Ei im Originalrezept für Aufgaben erfüllt. Ei-Ersatz wie MyEy kommt schon sehr nah an einen Universalersatz ran. Hier im Buch finden sich passende Lösungen für jeden Einsatz. (siehe z. B. S. 156; 157; S. 224; S. 244)

Abb. 20. Vegane Ei-Alternativen

Selbst wenn es zukünftig ein Ende des Tötens von Eintagsküken gäbe – nach heutigem Stand ist ein Verbot für das Jahr 2022 angekündigt –, taucht an anderer Stelle ein weiteres ethisches Problem auf: Die bisher getöteten Eintagsküken werden als Futter für Zoo- und Wildtiere verwertet. Wenn diese Quelle entfällt, müssen Tiere an anderer Stelle für deren Futterversorgung gezüchtet und getötet werden, sofern sich nicht gleichzeitig etwas an der Zoohaltung und anderen vergleichbaren Einrichtungen ändert.94 Glücklicherweise haben aber Eier – ebenso wie alle anderen tierischen Lebensmittel – kein Monopol auf überlebensnotwendige Nährstoffe, und so kann man sich in jeder Phase des Lebenszyklus auch ohne Eier ernähren.95 Wie Abbildung 20 (siehe S. 39) zeigt, können Eier in der Küche auf vielfältige Art ersetzt werden. Sowohl deren bindende Eigenschaft als auch der schwefelige Eiergeschmack lassen sich anderweitig erreichen, sodass ähnliche kulinarische Eindrücke traditioneller Eierspeisen wie Omelett und Rührei in der veganen Küche nachempfunden werden können.


Zwei zum gleichen Zeitpunkt geschlüpfte Küken einer sogenannten Legehybridlinie (links) und einer als Masthybrid bezeichneten Linie (rechtes) im Alter 34 Tagen. Nach vier Wochen wiegt ein »Mastküken« aufgrund der Züchtung bereits doppelt so viel wie ein »Legeküken«, das am selben Tag geschlüpft ist.

Abb. 21. Zwei gleichaltrige Hühner unterschiedlicher Zuchtlinien

Zur Vertiefung: Erschreckende Bilder aus der Eierindustrie und zahlreichen anderen Formen der »Nutztierhaltung« zeigt der von Chris Delforce produzierte Film Dominion (ebenso wie andere Filme, beispielsweise Earthlings). Neben der Ausbeutung von Tieren zu Nahrungszwecken werden auch die Themen Haustierzüchtung, Wildtierjagd, Tierversuche und die Ausbeutung zu Unterhaltungszwecken (Zoo, Zirkus etc.) sowie zu Bekleidungszwecken gezeigt. Die Dokumentation kann kostenlos unter www.dominionmovement.com angesehen werden. Ein britisches Äquivalent zu Dominion bietet die kostenlos verfügbare Dokumentation Land of hope and glory.


Vegane Ernährung für Einsteiger

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