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Kapitel 10

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Die Abende vor dem ersten Festivaltag arbeitete Ayden nicht in der Bar. Stattdessen versuchte er in der Zeit, in der er alleine im Wald unterwegs war, so viel Kraft wie möglich zu tanken, um die nächsten Tage mit der Gruppe ohne Zwischenfälle zu überstehen. Shadow hatte ihn darum gebeten am Freitag früh morgens zur Bar zu kommen, bei der er dann auch auf die anderen treffen würde. Der kleine Nachtclub blieb Freitag und Samstag geschlossen, da sie vorhatten, eine Nacht und auch den darauffolgenden Abend auf dem Festivalgelände zu verbringen.

Ayden war nervös und unsicher, aber ein Gefühl, das er selten erlebt hatte, schlich sich zwischen all die, die von Angst geprägt waren.

Vorfreude.

Er legte sich schon am Vortag die Klamotten zurecht, die er anziehen wollte. Er hatte nicht viel, aber es war gerade genug um eine kleine Auswahl treffen zu können. Er entschied sich für eine schwarze, eng anliegende Jeans und ebenso schwarze, ziemlich abgetretene Chucks, die ihm etwas über die Knöchel gingen. Als Oberteil hatte er sich ein dunkelrotes, locker anliegendes T-Shirt mit weiten Ärmeln und rundem Ausschnitt herausgesucht. Für die Nacht und den darauffolgenden Tag packte er noch einen schwarzen Wollpullover und ein T-Shirt mit dunkelblauen und weißen Querstreifen in seinen Rucksack ein. Die restlichen Kleidungsstücke, die er besaß, verstaute er in einer Tüte auf einem kleinen Vorsprung im hintersten Eck der Höhle und hoffte inständig, dass diese bei seiner Rückkehr noch an Ort und Stelle sein würden.

Ayden schlief in dieser Nacht nicht besonders gut. Er war entschieden zu aufgeregt und hatte auch etwas Angst vor allem, was ihn die nächsten zwei Tage erwarten würde. Er hatte noch nie zuvor ein Festival besucht. Eine willkommene Abwechslung wäre es auch Jahre zuvor schon gewesen, aber alleine? Er hatte nie Menschen so nah an sich herangelassen, dass es überhaupt dazu hätte kommen können.

Doch diesmal war es anders. Ayden stand am Morgen der Abfahrt früh auf, um sich in der Quelle, welche sich nur ein paar Meter entfernt von der Höhle befand, zu waschen und fertigzumachen. Abgesehen davon musste er diesmal einen kleinen Umweg nehmen, der ihn natürlich Zeit kosten würde, um die schon vorprogrammierten Fragen, weshalb er am frühen Morgen denn mitten aus dem Wald kam, zu umgehen. Deshalb packte er rasch seine sieben Sachen, warf sich den Rucksack über die Schulter und begab sich erst mal in die entgegengesetzte Richtung der Bar auf den Weg zur nächsten Straße.

Sein Fußmarsch zum Treffpunkt verlief zum Glück ohne Zwischenfälle. Er schlenderte den Gehweg neben der Straße fröhlich pfeifend entlang und wunderte sich selbst darüber, dass er so gut gelaunt war. Die Sonne schien durch die Zweige und Blätter der Bäume am Wegrand und warf spektakuläre Schattenspiele auf den Boden vor sich. Es dauerte aber nicht lange, bis Ayden sich wieder daran erinnerte, dass dies hier sein letzter Versuch war, herauszufinden, ob er seine Suche endlich beenden konnte. Wenn sich seine Vermutung nicht bestätigte und er merken sollte, dass seine Hoffnung umsonst gewesen war, würde ihn das noch verletzter zurücklassen, als er sich das in diesem Moment überhaupt vorstellen konnte.

Durch diese Gedanken wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, kam er schließlich an der Bar an. Im Hinterhof stand ein kleiner, hellgrün lackierter Bulli mit einem weißen, dicken Streifen entlang der Seiten. Das Fahrzeug war gerade so groß, dass sie zu siebt hineinpassen würden. Daneben warteten sie schon alle auf Ayden, obwohl dieser selbst noch einen Zeitpuffer eingebaut hatte und auf jeden Fall nicht zu spät dran war.

Ayden sah, wie sich eine Person sofort von der Gruppe löste und mit ausgebreiteten Armen auf ihn zulief. Shadow. Sie schloss ihn in ihre Arme und drückte ihn so fest, dass er kaum mehr Luft bekam.

»Guten Moooorgen!«, summte sie. »Ich bin so froh, dass du gekommen bist! Wir hatten bis zum letzten Moment Angst, dass du es dir doch anders überlegst!«

»Wir?!«, fragte Ayden, insgeheim auf genau die Antwort hoffend, die er auch prompt bekam.

»Du weißt genau, wen ich meine!« kicherte sie ihm ins Ohr. »Und warum bist du denn schon wieder so kalt? Zieh dir doch was Wärmeres an!«

»Ich hab einfach eine geringere Körpertemperatur. Mein Arzt sagt, das sei normal. Aber vielleicht kommt's dir auch nur so vor, weil es so warm ist«, entgegnete er achselzuckend. Ayden hoffte inständig, Shadow würde nun endlich von dem Thema ablassen. Zu seiner Überraschung genügte das wohl aber auch an Überzeugungskraft, woraufhin Shadow ihn am Handgelenk packte und durch das Tor zu den anderen auf den Hinterhof schliff.

Shadow trug karamellfarbene, am Schritt etwas weitere Baggy Pants mit großen, eingenähten Taschen an den Seiten. Ihr lilafarbenes Crop-Top war mit ihren fliederfarbenen Sneakern perfekt abgestimmt. Ihr Haar trug sie wie immer zu einem Zopf zusammengebunden und ihre violetten Strähnen leuchteten in der Sonne.

»Alle mal hergehört!«, rief Shadow den anderen entgegen. »Nate, Roxy und Rin kennen unseren Ayden ja schon, glaub ich. Dann wären da nur noch Kyla und Finn!«

Als Erstes trat ihm das Mädchen entgegen und stellte sich als Kyla vor. Kyla war etwas reserviert, aber nicht unhöflich. Sie hatte aschblondes, welliges Haar, das ihr bis unter die Brust über die Schultern fiel. Ihre schmalen, mandelförmigen Augen waren blau und die Lider in mehreren Brauntönen stark geschminkt. Sie trug ein helles Sommerkleid mit floralem Muster, das ihr zwar locker über den Körper fiel, ihre Kurven aber trotzdem zur Geltung brachte.

Neben sie trat zugleich der Letzte der Truppe. »Ich bin Finn, hab die letzten Tage schon viel von dir gehört!«, sagte Finn und streckte ihm lachend die Hand entgegen, die Ayden daraufhin zaghaft schüttelte. Finn zog seine Hand kurz darauf, wohl etwas irritiert von der Kälte, zurück, sagte aber nichts.

»Das besorgt mich mehr, als dass es mich beruhigt«, entgegnete Ayden und lachte Finn dabei an, woraufhin auch dieser laut lachen musste.

»Nichts Schlechtes, keine Sorge!«, beschwichtigte Finn und tätschelte Ayden auf die Schulter.

Finn war etwas größer als Kyla, die direkt neben ihm stand, und hatte eine weitaus breitere Statur als Nathan. Er trug seine schwarzen Haare sehr kurz und hatte diese mit etwas Haargel in Form gebracht. Mit seinen großen grünen Augen machte Finn einen sehr sympathischen Eindruck, während er Ayden so anlachte. Finn trug ein sonnenblumengelbes T-Shirt mit dem schwarzen Aufdruck einer Skater-Marke quer über der Brust, welches durch seine schwarze Hautfarbe noch mehr hervorstach und sehr gut zu seiner freundlichen Art passte. Dazu blaue Jeans und schwarze Sneaker mit zwei weißen Strichen auf der Seite.

Ayden war froh, dass es in der Gruppe niemanden gab, der ihn von Anfang an abweisend behandelte. Er hatte große Angst davor gehabt, sofort unsympathisch oder arrogant zu wirken und den ersten Eindruck komplett zu vermasseln. Aber jede einzelne Person in diesem Kreis freute sich scheinbar einfach auf die gemeinsame Zeit, die ihnen bevorstand.

Erst jetzt sah Ayden zu den anderen, die er schon kennengelernt hatte. Rin war so dunkel und unauffällig gekleidet, wie jeden anderen Tag auch. Allerdings trug er das erste Mal lediglich ein schwarzes T-Shirt, anstatt des Kapuzenpullovers. Diesen hatte er sich jedoch vorsorglich um die Hüften gebunden. Sein Gesicht versteckte Rin hinter mittellangen, schwarzen Haaren, die er sich immer wieder aus dem Gesicht schüttelte und damit nur ab und zu einen Blick auf seine stechend grauen Augen offenbarte.

Neben Rin stand Roxy, die circa einen halben Kopf größer war als Rin und sich mit ihrem Unterarm auf Rins Schulter abstützte. Roxy hatte ihre blonden Haare zusammen mit hellblauen Bändern, die denselben Farbton hatten wie ihre Augen, zu einem seitlichen Zopf geflochten. Der geflochtene Zopf war eine Frisur, die wohl ihr Markenzeichen war, denn anders hatte Ayden sie ihre Haare noch nicht tragen sehen. Nebeneinander sahen Roxy und Rin ziemlich interessant aus, weil sie einen völlig gegensätzlichen Kleidungsstil hatten, was das Bild aber umso sympathischer machte.

Zu guter Letzt ließ er seinen Blick zu Nathan wandern. Ayden fiel fast die Kinnlade hinunter, als er Nathan lässig an den Bulli gelehnt vor sich stehen sah, die Handflächen in die Hosentaschen gesteckt. Nathan trug weinrote Vans, von denen er ein paar in verschiedensten Ausführungen besitzen musste, denn diese Schuhe hatte er nun schon öfter an ihm gesehen, nur eben in anderen Farben. Seine langen Beine kleidete eine schwarze, passgenaue Jeans mit Rissen auf Höhe der Knie. Doch was Nathan obenrum angezogen hatte, verleitete Ayden unbewusst dazu, ihn anzugaffen.

Nathan trug ein körperbetontes, aber nicht eng anliegendes, grau-schwarz meliertes Tanktop. An den Seiten befanden sich große, weite Armausschnitte, die bis kurz über Nathans Hüftknochen reichten und großzügige Einblicke auf seinen bemuskelten, gebräunten Körper gewährten. Der Halsausschnitt des Tops reichte bis zu Nathans Brustansatz. Auch sein Tattoo am linken Oberarm trat aufgrund der fehlenden Ärmel umso mehr in Erscheinung.

Seine Haare waren so zerzaust wie immer, was ihn aber keineswegs ungepflegt aussehen ließ. Nathan war augenscheinlich mit einem natürlichen Volumen gesegnet, wodurch seine wie Speichenreflektoren orange leuchtenden Haare wild nach oben und vorne abstanden. Nur am Übergang zu seinem Nacken waren die Haare kurz geschnitten. Seine rabenschwarzen Augenbrauen bildeten einen auffälligen Kontrast zu den flammenartig strahlenden Haaren. Nathan legte den Kopf leicht zur Seite, wodurch die Strähnen, die sonst über sein rechtes Auge fielen, Ayden einen Blick in Nathans Augen gewährten, die in der Sonne bernsteinfarben glänzten.

Nathan konnte Ayden mit Leichtigkeit ansehen, dass er diesen mit seinem Outfit in Verlegenheit gebracht hatte, was ihm zugegebenermaßen ein bisschen Genugtuung verschaffte. Als er und die anderen Ayden, der noch unsicher in ihrer Mitte stand, allesamt begrüßt hatten, stiegen sie nacheinander in den Bus ein.

Finn, der mit 25 Jahren Älteste in ihrer Bande, übernahm das Steuer. Neben ihm nahm Shadow Platz und plauderte kurzerhand mit Finn über den Bulli, dessen Umbau Finn gerade erst fertiggestellt hatte. Auf dem Doppelsitz dahinter saßen Rin und Roxy. Beide zückten ihr Handy und spielten gemeinsam ein Spiel, wovon sie auch die ganze Fahrt über niemand versuchte abzubringen.

Auf der Rückbank saß Nathan in der Mitte. Links von ihm saß Kyla, rechts von ihm Ayden. Nathan nutzte die Gunst der Stunde und legte seinen Arm auf die Lehne hinter Ayden. Irgendetwas daran, Ayden durch seine Handlungen in Verlegenheit zu bringen, amüsierte ihn so sehr, dass er es einfach immer wieder tun musste. Und da auch er diese zwei Tage genießen wollte, hielt er sich diesmal nicht zurück. Er lehnte sich etwas zu Ayden hinunter, dass dieser ihn bei den lauten Motorengeräuschen auch verstehen konnte. »Ob du's glaubst oder nicht, ich bin wirklich froh, dass du mitgekommen bist.«

»Ich hoffe, ich hab mich nicht aufgedrängt«, äußerte Ayden ihm gegenüber zum ersten Mal seine Bedenken, einfach so zur Gruppe dazugestoßen zu sein. Auch obwohl Ayden eingeladen wurde und einmal abgelehnt hatte. »Ihr könnt jederzeit sagen, wenn ich euch nerve oder ihr doch lieber alleine sein wollt.« Ayden sah nun zu Nathan hinauf und war damit nur noch eine Hand breit von seinem Gesicht entfernt. Nathan hob seine Hand, die bis eben noch auf seinem eigenen Oberschenkel gelegen hatte und legte sie auf Aydens linken Unterarm, während er ihm tief in die Augen blickte.

»Mich könntest du nicht nerven, auch wenn du es noch so sehr versuchst.« Nathans Wärme schien sich auf Ayden zu übertragen, denn Aydens Wangen röteten sich plötzlich, woraufhin Ayden seinen Blick abwendete und auf seine Hände starrte, deren Finger nervös miteinander spielten.

Die restliche Fahrt über setzte Nathan sich wieder aufrecht in seinen Sitz und beließ seine Hände bei sich. Obwohl es ihm Spaß machte, Ayden ein wenig aus der Ruhe zu bringen, wollte er ihn nicht erneut verärgern. Ihm war immer noch bewusst, dass das, was er hier tat, ein Spiel mit dem Feuer war. Im wahrsten Sinne. So sehr Nathans Kopf auch versuchte, ihm klarzumachen, dass er Ayden besser von sich fernhalten sollte, er konnte es einfach nicht.

Das Schlimmste für Nathan war, dass er spüren konnte, wie Ayden über sich selbst urteilte. Dass er sich scheinbar nicht erlaubte, glücklich zu sein. Ayden versuchte krampfhaft, niemandem nahezukommen, bis zu dem Punkt, an dem man die Einsamkeit schon in seinen eisblauen Augen sehen konnte. Auch wenn es für Außenstehende sicher alles zu schnell ging, so wollte Nathan einfach nur, dass Ayden ihm vertraute. Sich auf ihn verließ. Dass er alles auf eine Karte setzte. Auf Nathan. Er hatte ihn nach sieben Jahren wiedergefunden und obwohl Nathan genau wusste, wer und was Ayden war, schien Ayden wirklich keinerlei Ahnung zu haben, dass auch er Nathan schon mal gesehen hatte.

Es war Nathan extrem schwergefallen, Ayden nach dem Konflikt in der Bar tagelang völlig in Ruhe zu lassen. Aber er hatte zu diesem Zeitpunkt keine andere Wahl gehabt. Er hatte Ayden nicht in die Enge treiben wollen. Er hatte inständig gehofft, dass Ayden sich von selbst annähern würde. Dass sie irgendetwas wieder zueinander führen würde. An dem Tag, an dem Ayden plötzlich mit dem Hoodie vor seiner Tür gestanden hatte, wusste er erst gar nicht, wie ihm geschah. Nie im Leben hatte er damit gerechnet, dass Ayden den Kontakt zu ihm suchen würde.

Ayden hätte sich nur wirklich keinen ungünstigeren Zeitpunkt aussuchen können, als den besagten Tag. Die Letzte, die Ayden jemals zu Gesicht bekommen sollte, war Nathans Mutter. Nathan war heiß und kalt geworden, als er in diesem Augenblick im Türspalt gestanden und versucht hatte, Ayden vor den neugierigen Blicken seiner Mutter zu schützen. Er wollte sich nicht ausmalen, wie sie reagieren und was passieren würde, wenn sie Ayden erkannte. Egal wie unwahrscheinlich es war. Sein einziges Ziel war es also gewesen, Ayden so schnell wie möglich zu vertreiben, auch wenn es ihm in dem Moment das Herz zerrissen hatte, als er den Schmerz in Aydens Augen sah.

Nathan war deshalb mehr als überrascht gewesen, als Ayden ihm kurz vor seinem Abgang noch mitgeteilt hatte, dass er auch trotz seines Versprechens, ihm aus dem Weg zu gehen, wieder in die Bar kommen durfte, obwohl auch Ayden sich dort befand. Ayden hatte es Nathan zwar nie verboten zu kommen, aber er hatte sein Versprechen ernstgenommen und wollte Ayden in diesen Tagen zeigen, dass er ihm vertrauen konnte.

Zum Glück hatte er seine Mutter schnell davon überzeugen können, dass das niemand Wichtiges an der Tür gewesen war, besonders, da sie Aydens leise Stimme nicht hatte hören können. Sie dachte ja ohnehin, dass Nathan ein Taugenichts war, der sich auch noch seine vergessene Kleidung von seinen Affären bringen ließ. Es war faszinierend, dass Vincents Sexleben das war, was alle auch Nathan zutrauten, es bei seinem älteren Bruder aber begrüßt und bei Nathan im Gegenzug als verwerflich angesehen wurde, obwohl ihm diese Romanzen ohnehin nur angedichtet wurden. An diesem Tag war Nathan allerdings das erste Mal froh darüber gewesen, dass ihn seine Mutter als etwas sah, was er in Wirklichkeit nicht war.

Auf dem Festivalgelände angekommen, fuhren sie zu einem mit Band abgesteckten Quadrat, das die anderen scheinbar zuvor angemietet hatten. Ayden sah durch das Fenster hinaus und musste die ganzen Eindrücke vorerst still verarbeiten. Er blickte auf eine große Wiese, die in sechs Gänge unterteilt war. Links und rechts der Gänge befanden sich die abgesteckten Bereiche, die gerade von allen Ankommenden bezogen wurden. Überall wurden Zelte, Faltpavillons und Campingstühle aufgestellt und vereinzelt standen Busse auf dem Feld wie jener, mit dem sie selbst in diesem Moment anrollten.

Ihre kleine Parzelle befand sich relativ mittig auf der Wiese. Die große Bühne, die am Ende der Wege aufgebaut war, wovor sich aber noch eine riesig große Fläche befand, auf der sich die Leute versammeln konnten, war trotzdem noch einige hundert Meter von ihnen entfernt.

Das Fahrzeug stoppte abrupt und Ayden realisierte, dass ab jetzt der etwas stressigere Teil beginnen würde. Er war nicht besonders sozial begabt und machte dadurch bestimmt auch einen etwas hochnäsigen Eindruck. Aber seine Gedanken schossen einfach hundert Mal schneller durch seinen Kopf, als er sie filtern und verarbeiten konnte, wodurch meistens nichts sonderlich Intelligentes dabei herauskam.

Shadow sprang vom Beifahrersitz und öffnete von außen die Schiebetür zum hinteren Teil.

»Milords, Miladies, würden sich Ihre Herrlichkeiten dazu bequemen, das Vehikel zu verlassen?«, tönte sie und schwang ihren linken Arm in edler Manier und einer kreisenden Bewegung von rechts nach links, während sie sich verbeugte.

»Also ich weiß nicht, ob mich das jetzt überzeugt hat«, scherzte Nathan, machte sich aber dann geduckt auf den Weg nach draußen, wo Shadow schon auf ihn wartete, um ihm beherzt, aber trotzdem liebevoll mit ihrer Faust auf die Brust zu schlagen. Aber Nathan hatte den Bulli nicht verlassen, ohne Ayden beim Aufstehen noch flüchtig am Unterarm gestreift zu haben, was bei ihm einen mittelschweren Schüttelfrost hervorrief. Obwohl Nathans Berührung unglaubliche Wärme abstrahlte, schauderte es Ayden. Ayden tat es Nathan aber schließlich gleich und verließ den Kleinbus, woraufhin auch Rin und Roxy sich erhoben und ihm hinterher hüpften.

»Naaate!«, hörte Ayden ein Säuseln hinter sich, während er sich gerade auf dem Gelände umsah. Er drehte sich zum Ursprung der hohen Stimme und sah, wie Kyla mit verschränkten Armen auf der Türschwelle des Busses stand und keine Anstalten machte, auszusteigen. »Warum ist's hier denn so matschig?! Hilf mir runter!« Kyla streckte ihre Arme nach vorne aus und tippelte ungeduldig mit ihren Schuhen auf den Boden. Erst jetzt sah Ayden, dass sie Stiefel mit nicht zu unterschätzendem Absatz trug.

»Warum ziehst du denn auch jedes Mal solche Treter an?«, schaltete sich nun Shadow ein. Ayden war ihr dankbar, dass sie seinen Gedanken einfach ausgesprochen hatte. »Lern doch mal draus! Ich pack schon jedes Mal ein Paar mehr von meinen ein, dass du nicht barfuß rumlaufen musst.«

Nathan, der noch nahe am Fahrzeug stand, ging auf Kyla zu, packte sie mit beiden Händen über der Hüfte, hob sie hoch und setzte sie ein paar Schritte weiter auf der trockenen Erde ab. »Shadow hat recht, nimm nächstes Mal richtige Schuhe mit. Ich will dich nicht jedes Mal über das komplette Gelände tragen.« Nathan sah Kyla dabei gar nicht an, sondern ließ seinen Blick über das Gelände schweifen. »Wir sind diesmal sogar recht früh dran, oder?«, fragte er daraufhin in die Runde.

»Bedeutet, dass wir diesmal noch mehr Zeit haben das Aufbauen der Zelte wieder professionell zu verkacken«, antwortete Finn und lachte.

»WIR? Wenn du die Anleitung von hinten nach vorne liest kann das ja offensichtlich nichts werden!«, feixte Nathan.

»Wer will hier Maschinenbauer werden?«, zog Finn Nathan daraufhin auf.

»Sieht das hier für dich aus wie eine Maschine? Und wer von uns arbeitet eigentlich in einem Baubüro?«, frotzelte Nathan, während er die eingepackten Zelte aus dem Kofferraum holte und mit ihnen in den Händen in der Luft wedelte. »Jetzt ist mir auch klar, warum das mit dir nichts werden kann, wenn du nicht mal eine Maschine von einem fucking Zelt unterscheiden kannst!«

Als Nathan das ausgesprochen hatte, legte Finn einen Sekundenstart hin, mit dem Nathan allerdings wohl schon gerechnet hatte. Er ließ die Zelte auf den Boden fallen, drehte sich blitzschnell um die eigene Achse und sprintete los. Ehe Ayden sich versah, jagte Finn Nathan schon quer über das Festivalgelände und schrie ihm diverse Beleidigungen hinterher, woraufhin die Verbliebenen in schallendes Gelächter ausbrachen. Auch andere Festivalbesucher verfolgten das Schauspiel belustigt und feuerten die beiden an, die scheinbar schon für ihre Raufereien bekannt waren, da die Leute sie beim Namen nannten. Sie sahen dabei zu, wie Finn Nathan einholte, was Letzterer aber ziemlich sicher absichtlich geschehen ließ, auf seinen Rücken sprang und Nathan daraufhin zu Boden tackelte.

Shadow schüttelte belustigt den Kopf und machte sich daran, die Zelte vom Boden aufzuheben. »Denk dir nichts, Ayden. Das läuft immer so. Am Ende baut der Rest die Zelte auf, weil die Zwei sich über die komplette Wiese jagen, nur um beim nächsten Mal wieder so zu tun, als hätten sie alles alleine aufgebaut.« Shadow grinste Ayden an und streckte ihm ein Zelt entgegen.

»Oh nein, ich hab gar kein Zelt mitgenommen!«, fiel Ayden mit Entsetzen auf, woraufhin er das Zelt von Shadow entgegennahm und sie beschämt ansah. »Ich hab nicht mal eins. Aber wenn ihr eine Unterlage überhabt, schlaf ich auch draußen. Ist für mich kein Problem!«

»Ich lass dich mit Sicherheit nicht draußen schlafen! Ein paar finden im Bus Platz und der Rest schläft in Zelten. Wir kommen also alle unter. Mach dir keine Gedanken!« Shadow zwinkerte ihm zu und hob das zweite Zelt vom Boden auf, das sie anschließend Kyla entgegenstreckte.

»Nate kann auch wieder mit in mein Zelt, kein Problem«, meldete sich nun Kyla zu Wort und sah Ayden dabei etwas länger an, als nötig. Bevor Ayden allerdings darüber nachdenken konnte, weshalb sie ihn so eindringlich beäugt hatte, rannte ihn ein großer Körper fast um.

Nathan packte Ayden an den Oberarmen und hielt ihn sich wie einen Schild vor den Körper, Aydens Rücken dabei an Nathans Bauchregion gedrückt. Ayden konnte den Schweiß an Nathans Händen auf seiner eigenen Haut fühlen und spürte Nathans Atem an seinem Hinterkopf. Nathan schnaufte wie eine Dampflok, wodurch sich seine Brust immer wieder hob und senkte und sich dadurch kontinuierlich an Aydens Schultern und seinen Hinterkopf drückte. Finn rannte währenddessen aus der Entfernung ungebremst auf sie zu.

»Beschütz mich!«, flüsterte Nathan Ayden zu, während er seine Lippen in Aydens silbriges Haar presste.

»Was hab ich davon?«, entgegnete Ayden so leise, dass es nur Nathan hören konnte.

»Einen Wunsch frei!«, antwortete Nathan. Die Handgriffe an Aydens Oberarmen wurden energischer, als Finn sie erreichte und vor ihnen zum Stehen kam. Finn beugte seinen Oberkörper vornüber, stützte seine Hände auf seinen Oberschenkeln ab und schnaufte mindestens genauso heftig wie Nathan.

»Wenn du an ihn ran willst, musst du erst an mir vorbei«, verkündete Ayden nun selbstbewusst und baute sich etwas auf, was auf Finn aufgrund seiner Größe wahrscheinlich trotzdem nicht besonders überzeugend wirkte.

»Uff, bitte habt Erbarmen! Ich glaube, das überleb ich nicht! Ich geb auf!« Finn ließ sich auf den Rücken fallen und streckte alle Viere von sich, während er erschöpft lachte.

Nathan schlang seine starken Arme von hinten um Aydens Hals und legte das Kinn auf seinem Kopf ab. Ayden konnte Nathans Blick nicht sehen, aber er war sich sicher, dass Nathan ein triumphierendes Grinsen auf den Lippen hatte. Bei dem Gedanken daran musste er selbst in sich hinein kichern.

»Was gibt's da zu kichern?«, fragte Nathan und löste seine Umarmung auf, um sich anschließend neben Finn ins Gras fallen zu lassen.

»Ihr müsstet euch Zwei mal sehen, da weiß man nicht, ob man lachen oder weinen soll!«, feixte Shadow und stellte sich neben Ayden. »Wie zwei Seesterne auf dem Trockenen«, fügte sie noch hinzu und stieß Ayden mit ihrem Ellenbogen kichernd in die Seite.

»Also Rin und ich haben währenddessen schon mal angefangen!«, ertönte es von Roxy, die neben Rin zwischen zwei bereits aufgestellten Zelten stand, die sie sich zuvor von Kyla und Ayden stibitzt hatten, als Letzterer Nathan als menschliches Schild gedient hatte. »Wer sich heute ums Essen kümmert ist dann ja wohl klar, denke ich!«, setzte Roxy nach und lachte, während sie ihre Hände auf ihrer Hüfte ablegte.

»Aye Aye, Captain!«, rief Nathan, während er seinen Arm in die Höhe und seinen Daumen nach oben streckte.

»Wird gemacht!« Finn hatte sich mittlerweile aufgesetzt, rupfte ein Grasbüschel aus und warf es Nathan ins Gesicht, der seine Augen bis dahin geschlossen hatte.

Das konnte lustig werden.

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