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3 Mittwoch, 20. Oktober Lilly, 8:00

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Als der Wecker mich aus dem Schlaf riss, war mein erster Gedanke, dass gestern irgendetwas Unangenehmes passiert war. Ich fing zu überlegen an. Ich hatte die Werbung bekommen, das war gut. Meine Eltern dachten, es wäre eine Fernseh­serie, und im Kostüm sah ich aus wie eine XL-Barbarella, das war schlecht. Aber da war noch was. Ich hatte mich wieder eingeraucht, auch schlecht … Und dieser Strehl hatte mich angerufen, das war es! Oh Gott, was hatte ich palavert? Irgendeinen Blödsinn?

Ich setzte mich auf. Unter Schmerzen konnte ich meine Zunge vom Gaumen befreien. In meinem Schädel klang das wie das Öffnen eines Klettverschlusses. Meine Klamotten vom Vortag lagen auf dem Boden bereit. Ich schlüpfte hinein und tapste barfuss in die Küche. Vor Brittas wachsamem Auge trank ich einen Liter Mineralwasser aus der Flasche. Britta spitzte die Lippen.

»Sorry«, sagte ich.

»Du riechst wie ein Aschenbecher«, begann sie.

»Sorry –«

»Wie ein Aschenbecher auf einer Hanfplantage.«

»Das war sowieso das letzte Mal«, murmelte ich und inspizierte den Kühlschrank nach was möglichst Fettigem.

Britta machte sich mit einem Schwamm über den Tisch her. Als ich mich mit Streichkäse und Baguette an den Tisch setzte, fing sie gerade an, ihn mit einem Geschirrtuch zu polieren. Ich spürte ihren musternden Blick und musste mich zusammenreißen, um nicht Grimassen zu schneiden.

»Was ist?«, knurrte ich.

Plötzlich lachte Britta. Es klang leicht und perlend und verblüffte mich zutiefst. Britta lachte normalerweise weniger als ein Mönch mit Schweigegelübde.

»Was ist?«, wiederholte ich misstrauisch.

Sie schüttelte den Kopf. »Ich dachte nur gerade, dass du dich nie ändern wirst. Macht aber nichts, du bist ganz in Ordnung so.« Damit hängte sie das Tuch fein säuberlich an den dafür vorgesehenen Haken an der Wand und verließ die Küche.

Ich merkte, dass mir der Mund offen stand, und schloss ihn, indem ich in mein Baguette biss.

Sport war nie wirklich meins gewesen, obwohl man mich von der Statur her für eine Schwimmerin halten könnte. Und genau da lag das Problem. Ich durfte gar nicht viel trainieren, sonst würde ich noch breiter und muskulöser werden. Das Einzige, was ich angehen konnte, war mein Bauch. Und dazu hatte ich null Lust. Das Stimmchen in meinem Ohr konnte sich ein paar ätzende Kommentare zu meiner Figur nicht verkneifen. Ich schluckte den letzten Bissen von meinem Frühstück hinunter und sagte laut: »Halt endlich die Klappe.«

Trotzdem drehte ich nach dem Frühstück den Fernseher auf und legte mich auf den Boden. Während der Neun-Uhr-Nachrichten brachte ich sechs Sit-ups von zweifelhafter Qualität zustande. Nebenbei bekam ich Neues von der Wirtschaftskrise, irgendeinem Börsenindex und dem Mord an ­einem bekannten Richter zu hören. Mit einem Brieföffner, wie altmodisch war denn das? Ich rappelte mich auf und warf einen Blick auf den Bildschirm, auf dem ein älteres Foto des Toten gezeigt wurde. Er sah behaart und gemütlich aus, wie ein alter Balu der Bär. Er tat mir leid und ich ertappte mich bei dem Gedanken, dass er hoffentlich ein Arschloch gewesen war.

Die Musenfalle

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