Читать книгу Die Musenfalle - Nora Miedler - Страница 9
Lilly, 10:05
ОглавлениеDie Linke Bahngasse achtzehn war ein Kostümfundus. Natürlich sehr praktisch, wenn auch der Geruch von Moder und Mottenpulver der Romantik des besonderen Anlasses etwas abträglich war. Es war fünf nach zehn, als ich reinhetzte. Aus Magdas Augen schossen Blitze. Gott sei Dank war ich immun dagegen. »Hi, Magda«, begrüßte ich sie strahlend. Mein Gott, fünf Minuten, ich war doch sicher nicht die Letzte.
»Du bist die Letzte«, zischte sie mir zu. Oder war es »das Letzte«? Sie packte meine Hand und zog mich zwischen Reihen verstaubter Kostüme zu einem Tisch, an dem vier Männer saßen.
Blitzschnell teilte ich sie ein. Der Quirlige in der bunten Wollweste war fürs Kostüm zuständig, der junge Unsympathler im Anzug war der Werbefuzzi, der mit Brille und Schal war der Regisseur und der Alte mit der schönen Nase und dem dichten grauschwarzen Haar war der Produzent.
Magda stellte mich der Runde vor. »Meine Herren, es tut uns wirklich sehr leid, Matilda ist ansonsten eine ganz Pünktliche.«
»Lilly, ich heiße Lilly«, sagte ich laut.
Sie stellten sich nacheinander vor. Der in der Wollweste hieß Günther Nenning und war der Werbefuzzi. Der Bebrillte mit Schal stellte sich als Puck und fürs Kostüm zuständig vor. Der Unsympathische entpuppte sich leider als mein künftiger Regisseur mit dem klingenden Namen Ricky, aber du kannst auch Frederick zu mir sagen. Und der mit der schönen Nase hieß Alexander Strehl und war der Boss von Mobitel.
»Sie sind also unser neues Gesicht«, sprach er mich an, während Ricky mit den beiden anderen Herren die Kleiderfrage diskutierte.
»Dabei hat die Firma Mobitel schon ein sehr schönes, wie ich sehe«, antwortete ich.
Strehl stutzte kurz, überlegte augenscheinlich, ob ich ihn verarschte, dann lächelte er. »Ich verstehe, dass Sie beim Casting überzeugt haben.«
»Ich nicht«, versuchte ich zu scherzen, doch Strehl zeigte keine Regung. »Keine Angst«, sprudelte ich hervor, »ich hab manchmal einen eigenartigen Humor, doch ich verspreche, ich bin hervorragend darin, mich an den Drehbuchtext zu halten.«
Er musterte mich. »Warum glaube ich Ihnen das nicht?«
Ich hob das Kinn. »Ich habe nicht die geringste Ahnung.«
Er fixierte mein Gesicht, dann ließ er den Blick nach unten wandern. Nicht lange, vielleicht nur für eine Sekunde, gerade so, dass ich es schaffte, nicht rot anzulaufen.
»Matilda«, drang die Stimme von Wollweste zu uns.
»Ich heiße –«, setzte ich an.
»Lilly«, endete Strehl für mich.
Jetzt wurde ich rot. Abrupt drehte ich mich zu Wollweste. »Ja?«
»Ich würde Sie bitten, ins Kostüm zu schlüpfen. Und dann schauen wir uns den Vertrag an.«