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2 Dienstag, 19. Oktober Lilly, 8:00

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Ich hatte mir den Wecker gestellt, lag aber, als er läutete, schon zwei Stunden wach. Wie viele außer mir wären den Deal noch eingegangen? Diese Frage würde mich noch umbringen.

Ich schwang mich aus dem Bett, komplett bekleidet vom Vortag – sehr praktisch, aber in letzter Zeit passierte es wieder zu oft. Gähnend schlurfte ich ins Badezimmer. Der weiße Putz von gestern klebte mir auch noch zur Hälfte im Gesicht, ich konnte mich aber nicht entschließen, ihn abzuwaschen. In der Früh verträgt mein Körper kein Wasser. Also klatschte ich mir einfach eine dicke Schicht Make-up drüber, in einer Farbe, die nur halb so kalkig war. Ich hatte die Rolle schon, also musste ich jetzt keinen auf Miss World machen.

Flo stand in der Küche und machte Kaffee. »Für mich auch«, rief ich und warf mir ein Stück Würfelzucker in den Mund.

Er drehte sich um. »Scht, nicht so laut, Phil schläft noch.«

Ich verdrehte die Augen. »Darf man hier gar nicht mehr leben, wenn Phil da ist?«

»Fängst du schon wieder an.«

Ich ächzte. »Weißt du, dass ich’s gar nicht mehr erwarten kann, bis du und dein Sunnyboy nach Graz abzieht.«

Er legte den Kopf schief. Er wusste genau, dass ich an dem Tag, an dem er endgültig auszog, tausend Tode sterben würde. »Was gibt’s Neues bei dir?«

»Vergiss es«, schnauzte ich und ließ mich auf meinen Sessel fallen.

Er gab keinen Mucks von sich.

»Also gut, wenn du es unbedingt wissen willst … ich bin Green Poison.«

»Nein!«

Grinsend hob ich den Kopf. »Und heute unterschreibe ich den Vertrag.«

»Baby, wir sind reich.«

»Ich bin reich.«

Er verschränkte die Arme. »Meine liebste Lilly, was, glaubst du, wird mit meinem Geld passieren, wenn ich dir endlich nichts mehr pumpen muss? Es wird mir gehören! Mir allein. Ich bin reich!«

»Scht, nicht so laut, dein Phil …«

»Ach, halt doch die Klappe.« Er beugte sich runter und umarmte mich. »Ich freu mich so für dich.«

»Ist es wirklich gescheit, sich darauf einzulassen?«, fragte ich in seine Schulter hinein.

Er ließ mich los. »Was meinst du?«

»Ich werde unterschreiben müssen, dass ich während der Green-Poison-Zeit nichts nebenbei machen darf, was eigentlich kein Problem ist, ich bekomme eh nichts anderes. Aber jetzt frage ich mich, ob sie mich nur genommen haben, weil ich die Einzige war, die sich darauf eingelassen hat.«

Flo stellte meinen Kaffee vor mich hin. »Ich will ja nicht wie ein Chauvi klingen, aber ihr Frauen seid schon sehr mühsam.«

Ich sah ihn an. »Also glaubst du, ich mach das Richtige?«

»Lilly, seit wann ist dir wichtig, was andere denken? Du machst doch sowieso, was du willst.«

Ich nahm einen hastigen Schluck und verbrannte mir die Zunge. »Weißt du, es ist schon komisch«, sagte ich dann. »Gestern um die Zeit hab ich mir noch überlegt, wie viele Finger ich für eine Filmrolle geben würde.«

»Geben?«

Ich stellte die Tasse hin. »Na abhacken. Ich würde einen Finger für die Hauptrolle in einer Fernsehserie geben. Zwei Finger für einen internationalen Film. Vielleicht eine ganze Hand für Hollywood … die linke Hand, aber dann müsste mindestens eine Oscarnominierung mit im Paket sein –«

Er setzte sich mir gegenüber und starrte mich an. »Was für eine Rolle in einem Hollywoodschinken solltest du ohne linke Hand bekommen?«

Ich beugte mich über den Tisch. »Flo! Sei doch nicht so phantasielos! Das sind Gedankenspielchen. Wenn jetzt ­Scorsese oder Spielberg oder von mir aus Almodóvar reinkäme und mir den Vorschlag machen würde, Hand gegen Hauptrolle, dann würde ich annehmen.«

Er zog die Mundwinkel nach unten. »Du bist echt grauslich, Schatzi.«

»Nicht wahr?«, rief ich begeistert. »Und genau das ist es! Ich würde mich jederzeit von Körperteilen verabschieden – die ich teilweise echt noch gut gebrauchen könnte – und dann mach ich mir Sorgen wegen so einem bisschen Werbevertrag. Das ist doch Schwachsinn, oder? Du hast vollkommen recht, Flo. Ich mach, was ich will, und ich werd jetzt einfach glücklich damit, basta. Ich danke dir.« Ich griff nach seiner Hand und drückte sie. »Ich danke dir von Herzen.«

Er hob die Schultern. »Ich danke dir. Ich war noch nie so froh, schwul zu sein, wie jetzt.«

Die Musenfalle

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