Читать книгу Konflikte einvernehmlich lösen und vermeiden - Norbert Bertelsbeck - Страница 25

Auswahlkriterien von Handlungen bei Konflikten

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Liegt ein Konflikt vor, so kann hierauf verschieden reagiert werden. Das soll an einem Beispiel verdeutlicht werden.

Sören, der Sohn von Frau Peters, dreht die Musikanlage häufig so laut auf, dass die Mutter Kopfschmerzen bekommt und zudem bei Freizeittätigkeiten wie Lesen oder Fernsehen gestört wird. Obwohl sie dieses ihrem Sohn schon einige Male gesagt hatte, wird die Lautstärke von ihm nur unwesentlich gesenkt. Welche Möglichkeiten hat Frau Peters nun, sich gegen den Lärm zu wehren?

- Sie kann abwarten und hoffen, dass ihr Sohn schon zur Einsicht kommen wird.

- Sie kann ihren Mann Bescheid sagen und ihn darum bitten, ein Machtwort zu sprechen.

- Sie kann mit dem langfristigen Entzug der Musikanlage drohen.

- Sie kann die Musikanlage kurzfristig konfiszieren.

- Sie kann Sören für leises Musikhören ein höheres Taschengeld geben.

- Sie kann versuchen, trotz der bisherigen negativen Erfahrungen mit Sören, weiterhin zu einer gütlichen Einigung zu kommen.

- Sie kann Ohrstöpsel für sich verwenden.

- Sie kann die Wände dämmen lassen.

- Sie kann Türen abdichten.

- Sie kann die Wohnung verlassen und Freunde besuchen.

- Sie kann für ihren Sohn Kopfhörer kaufen.


Wenngleich einer Person in einer Situation viele Handlungsalternativen zur Verfügung stehen, kann sie gleichwohl jedoch nur eine begrenzte Anzahl wahrnehmen:

So bemerkt Frau Peters erst gar nicht folgende Handlungsalternativen:

- die Wohnung zu verlassen und Freunde zu besuchen

- Ohrstöpsel zu verwenden

- Wände dämmen zu lassen


Nimmt eine Person in einer Situation viele Handlungsmöglichkeiten wahr, so stellt sich die Frage, von welchen Erwägungen sie sich leiten lässt bei der Auswahl einer Handlung.

Vielleicht überlegen Sie selbst einmal, was sie veranlasst, sich für ein bestimmtes Verhalten zu entscheiden.

Im Allgemeinen legen Personen bei derartigen Entscheidungen gleichzeitig verschiedene Kriterien zugrunde, von denen einige genannt werden sollen:

° wahrgenommene Erfolgsaussichten (Wirksamkeit) einer Handlung

Eine Handlung, von der man sich keinen Erfolg verspricht, d. h. die als nicht wirksam hinsichtlich eines erwünschten Ereignisses angesehen wird, wird unterlassen.

° Aufwendungen (Kosten), die mit der Durchführung einer Handlung verbunden sind

Hohe Aufwendungen schrecken davor zurück, eine Handlung auszuführen

° unerwünschte Nebenwirkungen einer Handlung

Handlungen, die neben einem erwünschten Ergebnis zugleich weitere nicht erwünschte Ereignisse zur Folge haben, werden vermieden


Von welchen Überlegungen kann sich nun Frau Peters bei der Auswahl einer Handlung leiten lassen?

- Sie kann aufgrund der bisher erfolglosen Hinweise auf ihre Kopfschmerzen und die Beeinträchtigung beim Lesen/Fernsehen durch den Musiklärm die Erwartung haben, dass Sören sein Verhalten nicht ändern wird, wenn sie ihm nicht die Musikanlage wegnimmt. Sie befürchtet dann jedoch, dass Sören einen großen Aufstand machen wird.

- Sie kann die Erwartung haben, dass ihr Sohn sein Verhalten ändert, wenn ihr Mann ein Machtwort spricht, befürchtet dann jedoch auch einen Autoritätsverlust ihrem Sohn gegenüber.

- Sie kann sich vorstellen, dass Sören die Musikanlage leiser macht, wenn er dafür ein erhöhtes Taschengeld bekommt, befürchtet aber, dass sie ihn dann auch bei dem Unterlassen anderer ihr unangenehmer Verhaltensweisen belohnen muss.

- Sie ist sich unsicher, ob ein weiterer Versuch einer gütlichen Einigung erfolgreich ist.

- Wenn ihr Sohn Kopfhörer verwendet, dann wäre das eine mögliche Lösung. Sie müsste diese jedoch kaufen, und sie ist sich auch nicht sicher, ob Sören diese Kopfhörer auch immer tragen würde.

- Sie könnte sich vorstellen, dass das Abdichten der Türen eine Lärmverringerung zur Folge hat, ist sich aber nicht sicher, ob dies für sie wirklich eine Erleichterung darstellt.


Wurde die bisherige Auswahl von Handlungen geleitet von Nützlichkeitserwägungen, können Personen sich bei der Wahl zwischen Alternativen auch von Werten leiten lassen.

So können für Frau Peters Verhaltensweisen zur Lösung eines Konflikts nicht in Frage kommen, die versuchen, einen Konflikt mittels Machteinsatzes zu lösen. Unter dem Wertaspekt kommen dann für sie nachfolgende Handlungsalternativen nicht in Betracht:

- den Ehemann zu bitten, ein Machtwort zu sprechen

- mit dem Entzug der Musikanlage zu drohen

- die Musikanlage zu konfiszieren


Im partnerschaftlichen Beziehungskonzept von Thomas Gordon hat die Begründung der Auswahl von Handlungsalternativen durch Werte eine Priorität. Gleichwohl unterstellt er, dass seine Methoden der Verhaltensänderung auch wirksam sind, keine höheren Kosten als andere Methoden verursachen und zudem ein zusätzlicher Nutzen im Sinne einer erhöhten Beziehungsqualität entsteht.

Konflikte einvernehmlich lösen und vermeiden

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