Читать книгу Konflikte einvernehmlich lösen und vermeiden - ein Lernprogramm - Norbert Bertelsbeck - Страница 24

(5) Empfehlungen zur Durchführung des Lernprogramms

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Vielleicht tragen die vorangehenden Überlegungen dazu bei, dass Sie den Entschluss fassen, das vorliegende Lernprogramm auch durchzuführen. Die folgenden Empfehlungen sollen Ihnen dazu verhelfen, Ihr Durchhaltevermögen bei der Arbeit an dem Lernprogramm zu stärken.

 Kriterien zur Auswahl von Anwendungen im Alltag

Das Lernprogramm ermuntert Sie dazu, erworbenes Wissen nach angebotenen Übungen im Alltag auszuprobieren. Da Sie Ihre Anwendung auf eine Vielzahl von Problemen beziehen können, ist es ratsam, eine Entscheidungshilfe für die Problemauswahl zu erhalten.

So wurde weiter oben schon darauf hingewiesen, dass es sinnvoll ist, zu Beginn von Anwendungen sich ein leichtes Problem auszusuchen, da Ihre Fähigkeiten noch gering sind:

- Bezieht sich die Anwendung auf die Reaktion auf ein unannehmbares Verhalten einer anderen Person, so sollten Sie zunächst eine Einschätzung vornehmen, ob das unannehmbare Verhalten der anderen Person viel bedeutet und ob sie Möglichkeiten hat, die von Ihnen hinter dem Verhalten vermuteten Bedürfnisse auch mittels eines anderen Verhaltens zu befriedigen.

Sie sollten sich dann für ein unannehmbares Verhalten entscheiden, von dem Sie annehmen, dass die Person hieraus keinen großen Nutzen zieht und sie zugleich auch Handlungsalternativen zur Bedürfnisbefriedigung hat, da unter derartigen Voraussetzungen die Bereitschaft zur Verhaltensänderung hoch ist. Solche Einschätzungen dürften Ihnen eher möglich sein, wenn Sie eine Person näher kennen.

- Bezieht sich die Anwendung auf die partnerschaftliche Lösung eines Konflikts, so sollten Sie einen Konflikt mit einer Person aussuchen, von dem Sie der Meinung sind, dass sich dieser auch gut lösen lässt, weil Ihnen spontan viele Lösungsmöglichkeiten einfallen.

Wird zum einen empfohlen, sich zu Beginn der Anwendungen im Alltag ein leichtes Problem auszusuchen, so ist es zum anderen sinnvoll, darauf zu achten, ob die Problemlösung zugleich für Sie einen hohen Nutzen hat, da Sie dann mehr Interesse an der Anwendung haben.

 Erfolgskriterium

Bevor Sie Ihr neues partnerschaftliches Konfliktverhalten durchführen, sollten Sie für sich formulieren, was Sie als einen Anwendungserfolg ansehen:

- Möglicherweise tendieren Sie dazu, den Erfolg festzumachen am Ergebnis Ihrer Intervention: Ist der andere zu einer Verhaltensänderung bereit, könnten Sie das als Erfolg ansehen, ist der andere hierzu nicht bereit, als Misserfolg.

Während eine Zuschreibung des Erfolgs auf Ihre neuen Fähigkeiten durchaus sinnvoll ist, da Sie dadurch motiviert werden, weitere Anwendungen durchzuführen, ist eine Zuschreibung des Misserfolgs auf die eigene Person demotivierend und zugleich auch nicht angebracht. Der Misserfolg kann von Faktoren abhängig sein, die von Ihnen nicht zu beeinflussen sind.

- Da es wichtig ist, dass Sie gerade zu Beginn von Anwendungen Erfolgserlebnisse haben, sollte das formulierte Erfolgskriterium Ihnen eine hohe Erfolgschance geben.

Ein derartiges Kriterium könnte so lauten: Es ist schon ein Erfolg, wenn ich gegenüber einer anderen Person auf ein Problemverhalten mit einem anderen Verhalten als dem gewohnten antworte.

So kann es bei den ersten Anwendungen schon als Erfolg angesehen werden, wenn man zunächst einmal mit einem partnerschaftlichen Konfliktverhalten beginnt, auch wenn sich im Laufe des Gesprächs möglicherweise wieder alte Gesprächsgewohnheiten einschleichen.

Darüber hinaus können Sie systematisch das Erfolgskriterium verändern.

Eine Methode partnerschaftlichen Konfliktlösungs- und -vermeidungsverhaltens besteht aus mehreren Aufgabenelementen. Sie können sich so zunächst die Bewältigung eines Elements zum Ziel setzen und dann sukzessive die Erfüllung weiterer Aufgabenelemente miteinbeziehen.

Denken Sie daran, dass das Erfolgskriterium auf Ihre jeweils aktuell vorliegenden Fähigkeiten zugeschnitten sein muss. Berücksichtigen Sie das nicht, führt das dazu, dass sich Misserfolge einstellen, die Sie entmutigen und zu einem frühzeitigen Abbruch des Lernprogramms führen.

 Formulierung von Absichten

Entscheiden Sie sich dazu, das Lernprogramm durchzuführen, so könnten Sie eine allgemeine Absicht formulieren, die sich auf das Lernprogramm insgesamt bezieht:

Sie sagen sich: „Das Lernprogramm scheint ja interessant zu sein. Ich werde demnächst einmal damit beginnen.“

Eine allgemeine Absicht können Sie jedoch auch beziehen auf spezifische Lernblöcke und darin enthaltene theoretische Ausführungen, Übungen oder Anwendungen im Alltag:

Sie sprechen zu sich: „Ich werde mir demnächst die Theorie x durchlesen (den Übungsteil x oder Wissen x im Alltag anwenden).“

Formulieren Sie eine Absicht in allgemeiner Weise, führt das dazu, dass Sie sich wenig verpflichtet fühlen, der Absicht auch Taten folgen zu lassen. Bei einer allgemein formulierten Absicht können Sie sich bei Nichtverwirklichung damit beruhigen, dass Sie ja irgendwann vorhaben, die Absicht in die Tat umzusetzen. Mit der Zeit verschwindet dann die Absicht aus dem Gedächtnis.

 Wird das Formulieren einer allgemeinen Absicht negativ bewertet, so haben Sie die Möglichkeit, Absichten in einer präzisen Art und Weise zu bestimmen.

Die präzise Absicht besteht dabei aus folgenden Komponenten: Sie sagen konkret, welches Verhalten Sie gegenüber welcher Person bei welcher Gelegenheit oder zu welchem Zeitpunkt zeigen wollen.

So ärgern Sie sich nachmittags zu Hause darüber, dass Ihr Arbeitskollege heute Morgen zum wiederholten Mal gelüftet hat, ohne das Fenster danach zu schließen und Sie so bei Ihrem Eintreffen am Arbeitsplatz in ein kaltes Zimmer kamen. Sie formulieren deshalb die Absicht: „Wenn ich morgen früh im Büro bin, werde ich Horst in der Frühstückspause mitteilen, dass er morgens lüftet, ohne das Fenster nachher zu schließen und ich deshalb friere.“

In gleicher Weise können Sie bei einem Konflikt mit einer anderen Person einen präzisen Vorsatz fassen.

„Wenn ich Dieter nächsten Dienstag beim Schwimmen sehe, werde ich ihn fragen, ob er bereit dazu ist, eine gemeinsame Lösung unseres Konflikts ... zu suchen.“

Die Bildung von präzisen Absichten ermöglicht es zu kontrollieren, ob man eine Absicht verwirklicht hat oder nicht. Dies ist bei vagen Absichten nicht möglicht, da ja (theoretisch) immer die Möglichkeit besteht, sie zu realisieren. Präzise Absichten ziehen so eine größere Verpflichtung zur Realisierung nach sich.

 Auflösen von Handlungsbarrieren

Würden Sie an und für sich gerne partnerschaftliches Verhalten im Alltag anwenden, so können Sie gleichwohl davon abgehalten werden aufgrund von vorhandenen Vorbehalten. Diese beziehen sich dabei primär auf Ängste, dass einem der andere das Senden der Botschaft über unannehmbares Verhalten übel nehmen könnte und hierauf mit negativen Sanktionen reagiert.

Was können Sie nun machen, wenn derartige handlungsbehindernde Faktoren vorliegen?

- Zunächst müssen Sie mögliche Vorbehalte erkennen. Diese können offensichtlich sein, aber sich auch in Form eines flauen Gefühls im Magen bemerkbar machen, wenn Sie daran denken, die Absicht zu verwirklichen.

Ist letzteres der Fall, so können Sie die Vorbehalte für sich sichtbar machen, indem Sie sich die Folgen Ihres Verhaltens vor Augen führen und dann auf die gefühlsmäßigen Reaktionen hierauf achten. Treten Angstgefühle bei bestimmten Folgen auf, so bewerten Sie diese negativ, weil sie mit einer Bedürfnisdeprivation verbunden sind.

- Sie können sich dann fragen, wie realistisch es ist, dass die Folgen tatsächlich eintreten.

Häufig ist es so, dass sich bei näherer Betrachtung herausstellt, dass die Folgen gar nicht eintreten müssen. Das gilt besonders hinsichtlich des hier dargestellten partnerschaftlichen Konfliktlösungs- und -vermeidungsverhaltens, das auf Vorwürfe, Beleidigungen, dem Aussprechen von Drohungen etc. verzichtet und so vermeidet, den anderen zusätzlich zu verärgern.

- Bleiben nach einem Realitätstest noch Folgen über, die eintreten können, so können Sie sich weiterhin Gedanken darüber machen, ob die Folgen tatsächlich so schlimm sind, wie Sie erwarten. Sie können sich auch überlegen, wie Sie mit den Folgen so umgehen können, dass eine erwartete Beeinträchtigung minimiert wird.

- Um sich schließlich von möglichen Handlungsbarrieren nicht gefühlsmäßig erdrücken zu lassen, sollten Sie sich die Vorteile des Beendens eines für Sie unannehmbaren Verhaltens oder eines Konflikts ausführlich und anschaulich vor Augen führen.

 Weitere motivationsfördernde Faktoren bei der Verwirklichung des Lernprogramms

Mit einer klugen Auswahl von Problemen bei der Anwendung von partnerschaftlichem Verhalten im Alltag, der sorgfältigen Bestimmung eines Erfolgskriteriums, einer präzisen Formulierung von Absichten und einer Methode des Auflösens von Handlungsbarrieren sind bereits Möglichkeiten dargestellt worden, die die Durchführung des Lernprogramms erleichtern.

Da das Lernprogramm mehrere Lerneinheiten umfasst und deshalb längerfristig ausgerichtet ist, besteht die Gefahr, dass Sie die Lust daran verlieren, zumal Sie ggf. anfangs noch nicht über viele positive Erlebnisse im Umgang mit den neuen partnerschaftlichen Verhalten verfügen. Es ist deshalb sinnvoll, dass Sie sich weiterer motivationaler Hilfen bedienen:

- So ist es von Vorteil, wenn das Lernprogramm zusammen mit einer anderen Person durchgeführt wird.

Einerseits wird dadurch die Verpflichtung erhöht, das Lernprogramm auch bei „Durststrecken“ weiterzuführen. Zum anderen können Sie sich über Elemente des Lernprogramms austauschen, das Lernprogramm anwenden auf Probleme, die Sie miteinander haben, oder gemeinsam Rollenspiele durchführen.

- Das Lernprogramm besteht aus mehreren Einheiten. Haben Sie jeweils eine Einheit abgeschlossen, so könnten Sie sich dafür selbst belohnen. Dies bedeutet, dass Sie sich einfach einmal angenehme Dinge gönnen (z. B. einen Konzert- oder Kinobesuch, ein schönes Buch etc), die für Sie sonst nicht in Betracht kommen.

Konflikte einvernehmlich lösen und vermeiden - ein Lernprogramm

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