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Zu niedriges hochfrontales Licht
ОглавлениеWenn Sie erste Erfahrungen mit hochfrontalem Licht sammeln, empfehle ich Ihnen, sich zunächst am Nasenschatten zu orientieren. Verschieben Sie die Lampe so weit nach oben oder unten, bis dessen Spitze in der Mitte zwischen Nasenansatz und Oberlippe zu liegen kommt. In der Regel sind alle anderen Schatten jetzt ebenfalls deutlich erkennbar ausgeprägt und verursachen noch keine Probleme durch eine zu hohe oder zu niedrige Lampenposition. Verschieben Sie von dieser Position aus die Lampe nach unten, dann nehmen alle Schatten im Gesicht an Größe und Intensität ab.
Praxistipp
Bei von Natur aus stark asymmetrischen Gesichtern können Sie durch hochfrontales Licht, das Sie leicht seitlich versetzen, den Eindruck von Symmetrie wiederherstellen.
Die Lampenposition ist für eine natürlich wirkende und plastische Ausleuchtung dann zu niedrig gewählt, wenn zumindest einer der folgenden Schatten völlig verschwindet:
1 Der Lidschatten fehlt, wodurch die Augen flach erscheinen.
2 Der Wangenschatten fehlt (das »Rouge«), wodurch das Gesicht flach oder platt aussieht.
3 Die Plastizität der Lippen fehlt (der »Lippenstift«).
4 Der Nasenschatten fehlt (der »Schmetterling«).
Abbildung 2–29
Bei zu niedrig eingesetztem hochfrontalem Licht verliert das Gesicht seine Schatten und damit seine Modellierung sowie das Gesamtbild an Kontrast.
Bei dem für die Beispielbilder verwendeten Modell verschwindet zunächst der Lidschatten. Je nach Gesichtsanatomie des Modells kann auch der Rougeschatten oder die Plastizität der Lippen als Erstes verloren gehen. Sammeln Sie Erfahrungen mit unterschiedlichen Modellen und beobachten Sie die jeweiligen Effekte bei verschiedenen Anatomien aufmerksam. Befindet sich die Lichtquelle bei einem frontalen Porträt nahe der optischen Achse, gehen schließlich alle Schatten verloren.
Ist die Lichtquelle derart niedrig eingesetzt, wird das Modell zudem geblendet, sodass es schmerzende Augen bekommt und die Augen zuzukneifen beginnt, was eine vernünftige Regie unmöglich macht. Versucht das Modell trotzdem die Augen offen zu halten, beginnen nach kurzer Zeit die Augen zu tränen. Abhilfe schafft dann ein Blitz. So ist das Modell bis zur eigentlichen Aufnahme nicht geblendet und kann sich entspannen. Bei einer Studioblitzanlage ließe sich das Einstelllicht deutlich dimmen, um die Blendung des Modells zu reduzieren.
Ein Systemblitz, der direkt auf der Kamera oder sehr nahe am Objektiv verwendet wird, erzeugt dieses niedrige Licht. Hiermit erzielt man den Charakter eines Polizeifotos. Daher wird dieses Licht gerne bei Modefotos verwendet, die einen gewissen »Trash«-Look bekommen sollen. Auch erinnert es an spontane Partyfotos, was ebenfalls gerne in der Modefotografie ausgenutzt wird.
Weegee alias Arthur Fellig war ein amerikanischer Fotograf, der in den 1920er-Jahren mit Tatortfotos in New York berühmt wurde. Er verwendete einen Aufsteckblitz nahe der optischen Achse und erlangte damit Weltruhm. Nicht immer ist ein niedrig eingesetztes hochfrontales Licht also schlecht. Es wirkt nur nicht sehr natürlich und erzeugt wenig Plastizität. Entscheidend ist, was für einen Effekt bzw. welche Aussage Sie im Bild beabsichtigen.