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Den Boden für die zwischenmenschliche Verbindung bereiten
ОглавлениеAchtsamkeit gibt uns unser Leben zurück. Sie lässt uns die Schönheit eines Sonnenuntergangs genießen, das Wunder eines alten Baums oder das Mysterium und das Glück, das in der Nähe zu einem anderen Menschen liegt. In solchen Erlebnissen sind wir mit ganzem Herzen anwesend. Die Kraft ihrer Intensität erzeugt einen Zustand natürlichen Gewahrseins, in dem wir ganz tief da sind, verbunden mit uns selbst und unserem Umfeld.
Dieser Zustand achtsamer Präsenz steht uns jederzeit offen. Er bereichert alltägliche Erlebnisse, sei es die Zubereitung einer Mahlzeit, ein Gespräch mit einem Familienmitglied oder das Gefühl von Morgenluft auf der Haut. Er lässt uns das Leben wertschätzen und die schwierigen Zeiten leichter durchstehen.
Wie ich bereits sagte, spielt achtsame Präsenz auch in der Kommunikation eine wichtige Rolle, und zwar schlicht und einfach deswegen, weil wir zuallererst einmal da sein müssen, um überhaupt etwas zu verstehen. Haben Sie schon einmal probiert, sich mit jemandem zu unterhalten, der gerade in Gedanken woanders war? Oder erlebt, wie jemand mitten in der Unterhaltung sein Smartphone zückte? (Oder sich selbst dabei ertappt, während eine Unterhaltung sich dahinschleppte?) Wie oft haben Sie sich gestritten, einfach nur, weil einer der Beteiligten nicht zugehört hat? Oder den Mund nicht halten konnte? Viele der Schwierigkeiten, die in Gesprächen entstehen, lassen sich schon allein dadurch vermeiden, dass wir entschleunigen und präsenter sind.
Gewahrsein ist natürlich noch sehr viel mehr als nur eine Voraussetzung für Verständigung. Präsenz schafft den Boden für die Verbindung von Mensch zu Mensch. Wir spüren es, wenn jemand bei der Sache ist und zuhört. Präsenz ist einladend. Sie gibt anderen Raum und öffnet ihnen die Tür, um sich auf uns einzulassen. Diese Art von Gewahrsein im gegenwärtigen Moment ist die Grundlage für gelingende, heilsame Gespräche. Ist es nicht vorhanden, funktionieren wir bestenfalls im Autopilotmodus, und es kann passieren, dass wir unbeabsichtigt Samen der Trennung säen. (Wenn wir nicht achtsam sind, sind wir wahrscheinlich achtlos.)
Prinzip: Präsenz schafft die Basis für die Verbindung von Mensch zu Mensch.
Die Ironie ist, dass es nicht mal unbedingt zusätzlicher Anstrengung bedarf, achtsam zu sein. Auf lange Sicht gesehen, stellen wir vielleicht sogar fest, dass Achtsamkeit unsere Energiereserven schont, verglichen damit, wie viel Energie wir vergeuden, wenn wir achtlos sind.
Wie oft nehmen wir uns die Zeit, ein Gespräch damit zu beginnen, dass wir der anderen Person mit Präsenz begegnen? Wir rasen durch den Tag, wir hetzen in eine Unterhaltung, und dann wundern wir uns, warum wir immer wieder aneinandergeraten. Wie wäre es stattdessen, von einem Ort des klaren, geerdeten Selbstgewahrseins aus zu beginnen? Gesammelt und respektvoll in den Kontakt mit einem anderen Menschen hineinzugehen?
Mit Präsenz zu beginnen ist der erste Schritt zu gelingenden Gesprächen; es ist eine reichhaltige und tiefe Praxis mit vielen Dimensionen. Das Wichtigste dabei ist, dass wir Gespräche aus der Einfachheit und Kraft unserer eigenen Präsenz initiieren.
Mit Präsenz zu kommunizieren, bedeutet auch, dass wir während des Gespräches das Gewahrsein aufrechtzuerhalten versuchen. Es ist ein fortwährender Prozess, in dem wir immer wieder zur Präsenz zurückkehren und so gut wie möglich bewusst zuhören und sprechen. Dazu in der Lage zu sein erfordert Übung, insbesondere in der Hitze eines schwierigen Gesprächs. Haben wir diese Fertigkeit erst einmal entwickelt, erinnert unser Nervensystem sich von selbst daran, gegebenenfalls in die Präsenz zurückzufinden. Wie ein Kreisel, der in sein Zentrum zurückkehrt, bemerken wir es schneller, wenn wir im Autopilotmodus oder in einer Reaktion stecken geblieben sind, und richten uns wieder neu aus.
Was also ist achtsame Präsenz? Einfach gesagt bedeutet Achtsamkeit zu erkennen, was jetzt gerade passiert, auf eine ausgeglichene und nichtreaktive Weise. Sie ist wie das scharfe, beobachtende Auge einer Naturwissenschaftlerin, die ihr Objekt geduldig, mit Klarheit, Interesse und Staunen studiert.
Achtsamkeit bedeutet, sich auf eine ausgeglichene, nichtreaktive Weise gewahr zu sein, was im gegenwärtigen Moment geschieht.
Achtsamkeit ist kein rein mentaler Vorgang. Es ist ein intimes, verkörpertes Gewahrsein der Fülle des Lebens: Empfindungen, Gefühle, Klänge, Bilder. Da die Tendenz besteht, Achtsamkeit mit einer mentalen Übung zu assoziieren, verwende ich den Begriff »Präsenz« zur Beschreibung der Erfahrung achtsamen Gewahrseins.12
Um Ihnen einen Geschmack davon zu vermitteln, wovon ich hier spreche, lassen Sie uns ein einfaches Experiment machen.