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Die Götterversammlung (I)

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Kaum hat der Vater Saturnius dies von der höchsten Himmelshöhe gesehen, seufzt er auf; und in Erinnerung an das gräßliche Mahl an Lycaons Tisch [165] – die Tat war noch frisch und nicht allgemein bekannt – wird sein Herz von gewaltigem Zorn ergriffen, wie er Iuppiters würdig ist, und er beruft eine Versammlung ein; die Gerufenen kommen ohne Zaudern.

Hoch oben gibt es eine Straße; sie ist bei heiterem Himmel zu sehen. Milchstraße heißt sie, schon am weißen Lichtschimmer ist sie leicht zu erkennen; [170] auf ihr führt der Weg die Himmlischen zum Hause des großen Donnerers und zum Königspalast. Rechts und links von ihr stehen die Hallen der vornehmen Götter; die Türflügel sind für die zahlreichen Besucher geöffnet. Das einfache Volk wohnt an einem ganz anderen Ort; hier haben die mächtigen und angesehenen Himmelsbewohner ihre Penaten aufgestellt. [175] Dies ist die Stätte, die ich, wenn man mir den kühnen Ausdruck erlaubt, ohne Scheu das Palatium des Himmels nennen möchte.

Sobald also die Himmlischen im Marmorgemach saßen, schüttelte Iuppiter, auf seinem erhöhten Thron sitzend und auf das elfenbeinerne Szepter gestützt, drei-, viermal sein furchterregendes Haupthaar, [180] mit dem er Erde, Meer und Sterne bewegte; dann tat er seinen Mund auf und sprach voll Entrüstung folgendermaßen:

»Um die Weltordnung habe ich mir nicht einmal damals größere Sorgen gemacht, als jeder der Schlangenfüßler sich anschickte, den Himmel mit hundert Armen zu ergreifen und gefangenzunehmen. [185] Denn obwohl der Feind grimmig war, ging doch jener Krieg nur von einer Gruppe aus und hatte einen einzigen Ursprung; jetzt aber muß ich, so weit Nereus rings um den ganzen Erdkreis rauscht, das sterbliche Geschlecht vernichten. Ich schwör’ es bei dem Strom in der Tiefe, der unter der Erde im stygischen Hain dahingleitet! [190] Zwar muß man vorher alles versuchen; aber ein unheilbar kranker Körperteil muß mit dem Stahl abgeschnitten werden, damit das Gesunde nicht in Mitleidenschaft gezogen wird. Ich habe Halbgötter, ich habe ländliche Gottheiten: Nymphen, Faune, Satyrn und Silvane, die auf den Bergen hausen. Da wir ihnen ja noch nicht die Ehre zuerkennen, im Himmel zu weilen, [195] müssen wir sie doch ganz gewiß die Erde bewohnen lassen, die wir ihnen gegeben haben! Glaubt ihr etwa, ihr Himmlischen, sie seien künftig hinreichend sicher, da doch selbst mir, der ich den Blitz, der ich sogar euch zu eigen habe und regiere, der wegen seiner Grausamkeit bekannte Lycaon einen Hinterhalt gelegt hat?«

Da murrten alle und forderten mit glühendem Eifer die Bestrafung dessen, der solches gewagt hatte. [200] So ergriff, als die Rotte der Frevler grausam im Caesarenblut den römischen Namen auslöschen wollte, das Menschengeschlecht tiefes Entsetzen angesichts des plötzlichen Sturzes, und der ganze Erdkreis schauderte. Und dir, Augustus, ist die Anhänglichkeit der Deinen nicht weniger willkommen, [205] als sie es damals Iuppiter war. Nachdem er durch Wort und Gebärde dem Murren Einhalt geboten hatte, schwiegen alle. [Als das Geschrei sich legte, unterdrückt von der Würde des Herrschers, brach Iuppiter zum zweiten Mal das Schweigen und sprach Folgendes:]

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