Читать книгу Gault&Millau RestaurantGuide Deutschland 2018 - Patricia Bröhm - Страница 7

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GENUSSTRENDS INHALT

So schmeckt 2018

Wohin geht die Entwicklung in Deutschlands Küchen? Was unsere Tester im Laufe eines Jahres zwischen Sylt und Garmisch erlebten, haben wir in den folgenden Momentaufnahmen aus der deutschen Gastronomie-landschaft für Sie notiert

FINE DINING 2018 DIE ZUKUNFT DES GOURMETRESTAURANTS

IKE JIME FISCH AUF JAPANISCH

SEHR ZUM WOHLE NULL PROMILLE

NEO-ASIATISCH KÖSTLICHES KIMCHI

AMUSE-BOUCHES DIE GAUMENKITZLER

SCHNEIDIGER SERVICE COMEBACK DER GROSSEN STÜCKE

BROTZEIT KÖCHE BACKEN BESSER

SÜDAMERIKA IM TREND DIE CEVICHE-INVASION

SCHWARZES GOLD DIE KAVIARBLASE

KAFFEE IST KULT ESPRESSO ODER FLAT WHITE?



Futuristisch: In Paul Pairets „Ultraviolet“ in Shanghai wird jeder Gang von einem eigenen Szenario mit Licht- und Soundeffekten begleitet

© SCOTT WRIGHT OF LIMELIGHT STUDIO

GENUSSTRENDS FINE DINING 2018

Die Zukunft des Gourmetrestaurants

Bretonischer Steinbutt oder brandenburgisches Wurzelgemüse? Weiße Tischdecke oder blankes Holz? Designeranzug oder T-Shirt, Tattoos und Vollbart? Sicher ist nur eines: Die Definition von Spitzengastronomie verändert sich so rasch wie nie zuvor

ADIEU SILBERBESTECK?

Das Gourmetrestaurant klassischer Prägung, mit weißer Tischwäsche und Silberbesteck, wird derzeit gern totgesagt. Komisch nur, dass es sich nach wie vor großen Gästezuspruchs erfreut: „Am besten läuft bei uns der Steinbutt, aber auch Bretonische Languste oder Gänseleber sind sehr gefragt“, sagt Claus-Peter Lumpp vom Restaurant Bareiss. „Wo sonst als im Gourmetrestaurant haben solche Luxusprodukte ihren Sinn?“

Per App aus dem Büro zwischen gebratenem Serviettenknödel „Polnische Art“ mit Blumenkohlcreme und wachsweichem Uckermärker Ei oder gegrilltem Nacken vom Saalower Kräuterschwein mit Spitzpaprika und Perlgraupensalat wählen, digital bestellen und später, im Restaurant, eine Klappe öffnen und das Gewünschte herausnehmen – sieht so die Zukunft aus? Ja, meint Heinz Gindullis, gastronomischer Visionär in Berlin und Gründer des Data Kitchen, eines für Deutschland neuartigen Restaurantkonzepts, das in diesem Jahr die Gourmet-Gemüter bewegte. Auch international experimentiert man mit solchen Modellen, die Fast Food auf gehobenem Niveau bieten. Immerhin: Das grassierende Serviceproblem wäre damit erst mal gelöst. Doch Moment, gehört zum Erlebnis Gourmetrestaurant nicht noch viel mehr als nur die Küche?

Dass auch hier Hightech kreativ eingesetzt werden kann, beweist seit Jahren Paul Pairet mit seinem Restaurantprojekt Ultraviolet in Shanghai. Seine „multi-sensory dining experience“ hält die Gäste vier Stunden lang in einem Zustand permanenter Atemlosigkeit, mithilfe ausgefeilter audiovisueller Technik, eigens entwickelter Düfte, hochkreativer Küche und grandioser Weine. 20 Gänge werden serviert und zu jedem Gang ein komplett neues Szenario: Zur Auster rauschen die Wellen am Strand von Arcachon und intensiv-jodiger Meeresduft füllt den Raum, zum Kabeljau sitzen die Gäste in einem Hain von blühenden Obstbäumen, Vögel zwitschern, der Wind bewegt leise die Zweige und aus den Lautsprechern tönt Abbas „Dancing Queen“.

Das Konzept des multisensorischen Restaurants mag noch wie Zukunftsmusik klingen, aber eines ist sicher: Die Welt des Fine Dining befindet sich international im Umbruch. Nie zuvor standen Köche derart im Rampenlicht, nie waren die Produkte besser, die Küchenstile und Restaurantkonzepte vielfältiger, nie aber auch die Ansprüche der Gäste höher. Früher ging man ins Gourmetrestaurant, um gut zu essen und sich dabei in gepflegtem Rahmen zu unterhalten, heute erwartet der Gast ein Erlebnis. „Der Entertainment-Charakter wird zunehmend wichtiger“, beobachtet Tim Raue, der international viel in der Szene unterwegs ist. „Die Ansprüche sind vergleichbar einem Abend in der Oper, die Gäste erwarten keinen Liederabend, sondern Kunstgenuss und Unterhaltung auf hohem Niveau.“ Für den Berliner, der seinen Namen auch per Kreuzfahrtschiff in die Welt schickt, gilt trotz allem: „Die Küche steht immer im Fokus. Aber jeder Teller muss eine Geschichte erzählen.“

Das sagte sich auch Tohru Nakamura vom Münchner Werneckhof und startete das Projekt „The Garden Table“. Jedes Jahr im Sommer packt er seine Küche und sein Team zusammen und zieht für eine Woche in die Gärtnerei seines Lieferanten Johannes Schwarz vor den Toren der Stadt. Mit Gemüse, Kräutern und Obst frisch von den Beeten wird dort ein Menü gekocht, 30 bis 40 Gäste sitzen an einer einzigen langen Tafel im Gewächshaus; der Gärtner moderiert den Abend. Mehr „Farm to table“ geht nicht. Vor 15 Jahren wäre so ein Projekt noch nicht möglich gewesen, glaubt der 34-jährige. „Die klassische Erwartungshaltung an ein Gourmetrestaurant hat sich verändert. Die Gäste sind sehr offen und gehen souveräner mit einem hohen Niveau von Küche um.“ Die klassischen Attribute von Spitzenküche, vom Silberbesteck über die weiße Tischwäsche bis zum Maître im schwarzen Anzug, sind nicht mehr zwingend.

Tim Raue sieht die Trendsetter der derzeitigen Entwicklung in Kalifornien und New York. „Kalifornien ist das Trendbarometer. Dort lautet die Erfolgsformel derzeit: gute Produkte, kreativ verarbeitet, aber serviert in extrem entspanntem Ambiente.“ Restaurants, die comfort food auf hohem Niveau servieren, können viele Menschen ansprechen. Daneben aber, so Raue, wird es an der Spitze für eine kleine Gruppe von anspruchsvollen Gourmets weiterhin Spitzenrestaurants mit „Ateliercharakter“ geben. Wie man da Synergieeffekte schafft, macht derzeit niemand so gut vor wie der Wahl-New Yorker Daniel Humm, der neben seinem Flaggschiff Eleven Madison Park auch die unkomplizierteren Konzepte Made Nice und Nomad betreibt.

„Wir müssen an einer deutschen Küchen-DNA feilen, auf Basis unserer eigenen kulinarischen Wurzeln.“

Joachim Wissler

In Deutschland erfreuen sich noch viele Restaurants klassischer Machart großen Erfolgs. Doch die Entwicklungen in den internationalen Gourmetmetropolen werden sich – mit Zeitverzögerung – auch bei uns niederschlagen, prophezeit Joachim Wissler. „Durch die Globalisierung frequentieren uns zunehmend internationale Gästen, die ganz andere Bewertungsgrundlagen mitbringen“, bemerkt der Küchenchef des Vendôme in Schloss Bensberg, der zu den international bekanntesten deutschen Köchen zählt. Doch er warnt davor, weltweite Trends einfach zu kopieren: „Austauschbarkeit ist unser größter Feind. Wir müssen weiter an einer deutschen Küchen-DNA feilen, auf Basis unserer eigenen kulinarischen Wurzeln.“ Denn wenn Gäste aus dem Ausland nach Bergisch-Gladbach kommen, dann wollen sie nicht das essen, was sie aus London oder Tokio kennen, sondern erfahren, was Deutschland kulinarisch ausmacht.

Wissler setzt in seiner Entwicklung einer authentisch deutschen Spitzenküche vor allem auf ein über viele Jahre aufgebautes Netzwerk bester Produzenten aus ganz Deutschland, auf wild gepflückte Kräuter aus Mecklenburg-Vorpommern, auf Krustenschinken von der schwäbischen Alb und auf Süßwasserfische aus einer Vorbildzucht im Lechtal. Bachkrebse in erstklassiger Qualität kauft der Spitzenkoch im Umland von Köln und interpretiert die klassische Zubereitung „Berliner Art“ mit Wurzelgemüsesud, Cognac und Dill ganz neu und überraschend. „Wir müssen uns auf unsere eigenen kulinarischen Wurzeln besinnen, unsere Bodenständigkeit auf höchstem Niveau darstellen“, sagt der Spitzenkoch.


Tim Raue (l.) glaubt an „Entertainment Dining“;

© NILS HASENAU

Joachim Wissler (r.) setzt auf authentisch deutsche Spitzenküche

© ERIK CHMIL

Das Gourmetrestaurant der Zukunft wird viele Gesichter haben. Menschen reisen heute von New York an den Polarkreis, nur um in der Holzhütte von Magnus Nilsson einmal im Leben frittierte Drosselköpfe zu probieren, oder sie kaufen im Voraus zu bezahlende und nicht erstattbare Tickets, um bei Dylan Watson-Brawn im Berliner Ernst zu dinieren. Doch ganz gleich, ob in einem Traditionshaus wie Fritz Kellers Schwarzer Adler inmitten der badischen Weinberge oder bei Daniel Humm im Eleven Madison Park – im Grunde zählt nur das eine: Die Gäste möchten die Welt da draußen für ein paar Stunden vergessen und sich ganz dem Genusserlebnis hingeben.


GENUSSTRENDS IKE JIME


Die Müritzfischer leisteten Pionierarbeit: Sie schlachten ihre Saiblinge schmerzfrei nach der japanischen Methode

© WERNER FELLNER

Fisch auf Japanisch

Die internationale Gourmetszene entdeckt Ike Jime, die traditionelle japanische Kunst, einen Fisch so zu töten, dass er ein besseres Geschmackserlebnis bietet – und nicht leidet

Auf den ersten Blick sieht der Saibling, den Andreas Rieger morgens von den Müritzfischern geliefert bekommt, aus wie jeder andere. Wäre da nicht ein kleines Loch zwischen den Augen des Tieres. Es ist Indiz dafür, dass dieser Fisch um Längen besser schmeckt als die meisten Saiblinge – weil er anders geschlachtet wurde. Ike Jime heißt die Technik, die in Japan schon seit Jahrhunderten praktiziert wird und derzeit auch in Europa zunehmend Anhänger findet. „Der Geschmack ist viel klarer, purer und eleganter“, beschreibt Rieger, der junge Küchenchef des Berliner Restaurants Einsunternull, seine Faszination. „Auch die spezifischen Saiblingsaromen kommen besser durch. Am liebsten würde ich nur noch Fisch verarbeiten, der nach der Ike Jime-Methode geschlachtet wurde.“

„Die Qualität ist sensationell, das Fischfleisch bleibt dank Ike Jime viel fester.“

Christian Bau

Wie genau funktioniert Ike Jime? „Der Fisch wird durch einen gezielten Stich ins Gehirn getötet“, erklärt Matthäus Marten von der Fischerei Müritz-Plau, die zu den Pionieren in Deutschland zählt. „Das mag sich brutal anhören, ist aber tatsächlich für den Fisch viel schonender als konventionelle Schlachtungsmethoden, weil er sofort hirntot ist und nichts mehr spürt.“ Anschließend wird unterhalb der Kiemen angeschnitten und die Arterie durchtrennt. Noch ein Schnitt an der Schwanzflosse, dann lässt man den Fisch in kaltem Wasser ganz schnell ausbluten. Der Vorteil dieser in ganz Japan praktizierten Methode: die Totenstarre und die damit verbundene Milchsäureausschüttung ins Gewebe, die später für einen „fischigen“ Geschmack sorgen kann, werden hinausgezögert. Das Ausbluten verändert die Konsistenz und den Geschmack des Fisches, er bleibt auch länger haltbar.

In der Bretagne arbeiten bereits eine Reihe Fischer nach der Methode, ihre Ware findet unter der französischen Kochelite reißenden Absatz. Christopher Hache, Küchenchef des Gourmetrestaurants L’Écrin im wiedereröffneten Hôtel de Crillon, ließ in seiner Küche Meerwasserbecken einbauen. Dort hält er die lebend angelieferten Fische ein, zwei Tage, sodass sie zur Ruhe kommen, um sie dann selbst nach der Ike Jime-Methode zu töten, so wie er es im berühmten Restaurant Kikunoi in Kyoto bei Yoshihiro Murata erlebte.

Als deutscher Koch braucht man ausgezeichnete Kontakte, um von der teilweise direkt auf dem Boot getöteten französischen Highend-Ware etwas zu ergattern. Christian Bau arbeitet in Schloss Berg an der Saar schon seit einem Jahr mit Bar de Ligne und Steinbutt, die auf die traditionelle japanische Art getötet wurden: „Die Qualität ist einfach sensationell, das Fischfleisch bleibt viel fester. Und ich kann als Koch Einfluss auf den Eigengeschmack nehmen, indem ich den Fisch reifen lasse – das ist nur dank des schnellen Ausblutens möglich.“ Bis zu einer Woche lässt Bau den Wolfsbarsch aus der Bretagne liegen, sodass der feine Eigengeschmack besonders gut zum Tragen kommt, dann brät er ihn nur ganz kurz auf der Haut und serviert ihn mit Koju-Vinaigrette.

Deutsche Ike Jime-Hochburg ist derzeit Berlin, wo sich schon im Frühjahr 2016 vier Restaurants in einem Pilotprojekt mit den Müritzfischern zusammentaten. Federführend war damals Dylan Watson-Brawn vom Restaurant Ernst – er lernte Ike Jime schon vor Jahren kennen, als er in Japan lebte und arbeitete. Gemeinsam mit seinen Kollegen von den Restaurants Nobelhart & Schmutzig, Einsunternull und Horváth überzeugte er die Müritzfischer von den Vorzügen der Technik. Heute beliefern die Mecklenburger bereits eine ganze Reihe von Berliner Restaurants mit Saibling, Zander, Forelle, Stör und Barsch, die alle nach der Ike Jime-Methode geschlachtet wurden. Um den einzigartigen Geschmack des Müritz-Saiblings bestmöglich zum Ausdruck zu bringen, serviert ihn Andreas Rieger im Einsunternull extrem puristisch: nur ganz kurz abgeflämmt, sodass er „medium rare“ auf den Tisch kommt, begleitet von etwas Lauchasche, Bronzefenchelblüten und einer Karotten-Emulsion von fast honigartig dickflüssiger Konsistenz.

KOSTPROBE

IN DIESEN RESTAURANTS GIBT ES FISCH NACH IKE JIME-ART:

Horváth, Berlin

Nobelhart & Schmutzig, Berlin

Einsunternull, Berlin

Frühsammers, Berlin

Rutz, Berlin

Sosein, Heroldsberg

Behrens am Kai, Düsseldorf

Schloss Loersfeld, Kerpen

Victor's Fine Dining by Christian Bau, Perl-Nennig


GENUSSTRENDS SEHR ZUM WOHLE


Im Berliner Horváth inspiriert Wurzelgemüse so manchen nicht alkoholischen Drink

© HORVÁTH FOTOGRAFIE

Null Promille

Statt Wein: Der Zeitgeist dürstet nach alkoholfreien Essensbegleitern – sie lassen auch die Kreativität der Köche sprudeln

Als Sebastian Frank Vater wurde, änderte das nicht nur sein Leben, sondern auch seine Küche. Denn während der Schwangerschaft machten er und seine Frau beim Essengehen eine frustrierende Erfahrung: „Selbst in Spitzenrestaurants gab es im alkoholfreien Bereich meist nur die Wahl zwischen Wasser und Fruchtsaft.“ Das wollte der experimentierfreudige Österreicher in seinem eigenen Restaurant Horváth in Berlin besser machen. Er stellte sich in die Küche und tat das, was er am besten kann: „Ich setze im Kopf Aromenbausteine zusammen, nur ging es diesmal nicht um Gerichte, sondern um die dazu passenden Getränke.“ So nahm er sich zum Beispiel seinen Zander „Wiener Panier“ vor, einen ebenso eigenständigen wie köstlichen Fischgang: perfekt gebratener Müritzzander, serviert in einer Emulsion von Backhendlfett mit der typischen Garnitur eines Wiener Schnitzels. Dazu entwickelte Frank ein umamireiches Pilzwasser mit Hühnerbouillon, am Glasrand befindet sich, als zusätzliche Geschmackskomponente, ein Röstgewürz aus Blumenkohl und Dillsaat. Für Frank bieten seine aus Teeauszügen, hausgemachten Gemüsesäften, hochwertigen Ölen und Reduktionen kreierten Drinks mittlerweile sogar die perfektere Harmonie zum Essen: „Anders als beim Wein, der einem Gericht nur so nah wie möglich kommt, kann ich bei einem selbst kreierten Getränk jeden Baustein aromatisch passend einfügen.“

Es ist ein Thema, mit dem sich die Gastronomie zunehmend konfrontiert sieht – der Alkoholkonsum im Restaurant geht generell zurück. Die Gründe dafür sind vielfältig: Der eine muss noch Auto fahren, der andere hat am nächsten Morgen ein wichtiges Meeting, der dritte achtet auf seine Gesundheit. Als größten Vorteil der Eigenkreationen sieht Frank, dass er auf ein Gericht von null auf eingehen kann: „Was braucht die Komposition? Süße oder Säure? Etwas Neutralisierendes oder einen Fettanteil? Im Prinzip sind diese Getränke für mich kleine flüssige Gerichte.“ Heraus kommen dabei Überraschungen wie der Drink aus Radicchio, Eiswasser, Holunderblütenöl, Muskat und einem Schuss Chardonnayessig, der mit seiner Leichtigkeit und den Elementen Bitterkeit, Floralität und Säure perfekt zu einem eher gehaltvollen Hauptgang wie dem als Kompott eingekochten Kopf, Kinn und Backen vom Milchferkel in Begleitung von Petersilienwurzel und Kräuterseitlingen passt.

Wie Sebastian Frank machen immer mehr Köche aus der Not eine Tugend. Im Münchner Werneckhof legte Tohru Nakamura eine eigene Kombuchakultur an und serviert das nur ganz leicht moussierende Getränk mit pilzigen Noten zum gegrillten Saibling mit Kohlrabi, Leindotter und Kräutersauce. Wie gut null Promille auch im Dessertbereich funktioniert, beweist man im Kölner Himmel&Äd, wo zum Waldmeisterparfait mit üppigem Walderdbeerenbelag ein Drink aus Waldmeisteressenz angeboten wird, aromatisiert mit grünem Chili, Zitronengras und Sauerampfer, aufgegossen mit Apfelsaft. Ivo Ebert vom Berliner Einsunternull sieht die alkoholfreie Begleitung „nicht als vorübergehenden Trend, sondern als nachhaltige Entwicklung“. Rund 30 Prozent seiner Gäste entscheiden sich schon heute für null Promille: „Viele Menschen haben heute ein anderes Bewusstsein im Umgang mit dem eigenen Körper und schauen sehr genau hin, was sie zu sich nehmen.“


Nils Henkel zählte schon vor Jahren zu den ersten deutschen Köchen, die auf null Promille setzten

© WONGE BERGMANN FÜR NILS HENKEL / BURG SCHWARZENSTEIN

Der Trend zur nicht alkoholischen Menübegleitung nahm – wie so viele andere auch – ursprünglich im Kopenhagener Noma seinen Anfang. In Deutschland war Nils Henkel einer der ersten Köche, die sich mit alternativer Getränkebegleitung befassten. Schon 2012, damals in Schloss Lerbach in Bergisch-Gladbach, begleitete er ein ganzes Menü mit korrespondierenden Säften, Tees und hausgemachten Limonaden. Und auch wenn er mittlerweile inmitten von Rheingauer Weinbergen auf Burg Schwarzenstein kocht, bietet er seinen Gästen nach wie vor eine „unvergorene“ Getränkebegleitung an. „Gerade mittags kommen diese Alternativen gut an“, sagt Henkel. Zum knusprig gerösteten Kalbsbries mit Haferwurzel, Kräuterpüree und Bratensaft serviert er im Sommer einen kalt extrahierten Ayurveda-Eistee mit Süßholz und etlichen anderen Gewürzen. Und den zieht so mancher Gast, man möchte es kaum glauben, dem besten Riesling vor.



NEO-ASIATISCH GENUSSTRENDS


Sarah Henke, geboren in Südkorea, aufgewachsen in Norddeutschland, interpretiert fernöstliche Küche sehr persönlich

Köstliches Kimchi

Asiens Küchen sind nicht nur aromatisch große Klasse – sie sind derzeit auch vom Coolness-Faktor her kaum zu schlagen

Schwein und Kimchi“ – so heißt der Renner auf der Speisekarte des Yoso in Andernach. Der Schweinebauch wird, wie in Korea üblich, in Birnensaft und Gewürzen mariniert, dann aber nicht wie in Seouls Garküchen auf Holzkohle gegrillt, sondern wie in der europäischen Spitzenküche üblich 36 Stunden sous-vide butterzart gegart und schließlich angebraten. Auch das Kimchi, das wie kein anderes Gericht für koreanische Küche steht, ist nicht 100 % authentisch, sondern eine von Sarah Henke entwickelte Version: Anders als in ihrem Geburtsland üblich, fermentiert sie den Chinakohl nicht, sondern serviert ihn, in feine Streifen geschnitten, in einer Marinade, die mit der Fruchtsüße von Apfel und der Schärfe von koreanischer Paprikapaste spielt. Das Ergebnis ist ein intensiv duftendes, aromenstarkes Gericht, das gekonnt mit fernöstlicher Aromatik jongliert, ohne wirklich authentisch zu sein. „Meine Version von Asien“ nennt Sarah Henke, die mit knapp zwei Jahren von deutschen Eltern adoptiert wurde, ihren Küchenstil, den sie im „Spices“ auf Sylt entwickelte und nun in Andernach fortführt.

Das Yoso zählt zu einer neuen Generation von kreativen Asia-Restaurants in Deutschland, die gehobenen kulinarischen Anspruch mit fernöstlicher Aromatik und entspannt-stylishem Ambiente verbinden. „Die Küchen Asiens entsprechen einem Zeitgeist, weil sie leicht, vital und gut verträglich sind“, sagt Sarah Henke, in deren Küche Butter, Sahne und andere Milchprodukte keine Rolle spielen – mit Ausnahme des einen oder anderen Desserts. Ihre Gerichte inspirieren sich an den Küchen Thailands, Vietnams und Koreas. Und auch wenn die Machart nicht authentisch asiatisch, sondern authentisch Sarah Henke ist, in einem Punkt wäre sie sich mit jedem Betreiber einer Garküche in den Straßen von Bangkok oder Seoul einig – Schärfe muss sein: „Schärfe weckt die Sinne beim Essen, sie macht wachsam und lässt den Gaumen auch alle anderen Aromen intensiver erleben.“ Ihr erklärtes Lieblingsprodukt sind kleine rote Chilischoten, die sie nicht gerade sparsam einsetzt: „Meine Gerichte sind insgesamt intensiv gewürzt, deshalb halten sie auch die Schärfe aus, ohne dass man gleich nach einem Glas Milch verlangen muss.“

Besonders in Berlin machen junge asiatische Restaurants mit Ambition derzeit von sich reden. Längst eine feste Größe in der dortigen Szenegastronomie ist der vietnamesische Restaurant-Multi The Duc Ngo mit inzwischen zehn Restaurants; mit dem Golden Phoenix im neuen Hotel Provocateur hängt er die kulinarische Messlatte höher und bietet als „franko-chinesische Küche“ geschickt komponierte euroasiatische Crossover-Gerichte an. Unter den Dim Sum sind hauchdünne Teigtaschen, gefüllt mit so gaumenkitzelnden Kombinationen wie Entenconfit, Foie gras, grünem Pfeffer, Estragon und Cognac oder Jacobsmuscheln, gehacktem Schweinebauch, Shrimps und Pilzen.


Puristisch präsentiert: Thai Style Salmon Ceviche im Berliner Kin Dee

© ROBERT RIEGER

Anders als in London, wo man gleich acht mit hohen kulinarischen Auszeichnungen gekrönte indische Restaurants und von Punjab bis Kerala alle regionalen Spielarten der vielfältigen Küche des Subkontinents findet, bewegen sich Curry-Häuser in Deutschland meist auf unterstem Preisniveau zwischen „Chicken Tikka“ und „Beef Mango“. Mit dem India Club auf der Rückseite des Hotel Adlon in Berlin will Anno August Jagdfeld dem in Deutschland unterbelichteten Dasein dieser Weltküche ein Ende setzen. Eine Ambition, die man nur begrüßen kann. Ob die Unternehmung kulinarisch gelingt, wird sich weisen, vom Interior Design her spielt der India Club jedenfalls ganz vorne mit: Anna Maria Jagdfeld kombinierte britisch-koloniale Mahagoni-Möbel und dunkle Holzvertäfelungen mit indischer Farbenfreude, von traditionellen Ornamenten bis zu Lüstern in Pink, Gelb, Türkis, Grün und Lila.

Mit „Contemporary Thai Cuisine“ setzt auch das Berliner Kin Dee, das zur Grill Royal-Gruppe gehört, auf einen recht eigenen Stil. Als Basis dienen zwar traditionelle Rezepte der Thai-Küche, doch Küchenchefin Dalad Kambhu setzt eigene Akzente, indem sie Produkte, die in Schöneberg nicht in der gleichen Frische und Qualität wie in Bangkok zu bekommen sind, durch Regionales ersetzt: süßer Apfel statt Mango, Steckrübe statt Süßkartoffel, eingelegter Kohlrabi statt Papaya. Das ist eigenwillig, aber kulinarisch durchaus reizvoll. Manches aber lässt sich nicht ersetzen: „Die traditionellen Currypasten sind die aromatische Basis unzähliger Thai-Gerichte“, sagt die Köchin. Aus Zitronengras, Kaffir-Limette, wildem Ingwer, Galanga, Kurkuma, Koriander, rotem Chili und vielen weiteren Zutaten stellt sie diese Pasten nach traditionellen Rezepten selbst her – eine Praktik, die selbst im Mutterland nicht mehr selbstverständlich ist. Für Dalad Kambhu aber ein Must: „Es gibt unzählige Arten von Currypasten – grün, rot, gelb, Massaman, Jungle, burnt Chili. Für uns Thais sind sie beim Essen unverzichtbar – so wie für die Franzosen der Käse.“

FERNKÖSTLICH

JUNGE ASIATISCHE KÜCHE:

Yoso, Andernach

Dae Mon, Berlin

Golden Phoenix, Berlin

India Club, Berlin

Kin Dee, Berlin

Nithan Thai, Berlin

Izakaya, Hamburg

Nikkei Nine, Hamburg


GENUSSTRENDS AMUSE-BOUCHES

Die Gaumenkitzler

Sie sind die Visitenkarte der Köche, sie stimmen auf den Stil des Hauses ein und sie machen Appetit auf mehr – die schönsten Küchengrüße der Saison


Tim Raue serviert die Appetizer wie in Asien „family-style“: alle kommen gleichzeitig auf den Tisch

© MIKULÁŠ GOTTWALD FOR CULINARY ART OF LIVING

Tim Raue/Berlin

APÉRO

Tim Raues formidable Aperitif-Parade – acht Schüsselchen, vollgepackt mit asiatischer Aromatik, gleichzeitig serviert und für alle am Tisch zum Teilen: Kalbsherz „Hunan“, geröstete Chili & Chianking Essig; eingelegte Radieschen, Misomayo & Schweineschwarte; Schweinebauch „Sichuan“ & Sesam; Rettich mit Makrele & Limette & Sauerampfer; Endivie & Entenrillettes à l’orange; Kimchi Crevetten; frittierte Flower sprouts, Yuzu-Marmelade & Bonitoflocken; Cashewkerne mit rotem Thai-Curry geröstet.

Atelier/München

„PERLMUTT“

Eine Perlenkette, die seine Freundin trug, inspirierte Austernfan Jan Hartwig zu diesem mineralisch-jodigen Küchengruß, der perfekt zum Champagner passt: Aus intensiv schmeckender Austernmousse formt er eine Perle, die ihren Schimmer einem Überzug aus Champagnergelee verdankt. Mit in der Schale sind Dulce-Algen, Meeresträubchen, floral-blumiges Zitrusöl, grüner Sauerampferfond und Austernmayonnaise.

Überfahrt/Rottach-Egern

„DAS“ RADIESCHEN

Christian Jürgens’ Interpretation ist die raffinierte Überhöhung eines alltäglichen Produkts, das man in Bayern in jedem Biergarten bekommt. Dank eines Gelmantels aus rotem Apfelsaft wirkt es wie auf Hochglanz poliert; beim Hineinbeißen enthüllt das mühevoll ausgehöhlte Gemüse sein äußerst erfrischendes Innenleben: säuerliches Granny Smith-Sorbet, mit etwas Yuzu-Saft und einer Prise frischen Meerrettichs perfekt abgeschmeckt. Ein augenzwinkernder Gruß aus der Küche, der wie so oft bei Jürgens seine wahre Natur erst auf den zweiten Biss enthüllt.


„Aal grün“ mal anders: Rauchaal kombiniert Sven Elverfeld mit Schweinebauch und Gurke

© WWW.PHOTODESIGN-WOLFSBURG.DE

Aqua/Wolfsburg

RAUCHAAL, SCHWEINEBAUCH, GELBE GURKE & DILL

Die Neuinterpretation klassischer deutscher Gerichte ist ein Steckenpferd von Sven Elverfeld, zuletzt nahm er sich den Spreewälder „Aal grün“ vor: Eine gelbfleischige Gartengurke allerbester Qualität kombiniert er mit geräuchertem Aal und auf Holzkohle ganz kurz angegrilltem Schweinebauch, Gurken-Dill-Schaum, Speck-Aal-Crumble und gepuffte Schweineschwarte garnieren das Ganze. Umspielt wird das kleine Kunstwerk von einem kräutrigen Fond, der alle Zutaten des „Aal grün“ enthält: Aal, Speck, Wacholder, Lorbeer, Salbei, Estragon, Petersilie und Dill.

Schloss Berg/Perl Nennig

JAPANESE RAW BAR

Das perfekte Vorspiel für Christian Baus japanisch-französisch inspirierten Kochstil: Der Bauch vom Ardour-Lachs wird gebeizt, kalt geräuchert, mariniert, kurz abgeflämmt und schließlich als Sashimi aufgeschnitten. Dazu kombiniert Bau eine Tapenade aus Yuzu, Ingwer, Lauch und fermentiertem japanischen Koshu-Pfeffer sowie Gurken-Kimchi, Kaviar und eine delikat neutralisierende Buttermilch-Dashi.

L.A. Jordan/Deidesheim

GÄNSELEBEREIS AUF THUNFISCH IM GELIERTEN GURKENSUD

Daniel Schimkowitsch liebt Thunfisch ebenso sehr wie Gänseleber, also tüftelte er so lange, bis er die perfekte Liaison fand: Cremiges Gänselebereis (die Leber wurde nicht klassisch mit Portwein, sondern mit Mirin mariniert) thront auf roh mariniertem Blue Fin-Thunfisch, begleitet von fein gehobeltem Gurkensalat und umspielt von einem klaren grünen Gurkensud, dessen perfekt dosierte Jalapeño-Schärfe dem Gericht seinen Kick verleiht.


Krustenschinken aus seiner schwäbischen Heimat inspirierte Joachim Wissler zu diesem Küchengruß

© ERIK CHMIL

Vendôme/Bergisch-Gladbach

PASTETCHEN VOM KRUSTENSCHINKEN

Joachim Wissler greift ein scheinbar alltägliches Produkt auf und zeigt, welche Strahlkraft es – entsprechend verfeinert und in Szene gesetzt – entwickeln kann: Sein Krustenschinkenröllchen enthält eine Füllung aus Schinkenwürfeln, gepökeltem Milchferkelschnäutzchen, Spreewaldgurken, Schalottenwürfeln und mildem Senf. Es thront auf einem luftig gebackenen Blätterteigschnittchen mit Liebstöckelcreme. Dazu gibt’s ein Eisbergsalat-Taco, gefüllt mit Bäckchen und Öhrchen vom Milchferkel sowie Senfcreme.

GENUSSTRENDS SCHNEIDIGER SERVICE


Das Bresse-Huhn schmeckt noch mal so gut, wenn es vor den Augen der Gäste am Tisch tranchiert wird

© STOCKFOOD/PHOTOCUISINE/PAQUIN, MARIANNE

Comeback der großen Stücke

Ob Poularde im Ganzen, Prime Beef oder Bresse-Huhn aus dem Römertopf – immer mehr Köche garen Fleisch und Fisch wieder im Ganzen und lassen am Tisch tranchieren und filetieren

Für den Höhepunkt des Abends hat sich Martin Rehmann eigens ein Messer anfertigen lassen, die Klinge aus Damaszener-Stahl, der Griff aus Aschauer Kirschholz. Die Gäste schauen gebannt hin, wenn zum Hauptgang der Guéridon an den Tisch gerollt wird und der Küchenchef des Landgasthofs Karner im Chiemgau den Deckel des Römertopfs lüftet und den Blick freigibt auf das prachtvolle Bresse-Huhn mit knusprigster Haut, umweht von Zitronenduft, das er nun vor den Augen der Gäste nach allen Regeln der Kunst tranchiert. „Nur im Römertopf bleibt das Huhn so unglaublich saftig und kann seine ganze Aromatik entfalten“, sagt Rehmann. Im ersten Gang serviert er die zarte Brust, fast noch rosa, mit Sonnenblumenkerncreme, geschmortem Lauch und gewürfelter Zitronat-Zitrone, später gibt es als zweiten Gang noch die Keule. „Für viele Gäste ist es etwas Besonderes, das Huhn so hautnah und im Ganzen zu erleben“, sagt Rehmann. „Und für mich gibt es keine schönere Art, das Produkt zu zelebrieren.“

Das Tranchieren eines Huhns am Tisch, das Filetieren einer im Ganzen gebratenen Seezunge vor den Augen der Gäste – diese Fertigkeiten des Service waren zuletzt kaum noch gefragt. Die Köche, wohl wissend um die Macht der Optik in Zeiten von Instagram und Pinterest, richteten ihre Teller lieber bis auf den letzten Saucentupfer und das allerletzte Sauerkleeblättchen in der Küche an. Doch seit einiger Zeit wächst das Bedürfnis der Gäste, dem Naturprodukt so nah wie möglich zu kommen, und viele empfinden es als Mehrwert, wenn sie es am Tisch präsentiert und zerlegt bekommen. Deshalb steht bei Klaus Erfort in Saarbrücken immer eine Bresse-Poularde mit Trüffeln auf der Karte, serviert Thorsten Michel in der Schwarzwaldstube eine Poularde aus dem Dombes, die er im Römertopf gart, und hat Claus-Peter Lumpp immer einen Seeteufel oder ein Kalbskotelett für zwei im Angebot. Der Küchenchef des Bareiss sieht das Angebot nicht nur als Hommage ans gute Produkt, sondern auch als Möglichkeit, die Kunstfertigkeit und Expertise seines Serviceteams zu präsentieren: „Viele junge Mitarbeiter lernen gar nicht mehr, wie man eine Ente oder ein Huhn tranchiert. Das ist diffizil und erfordert viel Übung, denn am Tisch muss alles ganz schnell gehen, es darf nichts am Knochen hängen bleiben und es muss dazu noch elegant aussehen.“


Selten gewordener Genuss: geschmorter Kalbsrücken, ein Fest für die Augen und den Gaumen

© PHOTOCUISINE

„Wenn ich eine ganze Kalbsbrust schmore, dann entsteht dabei aus dem Fleisch heraus eine Sauce, die ist geschmacklich unerreicht.“

Martin Fauster

Auch Martin Fauster im Münchner Königshof lässt die alte Kunst der im Ganzen gegarten großen Stücke wieder aufleben. Er hat sogar eine eigene Karte zum Thema geschrieben, unter dem Titel „Tranchés für zwei Personen“ bietet er Köstliches wie ein im Ganzen gebratenes Perlhuhn mit Kirschen und Povesen, serviert in zwei Gängen, oder einen Seeteufel mit Bouillabaissefond, Rouille und Muscheln.

Auf Vorbestellung und für größere Tischrunden bietet der gebürtige Österreicher auch so selten gewordene Genüsse wie einen Kapaun, dem er nach guter alter Sitte schwarze Trüffel unter die Haut schiebt, eine Kalbsniere im Fettmantel oder eine gefüllte Kalbsbrust. „Das Ausschlaggebende bei unserer Küche ist der gute Geschmack“, sagt Fauster. „Wenn ich eine ganze Kalbsbrust schmore, dann entsteht dabei aus dem Fleisch heraus eine Sauce, die ist geschmacklich einfach unerreicht.“

Dass gerade auch jüngere Köche das Zelebrieren des Produkts am Tisch für sich wiederentdecken, zeigt eine witzige Variante aus der veganen Ecke: im Münchner Tian gart Küchenchef Christoph Mezger zwei Karotten samt Zitronengras im Brotteig – und lässt sie anschließend am Tisch „tranchieren“.

GENUSSTRENDS BROTZEIT


Regional: Natursauerteigbrot im Berliner Einsunternull – das Mehl stammt aus Luckenwalde

© EINSUNTERNULL

Köche backen besser

In Zeiten von Bäckereisterben und Tiefkühl-Teiglingen ist die viel gerühmte deutsche Brotkultur bedroht. Wie gut, dass deutsche Köche etwas dagegen tun

Geht man in Paris bei Yannick Alléno oder Guy Savoy essen und lobt das gute Baguette, die knusprige Kruste, den Duft von Hefe, die lockere Krume, dann fallen immer wieder die gleichen Namen. Der von Kultbäcker Frédéric Lalos. Oder von Eric Kayser, der neben Joël Robuchon auch den Élysée-Palast beliefert. Oder von Jean-Luc Poujauran, der rund 80 Spitzenrestaurants und -bistros mit Biobaguette versorgt. Selbst eine Starbäckerin für glutenfreie Brotsorten gibt es an der Seine: Clémentine Olivier beliefert unter anderem die Luxushotels Le Bristol, Crillon und Georges V. Bäcker sind Kult in Paris, wo alljährlich der Preis für das beste Baguette der Stadt vergeben wird – 2017 ging er an die Boulangerie Brun im 13. Arrondissement, die nun ein Jahr lang die Ehre hat, den Frühstückstisch von Emmanuel Macron bestücken zu dürfen.

Vergleichsweise trist dagegen das Bild in Deutschland, das sich einst so viel auf seine Brotkultur zugutehielt. Existieren in Frankreich noch viele Boulangers artisanales, wo die Kunden morgens Schlange stehen für das frisch gebackene Baguette, versorgt man sich hierzulande immer öfter beim Discounter oder in der Kettenbäckerei mit Aufbackware. Die Zahl der selbstständigen Bäcker in Deutschland sank seit 2009 von rund 15.000 auf etwa 12.000. Es ist paradox: Knapp 60 Kilo Brot essen die Deutschen pro Kopf und Jahr, nirgendwo ist die Vielfalt an Brotsorten so hoch wie bei uns (rund 300). Und trotzdem schließt in Deutschland jeden Tag eine Bäckerei – 418 waren es im Jahr 2016. Die Backautomaten von Aldi und Co. machen ihnen den Garaus. Zwar existieren auch bei uns noch engagierte Bäckereien, die nach traditioneller Handwerkskunst arbeiten, wo der Rohstoff höchste Wertschätzung genießt und der Teig genügend Zeit zum Gehen bekommt, aber sie wirken wie Davids im Kampf gegen die Goliaths der uniformierten Aufback-Teiglinge.


Knusprige Kruste: Rund 300 verschiedene Brotsorten kennt man in Deutschland – das ist weltweit die Spitze

© MAGONE

„Für mich ist das Brot die wichtigste Zutat der französischen Küche.“

Thierry Marx

Nicht erstaunlich also, dass Köche mit Ambition zur Selbsthilfe greifen: In immer mehr deutschen Restaurants kümmern sich Küchenchef oder Pâtissier selbst um das Brot, das sie servieren. Zum Glück der Gäste, die gern zugreifen, wenn ein originelles Backwerk, noch ofenwarm, auf den Tisch kommt. Zum Beispiel im Sosein im fränkischen Heroldsberg, wo der Teig mit Naturhefe angesetzt wird und über Tage gehen darf. Ein beinahe sakraler Akt ist es, wenn die duftenden Laibe mit ihrer krachenden Kruste im Gastraum aufgeschnitten und mit viele Wochen milchsauer gereifter, aromatisch an Parmesan erinnernder Butter serviert werden. Auch im Berliner Einsunternull bäckt Küchenchef Andreas Rieger ein enorm substanzreiches, zartkrustiges Natursauerbrot, das fast wie ein Kuchen daherkommt. Im Restaurant Überfahrt am Tegernsee ist Christian Jürgens’ saftiges Kartoffelbrot nicht wegzudenken, das er warm und duftend mit hausgemachter Butter, Olivenöl und Fleur de sel serviert. Und in Alfons Schuhbecks neuem Fine Dining-Restaurant am Münchner Platzl (wo sonst?) freut sich seine Fangemeinde über die warm servierten, noch aus Waginger Zeiten bekannten Roggen-Weizen-Semmeln, dem Zeitgeist angepasst durch die Würze mit Koriander, Kümmel und Fenchel.

Wer weiß, vielleicht werden wir es ja noch erleben, dass einer unserer Küchenhelden so weit geht wie der Pariser 19 Punkte-Koch Thierry Marx, der 2016 im schicken 8. Arrondissement seine eigene Bäckerei (La Boulangerie) eröffnete und sich damit einen lang gehegten Traum erfüllte: „Für mich ist das Brot die wichtigste Zutat der französischen Küche.“


GENUSSTRENDS SÜDAMERIKA IM TREND


Latino-Inspiration im Hamburger Haerlin: Christoph Rüffer serviert Taubenbrust mit Molejus

© 2017 JAN C. BRETTSCHNEIDER

Die Ceviche-Invasion

Nach der New Nordic Cuisine sind weltweit die Küchen Südamerikas auf dem Vormarsch – vor allem Peru und Mexiko schmeckt man auch bei uns immer öfter

Kaisergranat, auf Ceviche-Art mit der Säure von Tomaten „gegart“ im Konstanzer Ophelia, Hummer-Ceviche mit Aprikosenessigsorbet, Pfifferlingen und Zwiebel-Pakora im Berliner Duke und als zartsäuerlich-duftige Spielerei Ceviche von der Gelbflossenmakrele mit Avocado als Frucht und als Eis sowie Quinoa bei Becker’s in Trier. Nimmt man deutsche Speisekarten als Maßstab, dann ist Ceviche derzeit der mit Abstand heißeste peruanische Exportartikel. Im Heimatland besteht das Nationalgericht, das man in jeder Strandbude bekommt, meist aus Scheiben von rohem Fisch oder Meeresfrüchten, mariniert in Limettensaft, rohen Zwiebeln, Chili und Koriander; die Zitrussäure denaturiert das Eiweiß ähnlich wie beim Garprozess, so erhält der Fisch eine ganz eigene Konsistenz irgendwo zwischen roh und gegart. Die Marinierflüssigkeit wird meist gleich mitserviert, die Peruaner nennen sie wegen ihrer milchigen Anmutung „leche de tigre“, Tigermilch. Seit die Andenküche vor Jahren ihren Siegeszug in die Welt antrat, liegen Ceviche, die Anticucho-Fleischspieße, die bunten Kartoffeln vom Altiplano und die Gesundheitskörner Quinoa, Amaranth und Kaniwa weltweit im Trend.

In London oder Barcelona machen der peruanische Spitzenkoch Virgilio Martínez (Lima) oder die Brüder Ferran und Albert Adrià (Pakta) schon seit Jahren vor, wie aufregend kreativ interpretierte Andenküche sein kann. Im Gefolge der Peruaner wagten sich auch die brasilianische und zuletzt die mexikanische Küche auf andere Kontinente. Im Hoja Santa in Barcelona oder im Punto MX in Madrid probieren Gäste preisgekrönte Chilaquiles und hausgeräucherte Chorizo; in London eröffnete im Herbst die mexikanische Celebrity-Chefin Martha Ortiz ihr elegant ausgestattetes Restaurant Ella Canta im Intercontinental Hotel an der noblen Park Lane. Ein mexikanisches Gourmetrestaurant im Luxushotel – undenkbar noch vor zehn Jahren, als mexikanische Küche in Europa höchstens in Form von Tacos mit Dosenbohnen vorkam.

So wie die nordische Küche zuletzt Produkte wie Roggenbrot, geräucherten Fisch oder arktische Beeren auf den globalen Speisezettel setzte, richtet „New Mexican“ nun den Fokus auf Kakao, Agave, prä-hispanische Tomatensorten und natürlich die allgegenwärtigen Chili. Den Ritterschlag zum globalen Food-Hype erhielt die mexikanische Küche spätestens im Frühjahr, als René Redzepi ein publicityträchtiges Noma-Pop-up im südmexikanischen Tulum inszenierte: Jahrtausendealte Maya-Tempel boten die Kulisse für ein Foodsnob-Event erster Güte, wo man den Gästen in fermentierten Maiskolben gedämpften Oktopus oder getrocknete Pasilla Mixe Chilischoten aus Oaxaca, gefüllt mit Schokoladensorbet, auftischte.

Ganz so weit sind wir in Deutschland noch nicht, aber immerhin: Die mexikanische Würzsauce Mole, die in ihrer Heimat in Hunderten von Varianten bis hin zur rauchig-erdigen schwarzen Mole aus der alten Sorte Chilhuacle negro begeistert, schaffte es schon auf manche Speisekarte. Im nordrhein-westfälischen Velbert mariniert Sascha Stemberg bayerischen Rehrücken in Marillenessig und Mole, Thomas Merkle im badischen Endingen schmeckt die Pfefferkirschen zum Rehbock mit Mole und Douglasie ab und im Hamburger Haerlin serviert Christoph Rüffer Taubenbrust in Molejus mit Aubergine und grünem Apfelchutney. Der 19 Punkte-Koch schwört dabei auf eine Gewürzmischung aus dem Hause Ingo Holland, die neben Chili und Kakao auch Mandel, Anis, Vanille, Zimtblüte und Korinthen enthält: „Sie ist nicht zu scharf und passt mit ihrem schokoladigen Duft perfekt zur Taube.“



GENUSSTRENDS SCHWARZES GOLD


Auch wenn die schwarzen Perlen aus Aquakultur kommen, werden sie immer ein Luxusprodukt bleiben

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Die Kaviarblase

Als in der EU der Handel mit Produkten aus Wildfang verboten wurde, trugen die Liebhaber Trauer so schwarz wie Beluga. Heute liefern Zuchtfarmen aus aller Welt beste Qualität – Kaviar boomt

Pochierte Gillardeau-Austern mit Imperialkaviar – kann es ein Gericht geben, das die Augen der Gäste mehr zum Glänzen bringt? In der Baiersbronner Schwarzwaldstube jedenfalls war Torsten Michels Interpretation der beiden All-Time-Favourites in den vergangenen Monaten der Renner. Die Austern so gekonnt auf den Punkt pochiert, dass sie gerade eben schnittfest sind und mit ihrem satten Biss und jodigen Wohlgeschmack die Kaviararomen perfekt transportieren, umspielt von einer ganz leichten Nage, die Michel auf Basis von Langustinenfond und Austernwasser mit den abgeschnittenen Austernbärten kocht. Mit den schwarzen Perlen wird hier nicht gegeizt, zehn Gramm pro Nocke dürfen es schon sein: „Drei Gramm Kaviar machen nicht viel Sinn“, meint Michel. Mindestens ein Kaviargericht findet sich immer auf der Karte der Schwarzwaldstube, denn: „Kaviar baut Spannung auf, die Gäste haben einfach Freude daran, sich das zu bestellen.“

Mögen auch in den Medien und in Berliner Hipster-Läden momentan gesäuerte Kohlrabi, fermentierter Spargel oder verkohlter Lauch aus heimischen Böden das große Thema sein – die Gegenreaktion ist schon im Gange und ein klassisches Luxusprodukt wie Kaviar feiert derzeit sein Revival in der Spitzengastronomie. Das hat nicht nur damit zu tun, dass sich viele Gäste beim Essengehen gern etwas gönnen, sondern auch mit einem in den vergangenen Jahren völlig veränderten Angebot am Markt. Kleiner Rückblick: Weil wilder Stör auszusterben droht, gilt ein generelles Fangverbot. In der EU ist der Handel mit Kaviar aus Wildfang vom Kaspischen Meer seit 2009 faktisch illegal, sämtliche Ware stammt aus Aquakulturen. In der Schwarzwaldstube serviert man derzeit Imperialkaviar aus iranischer Zucht. Maître David Breuer ist begeistert von der Qualität: „Das ist ein perfektes Produkt, tolle Körnung, wunderbar im Salz.“ Breuer spricht von einer regelrechten „Kaviarblase“, die durch das Fangverbot und den damit verbundenen Boom an neu gegründeten Störfarmen entstand: „In den kommenden Jahren werden zunehmend sehr gute Qualitäten auf den Markt kommen.“ Weit mehr als 100 Störfarmen gibt es mittlerweile weltweit, die meisten entstanden in den Nullerjahren. Und weil es vom Start einer Aquakultur bis zum Normalbetrieb ungefähr zehn Jahre dauert, drängt nun zeitgleich viel Ware auf den Markt.


Adieu Mythos Wildfang – heute gelten strenge Fangquoten für Störe

© VANILLA SOUP

Denn die Krux an der Kaviarzucht ist der Zeitfaktor: Störe wachsen sehr langsam. Je nach Art dauert es mehrere Jahre, bis ein Weibchen die Laichreife erreicht, für den Züchter eine hohe Investition. Der hohe Aufwand ist der Grund, warum auch die schwarzen Perlen aus der Zucht immer ein Luxusprodukt bleiben werden. Im Münchner Feinkosthaus Dallmayr ist die Nachfrage nach Kaviar in den letzten Jahren wieder gestiegen, gerade bei Ossetra und sibirischem Malossol verzeichnet man große Zuwächse. Auch Chefeinkäufer Stefan Weiß attestiert den Aquakulturen sehr gute Arbeit: „In den Anfangsjahren hatte Zuchtkaviar oft einen unangenehmen Kellerton, schmeckte muffig. Mittlerweile reicht die Erfahrung vieler Produzenten 20 Jahre zurück, Qualität und Konsistenz sind in anspruchsvollen Betrieben sehr gut.“ Zu Weiß’ Topprodukten zählt der Rogen des seltenen Persicus-Störs aus einem Familienbetrieb in der Nähe von Venedig, den er seinen Kunden als ganz besonderen Service in Subskription anbietet: „Er hat angenehm feste Körner, dabei ganz viel Schmelz und einen unglaublich komplexen Geschmack.“

„Kaviar baut Spannung auf, und viele Gäste haben einfach Freude daran, sich diesen Luxus zu gönnen.“

Torsten Michel

Kaviar ist und bleibt ein mythisches Produkt – Köche ließen sich von jeher gern von den schwarzen Perlen inspirieren. Unvergessen die augenzwinkernden „Schnee-Eier“ von Otto Koch mit dem schönen Schwarz-Weiß-Effekt: federleichte Nocken von Eischnee enthüllen einen Kern von bestem Kaviar. Oder in der Traube in Grevenbroich die puristische Spielerei rund um Störmousse und Kaviar, von Christian Jürgens in der Überfahrt am Tegernsee vor einiger Zeit als „Hommage an Dieter L. Kaufmann“ neu interpretiert. Auch Bobby Bräuer vom Ess.Zimmer in der Münchner BMW-Welt arbeitet gern mit Kaviar und trauert den Zeiten des Wildfangs nicht nach: „Heute sind die Qualitätsstandards um Längen besser nachvollziehbar, es ist großartig, was in den letzten Jahren an Ware auf den Markt kommt.“ Bräuer arbeitet auch gern mit Varianten, allen voran mit Saiblingskaviar, den er in der Vorweihnachtszeit nicht aus der Dose, sondern frisch von einem Fischer im Voralpenland bezieht. Er serviert ihn als Krönung eines lauwarmen Gerichts rund um eine in Nussbutter pochierte Forelle, die er mit roh marinierter Ringelbete, Gurke, Stangensellerie und Apfel begleitet. Dazu gibt es eine karamellisierte Rote Bete, auf der eine schöne Nocke Saiblingskaviar thront: „Die Erdigkeit und Süße der Roten Bete, dazu die Salzigkeit des Kaviar – das ist großes Kino.“



KAFFEE IST KULT GENUSSTRENDS


Freaks zahlen in San Francisco gern 20 Dollar für eine Tasse Kaffee aus Highend-Bohnen

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Espresso oder Flat White?

Wie im gehobenen Weinhandel sind in der Welt der Kaffee-Aficionados heute sortenreine Mischungen und Bohnen aus Einzellagen gefragt

Wenn Billy Wagner es richtig gut meint mit seinen Gästen, dann serviert er ihnen nach dem Essen kalten Kaffee. Ja, kein Druckfehler, im Nobelhart & Schmutzig, einem der innovativsten Restaurants in Berlin, schwört man auf: kalten Kaffee. Genauer gesagt auf Kamviu AA Kenia Kaffee von der Five Elephant Coffee Roastery in Kreuzberg, kalt gebrüht und noch kälter serviert. Es mag klingen wie die neueste Verstiegenheit des vor allem in Berlin grassierenden Kaffeekults, aber Herr Wagner, der seine rotblonden Haare gern zu einer Art Chignon auf dem Kopf zusammengebunden trägt, hat gute Gründe: „Unser Cold Brew wird 22 Stunden gebrüht, er entwickelt interessante Reifenoten, er schmeckt nicht bitter, sondern saftig, und er macht nicht wie Koks kurzfristig high, sondern langfristig wach.“ Herr Wagner hat übrigens nichts gegen einen guten Espresso, im Gegenteil, er liebt Espresso. Aber er weiß auch: Eine gute Espressomaschine braucht Durchlauf – und der ist in einem Lokal mit maximal 40 Gästen pro Abend nicht gegeben. Deshalb die Entscheidung für Filterkaffee.

In Deutschland ist gerade erst am Anrollen, was weltweit unter Kaffee-Nerds gern als Third Wave bezeichnet wird (zur Einordnung: als erste Welle gilt die Filterkaffeephase der 1950er- und 60er-Jahre, als zweite jene der Espressogetränke, die in den 90ern in Mode kamen) – ihre Anhänger beschäftigen sich mit Kaffee wie andere mit Wein. Sie schlürfen mit Kennermiene Single Origin, also Kaffee aus Einzellagen, deren Bohnen ausschließlich von einer Farm, oft sogar von einem bestimmten Terroir dieser Farm stammen. Ob edelste Arabica-Bohnen aus dem äthiopischen Hochland im Espresso oder ein Filterkaffee, der nach Aprikose und Ahornsirup duftet, aus der Blend Honeysuckle vom Wahane Estate in Sumatra – das ist letztlich Geschmackssache.

„Unser Cold Brew wird 22 Stunden gebrüht, er entwickelt interessante Reifenoten, er schmeckt nicht bitter, sondern saftig.“

Billy Wagner

Kaffeehaus 2.0

Weltweit eröffnen derzeit engagierte Mikro-Röstereien und kultige Coffee Bars. Im New Yorker „Extraction Lab“ kocht der Kaffee in Highend-Maschinen, die mit einem im Tresen eingelassenen Tablet-Computer verbunden sind. Dort sind für Hunderte verschiedener Bohnensorten und Röstarten digitale Vorgaben für Temperatur, Brühzeit, Wassermenge und Filtration gespeichert. Und im Blue Bottle Coffee Shop in San Francisco kostet eine Tasse Kaffee, deren Bohnen von der Hussein-al-Haba-Farm im Jemen kommen, bescheidene 20 Dollar.


Single Origin: Wie bei Spitzenweinen zählt für wahre Kenner heute auch beim Kaffee in erster Linie das Terroir

© DARREN MUIR

„Espresso ist wie ein Shot“, sagt André Hoyos-Gomez von der Pariser Coffee-Bar Beans on Fire, „schnell, intensiv, ideal als Digestif. Der Filterkaffee dagegen begleitet den Gast längere Zeit, während eines Gesprächs oder sogar einer Mahlzeit.“ Auch in der deutschen Gastronomie ist die Third Wave nicht mehr aufzuhalten. In der Dresdner Wein-Kultur-Bar bietet Silvio Nitzsche 30 verschiedene Sorten Kaffee an, darunter den kostbaren Blue Mountain Kaffee aus Jamaica. Und innovative Hoteliers entdecken das Thema Kaffee fürs Frühstück ganz neu: Frank Nagel bietet seinen Gästen in Weissenhaus morgens die Wahl aus mehreren verschiedenen Blends der Hamburger Traditionsrösterei Elbgold, darunter eine Rarität wie den Guatemala La Maravilla, einen sortenreinen Espresso, der auf 1800 Meter Höhe wächst und nach Schokolade, Mandel und Kirsche schmeckt.




Gault&Millau RestaurantGuide Deutschland 2018

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