Читать книгу Gault&Millau Restaurantguide Deutschland 2020 - Patricia Bröhm - Страница 30

Оглавление

Kategorie der Häuser

Restaurants:

großer Luxus
Luxus
erstklassig
gutbürgerlich
Gasthof
Weinstube
Bar
Bierhaus
Jung & unkompliziert

Kriterien für die Benotung der Küche

Nach dem französischen Schulnotensystem

Ideal: 20 Punkte

19,5 Punkte

Höchstnote für die weltbesten Restaurants

19 Punkte

Prägende Küche, führend in Kreativität, Qualität und Zubereitung

18 und 17 Punkte

Höchste Kreativität und Qualität, bestmögliche Zubereitung

16 und 15 Punkte

Hoher Grad an Kochkunst, Kreativität und Qualität


14 und 13 Punkte

Sehr gute Küche

12 Punkte

Ambitionierte Küche

o. Note

Keine Bewertung


Unkonventionelle Konzepte außerhalb des klassischen Restaurantformats

AACHEN

16

LA BECASSE

52064 · Hanbrucher Str. 1

(02 41) 7 44 44 labecasse@t-online.de

www.labecasse.de

Gastgeber: Daniel Hündgen

Küchenchef: Christof Lang und Andreas Schaffrath

Montagmittag, Sonn- und Feiertag

Menü 68/105 € · à la carte 44/81 €

res.

Kaffeepartner

Aachens gastronomische Adresse Nr.1 bleibt unprätentiös wie eh und je. Ein kleines überschaubares Ecklokal ohne Pomp und Schnörkel. Das schwarze Kunstleder der Tische schafft eine nüchterne Atmosphäre. Sie sind aus dem Restaurant ebenso wenig wegzudenken wie die Gemälde üppiger Frauen im fotografischen Stil, die man eher in Männermagazinen erwartet als an diesem Ort der Kochkunst. Traditionell wird klassische Haute Cuisine geboten, am französischen Vorbild orientiert, mit zeitgemäßen Akzenten angereichert. Altmeister Christof Lang mag es opulent, was hier kein Gegensatz zum Feinen ist. Allerdings fällt die Orchestrierung in letzter Zeit etwas zurückhaltender aus.

Der Küchengruß klingt rustikal, ist es aber nicht, denn der Lyoner Wurstsalat zeigt, wie man ihn mit der richtigen Proportion der Zutaten und einer eleganten Vinaigrette als etwas Delikates gestalten kann. Die Lachsmousse hat einen milden Räucherton, der den frischen Fisch nur akzentuiert, und bekommt durch ein hauchdünnes, aber nicht minder würziges Algenblatt optisch wie geschmacklich Farbe. Und auch beim Mango-Chutney zum Enten-Rillette zeigt der wohldosierte Einsatz von Curry und Sojasauce Sinn für Aromenbalance.

Zur feinen Gänseleberterrine kontrastiert und harmoniert die Erbsensauce mit ihrer strahlenden Frische, gekrönt von reichlich Trüffel, wie es sich bei Lang gehört, der Carabinero hatte einen intensiven Sud, das zarte Kalbsbries von stattlicher Größe perfekten Biss. Der ausgelöste Hummer war überraschenderweise weniger aromatisch als die ergänzenden dicken Bohnen; denn die hatten über den Fond reichlich Geschmack aufgesogen und ließen das edle Meerestier etwas blass aussehen. Stimmige Ergänzung zum Ensemble bot subtil-würziger Osietra-Kaviar.

Mit Zartheit in höchster Form glänzte die französische Seezunge in einem fein-buttrigen Mantel aus Brioche-Panade, wozu der Rotweinsud vor allem farbliche Wirkung hatte. Dem unscheinbaren Rochenflügel stahlen bunte Tomaten die Show, intensiv-fruchtig und mit langem Nachhall. Das Filet vom belgischen Blanc Bleu-Rind bot eine geradezu betörende Konsistenz, die Zartheit und festen Biss idealtypisch vereinte. Ebenso überzeugend die ergänzende Kaffirlimetten-Ponzu-Sauce mit großer aromatischer Ausgewogenheit und feiner Spannung zwischen fruchtigen und würzigen Elementen, gekonnt akzentuiert mit etwas Koriander. Dass daneben noch eine frittierte Scheibe Aubergine den Gaumen beeindrucken konnte, zeigt einmal mehr die glückliche Hand des Kochs.

Beim süßen Abschluss sorgte das Mango-Sorbet mit markanter Ingwerschärfe für angenehme Erfrischung und das crispy Cheesecake-Sandwich mit Zwetschgen und Haselnüssen für ein sattes, nicht zu süßes Finale. Gebäck und Pralinen hätten uns mehr erfreut, wenn der Meister selbst Hand angelegt hätte, statt auf die bekannt-solide Produktion Belgiens zurückzugreifen.

Für Weinliebhaber bietet die Karte eine stattliche Auswahl mit Klassikern und originellen Newcomern. Für eine glasweise Menübegleitung ist auf den kundigen und freundlich-herzlichen Service vollkommener Verlass.

14

ST. BENEDIKT

52076 · Kornelimünster · Benediktusplatz 12

(0 24 08) 28 88 st-benedikt@t-online.de

www.stbenedikt.de

Gastgeber: Karin Weisser

Küchenchef: Maximilian Kreus

Samstagmittags; Sonn- und Feiertag, Montag

Menü 84/137 € · à la carte 76/114 €

res.

Am schönsten sitzt man hier sommers im Freien vor der Tür mit Blick auf efeuumrankte Häuserfassaden im historischen Kern des mittelalterlich geprägten Ortes (wenn man den zentralen Parkplatz mal ausblendet). Drinnen fühlt man sich im Bistro – und bekommt mittags von einer kleinen Karte die entsprechenden Gerichte, während abends Gourmetküche angesagt ist.

Die Ostender Garnelenkrokette zum Lunch bietet den erwarteten Meeresgeschmack, wirkt aber etwas rustikal. Die akkurat gegarten Filets vom Wolfsbarsch liegen auf einem für unseren Geschmack reichlich süßlichen Bett aus Tomate und Fenchel. Beim Kaninchenschlegel überzeugen Zartheit und Fleischqualität, den Saucenfond wünschten wir uns etwas intensiver. Der junge Patron Maximilian Kreus hat gute Bezugsquellen, das zeigt sogleich der Kaisergranat mit Gelber Bete im Abendmenü. Auch der von Austern und Sauce mousseline umspielte Steinbutt oder das salbeigewürzte Perlhuhn mit Kräuterseitlingen und Navetten sind von bester Produktgüte. Die Crème brûlée bietet eine perfekt gratinierte Karamellkruste, das ergänzende Holunderblüteneis trägt einen feinen Blütenton und Zitronenfrische bei. Die geschmackvolle Verbindung von Brombeere und Aprikose ist kontrastreich mit Haselnuss und Basilikum arrangiert.

Die rein deutsche Weinkarte gefällt durch viele interessante Posten zu meist moderaten Preisen.

12

TWENTYFIVE STEAKCLUB

52064 · Schillerstr. 25

(02 41) 4 75 71 60 frontdesk@25-steak.club

www.25-steak.club

Gastgeber: Oana Longo

Küchenchef: Jan Zimmermann

Samstag- und Sonntagmittag; Montag und Dienstag

Menü 39/49 € · à la carte 26/77 €

Altmeister Christof Lang ist schon länger nicht mehr im Club. Damals standen die saftigen Steak-Varianten, feinen Schmorgerichte und die meisterliche Fischsuppe übersichtlich auf einer Seite, heute macht die vielseitige Speisekarte mit ihren großen Buchstaben mehr her als die Küche. Das Ambiente ist weitgehend unverändert. Nüchtern-cooler Chic mit schwarzen Kunstledertischen in einem Designrahmen aus viel rohem Holz. Dazu oft konversationshemmend laute Musik.

Erfreulich fanden wir zwei Rinder-Carpacci. In der Teriyaki-Version verleiht dezent eingesetztes Wasabi einen frischen Akzent, der röstige Karamellton des Dressings schenkt die nötige Intensität und Länge dazu; in der anderen Spielart sind Basilikum, Pinienkerne und Parmesan ausgewogen eingesetzt. Die Seezunge von stattlicher Größe und guter Qualität kam mit safrangewürztem Spinat; zum Flanksteak New Zealand, perfekt angegrillt und medium gegart, gab’s Grenaillekartoffeln mit Kräuterschmand. Mit Wein wäre das Vergnügen sicher größer gewesen, doch den brachte der überfordert wirkende Serviere trotz mehrfacher Nachfrage erst, als der Teller leer war. Auf so manches hätten wir lieber verzichtet, z.B. auf die etwas müden Austern, die so gar nicht an den frisch-salinen Duft der bretonischen Felsenküste erinnerten. Die Weinkarte bietet übrigens genügend Auswahl für jeden Geschmack.

BAD ABBACH

13

SCHWÖGLER

93077 · Stinkelbrunnstr. 18

(0 94 05) 96 23 00 info@schwoegler.de

www.schwoegler.de

Gastgeber: Helmut Schwögler

Küchenchef: Herbert Kuffer

Sonntagabend; Montag und Dienstag

Menü 37/65 € · à la carte 24/61 €

res.

Draußen auf der allem Lärm abgewandten Terrasse unter Kastanie und Sonnensegeln wie drinnen im loungeartigen Gastraum freut man sich beim Blick in die Karte auf so appetitanregende Gerichte wie Krustentier-Macchiato mit Garnelensandwich, Loup de mer „alla puttanesca“ (dessen frivole Pikanterie nicht über Kapern hinausgeht) oder Kalbsrücken im Tramezzinimantel mit Chorizoschärfe.

Am meisten Freude machte die Hähnchenbrust. Selten bekommt man sie so saftig – auch noch herzhaft kräuterig gefüllt und tadellos gebraten. Man würde sie gleich wiederbestellen und fände die Speisekartenformulierung „Suprême vom Maishähnchen mit seinem Futter“ weiterhin lustig, wenn der hübsch angerichtete Mais in Texturen (Kölbchen, Püree, Sponge) etwas beherzter gewürzt wäre; auch die Sauce dürfte mehr eigene Noten aufweisen.

Als vorzügliche Pasta-Kreation hätten wir die mit Kartoffel-Feigen-Senf gefüllten Tortellini in Begleitung von mit Yuzu gewürztem Fenchelsalat und gepfeffertem Orangenschaum empfunden, wenn die Teighülle etwas dünner, der Feigensenf deutlicher merkbar und die Yuzu mehr als ein zartestmöglicher Hauch gewesen wäre; so erfreute vor allem der optisch sehr schöne Eindruck des Tellers.

In angenehmer Erinnerung bleiben die gebratenen Riesengarnelen mit Pesto und der Zwiebelrostbraten vom Angus Beef mit Kartoffelplätzchen und Speckmayonnaise. Als Dessert gibt’s weiße Schokolade als Cremeschnitte mit geviertelten, mehr oder weniger reifen Deko-Erdbeeren und schön grünem Sauerampfersorbet auf Crunchbröseln. Zu den Vorzügen des Hauses zählen ein freundlich-zuvorkommender Service und eine Weinkarte, die allen Ansprüchen gerecht wird.

AERZEN

17

GOURMET

im Schlosshotel Münchhausen

31855 · Schwöbber · Schwöbber 9

(0 51 54) 7 06 00 info@schlosshotel-muenchhausen.com

www.schlosshotel-muenchhausen.com

Gastgeber: Britta Minder

Küchenchef: Achim Schwekendiek

Mittags; Sonntag, Montag

Menü 125/185 €

res.

Kaffeepartner

Niedersachsens prächtigstes Restaurant bietet im herrlich gelegenen Wasserschloss aus der Weserrenaissance einen schönen Stilmix aus Louis XVI und Empire, dazu pompöse Gemälde, antike Sammlerstücke und schwelgerischen Blumenschmuck.

Die Küche darf da selbstverständlich nicht nachstehen: Während andere Spitzenrestaurants (und vor allem solche, die es werden wollen) auf Flechten, Moose und Beeren setzen mögen und Harmonie hinter Originalität zurücktreten lassen, will das Menü von Achim Schwekendiek zu entsprechenden Preisen Kunstwerke der Haute Cuisine bieten. Das heißt freilich nicht, dass hier gepflegte Langeweile aufkäme; der Ideenreichtum äußert sich bloß weniger in Knalleffekten und Spielereien als anderswo.

Zum Aperitif, den man je nach Witterung im schönen Schlossgarten oder im beeindruckenden Rittersaal nimmt, gibt’s aus einem Lackdöschen „Baron von Münchhausens Kanonenkügelchen“, hübsch anzusehende, doch teils recht schlichte Häppchen wie Lardo auf einer ziemlich kompakten Teigunterlage oder kaviargefüllte Radieschen.

Sollte die Küche es darauf abgesehen haben, durch diese Zurückhaltung das Menü perfekt zur Geltung zu bringen, so wäre dies vollauf gelungen. Es folgte nämlich eine Offenbarung. Der taufrische, perfekt gegarte Carabinero kam mit Variationen von der Tomate – darunter, schön frech und wohlschmeckend, auch ein paar Tomatensamen mit dem glibberigen Gewebe darum – gut zur Geltung und dezentes Ziegenkäseeis bildete einen feinen Kontrast. Voll im Geschmack und schön zart war zwar auch die geschmorte Schweinebacke mit konzentrierter dunkler Sauce und Roter Bete; nur die dicken Bohnen und die süße Birne dazu mochten sich nicht recht einfügen; der norddeutsche Klassiker „Birnen, Bohnen und Speck“, der hier offenbar Pate stand, sieht eben Geschmortes nicht vor… Weit überzeugender der vegetarische Gang, bestehend aus hocharomatischem Blumenkohl mit süßen Zwiebeln, seidigen Ravioli und Royale. Dieser sahnige Eierstich ging allerdings geschmacklich etwas unter.

Der gebratene Steinbutt, auf der Karte fett gedruckt als Hauptdarsteller des folgenden Gangs ausgewiesen, spielte in Wahrheit nur eine feine Nebenrolle, was wir aber nicht kritisieren wollen. In der Tellermitte fand sich ein großes Stück gedämpften Kohlrabis, gekrönt von einer Scheibe Lardo. Hier verbindet Achim Schwekendiek große Klassik mit modernen kompositorischen Ideen. Wer sich aber auf einen eher fischdominierten Gang gefreut hatte, kam anschließend zu seinem Recht: Das schöne Stück vom St. Pierre wurde ganz schlicht von einigen jungen Erbsen und einem Gel aus Senfkörnern und Estragonöl unterstützt.

Ein großes Plus ist, dass hier das Fleisch noch langsam gebraten statt großer Hitze ausgesetzt wird. So kommt die aromatische Brust vom Schwarzfederhuhn (mit Stielmus, Pfefferkirsche und schwarzem Knoblauch) zartrosa und daher saftig auf den Teller. Den Rehrücken servierte man als dicke, durchgehend dunkelrosafarbene Scheibe und gab ihr einen Riegel Biskuit aus geräucherten und fermentierten Pilzen, Fichtensprossen und Navette bei. Vornehm zurückhaltend nehmen sich nach all den Genüssen die leichten Desserts aus, etwa die feine Komposition aus Aprikose, Hafer, Mandeln und Mandarineneis, die gekrönt wurde von mit Lemon-Ysop gekochtem Honig sowie Duftnesselblüten; auch der schlosseigene Kräutergarten ist nämlich sensationell.

Sommelière Britta Minder führt charmant und, wenn gewünscht, detailliert durch die exorbitante Weinkarte. Ihrem Gespür für passende Kombinationen und ihrer überragenden Fachkenntnis kann man sich bedenkenlos anvertrauen; es mangelt ihr auch nicht an Sensibilität für die Vorlieben jedes Gastes.

ALT DUVENSTEDT

13

LAMMBUTTRIND

im Seehotel Töpferhaus

24791 · Am See 1

(0 43 38) 9 97 10 service@toepferhaus.com

www.lammbuttrind.com

Gastgeber: Stephan Schellenberg

Küchenchef: Julian Richert

Mittags; Montag bis Mittwoch

Menü 69/122 € · à la carte 44/67 €

res.

Keine Bange, Lamm, Butt und Rind werden auch hier mitten in Schleswig-Holstein, trotz des Restaurantnamens nicht als Eintopf serviert – und weichen bisweilen Kalb, Kabeljau oder Schweinerippe.

Ein typisches Menü bietet Thunfischtatar mit schwarzen Oliven und hauchfeinem, nur leicht süßlichem Baiser, der mit Tomaten und Roten Beten auch eine fruchtige Note aufweist; dazu noch ofenwarme Focaccia mit Kräutern. Es folgen kleine Stückchen vom kanadischen Hummer, die sich fast unter dem Schaum einer fein abgestimmten Hühnerbouillon verbergen. Dazu passen ein Mini-Cannellono, gefüllt mit Kalbfleischfarce, einige frische Erbsen und winzige Rübchen und Radieschen. Sehr intensiv dann und von hohem Fettgehalt das als Hochrippe angekündigte Stück vom Angler Sattelschwein. Es war zunächst 45 Minuten sous vide gegart, dann kurz und scharf angebraten und wurde von dunkelbrauner Jus, Maiskölbchen, Babyzucchini und gefüllter Zucchiniblüte begleitet – in dieser Zubereitung ist Schwein sicher nicht jedermanns Sache. Leicht und erfrischend als Abschluss der Kranz aus Joghurtmousse, Brombeer-Cassissorbet und Beeren.

All die Gerichte serviert man im „Fine Dining“. Daneben gibt’s täglich (auch mittags) eher rustikales „Casual Dining“. Die Weinkarte listet rund 80 mittelpreisige Flaschen, ein Dutzend im Offenausschank. Der Service agiert aufmerksam, freundlich und flott – und folgt den Gästen im Sommer auf die große Terrasse mit direktem Blick auf den kleinen Bistensee.

AMORBACH

15

ABT- UND SCHÄFERSTUBE

im Hotel Der Schafhof

63916 · Otterbachtal · Schafhof 1

(0 93 73) 9 73 30 rezeption@schafhof.de

www.schafhof.de

Küchenchef: Achim Krutsch

Feiertag, Montag, Dienstag

Menü 79/119 € · à la carte 53/89 €

res.keine Kreditkarten

Hat man die Fahrt über den holprigen, mit Schlaglöchern übersäten Weg hinauf zum Schafhof heil überstanden, wird man zunächst einmal mit einem großartigen Blick über den Odenwald belohnt – und anschließend im ehemaligen Benediktiner Kloster mit den Gerichten von Achim Krutsch. Der hält nach wie vor verlässlich die Fahne der klassischen Küche hoch und bringt durchweg Geradliniges und Schnörkelloses auf die Teller.

Die Karte bietet ein festes Menü, dessen Gänge es auch als à la carte-Portionen gibt, ergänzt durch eine Hauptgang-Alternative. Ein Mahl bei ihm kann beispielsweise mit einer gut gewürzten Gänsestopfleberterrine beginnen, die durch grob zerstoßenen Pfeffer eine leicht rustikale Note erhält und von Aprikosencreme, Apfelkompott und luftiger Brioche begleitet wird. Auch das perfekt gegarte, saftige Stück Kabeljau braucht keine effekthascherischen Modernismen und geht mit würzigem Fenchelpüree, feinen Gemüseperlen, cremiger Safransauce, ein paar Tropfen Chorizo-Öl und einem Stückchen Hummerschwanz eine perfekte Liaison ein, die weder Gel noch Schäumchen braucht, um zu wirken. Geschmackliche Harmonie demonstriert Krutsch auch bei der Rahmsuppe von Steinpilzen, bei der Sahne und Säure bestens ausbalanciert sind.

Das Signature Dish des Hauses ist das Lamm aus der eigenen Zucht, das zart und aromatisch ganz klassisch mit Schnippelbohnen und Kartoffelpüree kommen kann oder auch arabisch angehaucht mit würzigem Couscous, Auberginenpüree, Tomatenkompott und einer intensiven Jus, die mit Ras el Hanout abgeschmeckt ist. In ähnlichem Stil sind auch die Desserts gehalten, beispielsweise ein Gâteau von weißer und dunkler Edelschokolade samt Kirschen als Mousse, Püree und Eis. Wem nicht nach Süßem zumute ist, für den hält die Küche eine kleine Auswahl an Rohmilchkäsen bereit.

Die passenden Begleiter finden sich in der gut sortierten Weinkarte, die neben einem großzügig gestalteten fränkischen Schwerpunkt auch den Rest von Deutschland und der Welt nicht vernachlässigt, speziell das Bordelais, alles aber zu recht selbstbewussten Preisen. In diesen inbegriffen ist der freundliche Service, der in den etwas angestaubten Stuben oder auf der luftigen Terrasse den Gästen fast jeden Wunsch von den Augen abliest.

AMSTETTEN

12

STUBERSHEIMER HOF

73340 · Stubersheim

Bräunisheimer Str. 1

(0 73 31) 4 42 99 70 info@stubersheimer-hof.de

www.stubersheimer-hof.de

Gastgeber: Gabi Laib

Küchenchef: Martina Laib

Mittags außer Sonntag; Montag, Dienstag

à la carte 25/56 €

res.

Der aufwendig hergerichtete Hof erstrahlt in dieser Gegend geradezu wie ein Juwel. In der renovierten Gaststube mit hellem Holz, weiß getünchten Wänden und edlen Stoffen im Landhausstil ist schwäbische Gemütlichkeit angesagt. Gabi Laib, die herzliche Chefin, sorgt im Service mit Freundlichkeit und Ruhe für gute Stimmung, Tochter Martina bereitet am Herd solide Frischeküche. Safranschaumsüppchen mit Jakobsmuschel im Schinkenmantel, Matjestatar mit Hausfrauensauce und Büsumer Krabben oder norwegisches Lachsfilet mit gekräuterter Parmesankruste und mediterranem Gemüse zählten zu den interessantesten Gerichten. Beim Fleisch war neben Lammrücken, ebenfalls in gekräuterter Parmesankruste, dreimal Rind vertreten, wir sind ja schließlich auf der Alb. Als Abschluss erfreute hausgemachtes Lavendelblüteneis auf Pfirsichkompott mit Schokoladencookies. Unter den Flaschenweinen fanden sich auch renommierte deutsche Winzer, begleitet von einigen Österreichern, Italienern und Franzosen.

AMTZELL

16

SCHATTBUCH

88279 · Schattbuch · Schattbucher Str. 10

(0 75 20) 95 37 88 info@schattbuch.de

www.schattbuch.de

Gastgeber: Christian Marz und Holger Birner

Küchenchef: Christian Grundl und Sebastian Cihlars

Samstagmittag; Sonntag, Montag

Menü 60/90 € · à la carte 30/71 €

res.

Mittags Betriebskantine, abends Gourmetrestaurant: Zum Lunch verköstigt die Küche die Mitarbeiter der Roboter und Automatisierungssysteme herstellenden Firma FPT, zum Dîner tischt sie im schicken Event- und Akademiehaus des Unternehmens kreative Menüs für externe Gäste auf. Die sitzen im lichtdurchfluteten Parterre des modernen Zweckbaus in bequemen Drehsesseln, hören einen musikalischen Hintergrundmix aus Pop, Rock und Klassik und genießen verblüffende Kochkunst, die ganz unkonventionell mit geschmorter Rippe beginnen kann.

Ebenso überraschend kombiniert Christian Grundl rösch gebratene, gut portionierte Stücke vom Pulpo mit Büffelmozzarella, dessen Creme und altem Balsamico – der leicht säuerliche Geschmack des Käses, die schwere Süße des Edelessigs und die Röstnoten vom Oktopus sind wie füreinander geschaffen. Oder er liiert perfekt gebratene Jakobsmuscheln mit marinierter Karotte, Püree und Julienne von der gelben Rübe und frischt sie mit nicht allzu aufdringlichem Koriandereis auf.

Vergleichsweise konventionell erscheinen der mit Morchelfarce gefüllte Raviolo in einer intensiven, umamihaften Wachtelessenz, das großzügig bemessene, qualitativ ausgezeichnete US-Roastbeef mit gerösteten Artischocken, knusprigen Bratkartoffeln und Morcheljus. Etwas improvisiert wirkt das Rübliküchlein mit Kiwisorbet, sehr eindrucksvoll ist hingegen der mittels warmer Schokoladensauce geöffnete Schokozylinder, in dem Biskuit, Baiser und Eis als köstliche Melange aufgeschichtet sind.

Dazu bietet die unhandliche Weinkarte im Klemmbrett reichlich Topweine aus Deutschland und dem Rest der Welt und verbreitet der lockere, leger auftretende Service gute Laune. Im Sommer erfreut zusätzlich die große Terrasse am Teich.

ANDERNACH

18

PURS

56626 · Steinweg 30

(0 26 32) 9 586750 welcome@purs.com

www.purs.com

Gastgeber: Maik Treis und Marian Henß

Küchenchef: Christian Eckhardt

Mittags; Sonntag bis Dienstag, Feiertag

Menü 150/180 € · à la carte 90/152 €

res.


Christian Eckhardt zählt zu jenen wenigen Köchen, auf deren Essen sich der Connaisseur freuen kann wie der Musikliebhaber auf den Besuch einer Festspielaufführung. Sein Menü bietet eine beeindruckende kulinarische Symphonie, die im Gaumen beschwingte Klänge erzeugt, alle Geschmacksnoten in gedrängten Steigerungswellen so komponiert und intoniert, dass sie eine emotional berührende Harmonie ergeben, die sich nachhaltig einprägt. Den idealen Rahmen für die Inszenierung bieten das vom Antwerpener Kunsthändler und Antiquitätensammler Axel Vervoordt mit viel Schönheitssinn für Raum und Farben geschaffene Restaurant und der souveräne Service unter der Leitung von Maik Treis und Sommelier Marian Henß. Er hat Stil und Klasse und hält das Versprechen, dass der Gast König ist, unaufgeregt entspannt.

Eckhardt eröffnet sein fünf- bis siebengängiges Menü mit einer Trilogie, die alle drei Restaurants der Unternehmensgruppe repräsentiert. Für das Yoso steht das asiatisch scharf angemachte Rindertatar mit Minz-Espuma, das Ristorante Ai Pero bedenken ein mit Creme vom Büffelmozzarella gefüllter Oliven-Macaron und karamellierte Oliven und das Purs stellt sich mit Tatar von der Gelbflossenmakrele vor, begleitet von Gurke, Wasabi und Imperialkaviar. Das zweite Amuse-bouche bot einen herzhaft gebackenen Schweineschwanz, der in einem konzentrierten Gemüsesud angerichtet war und mit Bärlauchgel einfach superb schmeckte. Danach wird’s elegant mit einer cremig geschmacksdichten Entenleber als Terrine, die ein fruchtiges Gelee von der Kirsche bedeckt – ein kleines optisches Kunstwerk, bestreut mit Crunch von der Pistazie und serviert mit klassischer Brioche im Miniformat und leicht säuerlichem Kirschsorbet, das der cremigen Konsistenz der Terrine, die ein warmes Mundgefühl erzeugt, als erfrischend kühles Moment gegenübersteht.

Seine Klasse zeigt Christian Eckhardt auch darin, dass er mit seinen Arrangements, die allesamt optisch perfekt inszeniert sind, immer wieder überraschen kann. So lässt er den gebratenen Carabinero von seinem Tatar begleiten, das mit Couscous gemischt und mit etwas griechischem Joghurt aromatisiert ist, und gibt einen leicht herben Aprikosensud hinzu – eine begeisternde Komposition. Dagegen nimmt sich die Küche beim Kabeljau ein gutes Stück zurück und präsentiert die exzellente Qualität der perfekt pochierten Tranche fast puristisch, allein begleitet von Fenchel- und Gurkensalat, etwas Gurkensud und einem Klecks Kaviar, der den Fischgeschmack intensiviert.

Unter dem lapidaren Leitthema Morchel wird ein Zwischengericht von ausgeklügelter Dramaturgie geboten: Den sanft würzigen Pilzen geben zarte kleine gebratene Rückenstücke vom Huhn, aufgeschnittene Kartoffelscheiben, ein Landei und fein geschnittene Blätter vom Kopfsalat ein erhebendes Geleit. Der oft zu Unrecht belächelte Waldorfsalat dient mit seiner leicht säuerlichen Aromatik als erfrischende Begleitung für das sehr saftige Filet vom Black Angus, der geschmorte Sellerie sorgt für in die Tiefe gehende füllige Aromen, alles eingerahmt von einigen Tupfen Gremolata und einer köstlichen Sellerie-Heu-Sauce.

Danach erfreut die Pâtisserie ein zweites Mal. Denn sie bot anfangs zum warmen Sauerteigbrot eine hausgemachte salzige Butter, die auch den französischen Buttermeister Jean Yves Bordier staunen lassen dürfte. Nun beeindruckt sie damit, wie sehr Süße kein Hauptwort für sie ist. Im Frühjahr serviert sie ein Rhabarber-Butter-Eis zum Rhabarberkompott mit konzentriertem Erdbeersud, später ein verblüffend gutes Eis aus Buttermilch und Zuckererbse, das sie großzügig mit Granité von Limette und grünem Apfel bestreut und auf eine Sauerampfer-Panna cotta setzt, um die sie etwas Limettensauce träufelt. Dagegen nimmt sich die Kombination von Pfirsich mit prononcierten BBQ-Aromen und weißer Schokolade, der Verbene würzige Frische verleiht, fast klassisch aus.

Die Weinkarte ist umfangreich und mit Gewächsen renommierter Güter sehr gut bestückt, bietet Jahrgangstiefe und Raritäten zu durchaus akzeptablen Preisen. Sehr stilvolle Zimmer im Haus.

Für die Souveränität, mit der Christian Eckhardt optische und handwerkliche Präzision mit großer Geschmackstiefe und immer wieder überraschenden Aromenspielen paart, küren wir ihn zum Aufsteiger des Jahres 2020 – herzlichen Glückwunsch!


16

RISTORANTE AI PERO

56626 · Schafbachstr. 14

(0 26 32) 9 89 40 60 info@aipero.de

www.aipero.de

Küchenchef: Nicholas Hahn

Mittags; Dienstag und Mittwoch

Menü 69/99 € · à la carte 61/82 €

res.

Nicholas Hahn, der namhafte Stationen hinter sich hat und zuletzt im Berliner Hotel am Steinplatz mit dezidierter Gourmetküche beeindruckte, führt nun hier im eleganten, modern eingerichteten Ristorante kulinarische Höhenflüge vor. Als Gruß aus der Küche erstaunt auf den ersten Blick Melone mit Schinken, die auf den ersten Biss noch mehr erstaunt: Denn was wie Schinken aussieht und auch so schmeckt, ist eine dünn geschnittene Scheibe Wassermelone, der das Wasser entzogen und die anschließend mehrmals geräuchert wird.

Danach ein Sidestep zur Foie gras nach Frankreich, allerdings ohne Brioche, dafür mit Apfel-Gel, einem Tupfen Apfel-Eis und ausgestochenen Apfelkügelchen (leider eiskalt) sowie etwas Pfirsich-Basilikum-Fond als weiterer fruchtiger Kontrapunkt zur cremigen Leber. Zurück nach Italien führt ein dezent süßlicher Stracciatella-Käse, ähnlich dem Mozzarella, nur ein wenig weicher, angerichtet mit leicht herben kleinen Gurken-Kügelchen und einem Bouquet von Kräutern und Blüten, deren Intensität den feinen Käse stört. Mustergültig saftig und sehr dekorativ angerichtet der Seeteufel mit Knoblauch- und Tomatencreme, etwas Eisenkraut und einem Mini-Sepia sowie extrem fein abgeschmecktem Safran-Muschel-Sud. In angenehm intensiver, leicht sämiger Parmesansuppe baden perfekt al dente zubereitete Safran-Anchovis-Tortellini, die Suppe bringt den Geschmack des Käses auf den Punkt.

Einen Zwischengang allein aus Ziegenmilch zu komponieren, bedarf Mut und Kreativität gleichermaßen, denn an dem eigenwilligen Geschmack scheiden sich die kulinarischen Geister. Doch Hahn liefert ein kleines, innovatives Meisterwerk ab. Er setzt erstklassiges Ziegenmilch-Eis und mildcremiges Ziegenmilch-Sabayon auf leicht scharfen Feigensenf und Leinsaat und dekoriert das Ganze mit getrockneter krosser Haut von der Ziegenmilch – Chapeau! Einen innovativen Auftritt bekommt auch das zarte Lamm, als gebratene Zunge und Bauch am Spieß serviert. Hahn verzichtet dabei auf ausladende Aromen und gibt eine kleine Artischocke, einen Riegel gebackener Auberginencreme, etwas Zwiebeln und Paprika hinzu.

Italianità demonstriert unübersehbar die Pâtisserie – visuell. In den Nationalfarben Grün, Weiß und Rot arrangiert sie eine geschmorte Tomate, gefüllt mit kleinen Ananasstückchen und verfeinert mit Minze, begleitet von leicht säuerlicher grüner Limettencreme und köstlichem weißem Nuss-Eis.

Auch auf der Weinkarte dominiert Italien, duldet aber einige ausgesuchte Gewächse aus renommierten deutschen Gütern. Wir trinken gern ein Glas auf den besonders wohltuenden, weil lautlosen, aber stets aufmerksamen und zuvorkommenden Service. (In der Trattoria Ai Pero gibt’s bodenständige italienische Gerichte, also auch Antipasti und Pizza.)

15

YOSO – STREETFOOD & SUSHI

56626 · Schafbachstr. 14

(0 26 32) 4 99 86 43 info@yoso-restaurant.de

www.yoso-restaurant.de

Gastgeber: Lena Boshof

Küchenchef: Sarah Henke

Sonntag, Montag

Menü 72/98 € · à la carte 48/76 €

res.

Das Yoso ist eine kleine Welt für sich und als modern gestyltes Bistro-Restaurant mit wohltuend leger gehaltenem fernöstlichem Flair und der facettenreichen asiatischen Aromaküche ein bemerkenswertes Gesamtkunstwerk. In dessen kleiner einsehbarer Küche schaffen Sarah Henke (die koreanische Wurzeln hat) und ihr ambitioniertes Team junger Köche ausgefeilte konzentrierte Geschmackswelten zwischen Schärfe, Süße und Säure, immer geerdet und von beschwingter Leichtigkeit und Harmonie.

Ein Auftakt nach Maß sind die leicht sämige, würzig markant abgeschmeckte Linsensuppe mit einer Einlage vom gebackenen Thunfisch oder das Sashimi vom Lachs bzw. Thunfisch, serviert in sechs rohen, dick geschnittenen festfleischigen Scheiben und klassisch begleitet von Ingwer, Sojasauce und hausgemachem Wasabi. Erfrischend und feinfruchtig der Papayasalat, kontraststark mit zartsalzigen Garnelen, säuerlichen Limetten und Erdnüssen angereichert, knusprig ausgebraten die mit Pilzen und Sojasprossen gefüllten Wan Tans. Obwohl als spicy in der Karte ausgewiesen, ist die markant würzige, aber doch eher zartscharfe Paprikasauce zu perfekt bissfesten japanischen Soba-Nudeln aus Buchweizen, garniert mit Gemüse und Cashew.

Von beeindruckend hoher Qualität war der Kabeljau, nur knapp erwärmt und ideal glasig mit einer köstlichen Austernsauce angerichtet, die gerne etwas großzügiger angegossen sein könnte, weil sie zum Löffeln verführt. Vibrierend aromatische Spannung brachte das dazu drapierte, nur leicht bittere Bimi-Gemüse, eine Kreuzung aus Brokkoli und dem chinesischen Blattgemüse Kai-lan. Üblicherweise nimmt sich asiatische Pâtisserie eher bescheiden aus, doch im Yoso besticht sie mit einer geschmacklich in die Tiefe gehenden, leicht herben Schokoladenmousse, begleitet von Erdnüssen und erfrischend exotisch fruchtigen Kalamansi.

Die Weinkarte ist nicht nur auf eine gute Auswahl an deutschen Gewächsen fokussiert, sondern hält auch Reisweine, Gins und Whiskys aus dem Land der aufgehenden Sonne bereit. Das Gesamtkunstwerk komplett rund macht das liebenswert zuvorkommende, jederzeit aufmerksame und freundliche Service-Team, dem ein besonderes Lob zusteht. (Mittags lockt ein auch preislich attraktives zweigängiges Menü.)

ASCHAU

17

RESIDENZ HEINZ WINKLER

83229 · Kirchplatz 1

(0 80 52) 1 79 90 info@residenz-heinz-winkler.de

www.residenz-heinz-winkler.de

Gastgeber: Heinz Winkler

Küchenchef: Heinz Winkler und Steffen Mezger

Montag- bis Freitagmittag

Menü 95/178 € · à la carte 52/107 €

res.

Man mag es kaum glauben, aber Heinz Winkler, der mit jungen 28 Jahren Nachfolger Eckart Witzigmanns im Münchner Tantris wurde, feierte 2019 seinen 70. Geburtstag – wie Heiner Finkbeiner, Vincent Klink, Otto Koch und Alfons Schuhbeck. In dieser ebenso unterschiedlichen wie illustren Garde ist Winkler der Großmeister des Bewahrens – wir könnten seine Küche auch in diesem Jahr mit den Laudationes vom 40., 50. oder 60. Geburtstag würdigen. Wer bleibt sich schon so treu und sein Publikum ihm!

Welche seiner geliebten Klassiker möchte man denn missen? Etwa die fluffigen Gnocchi mit kleinen Pfifferlingen und aparter Schnittlauchsauce? Den Safranschaum? Der ist ein wahres Understatement für eine der köstlichsten Suppen der Republik, angereichert mit saftigen Fischstückchen und feinen Gemüsestreifen. Oder den Loup de mer in der Salzkruste? Es ist stets ein nettes Spektakel, wenn er am Tisch aus seiner Kruste befreit, filetiert und angerichtet wird, begleitet von Senfkörner-Estragon-Sauce, Kartöffelchen und Gemüse.

Nach wie vor bereiten Suppen bei Winkler große Freude, da er ihnen besondere Aufmerksamkeit zukommen lässt. Neben dem Safranschaum gefiel uns in dieser Saison die kräftige Consommé von der Ente besonders, asiatisch angehaucht mit frischem Koriander, in der rosa gebratene, dünn aufgeschnittene und gerollte Entenbrust, gerolltes japanisches Omelette, Pilze, kleine Wan Tan und ein mit Entenfleisch gefülltes Teigröllchen schwammen. Den flüssigen Freuden folgen maritime: etwa perfekt gebratener Seeteufel, der schön saftig gerät, begleitet von kleinen Erbsen, Erbsensprossen, gepufftem Reis und einer bestens austarierten Currysauce, oder Rotbarbe mit Lauch und Limetten-Vinaigrette.

Das rosa gebratene Lamm, mit mediterranen Kräutern überkrustet und begleitet von dicken Bohnen und gebackenen Würfeln aus Kichererbsenpüree, badet in seiner intensiven Jus, die zarten geschmorten Kalbsbäckchen, immer serviert mit intensiver Sauce und jungem Gemüse, gibt’s mit Gratin oder Kartoffel-Schnittlauch-Stampf, die kaum ein Koch so undeftig hinbekommt wie Winkler. An seine Desserts lässt er keinen Gemüse-Pâtissier ran, sondern Süßmäuler wählen: zwischen zarten, mit luftigem Grand Marnier-Schaum gefüllten Crêpes und Orangenfilets in sämiger Orangensauce oder karamellisierten Bananen mit Schokoladenganache, Vanilleeis und Maracujaschaum.

Zum kulinarischen Gesamtkunstwerk in Winklers barockem Schmuckkasterl gehören die Eleganz des venezianischen Restaurants mit großzügig gestellten Tischen, die luftige Terrasse im Sommer und natürlich der Postkartenblick auf die Kampenwand, der angenehme und diskrete Service alter Schule unter Alexander Winkler und die von ihm gehüteten Schätze des Kellers, die in der großen Weinwelt keine Wünsche offenlassen und zu jedem Gericht die passende Bouteille oder das genehme Glas bieten.

ASPERG

15

SCHWABENSTUBE

im Hotel Adler

71679 · Stuttgarter Str. 2

(0 71 41) 2 66 00 info@adler-asperg.de

www.adler-asperg.de

Gastgeber: Marco Hünicke

Küchenchef: Max Speyer

Mittags; Sonntag bis Dienstag

Menü 58/120 € · à la carte 45/87 €

res.

Im Fachwerk ihres stolzen Adlers erfüllt Familie Ottenbacher seit 1897 die hehre Pflicht, kulinarischer Tradition und Moderne auf niveauvolle schwäbische Weise gerecht zu werden. Hummersalat mit marinierter Aprikose und Kartoffel-Senf-Espuma ist in der guten Stube ebenso salonfähig wie der Zwiebelrostbraten mit Bohnengemüse und hausgemachten Spätzle. Man riecht den Braten gerne, denn er ist vom dry aged Rinderrücken und seine Zwiebeln sind in Lemberger gebadet.

Belässt er die Kraftbrühe vom Kalbstafelspitz mit Kräuterflädle und Schnittlauch ganz klassisch, gibt Küchenchef Max Speyer dem Rindertatar mit Onsen-Ei, Ponzu-Sud und saurer Himbeere eine aparte zeitgeistige Note. Die gegrillte Tranche von der Meerforelle serviert er mit Urkarotte und Möhre im Schaumbad von Salzzitrone, den Steinbutt gleich mit dreierlei Gemüse im Scampisud. Zum à point gebratenen Filet vom Wasserbüffel mit Schwarzkirschen richtet er eine gebratene Kartoffelschnitte, zum perfekt geschmorten Kalbsbäckle unter Preiselbeerkruste eine knusprige Kartoffel-Speck-Praline. Als Dessert erfrischen Brombeeren mit Salbei- und Lavendelnoten oder versüßen flambierte Aprikosen die Crème brûlée.

Bei der Weinbegleitung im Menü schweift Maître-Sommelier Marco Hünicke nur einmal in die Ferne. Zum Käse der Fromagerie Tourrette aus Straßburg gibt es einen Barbera aus dem Piemont. Ansonsten bleibt er in Baden, der Pfalz, Rheinhessen und Württemberg. Wer sich darüber hinaus vergnügen will, findet im großen Weinbuch die ganze Bandbreite von Europa bis nach Übersee.

AUE

17

ST. ANDREAS

im Hotel Blauer Engel

08280 · Altmarkt 1

(0 37 71) 59 20 info@hotel-blauerengel.de

www.hotel-blauerengel.de

Gastgeber: Claudius Unger

Küchenchef: Benjamin Unger

Mittags; Sonn- und Feiertag, Montag

Menü 85/130 € · à la carte 75/101 €

res.


Wer die Aue umgebende, als „Schwarzwald des Ostens“ gepriesene reizvolle Landschaft erkundet hat, kann sich hier kulinarisch belohnen – und wird gleich mal von einer Generosität überrascht, die Schwaben in ihrer Waldeslust ebenfalls staunen ließe. Der erste Küchengruß bietet u.a. eine Gänseleberpraline mit Zwetschgenragout und auf einem Holzscheit drapierte Crostini mit gebeiztem Huchen und gepickeltem Gemüse. Dem folgen Ochsenschwanzraviolo mit Saubohnenvariation, Petersilienwurzel und Seezunge mit Safranpolenta, Fenchelsalat mit Muschelsud sowie ein halbes Dutzend ganz unterschiedlicher Brotsorten und hauseigene Salze mit Kakao, Orange und Purple Curry.

Danach kommt, was man ahnt: elaborierte Küche mit komplexen Gerichten wie gebeizter Saibling mit einer zeitgeistigen Interpretation des Waldorfsalats, Kaviar, Walnussöl, kühler Selleriesud und Apfelsorbet oder à point gegarter Steinköhler auf Kohlrabi-Vanille-Creme, obenauf salzige Zitrone und Störkaviar, angegossen eine leichte Beurre blanc. Die zarte Wachtel ist in kräftigen Schinken gehüllt und flankiert von Gemüse-Texturen sowie confierten Kartoffeln und deren Schaum.

Wie ein Veredlungsprogramm für die schön deftige, aber delikat gebliebene Kalbshaxe in einer geschmackstiefen Jus wirkt deren Entourage aus Bries, Navette, Varianten der Erbse, Rübe, Ragout und Ketchup von der Morchel.

Der Küchenaufwand von Benjamin Unger passt ins edle Gourmetrestaurants, das einen Noblesse-Status im Haus einnimmt. Es bietet den maximal 16 Gästen flackernde Kaminfeuer-Atmosphäre, duftende Heu-Bilder an den Wänden, imposante Tische mit schwarz eingravierten Engeln, Geschirr aus Meißner Porzellan und Silberbesteck von Wellner (1854 in Aue gegründet).

Welch ein würdiger Rahmen für Nierchen, Rücken, gezupfte Keule und Filet vom Lamm, zu denen Sauce Choron angegossen wird, oder für das rosa gebratene Büffelfilet mit geschmolzenem Mozzarella, grüner Tomate, Artischocke, lackiertem und gebratenem Radicchio, Knoblauch und Kräuterblinis mit etwas sparsam dosierter Büffeljus. Das Dessert beschert raffinierte Spielarten von Erdbeeren und Joghurt, begleitet von weißem karamellisiertem Schokoladen-Crumble.

Während des gesamten Menüs sind Weinliebhaber bei Maître-Sommelier Claudius Unger in besten Händen, der die Aromenküche seines Bruders mit rund 300 Kellerkindern begleiten kann, darunter ein roter Burgunder von 1943.

Wer den für einen besonderen Anlass aufheben möchte, kann sich bis dahin auch mal in „Lotters Wirtschaft“, der hoteleigenen kleinsten Wirtshausbrauerei Sachsens, das noch immer nach dem Braubuch aus dem Jahre 1784 entstehende Bier frisch zur Bratwursttorte zapfen lassen.

AUERBACH

16

SOULFOOD

91275 · Unterer Markt 35

(0 96 43) 2 05 22 25 info@restaurant-soulfood.com

www.restaurant-soulfood.com

Gastgeber: Christine Heß

Küchenchef: Michael Laus

Montag, Dienstag

Menü 63/72 € · à la carte 29/60 €

res.

So einträchtig sitzen unterschiedlichste Gäste selten zusammen im Restaurant. Jung und Alt, Familien und Paare, Einheimische und Fremde tafeln gleichermaßen fröhlich im Soulfood von Michael Laus und Christine Heß. Alles hier ist dezidiert unprätentiös: Einrichtung, Service, Preise und Küche. Man sitzt gut auf den Hochlehnern an den nicht zu eng gestellten Tischen, besonders schön sind die Plätze an den bodentiefen Fenstern mit Blick aufs gotische Rathaus und auf den kopfsteingepflasterten Marktplatz mit seinen bunten Fassaden.

Christine Heß bemüht sich im kompetenten Umgang mit ihren Gästen weniger um Etikette als um Herzlichkeit und der gebürtige Auerbacher Michael Laus kredenzt für ausgesprochen zivile Preise weltläufige Kreativküche. Prägend für seinen emanzipierten Stil waren die Jahre bei Naturkoch Matthias Schmidt in der Frankfurter Villa Merton, die ihn – sehr gute Viktualien vorausgesetzt – technische Präzision und die Beschränkung aufs Wesentliche als Grundpfeiler großer Küche lehrten. Zwei Vier-Gänge-Menüs, prosaisch „Das eine“ und „Das andere“ genannt, und eine Handvoll zusätzlicher Empfehlungen stehen zur Wahl.

Schnörkellos, ohne jeglichen Zierrat kommt der Melonensalat mit Stör auf den Teller. Melonenstücke unterschiedlichster Couleur und Süße, roh und kalt, warm und cremig, bilden die fruchtig-frische Grundlage, pikante Wasabisauce liefert den pointierten aromatischen Überbau zum dezent geräucherten Oberpfälzer Stör. Seine Passion für vorzügliche Produkte beweist Laus’ grüne Gazpacho, die ein Vielerlei von so intensiv schmeckenden, ganz unterschiedlichen Tomaten und so gehaltvollem Mozzarella umfließt, dass das kühle, zwischen frischer Kräuterwürze und Gurke fein abgeschmeckte Süppchen geschmacklich etwas in den Hintergrund verbannt wird.

Ob Michael Laus zumindest eine italienische Tante oder Oma hat, fragen wir uns bei seinen schmelzigen Ravioli (der Teig so dünn, dass die Füllung durchscheint), die er mal mit Ricotta und Mais, mal mit Blutwurst füllt und ihrer weichen Textur Knusperelemente (Praliné von Sauerkraut oder currywürziges Popcorn) entgegensetzt. Das auf den Punkt rosa gebratene Rind begleitet eine Deklination von der Süßkartoffel vom bissfesten Würfel bis zur schaumigen Creme, der rote, gegrillte Pimientos dezenten Rauchgeschmack geben. Die Liebe des Küchenchefs zu asiatischen Koch- und Würztechniken unterstreicht sous vide gegarter Schweinebauch (das fein durchwachsene Fleisch zergeht auf der Zunge), dessen Nussigkeit gebratene Wildgarnelen variieren, beides geschmacklich famos umrahmt durch umamiwürzigen Kimchi vom Spitzkohl. Einen leckeren Schlusspunkt setzt die südländische Rosmarinnoten verströmende Panna cotta gemeinsam mit mariniertem Weinbergpfirsich und kaum gesüßtem Blutpfirsichsorbet.

Die Weinkarte profitiert von vielen persönlichen Kontakten zu deutschen Winzern. Christine Heß berät Anfänger und Kenner gleichermaßen ernsthaft und sorgt mit ihrer den Gästen zugewandten Art dafür, dass ein Besuch hier auch Futter für die Seele ist.

AUGSBURG

15

AUGUST

86153 · Johannes-Haag-Str. 14

(08 21) 3 52 79

Gastgeber: Christian Grünwald

Küchenchef: Christian Grünwald

Mittags; Sonntag, Montag, Dienstag

Menü 169/190 €

res.keine Kreditkarten

Wer Christian Grünwald in dessen August besuchen möchte, sollte dies nicht als Restaurantbesuch verstehen. Diese Intention droht zu scheitern. Denn Grünwald, der exzentrischste Koch Süddeutschlands, gibt sich alle Mühe, die Gäste durch das Brechen nahezu jeglicher Konventionen der Spitzengastronomie an den Rand ihrer Toleranz zu führen. Gibt man Grünwald aber die Chance, ihn als Künstler, womöglich Regisseur zu verstehen, tut man ihm und sich einen Gefallen.

Man wird im ersten Stock einer beeindruckenden Augsburger Fabrikantenvilla aus dem Jahr 1877 von Grünwald persönlich begrüßt und vom Service, dessen Kostümierung ebenfalls eher an Kulturbühne denn an Restaurant erinnert, zu einem der höchstens 20 Plätze geleitet. Man nimmt Platz an Glastischen, deren einsehbare Schubladen im Laufe des Abends wie ein Bühnenbild genutzt werden, und darf sich der Aufführung hingeben. Zur Auswahl bekommt man – nichts. Der Aperitif wird entweder so genommen wie angeboten oder er entfällt. Man fügt sich auch im Weiteren den Empfehlungen des Chefs, kann allenfalls Allergien und eine Fleischabneigung vorbringen.

Das Menü präsentiert die wichtigsten Trends der Gegenwart (Regionalisierung, Gemüse-Fokussierung, Fermentierung) mit selten gesehener Opulenz und fügt einen Schuss Extravaganz hinzu. Das ist alles nichts für schwache Nerven, weil Grünwald vom ersten Amuse-bouche an mit extrem konzentrierten und damit wuchtigen Aromen in die Vollen geht und den sehr langen Abend lang (ein Menü dauert mindestens viereinhalb Stunden) nicht langweilig wird.

Neben sehr großzügigen Grüßen aus der Küche (von denen falsche, weil durch unterschiedliche Gemüsearomen und Konsistenzen nachgebaute Oliven und ein unglaublich konzentrierter Rindskaffee am meisten in Erinnerung bleiben) beginnt das Menü mit Ananastomate vom Holzkohlegrill, Thunfisch, weißen Mandeln und einer Datteltomaten-Creme. Zusammen ergibt das eines der besten Sommergerichte der Saison: Um die durch Holzkohle aromatisierte Tomate liegen rohe Thunfischstücke toller Qualität. In der Mitte thront neben der Tomate eine giftgrüne Jalapeño-Creme, die so fein abgeschmeckt ist, dass sie Tomaten und Thunfisch Raum lässt und so ganz nebenbei die starke Säure der intensiven Tomatenvielfalt abfedert. Das sieht – wie alle Gerichte Grünwalds – toll aus und ergibt Sinn. Ebenso wie in der Folge ein vorzüglicher Carabinero mit mariniertem Kürbis und verschiedenen fruchtigen Reduktionen. Auch wenn hier die Optik durchdachter ist als die Aromatik, weil die starken Reduktionen dem Carabinero etwas die Bühne streitig machen, bleibt auch dieser Gang in Erinnerung.

Ebenfalls beispielhaft für Grünwalds Küche: Rind am Meer. Toll inszeniert liegt ein Stück Wagyu der höchsten Marmorierungsstufe auf einem Stück Seezunge, die wiederum auf cremigem Gurkensalat ruht und von Kartoffel-Krabben-Ragout begleitet wird. Sehr schön gelingen hier die Balancen zwischen salzig und süß, knusprig und weich, warm und kalt. Grünwald gewährt stets dem Gemüse genau den gleichen Raum wie den tierischen Produkten und präsentiert für den Gang „Fleisch kein Fleisch“ beispielsweise eine dehydrierte Melone als täuschend echtes Carpaccio. Auf Teig- und Reiswaren verzichtete er komplett.

Das Finale schließlich lässt sich nur als „etwas anderer Erdbeer-Kuchen“ einigermaßen begreifbar machen. Rund um ein Stück Kopfsalat platziert er fein gehobelte Erdbeere, mal frisch, mal leicht dehydriert, umgibt sie mit Pistazien und Pistaziencreme und kreiert so ein dem Erdbeerkuchen gleiches Mundgefühl aus ganz und gar ungewöhnlichen Zutaten.

Das alles würde das August zu einer der spannendsten kulinarischen Anlaufstellen im Süden machen, wenn der gastronomische Rahmen zur Küche nicht so danebengehen würde. Das beginnt bei dem starren Ritual: Der Gast steht bei Grünwald nicht als solcher im Mittelpunkt, sondern als Statist einer hochkulturellen Inszenierung. Da spielt nicht jeder begeistert mit. Das setzt sich aber auch in allerlei Unzulänglichkeiten fort: Die Serviceleitung versteht sich eher als eine Art Galeristin des Meisters, schwirrt eher um ihn als um den Gast. Die Stimmung im Team wirkt angespannt. Über die Begleitung der kulinarischen Darbietungen durch entsprechende Getränke scheint sich hier niemand ernsthafte Gedanken zu machen. Man sollte sich nicht wundern, wenn nach Bestellungen von Titeln der ebenso überschaubaren wie lieblos zusammengestellten Weinkarte völlig andere Weine als aufgeführt ohne Erklärung oder Entschuldigung serviert werden. Und man sollte gewappnet sein, dass ein Abend im August eines der teureren Vergnügen in der deutschen Gourmetszene ist.

14

FÄRBEREI

86150 · Färbergäßchen 5

(08 21) 50 89 82 67 kontakt@faerberei-augsburg.de

www.faerberei-augsburg.com

Gastgeber: Anja Neumaier und Georg Krauß

Küchenchef: Peter Zühlke

Mittags außer Freitag, Samstag, Sonntag; Feiertag, Montag

Menü 55/75 € · à la carte 30/61 €

Das kleine, nüchtern eingerichtete Restaurant im Herzen Augsburgs bietet Gerichte mit dem Produkt im Mittelpunkt, ohne viel Gekünstel, aber immerhin mit getrüffelten Kartoffelkrapfen zum Onglet. Die kann man in dieser Nebengasse der Fußgängerzone, wo früher Stoffe eingefärbt wurden, bei schönem Wetter auch in den Einbuchtungen vorm Haus an beschirmten Tischen würdigen. Darauf kommen aus der Küche nur noch vier Vorspeisen, drei Hauptgänge, Käse und ein Dessert – sowie eine verlockende Tomatenbutter aus Dörrtomaten zum Brot.

Gin- und Avocadocreme um die gebeizten Fjordforellenwürfel mit Gurkengranité machen optisch viel her, könnten in der Aromatik aber mutiger sein. Gut gewürzt hingegen dank Kräuterpesto-Tupfen und Olivenerde das scharf angebratene, saftige Wolfsbarschfilet mit krosser Haut auf halben Bratkartoffeln und angenehm bissfestem Grillgemüse. Sehr al dente das Wurzelgemüse zum tadellosen rosa Kalbstafelspitz mit zu wenigen Sprenkeln von Meerrettichcreme. Fruchtig frisch als Finale das Quarkeis mit einem Hauch von Thymian auf festem kaltem Pfirsichsüppchen, umringt von Stachel-, Him- und Erdbeeren.

Die Gerichte machen etwas her, der Service ist bis in die Wolle familiär freundlich gefärbt.

14

SARTORY

im Hotel Drei Mohren

86150 · Maximilianstr. 40

(08 21) 5 03 60 augsburg@steigenberger.de

www.drei-mohren-hotel.com

Küchenchef: Simon Lang

Mittags außer Samstag; Sonntag bis Mittwoch

Menü 98/145 € · à la carte 63/83 €

res.

Mit seiner imposanten Fassade dominiert das traditionsreiche Drei Mohren die Maximilianstraße; das Gourmetrestaurant des ersten Hauses am Platz erreicht man allerdings am direktesten nicht durch die Lobby, sondern um die Ecke über die Katharinengasse, an der auch die im Sommer sehr einladende Restaurantterrasse liegt. Die Namensgebung signalisiert Anspruch, denn Johann Georg Sartory war im 19. Jahrhundert in der Stadt das, was man heute einen Celebrity Chef nennt und veröffentlichte ein Standardwerk zur Schwäbisch-Bayerischen Küche. Mit regionaler Küche oder Produkten hat sein heutiger Nachfolger allerdings nicht allzu viel am Kochhut, Simon Lang sucht seine Inspiration in der großen weiten Welt und hat ein Faible für Fisch und Meeresfrüchte – ihnen widmet er eines von zwei angebotenen Menüs, die einen klassischen Ansatz mit zeitgemäßer Optik und Akzenten verbinden.

Im „Menu Poisson“ versammelt sich das Who’s who des Atlantiks, von bretonischem Steinbutt über Seezunge bis Seeteufel ist alles geboten. Letzterer eröffnet, als Carpaccio aufgeschnitten, das Menü im Duett mit gedämpftem Kaisergranat, dazu gibt es Tomatensorbet, Amalfi-Zitronen-Gel und Erbse als geschäumtes Sößchen, ein anregender, frischer Start. Die Aromatik ist auch in der Folge meist mediterran gepolt, niedrigtemperaturgegarte Seezunge badet im vanillierten Bouillabaisse-Schaum, der Steinbutt im Cacciucco-Fond. Witzig war die Begleitung zum Black Cod, gepaart mit dem derzeit so trendigen chinesischen N25-Kaviar: eine einzige, große Fritte mit hübschem Topping von geräuchertem Kartoffelpüree sowie Aïoli vom schwarzen Knoblauch.

Im „Menu du Chef“ pochiert Lang Bretonischen Hummer in Zitronengrassud und paart ihn mit Flugmango, Duftreiscreme sowie Thai-Curry-Sauce in willkommen markanter Schärfe. Hier haben aber auch Fleischfreunde ihre Freude, etwa beim mit bunter Kräuterkrone und Sardellen (mal mariniert, mal frittiert) angerichteten Rindertatar oder bei der geschmorten Kaninchenkeule, die sich mit gebackener Polenta, Chorizo-Sauce und großzügig gehobeltem schwarzen Trüffel wieder mediterran orientierte. Zum süßen Abschluss schmeckten Variationen von Pfirsich, Mascarpone und Estragon ebenso wie von Erdbeere, Holunder und Aloe Vera.

Die Weinkarte bietet eine Auswahl der wichtigsten europäischen Anbauregionen; sehr freundlicher Service. Ach ja: Die Gestaltung des Restaurants knüpft mit imposanten (Original-)Lüstern und alten Gemälden ebenfalls an die große Zeit des Hauses an.


FOLGENDES HOTEL

EMPFIEHLT

SICH VOR ORT *

DREI MOHREN

86150 · Maximilianstr. 40

(08 21) 5 03 60 info@drei-mohren-hotel.com

www.drei-mohren-hotel.com

Gastgeber: Theodor Gandenheimer

132 Zi. 150/600 €

5 km2/500

Das Drei Mohren Hotel gehört zu den traditionsreichsten Hotels in Deutschland und blickt auf eine eindrucksvolle Geschichte von mehr als 500 Jahren zurück.

Mit 132 Zimmern und über 1.200 m² Veranstaltungsfläche präsentiert sich das Drei Mohren an der Flaniermeile Maximilianstraße als erstes Haus am Platz.

Gastronomisch erwarten Sie das mit 14 Gault&Millau-Punkten sowie einer Kochmütze ausgezeichnete Gourmet-Restaurant Sartory, das maximilian°s mit Front-Küche und Sonnenterrasse sowie die Bar 3M.

Darüber hinaus verfügt das Hotel über einen 360 m² großen Spa-Bereich.


BADEN-BADEN

15

FRITZ & FELIX

in Brenners Park-Hotel & Spa

76530 · Schillerstr. 4/6

(0 72 21) 900 999 restaurant@fritzxfelix.com

www.fritzxfelix.com

Gastgeber: Julius Hilger

Küchenchef: Sebastian Mattis

Mittags; Sonntag und Montag

Menü 54/85 € · à la carte 36/72 €

res.

Kaum ein anderes neues Restaurant erfuhr in jüngster Zeit ähnliche Aufmerksamkeit in der einschlägigen Gastro-Presse. Und tatsächlich: Das frühere Park-Restaurant ist nicht wiederzuerkennen. Es war schon eine kleine Palastrevolution, die Frank Marrenbach hier im traditionsreichen Grandhotel anstieß, für sein kontemporäres Konzept kürten wir ihn zum Gastronom des Jahres 2019. Wenn er das Brenners Ende des Jahres verlässt, um sich ganz seinen Aufgaben als CEO der luxuriösen Oetker Collection (zu der auch das Brenners gehört) zu widmen, bleibt das Fritz & Felix sein Vermächtnis, eine Symbiose aus Weltstadtflair, nostalgischen Akzenten, kühlem Design und lässig-modernem Schick.

Ein neuer, separater Eingang führt ins edle Interieur, wo man zunächst die mondäne Bar mit ihrem 1920er-Jahre-Appeal betritt. Sie wirkt – und hier gelang den Designern ein echtes Kunststück –, als sei sie schon immer da gewesen. Um nur ein Beispiel für die Detailliebe, mit der man ans Werk ging, zu nennen: Das Leder des Bodenbelags in der Bar stammt von alten Oldtimersitzen.

Im Restaurant herrscht lockere Atmosphäre und gute Stimmung, auf den ersten Blick fasziniert ein mächtiger, bald drei Tonnen schwerer, gusseiserner und eigens für das Brenners gebauter „Charcoa“-Highendgrill hinter sicherer Glaswand – hier wird das Grillen zur Kunstform erhoben. Auch ansonsten wirkt alles hip, cool – und doch elegant.

Die Botschaft vom jungen Wein in alten Schläuchen ist klar: Urban, lässig und ganz casual öffnet sich das Brenners einer neuen Klientel. Ohne Dresscode wie einst, als Krawatte geboten war. Und ohne klassische Gourmetmenüs, denn die gibt es ja weiterhin im Wintergarten nebenan. Im Fritz & Felix stehen dagegen leichte, kreative Gerichte zum Kombinieren und Teilen auf der Karte. Das Konzept stammt von einem Shootingstar der Szene, dem Schweizer Nenad Mlinarevic, 2016 von unseren Schweizer Kollegen zum „Koch des Jahres“ gekürt. Umgesetzt wird es vor Ort von Küchenchef Sebastian Mattis, der im Kölner Le Moissonnier viele Jahre die kreative Küche verinnerlichte.

Vorab gibt es hervorragend duftendes Holzofenbrot mit Limetten-Salzbutter, an dem man sich – Vorsicht! – schon satt essen kann. Gemüse schreibt die Küche groß, allein fünf vegetarische Vorspeisen sind im Angebot, z.B. geröstete Blumenkohlröschen mit Salsa verde und Joghurtsauce, eine feine, leichte Kombination, oder Urkarotte auf Schwarzbrot-Crumble, dazu wird aus einer dekorativen Teekanne Butter-Ingwer-Jus angegossen.

Doch größte Chancen zum Signature Dish hat das handgeschnittene, mit Paprika zurückhaltend gewürzte Rindertatar unter einer Haube aus fein gehobelten Champignons mit Foie gras-Creme und Feigen. Das dazu gereichte Brioche ist von meisterlicher Klasse. Sehr gut auch die mit einer kräftigen Farce aus Schmorbraten gefüllten Ravioli, köstlich der saftige Saibling auf Rote Bete, apart aromatisiert mit Meerrettich, Estragon und Rote Bete-Rosenwasser-Sauce.

Das gegrillte Onglet ist trotz fester Textur zart im Biss und erhält mit rauchiger Rapsöl-Hollandaise und Schalotten-Confit eine kongeniale Begleitung. Vom Grill kommen auch Riesencrevetten und Seezunge, Schweinebauch und Lammrücken; dazu bestellt man Beilagen wie French Fries, grüne Bohnen mit Speckmarmelade oder Spitzpaprika mit Labneh.

Als Verbeugung vor der Region dient das schlichte Schokoladenküchlein mit Kirschen und Sahneschaum – Interpretationen und Dekonstruktionen der Schwarzwälder Kirschtorte haben wir andernorts schon raffinierter genossen. Aber das versüßen Madeleines mit Orangenblütenhonig.

Zur zeitgemäßen Lockerheit gehört auch, dass Konstantin Baum, seines Zeichens Master of Wine, anstelle einer dicken Weinbibel eine hübsch als Magazin gestaltete Shortlist mit preiswerten Offenen, Orange Wines und französischen Prestige-Bouteillen reicht. Last not least wollen wir nicht nur die herrliche Parkterrasse im Sommer erwähnen, sondern auch den Service unter Leitung von Julius Hilger für Tempo und Spaß loben. Wer sich jedem Gast mit Namen und einem freundlichen „Guten Abend, ich bin heute Abend für Ihren Tisch da“ vorstellt, der hat schon gewonnen.

16

LE JARDIN DE FRANCE

76530 · Lichtentaler Str. 13

(0 72 21) 3 00 78 60 info@lejardindefrance.de

www.lejardindefrance.de

Gastgeber: Sophie und Stéphan Bernhard

Küchenchef: Stéphan Bernhard

Sonntag, Montag

Menü 68/115 € · à la carte 55/103 €

res.

Wenn einer gerade mal 15 Kilometer von Frankreich entfernt die Trikolore über Baden-Baden, der französischsten aller deutschen Städte, wehen lässt, dann kann dies nur Stéphan Bernhard sein. Der gebürtige Elsässer begann hier vor über 20 Jahren mit Ehefrau Sophie selbstbewusst als kulinarischer Botschafter seines Heimatlandes und ist längst gastronomische Institution. Er residiert im historischen Goldenen Kreuz, einem imposanten, im Stil des Fin de Siècle mit weißem Sandstein errichteten Gebäude. Über die Restaurantterrasse im Atrium, die an sommerlichen Tagen als ruhige Stadtoase einlädt, gelangt man in den lichten Wintergarten. Unter der riesigen gläsernen Kuppel steht das Weiß der Tische und Stühle im hübschen Kontrast zum Schwarz des Marmorfußbodens, dem kräftigen Rot einer Wand und den Bildern einer Baden-Badener Künstlerin.

In diese Eleganz passt Bernhards Cuisine, die französische Klassik undogmatisch mit neuen Ideen auffrischt, puristisch und produktorientiert. Signifikant ist gleich das Ceviche-Türmchen vom Seewolf mit Himbeeren auf einem Avocadosockel samt Wodka-Zitronencreme und knackigen Blumenkohlröschen in einem raffinierten Spiel aus Fruchtsüße und Zitrusnote. Und dann folgen, da der Patron ein Freund von Krustentieren ist, Tatar vom Taschenkrebs und Hummer in Melonen-Gurken-Gazpacho mit Minze und gegrillte Langoustines oder Hummermedaillons in einer Nage aus Erbsen, Saubohnen und Krustentieressenz. Und Hummer gesellt sich auch zum glasig gebratenen Steinbutt mit Pfifferlingen in einer Estragon-Beurre blanc.

Schlicht, aber wohlschmeckend begleitet ein Mix aus Gemüse und Obst die à point gebratenen Tranchen von der Miéral-Entenbrust aus den Dombes, nur beim Kalbsrückensteak in Kräuterkruste ist von Reduktion auf das Wesentliche keine Rede: Es versammelt um sich außer dem Marktgemüse noch Pfifferlinge, Taggiasca-Oliven und getrocknete Tomaten. An altfranzösische Opulenz erinnern Desserts wie warmes Holundersoufflé mit recht zuckrigem Eisparfait von frischen Mandeln oder knuspriger Windbeutel voller weißer Schokolade-Yuzu-Mousse und Erdbeer-Zitronen-Sorbet, jeweils bestückt mit reifen Früchten der Saison.

Regionale Weine, auch offen ausgeschenkt, sind keine Mangelware, die schwere Weinkarte liest sich jedoch über weite Strecken wie ein Gotha des französischen Weinadels. Der Service unter Leitung von Sophie Bernhard scheint die Gemüter zu entzweien: Die einen loben dessen formellen Auftritt, andere finden ihn allzu reserviert. Wie auch immer, seine Freude am Beruf könnte er durchaus etwas deutlicher zeigen. (Connaisseurs schätzen mittags das erschwingliche Menü mit 3 Gängen zu 39 €.)

15

RÖTTELE’S RESTAURANT UND RESIDENZ

im Schloss Neuweier

76534 · Neuweier · Mauerbergstr. 21

(0 72 23) 80 08 70 info@armin-roettele.de

www.armin-roettele.de

Gastgeber: Sabine Röttele

Küchenchef: Armin Röttele

Mittags von Montag bis Freitag; Montag, Dienstag

Menü 72/120 € · à la carte 38/105 €

res.

Nein, ein waschechter Capocuoco führt hier keine Küchenregie, auch wenn „cucina della passione“ versprochen wird. Am Herd steht Armin Röttele, der lange Küchenchef des Luxushotels Giardino im schweizerischen Ascona war. Seine Leidenschaft gilt nicht der italienischen Kost von Antipasti bis Zuppa, sondern einer süffig-geradlinigen, produktorientierten Küche, die klassische Elemente der französischen Hochküche nicht scheut. Typisch dafür ist sein Frühjahrsstandard, der mit einer Hollandaise überbackene Mix aus Spargel, Morcheln und Stücken vom Atlantikhummer im Krustentierfond. Dass der Hummer schon mal eine Spur zu lange Hitze abbekam, kann auch einem handwerklich abgeklärten Routinier wie Röttele passieren.

Gut gewürzt das Tatar vom Kalbsfilet unter karamellisiertem Ziegenkäse auf grünem Spargel in einer Pinienkernsauce mit Taggiasca-Oliven, ganz im Zeitgeist das lauwarme Sashimi vom Thunfisch mit einer in Kokosflocken gebackenen Gamba und Ponzu-Sauce, kühn kombiniert die Gänseleber als Riegel mit Zartbitterschokolade und Zitrusfrüchten und als gebratene Tranche auf Honig-Zwiebel-Confit. Gegen den modischen Trend der Gels und Emulsionen aus der Quetschflasche hält Röttele klassischen Saucen weiterhin die Treue: Die mit geschmortem Ochsenschwanz gefüllten Ravioli auf gelb-rotem Karottengemüse umgießt er mit tiefer Burgunderjus, zum Entrecôte mit Rindermark gibt er satte Trüffeljus. Im Finale vereinen sich gefrorenes Parfait von Eierlikör und Haselnussgeist mit Schoko-Crumble und feinsäuerlichem Kompott oder in Rum glasierte Ananas mit Madagaskar Vanille, Tonkabohne und Kokos in trauter Harmonie.

Die frühere Wasserburg macht heute weinselig. Im lichtdurchfluteten Wintergarten sowie auf der großen Terrasse mit Blick auf die Reben des angeschlossenen VDP-Weinguts wird neben dem blitzsauberen Riesling des Hauses ein Who’s who der badischen, pfälzischen und internationalen Weinszene kredenzt. (Sehr empfehlenswerter dreigängiger Lunch zu 38 €, abends sind die Preise passionierter.)

16

WINTERGARTEN

76530 · Schillerstr. 4/6

(0 72 21) 90 00 concierge.brenners@oetkercollection.com

www.brenners.com

Küchenchef: Joël Ellenberger

à la carte 43/100 €

res.

Während nebenan, im hippen Fritz & Felix, der gastronomische Paradigmenwechsel eingeläutet wurde, blieb im stimmungsvollen Wintergarten alles wie es war – allerdings nur optisch. Beim Blick in die Speisekarte zeigt sich rasch, dass auch hier ein neuer Geist weht. Wo einst Wiener Schnitzel und gebackene Ochsenbäckchen serviert wurden, zeigt nun ein junger Koch, wie man den Geschmack einer kulinarisch anspruchsvollen, aber etwas klassischer eingestellten Klientel treffen kann, die eine Alternative zum zeitgeistigen Nachbarn sucht. Joël Ellenberger ist 24 Jahre jung und trotzdem schon mit vielen gastronomischen Wassern gewaschen (er sammelte Erfahrungen im noblen Zürcher Baur au Lac wie auch im ehemaligen Park-Restaurant nebenan unter Paul Stradner). Mit Engagement und Kreativität beweist er, wie man der Grande Dame der deutschen Luxushotellerie eine zeitgemäße Haute Cuisine schenken kann, ohne allzu sehr auf modische Effekte zu setzen oder sich auf Klassikern auszuruhen.

Sein Küchenstil passt ins freundlich-helle Ambiente mit einem Hauch von Belle Époque, wo wie eh und je weiße Korbsessel an fein gedeckten Tischen stehen und bodentiefe Fenster den Blick auf die Terrasse, den Park und über die Oos hinweg auf die Lichtentaler Allee, Baden-Badens prächtige Flaniermeile, freigeben.

In diese Umgebung passen Gerichte wie der Taschenkrebssalat, dem behutsames Zitrusaroma feine Frische verleiht und ein à part gereichter Krustentier-Cappuccino klassische Edelaromatik hinzufügt. Oder roh marinierter Hummer, angerichtet mit fruchtigen Melonenkugeln, Endiviensalat, in feinste Streifen gehobeltem Staudensellerie und intensiver Hennessy XO-Cocktailsauce, eine Vorspeise von federleichter Frische. Beim kurz gegarten grünen Spargel mit leichter Chilischärfe, vollsüßen Schwarzen Johannisbeeren und Kräutern zeigt sich Ellenbergers Vorliebe für zitronige Nuancen ebenso wie bei mit Morchelfarce gefüllten Ravioli samt frischen Erbsen und Salzzitrone.

Hauchzarter Bachsaibling, Paprikasud und knackiger Pflanzensamen (alias „Kaviar des Feldes“) oder schottischer Lachs mit Chorizo und Safran-Blumenkohl demonstrieren, wie aparte Produkte und kernige Geschmacksnoten harmonieren können. Schön auch, dass der junge Küchenchef Fisch stets ganz klassisch brät – so schmeckt er nun mal am besten. Das gilt für kross auf der Haut gebratenen St. Pierre mit Pastinakenpüree und Schinkenvinaigrette ebenso wie für mustergültigen Steinbutt mit Bohnenpüree samt gefüllter Zucchiniblüte, Taggiasca-Oliven und Zitronenröllchen.

Eine angenehm feste Textur zeichnet das nach animierenden Röstnoten duftende Wagyu-Bavettesteak im Dashi-Sud aus, zu dem Kohlrabi und weiße Bohnen arrangiert sind.

Fürs Finale denkt sich Ellenberger, einst unter Stradner Chefpâtissier im Park-Restaurant, immer etwas Besonderes aus: etwa den bildschönen „Mont Blanc“, ein kreisrundes Törtchen aus Meringue und Creme Chantilly, das viele kleine Maronipüree-Tupfen zieren; seine Süße wird konterkariert durch ein à part gereichtes Blutorangensorbet auf Mandel-Crumble. Oder, als erfrischende Variante, marinierte Kugeln vom grünen Apfel mit Wasabi-Eis auf gelierter Hafercreme.

Für Stammgäste gibt es noch die Rubrik „Brenners Klassiker“ mit exzellentem, in Pankobröseln gebratenem Wiener Schnitzel oder dem „Eisauflauf Stephanie“, der seit ganzen 135 Jahren auf der Karte steht. Auch die dicke Weinbibel hielt bis heute durch, aber sie wurde dank der konzeptionellen Auswahl durch Master of Wine Konstantin Baum entschlackt und mit spannenden Neuentdeckungen angereichert. Auch die Auswahl im Offenausschank beeindruckt.

P.S. Kurz vor Redaktionsschluss erfuhren wir, dass dieser junge Küchenchef mit reichlich Potenzial das Haus Ende 2019 verlässt und das aus gutem Grund: Er wird Souschef von Andreas Caminada auf Schloss Schauenstein in der Schweiz.

BAIERSBRONN

19

BAREISS

im Hotel Bareiss im Schwarzwald

72270 · Mitteltal · Hermine-Bareiss-Weg

(0 74 42) 4 70 info@bareiss.com

www.bareiss.com

Gastgeber: Thomas Brandt

Küchenchef: Claus-Peter Lumpp

Feiertag, Montag, Dienstag

Menü 198/245 € · à la carte 150/274 €

res.


Der offene Kamin erinnert an die Belle Époque, an kühlen Abenden lodern wohlig die Flammen. Ein opulentes Blumengesteck bildet den Mittelpunkt des Restaurants, es reicht bis hoch zum Kristallleuchter. Vorhänge aus goldschimmerndem Seidendamast, ein tiefer blauer Teppich und warmes Kirschbaumholz schaffen eine Atmosphäre von behaglichem Luxus, die hier mitten im Schwarzwald an einen französischen Salon erinnert.

Dem Service unter der versierten Leitung von Thomas Brandt gelingt das Kunststück, mit elegantem Witz jede Form von Gourmettempel-Steifheit zu vertreiben, noch bevor der Aperitifwagen lautlos an den Tisch gerollt wird und Sommelier Teoman Mezda eine in rotes Leder gebundene Bibel bringt. Darin kann man rund 1000 Weinschätze entdecken, bis hin zu einem Unico von Vega Sicilia, der gekeltert wurde, als General Franco gerade erst zur Herrschaft über Spanien ansetzte.

Die Küche schickt mehrere Grüße, die schon mal andeuten, wie sie diesen traditionellen Rahmen zu füllen gedenkt: beispielsweise mit einer erfrischenden Variation von Gurke, Minze und Sauerrahm oder mit hauchzarter Kokos-Espuma, umschmeichelt von Koriandersauce. Die Auswahl in diesem Grand Restaurant ist so überwältigend wie zur Blütezeit der Haute Cuisine. Es gibt ein großes und ein kleines Menü, ein günstiges Mittags- und ein vegetarisches Menü, das u.a. braisierten Topinambur mit Quitten und karamellisierten Haselnüssen bietet. Damit nicht genug: Claus-Peter Lumpp spendiert seinen Gästen à la carte noch ganze 16 zusätzliche Gerichte, an denen die Großzügigkeit des Hauses wohl am deutlichsten darzustellen ist. Denn ganz gleich, ob das Thema Gänseleber oder Steinbutt, Black Angus-Ochse oder zum Dessert Himbeere mit Schokolade ist, das Hauptprodukt wird jeweils variantenreich durchdekliniert.

Bestellt man etwa den Wolfsbarsch, so wird er in drei Gängen serviert: erstens auf der Haut gebraten und mit heißem Öl so übergossen, dass sich die Schuppen in der Pfanne schön kross aufstellten, umspielt von fein aromatisierter Paprikasauce, flankiert von gebratenen Auberginen mit Tapenade, Tomaten und gerösteten Pinienkernen. Als zweiter Streich kommen gebratene Wolfsbarschwürfel mit Auberginencreme und Rucolapesto und last not least wird der Fisch gratiniert und von feiner Zitrusvinaigrette mit genau dem richtigen Tick Säure so umspielt, dass die Geschmackspapillen abenteuerlustig bleiben.

In seinen Menüs variiert Claus-Peter Lumpp die große Klassik meisterhaft, stets im Rhythmus der Jahreszeiten: Im Sommer spielt er gern mit mediterraner Leichtigkeit, in der Übergangszeit mit asiatischen Anklängen.

Stets präsent als Vorspeise ist eines seiner Lieblingsprodukte, die Gänsestopfleber. Diesmal gestaltet er sie mit Williamsbirne. Die Terrine ist mit gesalzenem Karamell gedeckt und mit Portwein marmoriert, ein wohliger Hochgenuss. Daneben gibt es die Foie gras noch in einem Schälchen als federleichte Mousse und als Eis auf eingelegten Cranberrys.

Das Milchkalbsbries bietet einen Zwischengang, der lange im Gedächtnis bleibt: Es wurde in Brühe wunderbar weich gekocht, mit Vanille und altem Balsamico glaciert. Mit weißem Bohnenpüree, Schalottenconfit und Madeira vereinigt es sich zu einer harmonischen Geschmackssymphonie. Zum bretonischen Steinbutt, der mit Biss poëliert und üppig mit schwarzem Trüffel bedeckt wurde, entfaltet butterzarter Ofensellerie sein Aroma. Dieser Gang zeigt deutlich Lumpps Handschrift: Ohne ablenkenden Schnickschnack lässt er beste Produkte ihren Eigengeschmack entfalten. Die saftig und zart gebratene Brust des Elsässer Täubchens kommt mit eingelegten Feigen und wäre für sich betrachtet schon perfekt. Doch das Schälchen neben dem Teller bildet sozusagen das Tüpfelchen auf dem i dieses Hauptgerichts: Das Ragout von der Taubenkeule ist bedeckt von Cassis und einem köstlich säuerlichen Bauernbrotschaum.

Im Lauf des Abends fährt noch zweimal ein Wagen vor: Zunächst bietet der Käsewagen auf mehreren Etagen eine fulminante Auswahl dieses Kulturguts. Schließlich weckt der Dessertwagen die Träume eines Kindes, das am liebsten alles haben will: Pralinen, Macarons und süße Früchte. Zu dem Törtchen von der Mousse au chocolat können wir nicht Nein sagen, obwohl wir nach dem Dessert von Stefan Leitner eigentlich schon glücklich waren – es gab einen Schokoladen-Erdnuss-Riegel mit Kumquats und feinem, geduldig angesetztem Rumtopf.

Die Gastgeber Hermann und Hannes Bareiss zelebrieren in ihrem Restaurant eine Großzügigkeit, die heute selten zu finden ist. Jeder Tisch hat so viel Abstand zum nächsten, dass eine Atmosphäre für intime Gespräche gegeben ist. Entsprechend ist die Stimmung: Gäste aus verschiedenen Kontinenten sind entspannt in friedlichem Genuss vereint.

16

BAUERNSTUBE

im Hotel Traube Tonbach

72270 · Tonbach · Tonbachstr. 237

(0 74 42) 49 26 65 reservations@traube-tonbach.de

www.traube-tonbach.de

Gastgeber: Jan Maetzing

Küchenchef: Florian Stolte

Menü 35/35 € · à la carte 23/51 €

res.

Wer sich beim Begriff Traditionslokal mal vorstellen möchte, wie das für unsere Ahnen war, erfährt es hier in der Keimzelle der im französischen Revolutionsjahr 1789 gegründeten Traube. Versteht sich, dass diese urige, geruhsame Stube im Hause Finkbeiner keine schwarzwälderische Bauernstube ist, sondern das Bemühen, selbst aus Omas Kochbuch das vermeintlich Einfache nicht nur gut zu machen, sondern sogar aufzuwerten. Denn die Traube will ja in allem glänzen – also auch im Suppentopf und typisch Schwäbischen wie Wurstsalat, den es mit Senfkörnervinaigrette gibt, oder Zwiebelrostbraten, den breite Bohnen und handgeschabte Spätzle begleiten. Moderne Traditionspflege vermitteln der Wildkräutersalat an Buttermilchmarinade mit karamellisiertem Ziegenkäse oder die Flusskrebssauce zu den Hechtnocken.

Der Heimat verpflichtet ist sie zwischen Kalbskutteln und Kirschwasserstämmle (aus Schokolade, Kirschkompott und -sorbet) auch bei gebackener Milchlammschulter, geschmortem Rinderbugblatt oder einem guten Viertele. Ansonsten sieht man beim Wein weiter als aus den ältesten deutschen Kippfenstern, nämlich in die ganze Welt der Reben. Weil aus denen am Hang gegenüber nix wurde, steht dort heute das mehr als stattliche Hotel.

15

DORFSTUBEN

im Hotel Bareiss im Schwarzwald

72270 · Mitteltal · Hermine-Bareiss-Weg

(0 74 42) 4 70 info@bareiss.com

www.bareiss.com

Gastgeber: Ingrid Jedlitschka

Küchenchef: Wilhelm Himmler

Menü 52 € · à la carte 18/51 €

res.

Die Täfelung ist aus wirklich altem Holz, auch der grüne Kachelofen ist echt. Die mondäne Hotelwelt der Familie Bareiss zeigt in diesen beiden niedrigen Stuben ihre regionalen Wurzeln: Schwarzwälder Uhren, ein gemütlicher Erker und kleine Sprossenfenster verbreiten wohlige Behaglichkeit in der einen, Jagdtrophäen und -utensilien in der anderen.

Vorweg kommen Radieschen und Schmalz auf den rustikalen Tisch, dazu gibt’s nichts Aufgebackenes, sondern herzhaftes Bauernbrot, das seine kräftige Kruste im Ofen eines richtigen Bäckers bekam. Die Karte bietet Spezialitäten aus dem Südwesten, vom Vesper für Zwischendurch bis zu klassischen Gerichten, von Kutteln über Maultaschen bis zur Bauernente aus dem Rohr. Auf Wunsch werden auch kleine Portionen serviert.

Das Tatar von der Forelle aus eigener Zucht schmeichelt mit Sauerrahm dem Gaumen, es kommt mit Carpaccio und Chutney von Roter Bete. Eine Radieschenvinaigrette gibt der fein marinierten Ochsenbrust erfrischende Säure. Die Roulade vom Hinterwälder Weiderind ist schön mürbe, die hausgemachten Nudeln haben Biss, Rosenkohl und Spätburgundersauce runden trefflich ab. Die zart geschmorte Schulter vom Älbler Lamm wird mit Pastinaken und Kartoffelnocken gereicht. Zum Nachtisch gibt’s schwäbische Apfelküchle mit Rahmeis. Besonders gut geschmeckt hat uns der geeiste Gugelhupf, der mit eingelegten Gewürzkirschen und Nougatcreme an den Klassiker des Schwarzwalds erinnert, die Kirschtorte.

Die kleine Weinkarte bietet gut ausgewählte Gewächse aus Baden und Württemberg auch offen an. Und der Service ist so herzlich, dass wir glauben, die Legende von der Schwarzwälder Gastlichkeit sei wirklich wahr.

13

FORELLENHOF BUHLBACH

72270 · Buhlbach · Schliffkopfstr. 64

(0 74 42) 4 70 info@bareiss.com

www.bareiss.com

Küchenchef: Oliver Ruthardt, Oliver Steffensky

à la carte 20/38 €

Im hintersten Winkel des Buhlbachtals steht ein Schwarzwaldhaus mit Walmdach und Glockentürmchen. Es wirkt so, als ob es schon immer zu dieser wildromantischen Landschaft gehört hätte. Aber das täuscht: Zwar hat eine traditionsreiche Fischzucht seit 1908 hier ihre Teiche angelegt, doch als vor wenigen Jahren die Hoteliersfamilie Bareiss aus dem benachbarten Mitteltal den Betrieb übernahm, wurde der Ausflugsgasthof neu gebaut.

Bei schönem Wetter sitzt man auf der Terrasse und schaut in idyllischer Ruhe auf die Tannen ringsum. Innen gibt es zwei Stuben – eine mit offenem Kamin, die andere mit grünem Kachelofen. Die großen Tische sind Programm: Wie in einer Vesperstube platziert das freundliche Personal die Gäste dort, wo noch etwas frei ist. Man kann nicht vorab reservieren – wenn alle Plätze belegt sind, muss man warten. Kann den Fischen in den Zuchtbecken zusehen oder den Duft der Räucherkammer riechen.

Auf der Karte stehen Forelle und Saibling im Vordergrund. Die Forelle gibt es blau oder als Müllerin, geräuchert mit Rote Bete-Apfel-Salat oder auf knusprigem Flammkuchen. Das dillgebeizte Saiblingsfilet kam mit erfrischender Radieschenvinaigrette, die auf der Haut gebratene Variante mit Rahmwirsing war ziemlich kross gebrutzelt. Ansonsten stehen Klassiker der Regionalküche zur Wahl: Maultaschen, Schinken, zum Nachtisch Apfel- und Käsekuchen nach Großmutters Art.

Die Weinkarte bietet eine Auswahl guter Gewächse aus Baden und Württemberg. Wer den Geschmack des Schwarzwalds mit nach Hause nehmen will, kann im kleinen Laden geräucherte Forellen kaufen.

16

KAMINSTUBE

im Hotel Bareiss im Schwarzwald

72270 · Mitteltal · Hermine-Bareiss-Weg

(0 74 42) 4 70 info@bareiss.com

www.bareiss.com

Küchenchef: Wilhelm Himmler

Mittags von Montag bis Freitag

Menü 59/78 € · à la carte 28/71 €

res.

In diesem klassischen Restaurant sitzt man wie in einem großzügigen Wohnzimmer. Nach Art des Hauses ist es im Landhausstil gehalten, Pastellfarben und warmes Holz prägen das Ambiente. An kühlen Tagen brennt tatsächlich ein Feuer im offenen Kamin, im Sommer wird auch auf der geschützten Terrasse mit Blick aufs freundliche Schwarzwälder Tal serviert.

Klassiker der europäischen Küche prägen die Karte, heimatliche und mediterrane Aromen halten sich die Waage. Hier lässt es sich entspannt genießen, ganz gleich, ob man das Fünf-Gang-Menü wählt oder à la carte bestellt. Man spürt den Ansporn durch das benachbarte Gourmetrestaurant – in der Qualität der Produkte, den exzellent abgeschmeckten Saucen und dem süffigen Geschmack. Die Teller sind ästhetisch angerichtet, ohne jemals zu überfordern.

Kräftiger Pot au feu von Jakobsmuscheln und jungem Gemüse besticht durch üppigen Krustentierfond, sautierte Riesengarnelen gefallen kreativ begleitet mit Chips von lila Kartoffeln und Piment d’Espelette-Mayonnaise, wolkig-zart gebratenes Kalbsbries harmoniert mit pointierter Madeirajus, Lauch und Pfifferlingen.

Hauptgerichte bietet man auch in kleinen Portionen an, und das ist gut so, denn sie fallen in diesem großzügigen Haus so aus wie anderswo die großen. Ikarimi-Lachs wird mit Pinienkernkruste und Wermutsauce serviert, dazu reicht man à part fein säuerliches Zitronenrisotto. Medaillons vom Hirschrücken kommen perfekt rosa gebraten, umspielt von konzentrierter Sauce mit fruchtiger Cassis-Note, dazu gibt es Blumenkohl als Röschen und Püree sowie, im eigenen Schüsselchen auf den Tisch gestellt, beste handgeschabte Spätzle.

Die reiche Käseauswahl konkurriert mit einer Dessertkarte, die ein halbes Dutzend Verlockungen bietet, von in Grand Marnier marinierten Erdbeeren mit locker-luftiger Mousse von weißer Schokolade bis zum Aprikosen-Topfenstrudel mit Nougatsauce, delikat flankiert von Haselnusseis, Aprikosenragout und Nougatmousse.

Das Ambiente lebt auch vom sehr aufmerksamen jungen Service, der mit gewinnender Herzlichkeit auftritt. Die internationale Weinkarte kredenzt eine große Auswahl, im Zentrum stehen Gewächse aus Deutschland und Frankreich.

16

KÖHLERSTUBE

im Hotel Traube Tonbach

72270 · Tonbach · Tonbachstr. 237

(0 74 42) 49 26 65 reservations@traube-tonbach.de

www.traube-tonbach.de

Gastgeber: Jan Maetzing

Küchenchef: Florian Stolte

Mittags außer Samstag, Sonn- und Feiertag

Menü 105/145 € · à la carte 64/95 €

res.

Dürften wir nur einen einzigen Grund nennen, hier zu essen, wären es die Saucen. Man schwelgt in der Hollandaise zur Seezunge auf Petersilienpüree, der Beurre blanc zum Zander mit Topinambur in allen Konsistenzen oder im Kalbsrahm zu schweizwürdigem Züri-Gschnätzlets. Dieses Saucenglück ist dem Vorleben von Küchenchef Florian Stolte als Saucier in der Schwarzwaldstube zu danken.

Aber man darf sich hier ja über so vieles mehr freuen. Etwa das beigestellte Töpfchen mit würzigem geschmortem Bäckchen und grünem Risotto zum krossen Lammrücken auf einem Bett aus Avocado, Artischocke und Paprika, ein perfektes Steak mit gebratenem Gemüse inklusive Kartoffel ohne Pfannengeruch und Wok-Attitüde oder das senkrecht auf dem Teller liegende Forellenfilet im leichten Brotmantel, der mit rotem Forellenkaviar verziert ist, mit einem links daneben als Mondsichel geformten bunten Salat aus Rettich, Gurke und Radieschen in Form von Röllchen, Perlen, Mirepoix und Halbkugeln.

Wer Kreatives sucht, wird à la mode mit Trüffel-Dashi zum Surf’n’turf von Felsenhummer und Schweinebauch oder Hijiki-Alge (und kalt serviertem Reis) zum Gänseleberparfait mit Pfirsich beglückt. Oder kann begutachten, wie sich Ricotta und Parmesan, Steinpilz und Kräuterseitling zu Tortellini kombinieren lassen, und wird als jüngerer Gast von einem vermutlich noch nie gesehenen Oldie wie den beiden Pflaumen im Speckmantel auf gebratener Gänseleber (mit Speckwürfelchen im sonst makellosen Jus) überrascht. Bis auf diese fette Reminiszenz ist alles à jour, der in Leche de Tigre marinierte und mit Cayennepfeffer a gusto geschärfte Thunfisch ebenso wie die gebeizte Gelbschwanzmakrele mit pochierter Gillardeau-Auster, Apfel-Wasabi-Eis und Petersilienwurzel im Gemüsesud. Auch das derzeit so viel beschworene Sharing-Konzept wird hier bei Fisch und Garnelen à la Ceviche oder Thai-Hühnersalat bestens umgesetzt.

Als Dessert ein Must für den figurbewussten Erstbesucher ist ganz gewiss das Kirschwasserparfait als köstliche Entschärfung der Kalorienbombe Schwarzwaldtorte, wer’s opulenter mag, wählt Pistazienfinancier mit glasierten Kirschen und Pistazien-Pralinéeis. Müssen wir hier erwähnen, dass einen die Weinkarte anlacht und der Service anlächelt? Wir tun es trotzdem dankbar.

17

SCHLOSSBERG

im Hotel Sackmann

72270 · Schwarzenberg · Murgtalstr. 602

(0 74 47) 28 90 info@hotel-sackmann.de

www.hotel-sackmann.de

Gastgeber: Manuel Vogel und Uwe Joel

Küchenchef: Jörg und Nico Sackmann

Mittags; Montag, Dienstag

Menü 125/178 € · à la carte 59/145 €

res.

Ein Tag in der Übergangszeit. Das Wetter weiß nicht, was es will. Doch beim dritten Gruß aus der Küche ist das vergessen. Er wirkt unspektakulär, bringt aber das Gemüt ins Gleichgewicht: Eine leichte Zwiebel-Carbonara schmeichelt mit einem Eigelb, das in Olivenöl perfekt pochiert und mit einer Wolke von allerfeinsten Parmesanspänen gekrönt wurde.

Jörg Sackmann, der gemeinsam mit seinem Sohn Nico kocht, bedient sich hier im romantischen Murgtal souverän aus einem riesigen Fundus von Zutaten und Gerichten aus aller Welt: von Chorizo-Creme bis Yuzu-Schnee, von Angelikawurzel bis Persimone (alias Engelwurz und Kaki), von Quinoa bis Kombucha – und schafft als einen Höhepunkt an Kombinationskühnheit die Gelbflossenmakrele mit Rambutan, Gänseleberflocken, Sake-Gelee und Anis-Crunch für das Originalität suchende Publikum.

Virtuos gestalten Vater und Sohn auch leichter begreifbare Gänge. Das saftige Fleisch des roh marinierten Black Cod (Kohlenfisch) harmoniert inniglich mit der dünn gehobelten Knolle der mild-würzigen Kapuzinerkresse sowie einem Lassi, das zurückhaltend mit Knoblauch aromatisiert wurde. Vom Duroc-Landschwein gibt es Bauch, Hals und Filet mit vorbildlich konzentrierter Earl Grey-Sauce, feine Säure beisteuernder confierter Grapefruit und Crunch hinzufügendem Baiser mit herzhaftem Kreuzkümmel-Espuma. Und auch das vegetarische Menü ist mit gleicher großzügiger Hingabe zusammengestellt wie die Gerichte der Fleischesser. Da kommt kein Gemüse mit Alibisauce – der Blumenkohl wird kombiniert mit Korianderhummus, Korinthen und Jaipur-Joghurt.

Beim Dessert zeigt sich der Schwarzwald von der jungen Seite: Der hiesige Gin „Monkey 47“ passt als leichter Schaum perfekt zu den feinen Filets der Amalfi-Zitrone, dazu gibt’s noch elegante Zitronenröllchen und Wacholderstaub. Bei den Petits Fours lebt die Pâtisserie noch einmal ihre Lust an der kreativen Spielerei aus.

Die Weinkarte bietet eine gute Auswahl aus Baden, dem übrigen Deutschland und den europäischen Nachbarländern. Die Neue Welt ist ausreichend vertreten. Das Restaurantambiente in einem Stil, den es nie gab, hat seinen ganz eigenen Schlossbergcharme.

19,5

SCHWARZWALDSTUBE

im Hotel Traube Tonbach

72270 · Tonbach · Tonbachstr. 237

(0 74 42) 49 26 65 reservations@traube-tonbach.de

www.traube-tonbach.de

Gastgeber: Stéphane Gass und David Breuer

Küchenchef: Torsten Michel

Montag, Dienstag, Mittwochmittag

Menü 165/245 € · à la carte 102/194 €

res.


„Elf Freunde müsst ihr sein“ – was für den Fußball gilt, kann in der Hochleistungsdisziplin Spitzenküche nicht falsch sein. Wobei neben Torsten Michel nicht nur elf Köche, sondern auch zwei Pâtissiers sowie eine perfekt eingespielte Servicemannschaft Tag für Tag eine grandiose Leistung vollbringen.

Nach dem Generationenwechsel stehen der Restaurantlegende im Tonbachtal heute mit Michel, Stéphane Gass und David Breuer drei Vollblutgastronomen einer Generation vor, die verstanden hat, dass Teamgeist oberstes Gebot ist, wenn man auf Dauer erfolgreich bleiben will. Der gebürtige Dresdner Michel ist als Küchenchef auch deswegen eine Idealbesetzung, weil er nie das eigene Ego in den Vordergrund stellt, sondern bestes Handwerk, exzellente Produkte, genussorientierte Kreativität und eben: das Team. Den Rahmen für seine zeitlos gute Küche bietet ein großzügiger Raum, von zwei Seiten mit Licht sowie Schwarzwald-Panorama erfüllt und mit bequemen Sesseln und Sitzbänken puristisch-elegant gestaltet. Ein stilvolles Ambiente, nicht nur für drei Menüs, sondern auch für eine gastfreundliche à la carte-Auswahl.

Wie genau man im beschaulichen Tonbachtal aktuelle Entwicklungen verfolgt, zeigt nicht nur die Tatsache, dass seit Jahren auch ein vegetarisches Menü angeboten wird, sondern die Raffinesse seiner Gerichte: Hätte man sich je träumen lassen, welche Delikatesse eine schlichte Gartengurke entwickeln kann? Ihre Aromatik lotet Michel in alle nur denkbaren Tiefen aus, wenn er Sorbet auf gehobeltem Gurkensalat anrichtet, dazu Buttermilchwürfel gibt und eine gekühlte Bouillon auf Basis von extrahiertem Gurkensaft angießen lässt. Auch die aktuelle Vorliebe für alles Japanische zitiert er auf seine Art, indem er den Wildlachs „Kishū“ ähnlichen Arbeitsschritten unterzieht wie man sie in der gleichnamigen japanischen Provinz dem Bonito angedeihen lässt: Der Fisch wird im Haus behutsam geräuchert und, bildhübsch als Kranz angerichtet, mit Lachsgelee und -kaviar serviert. Clou des Tellers ist die zentral platzierte Mousse vom fermentierten Lachs, die seine Aromatik in neue Sphären ausdehnt, garniert mit Rettich, Buchenpilzen und Krauser Glucke.

Den noblen Steinbutt für zwei füllen kurz pochierte Gillardeau-Austern, zur kross gebratenen Rotbarbe mit Gewürztomaten, Cocobohnen und pikantem Paprikachutney wird eine Coulis aus geschmortem Gemüse, Olivenöl und Basilikum angegossen. Den auf Korianderspinat gebetteten Kaisergranat bester Provenienz und Frische benetzt fabelhaft aromatisierter Mumbaicurrysud, dazu bringen Granny Smith und confierte Zitrone Frische ins Spiel.

Michel ist nicht nur ein hochtalentierter, sondern auch mutiger Küchenchef, der sich nicht scheut, einem als profan geltenden Produkt wie der Kalbsleber zu neuen Ehren zu verhelfen. Die sensible Innerei wird ungewöhnlich dick geschnitten und bei niedriger Temperatur in aufgeschäumter Butter leicht gar gezogen, so dass sie herrlich saftig bleibt; in der Pfanne verleiht man ihr anschließend schöne Röstaromen und eine leichte Kruste. Mit Schmorsaft nappiert und von Pfifferlingen und einer Erbsenvariation begleitet, ist sie ein Gedicht.

Steht Zicklein aus Burgund auf der Karte, kommt nicht wie anderswo ein „Best of“, sondern eine Art Gesamtkunstwerk. Michel schmort die Schulter, brät Keule sowie Innereien, schneidet das Fleisch klein und mariniert es in Gin, Wacholder und Thymian. Dann dreht er ein Drittel der Masse durch den Wolf, um dadurch eine Bindung für das gesamte Fleisch zu bekommen und es als eine Art Riesenroulade anrichten und fertig braten zu können. Eine Scheibe davon gibt er auf den Teller, darauf Croûtons aus Leber, Bries und Niere, drumherum garniert er geschwenkte Artischocken und Pfifferlinge und lässt dazu am Tisch den Schmorsaft mit gehackten Trüffeln angießen – großes Kino.

In der Pâtisserie folgte auf Pierre Lingelser mit Logan Seibert die nächste Generation, ebenfalls aus dem Elsass und nicht minder begabt, wie edle Schokolade aus Madagaskar mit hohem Kakaoanteil in Form von Kieselsteinen, flankiert von schwarzer Kirsche als Gelee, Sorbet und in Portwein und Sherry marinierter Frucht beweist.

Der Clou aber war im Sommer ein herrlich frisches Dessert von Gariguette-Erdbeeren in Gestalt eines spielerisch hingehauchten Törtchens. Die Basis bildet ein runder Baba au Erdbeerlikör, darauf thront ein hauchdünnes Croustillant „Gavottes“ à la Erdbeergranité, auf dem Früchte, leichte Crème Chantilly und ein Erdbeersorbet höchst dekorativ angerichtet wurden.

Potenziert wird das Genusserlebnis durch die nie nachlassende Entdeckerfreude von Stéphane Gass, die bei jedem Besuch neue Fundstücke beschert. Auch nach sage und schreibe 29 Jahren entwickelt er die Weinkarte stetig weiter. So schenkt er zum Lamm einen Mouchão aus dem portugiesischen Alentejo ein, der es mit seiner eleganten, feinen Tanninstruktur mit vielen Bordeaux aufnehmen kann.

Und der zum Aperitif gereichte Champagner von Fabrice Pouillon ist dank des eigentlich aus der Sherry-Erzeugung bekannten Solera-Verfahrens so vielschichtig, dass man ihn gleich auch zu den Vorspeisen weitertrinken kann.

Wer zum ersten Mal dies berühmte Restaurant betritt, ist erstaunt, mit welch angenehm unzeremonieller Lockerheit hier große Gastfreundschaft gelebt wird. Das ist nicht zuletzt das Verdienst von Maître David Breuer, der schlaksige Lässigkeit mit absoluter Professionalität verbindet und zeigt, dass man auch in Zeiten des Down-Dressing keine Turnschuhe tragen muss, um eine Tischrunde locker zu machen. Ihm stehen viel bessere (und kleidsamere) Mittel zur Verfügung: Charme, Humor und ein feines Gespür für die Bedürfnisse jedes einzelnen Gastes. Seine junge Servicebrigade führt er so wie Torsten Michel seine Köche – als Team. Für den lebenden Beweis, dass Highend-Gastronomie durch gute Laune noch genussvoller wird, küren wir David Breuer zum Gastgeber des Jahres 2020 – Glückwunsch!

Möglich gemacht wird dieses Gesamtkunstwerk last not least durch Patron Heiner Finkbeiner, der für die große Küche brennt wie wenige deutsche Hoteliers. Und so verlässt man sein großzügiges Haus nach jedem Besuch mit jenem herrlich schwebenden Gefühl, als segelte man auf einer Wolke des Genusses über das grüne Tonbachtal.

BALDUINSTEIN

15

AM KACHELOFEN

im Landhotel zum Bären

65558 · Bahnhofstr. 24

(0 64 32) 80 07 80 info@landhotel-zum-baeren.de

www.landhotel-zum-baeren.de

Gastgeber: Corina Buggle

Küchenchef: Joachim Buggle

Montag, Dienstag

à la carte 31/87 €

res.

Der Bär hat abgespeckt, strotzt aber weiter vor kulinarischer Kraft. In der „Bibliothek“, die einem englischen Clubzimmer gleicht und bis 2018 Gourmetrefugium war, gibt’s nun die gleiche Karte wie im Landhausambiente des „Kachelofen“ und in der bistroartigen „Weinstube“. Und Bärenführer ist nun die seit Jahren bestens eingearbeitete achte Generation im Hause: Joachim und Corina Buggle.

Er macht in der Küche im bewährten Stil seines Vaters weiter. Die meisten Gerichte sind nicht mehr so aufwendig komponiert und zubereitet wie das frühere Gourmetangebot, aber die Produkte weiterhin durchweg tadellos und die Gerichte leicht, sinnvoll strukturiert und harmonisch im Geschmack. Die hinreißende, cremige Gänseleberterrine mit gutem Gelee und die Gänseleberpraline mit Paranussbröseln erfüllen die hohen Erwartungen der Foie gras-Fans, die Süße und Säure fein ausbalanciert finden. In der pikanten Curry-Kokos-Suppe mit einer Einlage aus festem gebratenem Gemüse ist die Schärfe durch subtil dosierte Kokos ideal eingebunden. Der mit reichlich Kräutern und Knoblauch gebratene Pulpo auf schlotzigem Safranrisotto mit leichtem Rieslingschaum ist perfekt gegart, der Frischlingsrücken im eigenen Saft auf glaciertem Spitzkohl könnte etwas früher vom Feuer.

Wer’s einfacher mag, bekommt Wiener Schnitzel mit Bratkartoffeln, Rumpsteak mit Bohnencassoulet und Kartoffel-Bergkäse-Püree oder den unverwüstlichen Hausklassiker Rindersauerbraten mit Karotten, Erbsen und Tagliatelle.

Der kompetent, locker und freundlich auftretenden Maître-Sommelière Corina Buggle steht im Service ein seit Jahren bewährtes Damenteam zur Seite. Die großartige Weinkarte dokumentiert mit zahlreichen alten Granaten aus Frankreich und Italien die Passion der bisherigen Gastgeber, ist seit der Saison 2019 aber auch bei den Weißen up to date und fair kalkuliert.

BARMSTEDT

13

RESTAURANT IN LAY’S LOFT

25355 · Schlickumstr. 1

(0 41 23) 9 29 05 77 info@lays-loft.de

www.lays-loft.de

Gastgeber: Fritz Lay

Küchenchef: Klaus Platzer

Montag, Dienstag

Menü 55/100 € · à la carte 26/73 €

res.keine Kreditkarten

Einer Museumvisite gleicht diese pittoreske Loft- Location. Allein die Antiquitäten und das originelle Sammelsurium von kleinen und großen Schätzen in der ehemaligen Wachsfabrik lohnen den Besuch. Zahllose Gemälde, Möbelstücke, Statuen, Kandelaber, Vasen und Disney-Figuren kommen in den verschachtelten, balkenbewehrten Räumen zum Vorschein, während im ersten Stock romantische Séparées Sekundenträume wecken. Obendrein kann man in dieser accessoirereichen Dekoration essen: Der Loft-Style harmoniert mit dem Stilmix einer Küche, die sich sehen lassen kann.

Neben einem würdevollen Käsewagen von Christofle und Digestifwagen alter Zeiten liest man unter dem dämmrigen Kristallleuchter die leuchtende Tablet-Karte. Gutbürgerliches wie Roastbeef, Kalbsleber und Fischsuppe „Klaus“ mit Fenchel und Pernod ist übersichtlich gegliedert, die Küche spannt den Bogen aber weiter mit mediterran und asiatisch angehauchten Gerichten.

Bildhübsch inszeniert sind die Vorspeisen. Die Tomatenessenz auf einer antiquarischen Silberschale mit Blümchenvase gewinnt durch vollreife Tomaten, Basilikum und dünnteigige Basilikum-Ravioli Löffel für Löffel an Aroma. Schön anzuschauen sind auch die knackigen Garnelen in einem knusprig gebackenen Kartoffelmantel aus dünn gespritzten Streifen; ein fruchtig-süßlich-scharfer Chili-Dip gibt dem Gericht genau den richtigen Kick. Saftig gebraten die Rinderfiletspitzen mit würzig-anregender Teriyakisauce, Sprossen, Zwiebel, Paprikastreifen und körnigem Basmatireis, klassisch das saftige Kalbsrückensteak „Fine Herbs“ mit frischen Pfifferlingen und mild-kräftiger Madeirasauce.

Liebenswert, bisweilen herzlich kümmert sich der Service, zum Espresso stehen wieder Blumenväschen neben kleinen Comic-Figuren auf einem Silberteller, die selbstverständlich zur Kunstgalerie zählen. Neben Daisy und Donald Duck hebt auch das Apfelküchle mit einer gewaltigen Vanilleeis-Kugel die Stimmung in der ungezwungenen Atmosphäre. (Eine Alternative zum entspannten Essen ist das „Fine Dining“ im lichten „Prinz Frederik Room“ mit sechsgängigem Überraschungsmenü auf Voranmeldung.)

BARSINGHAUSEN

14

GASTHAUS MÜLLER

30890 · Göxe · Golterner Str. 2

(0 51 08) 21 63 info@gasthausmueller.de

www.gasthausmueller.de

Gastgeber: Grit Müller

Küchenchef: Frank und Rolf Müller

Mittags außer Sonn- und Feiertag; Montag, Dienstag

Menü 45/69 € · à la carte 28/59 €

res.

Zu den Einheimischen, die ein Frischgezapftes trinken und dazu ein Entrecôte oder ein Kotelett vom Schwäbisch-Hällischen Schwein schmausen wollen, gesellen sich anreisende Liebhaber guter und fast unerreicht preiswerter Weine, die auch die passende anspruchsvollere Küche schätzen.

Gibt’s das 70°-Ei, hier schon ein Klassiker und daher mit der nötigen Routine hergestellt, kann man gleich zu Beginn eine wahre Umami-Orgie feiern. Denn es ist in sahniges Kartoffelpüree gebettet und mit Rauchaal aus dem nahen Steinhuder Meer kombiniert. Aus dem offenen Meer kommt vorzügliches Steinbuttfilet, das klassisch mit bisque-artiger, schön konzentrierter Sauce und Babyspinat begleitet wird (und letztens leider aufgrund ungewöhnlicher Salzschärfe nur ein getrübter Genuss war). Nichts zu beanstanden gab’s beim anschließenden Short Rib vom US-Beef, das von der Balance seiner begleitenden Elemente, einem kräftigen Sojafond und einem Stück noch fester und daher nicht übermäßig süßer Papaya, profitierte.

Meist wird nur ein Dessert angeboten, aber das stimmt stets vergnüglich, vor allem wegen des immer passgenau dazu empfohlenen Süßweins. Die „zerlegte Pavlova“ mag etwas grausam klingen, war aber keine schlechte Idee: Da der Baiseranteil in Form fester Splitter auf den Teller kam, diente Mascarpone als cremiges Element – wahrlich eine geschmackliche Verbesserung gegenüber dem australisch-neuseeländischen Tortenrezept mit viel Schlagsahne.

Ob man vorne in der großen Gaststube sitzt, in der Wagenräder mit Glühlampen als Leuchten dienen, oder das feinere, weniger norddeutsch-rustikal eingerichtete Hinterstübchen vorzieht: In jedem Fall wird man äußerst liebenswürdig umsorgt. Wer Spezialfragen in puncto Wein hat, wendet sich am besten direkt an die Gastgeberin Grit Müller.

BAUNACH

14

ROCUS

96148 · Bahnhofstr. 16

(0 95 44) 2 06 40 rocus@hotmail.de

www.restaurant-rocus.de

Gastgeber: Rosa Bluszcz

Küchenchef: Marcus Bluszcz

Montag; mittags Dienstag bis Samstag

Menü 60/90 € · à la carte 39/69 €

res.

Im ehemaligen Bahnhof von Baunach, der aus dem Jahr 1904 stammt und zwischenzeitlich sorgfältig renoviert und durch einen lichten Wintergarten erweitert wurde, serviert Markus Bluszcz internationale Gerichte mit mediterranem Einschlag. Die Zubereitungen sind schlicht, aber akkurat, die Produkte von guter Qualität.

Spanien zieht sich wie ein roter Faden durch Speise- und Weinkarte, was wenig wundern muss, stammt doch die Dame des Hauses aus dem Königreich. Und so gibt es hier die knackigen Garnelen mit reichlich Knoblauch in gutem Olivenöl gegart wie in Madrid oder Valencia, die mit Morcilla, einer spanischen Blutwurst aus Burgos, gefüllten bissfesten Ravioli samt gebratenen aromatischen Blutwurstscheiben oder das Filet vom Spanischen Landschwein mit Sherrysauce. Dazu bietet die Weinkarte eine schöne Auswahl der wichtigsten spanischen Anbaugebiete, listet aber auch ein paar deutsche, französische und italienische Flaschen, die sicherlich zu gebratener Gänsestopfleber mit karamellisierten Heidelbeeren, punktgenau gebratenem Rinderfilet mit Pfifferlingen und Gratin oder trüffelüberkrustetem Lammrücken schmecken. Süßmäuler kommen beim mächtigen warmen Schokoladenkuchen mit Honigeis oder bei Crème brûlée mit Papayasorbet auf ihre Kosten, alternativ gibt es eine gute Käseauswahl. Den freundlichen Service bestreitet Rosa Bluszcz mit heimatlichem Charme.

BERCHTESGADEN

14

JOHANN GRILL

im Kempinski-Hotel Berchtesgaden

83471 · Hintereck 1

(0 86 52) 9 75 50 info.berchtesgaden@kempinski.com

www.kempinski.com/berchtesgaden

Gastgeber: Alexandra Hochsteiner

Küchenchef: Sebastian Weigl

Mittags

à la carte 33/87 €

res.


Der Name ist Konzept: Johann Grill durchstieg 1881 als erster Bergsteiger die Watzmann-Ostwand – der Gipfel ist mit 2713 Metern Wahrzeichen der Berchtesgadener Alpen und Teil des spektakulären Alpenpanoramas, das sich den Gästen im Sommer auf der großen Terrasse bietet. Auch drinnen ist die Bergwelt präsent mit Materialien wie Leinen und Filz, Naturstein wie Gneis und Schiefer. Mit seinen klaren Linien und großzügigen Fensterfronten hat das Restaurant jedoch nichts von traditioneller Alpentümelei, sondern gibt sich modern und weltoffen. Das gilt auch für die Küche, besonders seit sie der junge Sebastian Weigl führt.

Das auf Produkte aus der Region fokussierte Konzept mischt der gebürtige Bayer, der sich in den Zuma-Restaurants in London und New York die große asiatische Aromenwelt erarbeitete, gewitzt auf: Hervorragender Alpenlachs aus einer nahen Zucht wird nur behutsam gebeizt und mit Senf-Miso, chiligeschärfter Gartengurke, Koriander und erfrischender Zitrus-Limetten-Vinaigrette auf weltläufig getunt; „spicy“ Dumplings sehen chinesisch aus, bringen aber mit ihrer Füllung aus angeschärftem Alpenlamm und einem Dip von mildem Schafsjoghurt die Heimat auf den Teller. Und man wundert sich, wie gut japanisches Ponzu-Gel zum Tatar von der Chiemgauer Färse mit fließender Eigelbcreme und geröstetem Bergbauernbrot passt.

Auch die Hauptgänge zeugen von der Kreativität des jungen Küchenchefs. Sowohl der gegrillte Stör (aus der nahen Vorbildzucht von Walter Grüll), den eine Nocke Tomatenmarmelade, krustentierbombige Flusskrebsemulsion und feinsäuerliche Limonenmousseline spannungsreich begleiten. Als auch der Bio-Gockel aus der Region, von Weigl im Ganzen verarbeitet: die Brust in Madeira pochiert, die Keule geschmort und als Ragout serviert, die Sauce aus der Keule gezogen, dazu junge Erbsen als Gemüse und Püree, Brokkoli und für die Säure etwas Bergamotte-Gel. All das ist feinfühlig abgeschmeckt, hübsch präsentiert und erreicht bisweilen schon 15 Punkte-Niveau, bis hin zu Desserts wie Crème brûlée oder Topfenmousse, schmeckbar aus frischer Bergbauernmilch bereitet, oder lauwarmem Schokoladenkuchen mit Erdnusskern und Bergblütenhonig-Eis.

Die Weinkarte bietet einen guten Querschnitt durch Europas Regionen, mit deutschem und österreichischem Schwerpunkt.

16

PUR

im Kempinski-Hotel Berchtesgaden

83471 · Hintereck 1

(0 86 52) 9 75 50 info.berchtesgaden@kempinski.com

www.kempinski.com/berchtesgaden

Gastgeber: Julian Grunwald

Küchenchef: Ulrich Heimann

Mittags; Sonntag bis Dienstag

Menü 85/175 € · à la carte 54/132 €

res.


Bei Erscheinen dieses Buches wird das ehemalige Le Ciel bereits Baustelle sein, um am 1. Februar unter seinem neuen Namen PUR im ebenfalls komplett neuen Design wiederzueröffnen. Ansonsten bleibt hier für die Gourmets auf rund 1000 Metern Höhe alles beim Alten: Das großartige Alpenpanorama, das man aus dem kreisrunden Restaurant und natürlich auf der Terrasse bewundern kann ebenso wie das eingespielte Team rund um Küchenchef Ulrich Heimann, der seit der Eröffnung des Hauses vor 15 Jahren auf dem Posten ist, und um Restaurantleiter Julian Grunwald, der aus dem Münchner Königshof kam und dementsprechend für einen ebenso geschliffenen wie persönlichen Service steht.

Heimanns Küche bietet auch weiterhin die Wahl zwischen einem regionalen Menü sowie einem mit globaler Aromenwelt, auch eine Auswahl vegetarischer Gerichte ist im Angebot. Der Gast kann sich aus all dem sein Wunschmenü zusammenstellen, die Stilistik mit ihrem Fokus auf guten Produkten, ebensolchem Handwerk und moderner Optik bleibt sich treu. So startet man etwa weltoffen mit formidabler Königsmakrele, mit Passionsfrucht und Orange im Ceviche-Stil mariniert, begleitet von Avocadotatar und -eis. Oder mit Scheiben von gebratener Jakobsmuschel samt Kohlrabi, Apfel-Gel und gehobelten Radieschen, umspielt von Dashi-Sud. Die Region kontert mit confiertem Seesaibling aus der Vorbildzucht von Walter Grüll (von ihm stammt auch der exzellente Kaviar im Topping), leuchtend grün, frisch und herb umspielt von Gurkensud und Dillöl.

Dass man der kulinarischen Grande Nation verbunden bleibt, auch wenn man den allzu französischen Namen ablegt, beweisen gebratene Gänseleber mit allerlei Kirschspielereien (als Chutney, Gel oder mit der Leber gefüllte Frucht) und dezent eingesetzten Schokoaromen oder auf der Haut gebratene Rotbarbe mit Artischocke (frisch und als Püree), Serranoschinken und Crème fraîche-Parmesan-Nage. Heimanns in langen Jahren aufgebaute Beziehungen zu den Jägern des Alpenraums verdanken die Gäste Rehrücken von seltener Güte, im Gewürzmantel scharf angebraten und mit Beurre blanc arosiert, in Begleitung von Topfentörtchen, Johannisbeere und Fichtensprossenperlen eindeutig der Star unter den Hauptgängen der Saison.

Die junge Pâtissière serviert selbst ihre geeisten Marillenknödel mit Buttermilchmousse, weißer Schokolade und Portwein-Marillen-Sud oder ihren aus Florida inspirierten Key Lime Pie, den sie dekonstruiert mit Limettenparfait, abgeflämmter Meringue und Sauerrahmeis interpretiert. Dazu zückt Julian Grunwald einen berückenden Eiswein aus Transsylvanien, bei dem das Weingut Kracher Pate stand, wie ohnehin das nur wenige Kilometer entfernte Österreich die gut sortierte Weinkarte gemeinsam mit den deutschen Winzern dominiert; neben Italien und Frankreich sind auch seltener zu habende Anbauregionen des Alpenraums wie Slowenien und die Schweiz vertreten.


BERGISCH GLADBACH

15

TRATTORIA ENOTECA

im Grandhotel Schloss Bensberg

51429 · Bensberg · Kadettenstr.

(0 22 04) 4 29 15 info@schlossbensberg.com

www.schlossbensberg.com

Gastgeber: Daniel Wilhelm

Küchenchef: Marcus Graun

Menü 50/99 € · à la carte 27/67 €

res.

Die Trattoria Enoteca im Schloss Bensberg ist mittags wie abends stets gut besucht, denn die kreative Cucina casalinga von Marcus Graun setzt Maßstäbe für die italienische Küche in der Region. Mittags wählt man ein 2- oder 3-gängiges Lunch-Menü zu 24 bzw. 29 €, abends gibt es unter der Woche kulinarische Themenabende: Montags und mittwochs locken die fleischlichen Genüsse, dienstags und donnerstags jahreszeitliche 3-Gang-Menüs. Zum Aperitif wird ein Brettchen mit Mortadella, Salami und Südtiroler Speck sowie Öl, Grissini und zweierlei Dips serviert. Perfekt gebraten und angerichtet auf lauwarmen Linsen mit süß-saurer, sizilianischer Caponata kommt dann die Makrele, inhaltsreich die Livorneser Fischsuppe mit Filets, Krustengetier und Pulpo. In fruchtiger Tomatensauce liegen die hausgemachten Blutwurst-Ravioli und zu den mit Ziegenkäse und Fenchelsamen gefüllten Tortelloni erfreuen Auberginen als gut gewürztes Tatar und gegrillter Sud. Zielt das tadellose Kalbsfilet mit jungem Gemüse und Rosmarinkartoffeln auf die konservative Klientel, treffen Rücken und Bauch vom Lamm mit Raps und Sauerkirschen oder Steak vom Mangalitza-Schwein in klarer Tomatenvinaigrette mit Erbsencreme den Geschmack der probierfreudigen Gäste. Die vier Büffelkäse aus der Nähe von Bergamo sind ein markanter Abschluss, die Desserts reichen vom typischen Tiramisu bis zur Variation der Pistazien aus Bronté als Flan, Krokant und Sponge mit Ricotta-Honig-Eis in Limoncello-Süffigkeit.

Die Weinkarte listet ausgesuchte Weine aller italienischer Anbaugebiete, bei deren Wahl einem Sommelier Daniel Wilhelm gerne zur Seite steht. Man sitzt drinnen in fast edlem Trattoria-Flair, draußen auf einer entspannenden Terrasse.

19,5

VENDÔME

im Grandhotel Schloss Bensberg

51429 · Bensberg · Kadettenstr.

(0 22 04) 42 19 40 info@schlossbensberg.com

www.schlossbensberg.com

Gastgeber: Christoph Lange

Küchenchef: Joachim Wissler

Montag, Dienstag; Mittwoch- bis Freitagmittag;

Menü 220/295 € · à la carte 85/160 €

res.

Joachim Wisslers Küche gelingt das Kunststück, sich treu zu bleiben und doch immer neu zu erfinden. Auch bei amüsanten Kleinigkeiten: Vom Signature Dish „Toffivee“ (sic!), einem Gänseleberkaramell mit Piemonteser Haselnuss, hat man sich verabschiedet und es durch „Veese’s“ ersetzt – abermals mit dem „V“ des Restaurantnamens spielend. Hier zeigt Wissler, dass selbst in der absoluten Spitzengastronomie Augenzwinkern eine durchaus erwünschte Zutat ist. Zuerst bekommt man einen Lederbecher mit der Aufschrift „Peanut Foie Gras Cups“ und Würfel, die nicht zum Verspeisen, sondern echt sind! Der Hintergrund dieses Gags: Den neuen Gruß gibt es nie passend zur Gästezahl. Ein Zweiertisch bekommt drei der Leckereien aus Gänseleber, Erdnuss-Salz-Karamell und Zartbitterschokolade, die sich wie ihr Vorgänger an einer bekannten Nascherei orientieren. Die verwendete Salzmenge ist so auf den Punkt genau, dass man sofort süchtig nach der Spezialität wird. Weitere Grüße liieren Rote Bete, Gelbflossenmakrele, geeisten Leinsamen-Sabayon und Aquitainekaviar oder Shiso-Kresse, Tempura, Saiblingskaviar, Meerrettichcreme und Mecklenburger Physalis. Sie wecken den Gaumen aufs Anregendste, weil Wissler starke Akzente in Sachen Salzigkeit oder Umami zulässt, sie aber stets so perfekt einbindet, dass es einem erst im Nachhinein klar wird.

Wisslers Kulinarik steht immer auf dem Fundament der klassischen französischen Hochküche, die er wie aus dem Effeff beherrscht. Nur weil er dieses große handwerkliche Können besitzt und ein umfassendes Wissen um Gerichte und Kombinationen, kann er so frei und klug zusammenstellen.

Der von Casimir Moisson einst im Pariser Restaurant „Maison dorée“ kreierte Tournedos Rossini feiert bei Wissler eine kulinarische Auferstehung. Statt Rinderfilet kombiniert er einen Rehrücken mit Gänseleber. Trüffel und Madeira- oder Albufeirasauce gibt es nicht, Wissler arbeitet stattdessen mit schwarzen Nüssen, erfrischendem Selleriesalat und Sanddorn-Coulis, der sowohl eine feine Bitter-, wie eine intensive Fruchtnote beisteuert, die vor allem mit den ganz dünn geschnittenen schwarzen Nüssen herausragend interagiert.

Bei der Langoustine von frappierender Qualität bedient er sich in der Aromenwelt Indiens. Süßkartoffel, Tandoori-Marsalacreme und eine Karotten-Ingwer-Emulsion flankieren das Krustentier, welches sich durch die feine Süße und die hauchzarte Schärfe seiner Begleiter aromatisch erst richtig zu entfalten scheint. Diese beiden Gänge aus extrem unterschiedlichen Küchenwelten demonstrieren Wisslers atemberaubende Präzision und seine Kunst, ein großes aromatisches Orchester zu dirigieren.

Den Jakobsmuschelgang „Blue Coconut“ mit Sepia-Ravioli, Zuckererbsen und Aquitainekaviar splittet er auf, um die Meeresfrucht warm und kalt zu präsentieren und sie einmal salzig und einmal süß zu erweitern. Es ist interessant, wie oft Wissler mit Kaviar als Salz- und Jodspender arbeitet. Das funktioniert so gut, weil seine Küche so kleinteilig ist und diese Zutat des Miniaturbereichs perfekt in das kulinarische Räderwerk passt.

Dogmatismus war nie Wisslers Ding und er scheute sich nie, vermeintlich Profanes in seine Küche zu integrieren und dessen Eignung zur Haute Cuisine herauszustellen. Perlgraupengemüse zu Kabeljau und Gillardeau-Auster ist diesem Ansatz zu verdanken. Wie bei jedem Gang denkt Wissler auch hier dreidimensional in Temperaturen, Konsistenzen, Geschmacksnoten und Zubereitungsarten. Chicoréesalat sorgt für Bitternoten und rohen Crunch, Holunderblütenkaviar für Säure und Frucht. Großartig, wie durch dieses Aromenspiel der accuratissime gegarte Kabeljau aufblüht.

Wenn Wissler seine Gäste in neue Geschmackswelten führt, nimmt er sie immer sachte an der Hand. Dies ist vielleicht seine größte Leistung, dass solch durchdachte Gerichte sich erfahrenen Genießern ganz direkt erschließen und dabei Ebene um Ebene preisgeben.

Den Produktfetischismus der Nova Regio-Küche hat er schon immer gelebt, doch nie die Notwendigkeit gesehen, warum ein fabelhaftes Produkt nicht in einem größeren Ganzen aufgehen darf. Wissler hat durch sein Können die Freiheit erreicht, mit dem Besten zu kochen, egal welchen Ruf es genießt, und es allein aus kulinarischen Gesichtspunkten zu kombinieren. Natürlich hat sein Publikum den Anspruch an Edelprodukte, die häufig auch im Zentrum eines Ganges stehen. Die Challans-Ente ist solch ein Produkt, das er durch vielfältige Begleitung glänzen lässt, wobei der Gast seine Gabel nicht falsch zusammenstellen kann. Ob Blaubeerkompott, confierte Schwarzwurzel, Ingwerjus oder geräucherte Kartoffelmousseline, so gegensätzlich all dies sein mag, mit der herrlich rosa gegarten Ente im Zentrum ergibt alles sofort Sinn.

Bei einem Dessert wie „Waldspaziergang“ wird die Optik eines Waldbodens aufgenommen: ein Stein, Geäst, etwas wächst aus dem dunklen Boden. Moos? Es sind Holunder, Himbeere, Tannenwipfel und Petersilie. Viel Würze und Frucht lassen das Menü auf diese Weise nicht beschwerend enden, sondern auf hochfeine, süße Art. Die folgenden Petits Fours beinhalten auf jeden Fall eine Variation vom Magnumeis. Damit endet ein Menü hier genauso augenzwinkernd wie es angefangen hat. Man lächelt viel bei einem Essen im Vendôme – die Gerichte machen einfach glücklich.

Neu in dieser kulinarischen Institution im prachtvollen Grandhotel Schloss Bensberg ist Maria Rehermann aus Dresden, die in die sehr großen Fußstapfen von Sommelier Marco Franzelin trat, den es zu Andreas Caminada in die Schweiz zog. Sie war zuletzt im Bistro des Londoner Hide und davor im Berliner Reinstoff und will hier zunächst mal das Angebot im Bereich Neue Welt und bei Weißweinen aus dem Burgund erweitern.

Gault&Millau Restaurantguide Deutschland 2020

Подняться наверх