Читать книгу Gespalten - Patrick Bock - Страница 10

Оглавление

Kapitel 5

Blios der 29. Tag, schwarze Sonne

Sternenmeer – Zwischen Ataris und Para

„Bist du dir sicher, dass ich dich fesseln soll? Hier unten wird schon nichts passieren. Du kannst sie ja nicht sehen.“ Shamiira legte Tyrna die metallenen Fesseln an, die sie im Inneren des Dreimasters gefunden hatten. „Ich bin mir ja bei dir nicht mal sicher, ob dich diese Fesseln überhaupt halten könnten. Du warst beim ersten Mal bereits ziemlich einschüchternd und stark.“ „Ich weiß, Shamiira. Aber was soll ich denn machen? Wenn ich hier ausraste, dann…“ Tyrna legte ihre Hände ans Gesicht und begann zu weinen. Sie wollte nicht weinen, aber die Tränen kamen einfach so aus ihr heraus. Und mit jedem kleinen verzweifelten Gedanken, der ihr durch den Kopf schoss, begann sie von neuem an zu schluchzen. „Ich hätte beinahe meinem Bruder mit meiner schwarzen Art geschadet.

Ich hätte die Wächter auf Blizz ermorden können und wer weiß was ich noch alles tun würde, wenn ich wieder durchdrehe. Vielleicht verletze ich dich diesmal oder bringe uns und alle auf diesem Schiff um. Kette mich einfach an den Balken dahinten, Shamiira und mach mich nicht ab, egal was geschieht. Warte bis die dunkle Sonne verschwunden ist.“ Tyrna fing an sich die dicken Metallfesseln um ihre Handgelenke zu legen und so fest es ihr möglich war aneinander zu drücken. Shamiira ließ die Luft in ihren Lungen lange ausströmen, bevor sie dem Wunsch ihrer, nun ja, wie sollte sie sie nennen, war Freundin wirklich das richtige Wort, nachkam. Auf Derun hatte sie Tyrna und ihren Bruder Tyrnon kennengelernt und war prompt in ein Abenteuer verwickelt worden, das ihr Leben auf höchst spektakuläre Weise umgekrempelt hatte. Tyrnon war immer sehr nett zu ihr gewesen, wirkte aber neben Orgal, den sehr muskulösen Vulkanen mit seinem umwerfenden Duft, doch dann eher klein und zerbrechlich, was ihn aber nicht davon abhielt sich für andere aufzuopfern, selbst wenn das eigene Leben dadurch enden könnte. Kaum hatte sie an ihn gedacht, da drangen Bilder von Tyrnon mit seiner metallverzierten Hand und den langen ausgeprägten Hörnern in den Vordergrund.

Shamirra half Tyrna sich an den massiven Schiffsbalken zu ketten und lies ihren Gedanken einfach freien Lauf. Ja, wie soll ich dich nennen Tyrna? Wäre Freundin das richtige Wort für dich oder bist du eher ein Reisekamerad für mich? Ich weiß, dass du deinen Bruder retten willst. Ich weiß, dass du nur darauf wartest, wieder festen Boden unter den Füßen zu spüren, damit du herausfinden kannst, wie du deinen Bruder rettest. Ich will das ja auch. Tyrnon ist schon was ganz Besonderes, oder? Shamiira setzte sich Tyrna gegenüber und überprüfte ihr kleines Diebesgut, das aus Brot, Käse, Wurst und Wasser bestand. Beiden missfiel es zwar, dass sie das Essen aus der Kombüse stehlen mussten, jedoch hatten sie ja auch keine Wahl, wenn sie während der Überfahrt nicht verhungern wollten.

Völlig in Gedanken versunken, überlegte Shamiira ob Tyrna recht hatte und die dunkle Sonne für all das Leid verantwortlich war, was mit ihrer „Reisekameradin“ geschah oder ob einfach nur die tiefen dunklen Gedanken der jungen Frau durch ihre Macht im Körper physisch werden.

„Shamiira? Bist du wach? Kannst du mir was zu trinken geben?“ Shamiira öffnete die Augen und musste die Öllampe neben ihr weiter aufdrehen, damit sie ihre Kameradin erkennen konnte. Das Öl in der Lampe neigte sich langsam dem Ende zu und sie überlegte ganz kurz, ob sie Tyrna einfach ignorieren sollte, die Lampe löschen und sich wieder schlafen legen. Apropos, wann war sie eigentlich eingeschlafen? Sie konnte sich noch sehr gut daran erinnern, dass sie darüber nachdachte, was der Auslöser für Tyrnas dunkle Macht war und dass sie jetzt gerufen wurde. „War ich eingeschlafen?“ „Ja warst du Shamiira. Du hast glaube ich sogar fast einen ganzen Tag geschlafen. Ich wollte dich nicht wecken, aber es wäre nett, wenn du mir was zu trinken geben könntest und mir vielleicht ein Stück Käse und Wurst abschneidest. Und dann könntest du mir vielleicht beim…“ Tyrna verstummte abrupt in ihrem Redefluss und lies die Augen gen Boden sinken. „… könntest du mir den Topf zur Seite stellen und mir helfen damit ich mir meine Kleidung nicht versaue?“ Sie kann sehr höflich sein und irgendwie noch sehr kindlich. Kaum zu glauben, dass sie, dieses Kind, einst eine Sonnenstadt angriff. Shamiira erhob sich, schaute sich kurz in ihrer kleinen Ecke um und vergewisserte sich, dass niemand in der Nähe war, bevor sie Tyrna beim Essen und Trinken half und zu guter Letzt auch dabei, dass ihre Kameradin den Topf traf und nichts in der Kleidung landete. Besonders, da Tyrna wie Shamiira auch die typische offene Kleidung ihres Heimatmondes trug. „Danke, Shamiira. Es ist mir irgendwie peinlich dich um sowas bitten zu müssen. Besonders, da ich dein Volk angegriffen habe.“ „Ach Tyrna, das ist schon… shhhhhhh… ich glaube da kommt jemand…“ Shamiira stahl sich richtig in ihre kleine Sitzecke zurück. Sehr darauf bedacht an den Ketten und Fellen vorbei zu schleichen, die überall in der Ecke herumhingen, die sie sich beide als Zuflucht auserkoren hatten. Auf halbem Wege musste sie jedoch anhalten, als einer der Matrosen sich direkt vor sie schob. Sein Geruch brachte sie kurz zum Würgen. Dieser Matrose roch wie eine Mischung aus Rum und vergorenem Fleisch und anscheinend war er auch noch ziemlich alkoholisiert. Er stand etwas schief, aber direkt vor ihr, weshalb sie seine Augenklappe, die dicke Narbe unter seinem Kinn und das lange Messer an seiner Seite sehr gut erkennen konnte. In seiner linken Hand hielt er eine Laterne die ihr Licht so gut ausstrahlte, dass es nur eine Konsequenz geben konnte: Sie wurden gerade entdeckt.

„Na, wen habn wir den hier? Wusste gar nicht, dass wir Sklaven quer durchs Sonnensystem schippern. Lass disch mal anschaun, Mädel.“ Er trat näher an Tyrna heran.

Sie konnte sich gerade noch so aus seiner Bewegung stehlen und versuchte sich hinter den dicken Tierfellen zu verstecken, die ebenfalls in ihrer Zuflucht an den Holzbalken herunterhingen und nach etwas Brauchbarem zu tasten. „Hübsche Klamottn Schätsen.“ „Ich bin nicht dein Schätzchen. Ich bin überhaupt nichts für dich. Verpiss dich oder ich…“ „… Oda du tus was Püppi? Falls dus noch nisch bemerkt hast, du bist an einen Pfostn gekettet. Da is nisch viel mit machn. Und wenn isch mir deine Klamottn so anschau, bis du vermutlisch aus irgendein Bordell verkauft wordn, und wir dürfn disch jetzt zu deinem neun Besitzer schleppn. Aber wenn du ja schon ma hier bischt, kannscht du mir ja ma zeign wie gut du bischt, dass disch jemand UNBEDINGT habn will.“ Der Matrose trat näher an Tyrna heran, hing die Öllampe an einen der Haken, die vermutlich zum Abhängen von Fleisch, ins Holz des Schiffes gehauen wurden und begann etwas schwankend seine Hose aufzuknoten und sein Ding herauszuholen. „So Kleines, jetzt zeig mir ma was du so kannscht.“ Ein anzügliches Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus und seine Kinnnarbe schien das Lächeln um ein Vielfaches zu verstärken. „Na dann lassch uns ma schaun was sich hinter diesem kleinen bisschen Stoff so leckeres verbirgt.“ Der Matrose griff nach Tyrnas Lendenschurz und erhielt als sofortige Antwort einen Metalleimer über den Schädel gezogen und ging zu Boden. Shamiira hatte sich hinter dem recht großen Matrosen aufgebaut und mit dem erst Besten zugeschlagen, dass sie in die Finger bekommen hatte. Nun hielt sie schwer atmend einen verbeulten Eimer in der Hand, dessen Griff an der einen Seite durch den Schlag aus der Verankerung gerissen wurde. „Niemand fasst Tyrna an, solange ich hier bin“, keuchte sie und holte mit ihrem linken Fuß aus um dem Matrosen einen kräftigen Tritt in den Magen oder darunter zu verpassen. Ihr Fuß schoss vor und war dabei dem Matrosen einen kräftigen Tritt in die Eier zu verpassen, als ein muskulöser tätowierter Arm ihren kleinen Angriff abrupt stoppte. Ohne große weitere Verzögerung wurde ihr der Boden unter den Füßen weggezogen und Shamiira landete unsacht auf dem harten Holzboden des Schiffes. „Scheiße! Der Eimer sollte dich doch ins Land der Träume befördern, du aufdringlicher Sack!“ Der Matrose wandte sich Shamiira zu und zog sie mit einem kräftigen Ruck näher an sich heran. „Zu früh gefreut du Miststück. Und wie ich schehe, gehörscht du zu der kleinen gefesselten Püppi! Wolltet ihr etwa ´n kleines Spielschen ohne Bruno machn? Aber jetzt bin isch ja für eusch da.“ Wieder dieses anzügliche Grinsen. „Na dann fange wa ma mit dir an, wenn du schon drum bettlst.“ Bruno schob sich über Shamiira drüber und hielt ihre Hände fest gegen den Boden gedrückt. Shamiira spannte all ihre Muskeln an, um sich gegen Brunos extremen Schraubzwingengriff wehren zu können. Dicke Sehnen zeichneten sich auf ihren Armen ab und Millimeter um Millimeter drückte sie Brunos Hände vom Boden weg. Der Schweiß rann ihr übers Gesicht. Mit ihren Beinen versuchte sie Brunos Hüfte von ihrer wegzudrücken indem sie ihre Beine langsam in seinen Magen zu drücken versuchte. „Arrrghhh“, Shamiira gewann langsam die Oberhand über Bruno. Ihre Armmuskeln waren zum Bersten gespannt. Ihr ganzer Körper war ein einziges Spannungsgeflecht. „Geh runter von mir, geh run…“ Bruno schlug Shamiira seinen Kopf mit voller Wucht gegen den ihren und machte mit einem Schlag Shamiiras ganzen Erfolg zunichte. Blut floss aus einer Platzwunde über Brunos und Shamiiras Auge und suchte nach dem perfekten Weg zum Schiffsboden. Shamiira lag kraftlos und stöhnend am Boden. Bruno dagegen schien seine Verletzung weniger zu stören. Er richtete sich auf seine Knie auf und zog Shamiira an ihren Beinen näher zu sich heran. Bruno ragte über Shamiira auf und begutachtete seine Beute von Kopf bis Fuß. „Du könntscht etwas mehr Tittn gebrauchn, aber deine grünen Arm und Bein find isch irgndwie anziehnd. Ich steh auf exotische Fraun musst du wissn. Und exotische Fraun stehn auf…“ Bruno erstarrte mit offenem Mund vor Shamiira. Sein Atem ging stockend. In seinem Gesicht zeigten sich erste Anzeichen von Schmerzen, doch kein Laut kam über seine Lippen. Er ließ den Kopf in den Nacken fallen und versuchte ihn so nach hinten zu drehen. Langsam wehte ein Geruch von verbranntem Fleisch an seiner Nase vorbei und breitete sich ebenso langsam um ihn herum aus. Shamiira rümpfte die Nase, war jedoch immer noch außerstande einen klaren Gedanken zu fassen. Bruno hatte es geschafft seinen Kopf so weit zu drehen, dass er hinter sich schwebend eine Gestalt in waberndem Nebel ausmachen konnte. Ihre Hände waren an einen Balken gefesselt und aus ihren Augen loderten schwarze Flammen. „Niemand wird diesem Mädchen was antun, solange ich in der Nähe bin. Ich brauche sie noch Bruno. Dich brauche ich jedoch nicht, Matrose“, gab sie Bruno mit einer tiefen rauchigen Stimme zu verstehen. Die dunklen Haare der Gestalt formten sich zu einem Speer, um den kleine Blitze wie ein wilder Ameisenhaufen herumzuckten. „Büse!“

Der Haarspeer schoss auf eine verkohlte Hautstelle am Rücken zu. Die schwarze Haut knackte kurz und sprang, Fleischfetzen-umherfliegend und Blut-spritzend, zur Seite weg. Das dahinterliegende, krosse Fleisch war ebenfalls kein Problem und wurde mühelos durchbohrt. Nun standen nur noch die Rippen des Matrosen Bruno als Hindernis zwischen Haarspeer und Herz. Die schwarze Gestalt komprimierte den Haarspeer minimal und schob ihn langsam zwischen zwei Rippen. Dort entfaltete sie ihren Speer mit blitzschneller Geschwindigkeit auf die doppelte Größe und sprengte die Rippen des Matrosen einfach weg. Aus Platzmangel blieb den Rippen nur die Möglichkeit aus dem Rücken herauszutreten und so weiteres Fleisch und Unmengen an Blut über dem Schiffsboden zu verteilen. Für den Haarspeer war nun der Weg zum Herzen frei. Die schwarze Gestalt zögerte den finalen Durchstoß einen ganzen Atemzug hinaus, bevor sie in das Herz eindrang, es gegen den Brustkorb drückte und so die Brustrippen nach außen bog. Der Haarspeer trat aus der Brust aus und verharrte dort für ca. fünf Sekunden, bevor er sich in fünf kleinere Haarspeere aufspaltete, nach außen aufschwang, um 180 Grad drehte und sich neu ausrichtete. Die Haarspeere warteten. Jedes von ihnen war auf eine andere, neue Stelle von Brunos Körper gerichtet. Der höchste Speer zielte auf seinen Kopf, während die anderen vier auf Oberarme und Oberschenkel zielten. Aus Brunos Brust sickerte langsam Blut zu Boden. Sein Gesicht war eine Maske aus Schmerz und Verzweiflung. Hinter Bruno grinste die schwarze Gestalt fröhlich vor sich hin. Genüsslich sog sie den Duft von verbranntem Fleisch, den Rußwolken der Öllampe und dem Angstschweiß von Bruno tief ein. Ruhig atmend begutachtete sie ihr Werk, dem es vergönnt war, friedlich zu Boden zu sinken. „Büse“, sagte sie erneut, woraufhin sich der bereits fünffach gespaltene Haarspeer in Kopf, Arme und Beine des ohnehin schon sterbenden Matrosen, hineinarbeitete und dort in viele weitere kleine tausende Speere auffächerte, bis der gesamte Speer in einzelnen kleinen Haarfragmenten in Brunos Körper vorhanden war. „Büse“, sagte die Gestalt erneut und ließ hunderte von feinen Blitzen über ihre Haare sausen, bis jeder Zentimeter ihres langen Haars an ein Gewitter erinnerte. „Büse“, sprach sie wieder und fächerte jedes einzelne ihrer Haare ruckartig auseinander und zerfetzte den Matrosen Bruno in viele kleine Einzelteile, die sich an alles hefteten, das sich in unmittelbarer Flugbahn befand. Die schwarze Gestalt rührte sich nicht. Sie lachte nicht und gab auch sonst kein Wort von sich. Sie blickte nur auf ihre Haare hinab, die sich langsam wieder zu ihrer normalen Haarlänge zurück formten und dabei weiteres Blut und Fleisch zu Boden fallen ließen.

„Ich habe doch gesagt, dass du sie nicht anfassen sollst. Ich hoffe du hast deine Lektion gelernt, Matrose.“

Gespalten

Подняться наверх