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Kapitel 8

Deros, der 28. Tag, rote Sonne

Irgendwo im Sternenmeer

„AHHHH. Ich bekomme das einfach nicht hin Shamiira.“ Tyrna ließ sich auf den Boden fallen, dass der Staub nur so aufgewirbelt wurde und ihr sofort der Rücken und Kopf wehtat. „AuuuuA“, jammerte sie auch sofort los. „Du musst dich halt mehr konzentrieren, Tyrna.“ Shamiira stand an einen Holzpfosten gelehnt und beobachtete die auf dem Boden liegende Tyrna mit ganz großen Augen und gelegentlichen Kopfschüttlern. „Du willst diese Sache einfach schneller hinter dich bringen, als dass du dir Zeit nimmst diese neue Erfahrung in dich aufzusaugen. Wenn du es ganz dolle willst, dann wirst du es bestimmt schaffen. Aber hab Geduld, nur noch… “ „… Nur noch was, Shamiira. Tage? Wochen? Oder meinst du etwa Mon? Wie viel Mon soll ich denn warten? Ich bin halt nicht so wie mein Bruder.

Wenn er was lernen will, dann konzentriert er sich kurz und schon kann er es. Er ist ja auch ein Magier. Er ist viel besser als ich. Weißt du was Magier alles machen könnten, wenn sie wollten, Shamiira? ALLES. SIE KÖNNEN ALLES MACHEN WAS SIE WOLLEN UND WERDEN AUCH NOCH DAFÜR BELOHNT. BELOHNT!!!“ Tyrna wurde immer lauter, je mehr sie über ihren Bruder und seine Begabung als Magier nachdachte. „Und? Dein Bruder steckt gerade im best-bewachten Gefängnis im gesamten Sonnensystem, weil er dich retten wollte. ALSO REIß DICH GEFÄLLIGST ZUSAMMEN, DU HEULSUSE.“ Wütend drehte sie sich um und ging an ihre Vorräte um nach etwas zum Trinken zu suchen. Gestern hatten sie Kaffeebohnen gefunden. Vermutlich der persönliche Vorrat des Kapitäns. Sie nahmen eine Handvoll Bohnen aus dem eh schon kleinen Beutel heraus, um sich für die nächsten Tage einen Kaffee machen zu können. Auch wenn dieser mehr nach braunen Wasser schmeckte, als das was man wirklich als Kaffee bezeichnen könnte. Mehr wie eine Handvoll trauten sie sich jedoch nicht, da der Kapitän vielleicht sonst die persönlichen Sachen seiner Leute durchsuchen lassen würde oder was noch schlimmer wäre, jemanden nach dem vermissten Matrosen suchen lassen würde und dabei auf sie beide stoßen könnte. Alles andere als gut. Schnell trank sie einen guten Zug des Wasserkaffees und kehrte dann zu Tyrna zurück. „Weißt du was, Tyrna? Ich glaube ich werde dir eine Konzentrationstechnik beibringen, die schnell zu erlernen sein müsste für jemanden wie dich und dich deinem Ziel eine neue Gabe zu entdecken ein gutes Stück näherbringen wird. Aber du musst tun was ich dir sage. Zu allererst, musst du dich komplett entkleiden.“ „WAS?“ Tyrna glaubte ihren Ohren kaum. Da hatte sie schon fast nichts an, da sie immer noch die doofen Klamotten trug, die ihr Ritter Marun gegeben hatte. Er wollte, dass sie die gleiche Kleidung trug wie der Rest der derunischen Frauen, damit sie sich wie eine von ihnen fühlen konnte. Er glaubte tatsächlich daran, dass sie so besser ein Gefühl für das Erlernen der Gedankenkollektivform erlangen könnte. Tja, irgendwie hatte es nicht funktioniert. Stattdessen fühlte sie sich den Blicken aller ausgesetzt und musste permanent aufpassen, dass dieser Überwurf, der ihre Brüste bedeckte nicht zu viel zeigte. Es war ihr so peinlich gewesen, als der Wind in den Gassen das bisschen Stoff, was sie an sich hatte, dauernd aufwirbelte. „Ich soll mich ausziehen? Bist du verrückt? Ich trage ja kaum schon was am Leib, bis auf diesen blöden Putzlappen, die dein Volk Kleidung nennt. Ich bin doch schon so gut wie nackt, Shamiira. Oder glaubst du wirklich, dass der Brustüberwurf und der schmale Lendenschurz etwa angemessene Kleidung sind?“ „Halt doch einfach mal die Klappe, Tyrna und füge dich, wenn du was lernen willst. Und ja, dass was ich trage sind traditionelle Kleider meines Volkes. So laufen wir rum. Und wir tragen sie gerne. Sie sind bequem, leicht und man fühlt sich nicht eingesperrt. Ich habe gehört, dass dein Volk sich 5 dichte Kleider anzieht, nur um zu zeigen zu welchem Stand man gehört?“ Shamiira stieß ein verächtliches Schnaufen aus. „Also los du dämliche Zicke. Statt mich und mein Volk zu beleidigen, zeig lieber dass du lernfähig bist und mach deinen Bruder stolz damit, dass du was NEUES und NICHT zerstörerisches erlernst.“ Shamiira begann langsam die Geduld mit Tyrna zu verlieren, schnaubte erneut genervt und zog dann ihre Kleider aus, um sich Tyrna gegenüber zu setzen. Im Licht der Laterne wirkten ihre grünen Gliedmaßen und die wenigen Stellen am Bauch und Rücken an denen sie sich in der Vergangenheit zahlreiche kleine Schnitte zugefügt hatte, noch befremdlicher. Besonders tiefe und lange Schnitte, hatte sie sich zugezogen, als sie im Dunkeln den einen Lüftungsschacht auf Blizz heruntergefallen war, den sie und Tyrnon heraufgeklettert waren. Sofort kam die Erinnerung an den Schacht zurück. Er glaubt vermutlich, dass ich Tod bin. Mit ihren braun-grünen Kleidern, sah alles an ihr noch passend aus, wie etwas das gewollt war. Wie Farbe, die sich ihr Volk auf Arme, Beine und den Rest des Körpers schmierte. „Echt jetzt Shamiira?“ „Ich sagte doch, dass ich dir helfe. Also los, zieh dich aus und setz dich so hin wie ich es gerade tue und dann schließe die Augen. Ich werde dich tief in deinen Geist hineinführen und versuchen dich an den Punkt zu bringen, der dafür sorgt, dass du meine mentalen Fühler sehen kannst. Im besten Fall schaffen wir es auch, dass du gleich etwas entdeckst, um dich ins Gedankenkollektiv anzuhängen. Im schlimmsten Fall stirbst du gefangen in deiner eigenen Fantasy Welt.“ Bei den letzten Worten von Shamiira musste diese hart schlucken. Sterben war das wenigste worauf sie gerade Lust hatte. „Sterben? Also darauf habe ich keine Lust. Aber na gut. Ich mach mit. Aber… müssen wir uns in diese sehr freizügige Sitzhaltung begeben?“ Tyrna setzte sich Shamiira gegenüber, legte ihre Füße aneinander, dass die Fußsohlen perfekt aneinanderlagen, stütze ihre Hände auf den Knien ab und drückte diese dann etwas nach unten, sodass ihre Knie fast den Boden berührten. „Nicht wirklich bequem, ich denke ich sollte…“ „… sssshhhhh. Halt mal die Klappe und schließ endlich die Augen. Also dann. Fangen wir an, Tyrna. Hol’ tief Luft und lass diese so schnell und laut du kannst wieder ausströmen.“ Shamiira machte die Übung für Tyrna vor und versuchte gleichzeitig die Übung selbst zu machen, was mehr oder weniger gut gelang. „Jetzt wiederhole diesen Schritt, bis du eine ruhige und gleichmäßige Atmung erreicht hast.“ Shamiira und Tyrna atmeten. Laut und Schnell und gänzlich asynchron. Die Sekunden sprangen nur so umher, um sich zu Minuten zu formen und aus Minuten wurde langsam eine ganze Gruppe aus Minutenzahlen, die auf weitere Freunde warteten um sich zu einer Stunde zu vereinen. Shamiira horchte in den Raum hinein. Tyrnas Atmung begann langsam sich ihrer anzupassen. „Schließe die Augen, Tyrna. Blende das Licht um dich herum aus und versuche weiterhin so ruhig wie jetzt zu atmen.“ Die Sekunden sprangen weiter und füllten weitere Minuten an, die der besagten Stunde immer näherkamen. „Es wird Zeit den nächsten Schritt deines Weges einzuschlagen“, brach Shamiira die Stille nach dem sie und Tyrna mehrere Sekunden synchron geatmet haben. „Befreie deinen Geist. Sieh das Licht hinter dem Unbekannten. Das Licht in deinem Inneren. Suche die Kraft, die tief in dir steckt und greife zu. Pack sie mit aller Kraft, die du aufbieten kannst und wirf sie als fokussierten Strahl in die Welt hinaus. Wandere auf diesem Strahl und suche nach der Antwort die du begehrst.“

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Die Sonne fiel in einem kräftigen rot vom Himmel herab und ließ das Wasser im See wunderschön funkeln. Beinahe schon mysteriös wie das Licht durchs Wasser verändert wurde und dem Sehenden immer neue und verschiedene Muster zurückgab. Tyrna stand auf einem Stein, der sich mitten in diesem See befand. Um sie herum das mysteriöse Wasser und um das Wasser eine trockene Staubwüste. Tyrna drehte sich auf dem Stein einmal im Kreis. Alles sah gleich aus.

Es gab nur die Sonne oben und sie auf dem Stein unten. Und natürlich das Wasser und die Staubwüste. „Wo bin ich hier? Was ist das für ein trostloser Ort?“, sprach Tyrna die Umgebung an. Vielleicht hörte sie ja wer. Vielleicht passierte auch was. Tyrna schaute zur Sonne herauf. Diese brannte kräftig auf sie herab, wie eine gigantische Fackel in der Mitte eines Zimmers. Tyrna schaute an sich herab. Sie war immer noch nackt, aber kein einziger Schweißtropfen war bisher auf ihrer Haut zu sehen. „Ich schwitze nicht? Wo bin ich denn hier?“

Tyrna trat vorsichtig mit einem Fuß ins Wasser. Es war kühl und angenehm, beinahe frostig musste sie feststellen. Sie zog den anderen Fuß nach und stand bald knietief im Wasser. Die Kälte wanderte ihre Knöchel herauf, übersprang die Knie und machte sich im Becken und unterem Bauch ein wenig mehr Raum. Tyrna schöpfte etwas Wasser mit den Händen, hielt es an ihr Gesicht und schnüffelte daran. Es roch nach … nichts. Weder dem typischen Geruch, den Wasser hatte, wenn man es in einem Holzfass oder Tonkrug lagerte, noch dem typischen Geruch nach See. Sie überlegte kurz ob sie das Wasser trinken sollte, entschied sich jedoch dagegen. „Warum riecht das Wasser hier nicht? Pflanzen und Fische scheint es hier auch nicht zu geben. Es ist ganz schön trostlos hier.“ Tyrna ging einige wenige Schritte im Wasser umher. „Und wem erzähl ich das ganze hier eigentlich? Ist ja eh keiner da der mir zuhört.“ Mit kräftigen Vorwärtsbewegungen machte sie sich auf zum Rand des Sees. „Was zum… Geier?“ Tyrna glaubte ihren Augen nicht. Je näher sie dem Ufer kam, desto schwerer kam sie im Wasser voran. Es war beinahe so, als ob sie im Brei ihrer Mutter stand und versuchte eine Schneise hineinzuschlagen ohne ihre Hände zu verwenden. „Nein, das kann nicht sein.“ Tyrna blieb stehen. Die Kälte des Wassers kroch weiter ihren Bauch herauf und fing an in ihrem Inneren Blizzard zu spielen. Tyrna zog sich zum Felsen zurück und versuchte wieder auf diesen heraufzuklettern, doch die Höhe und der nasse Stein verweigerten ihr jede Möglichkeit ihren Ursprungsort erneut zu erreichen. Sie saß hier fest. Mitten in einer nassen, kalten und leeren Ebene mit einer roten Sonne, die keine Wärme ausstrahlte.

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Deros, der 23. Tag, rote Sonne

Mond: Para – Stadt Parazen

“Willkommen EliteSheriff Marcelus. Es ist schön, dass Ihr auf meine Einladung geantwortet habt.“ General von Eichenbruch schüttelte die Hand von Marcelus und half ihm aus seinem Mantel, bevor er ihn einer Haushälterin übergab, die urplötzlich neben dem General erschienen war, um den Mantel entgegenzunehmen. Gerade so, als ob sie geahnt hätte, dass der General genau in diesem Moment einen Mantel abzugeben hätte und sie alles stehen und liegen lassen muss, die zahlreichen Treppen nehmen, die vom Keller zur Haustür führen, nur um im rechten Moment neben dem General zu stehen und… dann anscheinend auch wieder genauso lautlos und unspektakulär zu verschwinden. Marcelus schaute sich mit den Augen im Vorraum um während er gleichzeitig die Hand des Generals zum Gruß ergriff. „Ganz meinerseits General von Eichenbruch. Es ist tatsächlich viel zu Lange her seit unserem letzten Treffen. Aber die Umstände damals waren auch nicht die besten gewesen.“ Marcelus trat weiter in den Vorraum ein und schaute sich ganz genau um. Er war wirklich schon lange nicht mehr hier gewesen. In den letzten neun Jahren haben sich weitere ausgestopfte Tiere der etwas skurrilen Wand dazugesellt und auch der Geruch im Raum schien sich von einem angenehmen Vanille-/Nelken- und irgendeinem exotischen Gewürzgeruch zu Moschuskugelgeruch entwickelt zu haben. Insgesamt wirkte der Raum eher verlassen und trostlos, ja sogar um vieles dunkler als noch vor neun Jahren und das obwohl hier kein bisschen Staub vorhanden war. Der General achtete wohl immer noch peinlichst genau darauf, dass sein Grund und Boden perfekt in Schuss war, auch wenn es jetzt hier so aussah wie… ja, wie… vermutlich genauso wie in der Seele des Generals. Dunkel, mit Erinnerungen überfüllt, aber gut sortiert.

„Ich habe Eure Einladung mit Freuden angenommen. Besonders weil ihr schriebt, dass Ihr eine Anomalie Eures aktuellen Daseins beobachtet habt. Diese Tatsache und Eure seltsame Aussprache haben mich bewogen, so schnell es mir möglich war Eurer Einladung nachzukommen, General. Vielleicht sollten wir uns in einen Raum zurückziehen, der ruhiger ist.“ Marcelus ging langsam auf den dicken Teppich am Boden zu der in den letzten Jahren, in denen er hier öfters ein- und ausging, immer den Weg zum Salon gezeigt hatte. „Ihr werdet verzeihen Marcelus, aber wir gehen nicht in den Salon.“ Aha, das also hatte sich nicht verändert.

Der Teppich war immer noch der Weg zum Salon. Die Herrschaften von Eichenbruch waren verbohrte Wiederholungstäter und vor allem hassten sie Veränderungen. Aber warum dann nicht der Salon? Es wäre normal gewesen, einen Gast in diesem Haus genau dorthin zu begleiten. „Wir gehen in mein persönliches Studierzimmer, EliteSheriff. Folgt mir bitte. Wir haben einiges zu Besprechen und einiges was ich Euch zeigen muss. Wir sind dort völlig sicher vor irgendwelchen anderen Mithörern.“ Marcelus drehte um und folgte dem Herrn General eine alte Treppe ins nächste Stockwerk hinauf. In all den Jahren, in denen er hier ein- und ausging, als sei es sein eigenes Zuhause gewesen, hatte er diese Treppe nie gesehen. Und dass sie nachträglich eingebaut wurde, stand ebenfalls außer Frage. Die Herrschaften hätten es keine zwei Tage in diesem Haus ausgehalten, wenn hier etwas Neues installiert worden wäre und um das Haus für diese Zeit zu verlassen waren sie einfach zu bequem und geizig - das wusste Marcelus nur zu gut. Er folgte dem Herrn General also in sein geheimes Studierzimmer. Vorbei an weiteren ausgestopften Tieren, die so seltsam aussahen, dass sie nicht von Para stammen konnten oder eher noch künstlich hergestellt wurden, um andere zu beeindrucken. Wobei, er das mit dem beeindrucken sofort wieder verwarf. Wenn das hier ein privates und vermutlich auch geheimes Zimmer war, dann gäbe es wahrscheinlich nicht wirklich Leute zum Beeindrucken. Im nächsthöheren Stock musste er dann feststellen, dass die Wände hier schwarz gestrichen waren und nichts an den Wänden des extrem schmalen Flurs hing. Hätte man hier was an die Wand gehängt, würde man vermutlich jedes Mal mit diesem Wandgegenstand kollidieren, wenn man in sein Arbeitszimmer wollte. Bevor Marcelus über die Architektur des Flurs weiter nachdenken konnte, öffnete der General, mit einem Silberschlüssel bereits sein Studierzimmer und bat ihn herein. Mit einem Nicken trat er ein. Das Innere des Zimmers konnte sich wirklich sehen lassen. Weitere exotische Tiere und faszinierende Waffen aller Art. Schwerter, Äxte, Hämmer, Sensen, Pistolen von Para, Sara, Triton und sogar von Vulkan hingen an den Wänden oder waren in anscheinend eigens für diese Stücke gefertigten Schränken untergebracht. Der Rest des Raumes maß eine Bibliothek, die sich eine ganze Wand geschnappt hatte und mit tausenden Büchern gefüllt schien. Und als ob das nicht bereits genug gewesen wäre, konnte man anscheinend über eine Wendeltreppe mitten im Raum auf eine Galerie gelangen, auf der es noch mehr Bücher gab. Marcelus schaute die Reihen an Büchern an. AHA. Mehr wie ein Stockwerk also diese geheime Bibliothek. So so. Ob es dort oben aber noch weitere Räume gab war von unten nicht zu sehen. Der General schob Marcelus zu einem der vier Sessel, die um einen handgeschnitzten Tisch gestellt waren und sich nicht unweit einer gut gefüllten Bar an Spirituosen, Zigarren und Pfeifen befanden. „Setzt Euch, Marcelus. Kann ich Euch was zu trinken anbieten? Gin, Rum oder einen guten paranischen Späten?“ „Was, ehm? Ich nehme den Gin mit Chininwasser. Lasst aber diese blöde Gurkenscheibe raus. Die braucht doch eh keiner.“ Sein Blick war auf die zahlreichen Gaslampen gerichtet, die den Raum erhellten. Langsam verstand er warum der General wollte, dass sie hierhergingen. Es gab keine Fenster. Es gab ja nicht mal richtiges Licht über versteckte Lichtschächte. Hier schien permanent eine schummrige Atmosphäre vorzuherrschen. Vielleicht war es auch dieser Ort, der den General langsam in seiner Persönlichkeit veränderte. Marcelus lehnte sich in den dunkelgrünen Ohrensessel zurück, nahm seinen Gin mit Chininwasser und Gurkenscheibe entgegen und ließ einen kleinen Seufzer frei bevor er sich einen guten Schluck genehmigte. Der Gin schmeckte hervorragend, nichts was er hier auch nicht erwartet hätte. Nach einer Mischung aus Wacholderbeeren, einer ihm unbekannten scharfen Note und dem typisch bitteren Chinin-Geschmack. Alles in allem war der würzige Geschmack genauso wie der würzige Geruch - einfach perfekt. Es hätte in diesem Moment alles perfekt sein können, wenn dieser Raum nicht so trostlos wäre und der Ohrensessel nicht so muffig riechen würde. Vermutlich wurde er noch nie gereinigt, weil noch nie ein Bediensteter diesen Raum gefunden hatte. Warum eigentlich nicht? Wie kann es sein, dass hier noch nie jemand ohne den General war. Und ich bin mir sicher, dass es genauso ist. Marcelus richtete sich auf und schaute zum General rüber der sich in einen blauen Ohrensessel gesetzt hatte. „Nun dann, Herr General. Was kann ich für Euch tun, dass ihr mich so dringend sehen wolltet.“ Jetzt wird es spannend. „Ich werde beobachtet.

Klingt vielleicht nach einer normalen Sache, ist es aber nicht. Seit kurzem beobachtet mich so ein komischer Kerl und dass jedes Mal von oben. Er reitet auf einem Riesenvogel und trägt die Kleidung eines Waldhüters. Normalerweise ist das ja nichts Ungewöhnliches, dass Waldhüter auf irgendwelchen Viechern reiten und sich dabei wie die größten Paraner auf unserem schönen Mond halten.“ Der General genehmigte sich einen Schluck seines Getränks. Er hatte den paranischen Späten gewählt. Eine sehr teure Marke und äußerst selten. Wieder etwas sehr untypisches wie Marcelus fand. Dies war kein Treffen, wo man mit Prunk angeben wollte oder musste. „Ich traue der ganzen Sache nicht, Marcelus. Ich bin zu lange im Geschäft, habe zu viel gesehen und daraus gelernt, um mich abzuwenden. Nur darum habe ich bis heute überlebt. Weil ich Niemandem vertraue.“ Die Stimme des Generals nahm einen tiefen Unterton an und spiegelte genau wider, was seine Stirnfalten bereits verraten hatten. Aha, so läuft der Steppenhase also. Der General fürchtet sich. Aber wovor? „Ich fürchte, dass mein Sohn jemanden beauftragt hat mich zu beschatten. Jemand der auf mich aufpassen soll, jemand, der genau wissen soll wo ich bin damit er kommen und mich ERMORDEN kann! Ich bin mir sicher. ICH BIN MIR SICHER, MARCELUS.“ Zehn Minuten nachdem der General die Fassung verloren und diverse Bücher aus ihren angestammten Plätzen im Regal entfernt hatte, die anderen Sessel umgeworfen, eine Gaslampe zerstört und verschiedene Papiere von seinem Schreibtisch zu Boden geworfen hatte, saß er wieder seelenruhig in seinem Sessel und trank von seinem paranischen Späten. Sein Blick sagte nichts aus. Seine Ausstrahlung war matt. Beinahe wie der versteckte Raum in dem sie sich gerade befanden. „Marcelus. Entschuldigt mein Verhalten. Entweder werde ich alt und damit völlig paranoid oder ich habe wenigstens einen kleinen Teil von meinem Gespür behalten, und liege damit richtig, dass ich beobachtet werde. Würdet ihr Euch der Sache annehmen?“ „Hmmm“, brachte er aktuell nur hervor. Der Wutanfall des Generals verblüffte ihn immer noch. Er hatte den General bereits öfters laut und aufgebracht erlebt, aber dies war ein ganz neues Bild das sich hier abgespielt hatte. Er musste wirkliche Angst haben. Angst vor dem Tod. Angst vor IHM, dass er eines Tages wirklich den Mut aufbringt und nach Parazen kommt. Dorthin, wo alles angefangen hat. „Sir. General. Ich… “ Marcelus stand auf und ging zur kleinen Bar, die auf wundersamerweise den Wutausbruch unversehrt überstanden hatte. „… Ich bin mir nicht sicher was ihr genau von mir verlangt. Ich kann keine Wunder vollbringen und ich kann auch die Zeit nicht umkehren.“ Marcelus goss sich was vom Späten ein. „Aber ich werde dafür sorgen, dass das Recht durchgesetzt wird und dass Böse entfernt wird. Ich bin einer der wenigen EliteSheriffs auf ganz Para, General. Ihr wisst natürlich was für eine hohe Anerkennung das für jemanden ist. Besonders für jemanden von meiner einfachen Herkunft.“ Marcelus trank einen tiefen Schluck und schaute dann ins Glas. Vorsichtig schwenkte er die dunkelrote Flüssigkeit im Glas, sodass sich ein kleiner Strudel auftat. „Ich werde mein Bestes tun um euer Leben retten zu können. Alles was in meiner Macht steht werde ich versuchen.“ Marcelus leerte das Glas und stellte es auf den kleinen Beistelltisch, der sich in der Nähe seines Sessels befand. „Zeigt mir euren Verfolger, General. Ich bin bereit.“ General Eichenbruch grinste. Marcelus konnte in diesem dümmlichen Grinsen die gewaltige Freude sehen, vielleicht nicht sterben zu müssen. Dabei muss jeder einmal sterben, jetzt oder alt und krank im Bett.

„Kommt, EliteSheriff. Ich möchte Euch etwas in diesem wunderbaren Zimmer zeigen. Folgt mir in die nächste Ebene. Dort besitze ich ein kleines technisches Büro.“ Mit hochgezogener Augenbraue erklomm Marcelus die eisernen Stufen der Wendeltreppe und folgte dem General bis vor eine Tür, die nach einer Lochkarte verlangte. Der General griff in seine Manteltasche und brachte die von der Tür ersehnte Lochkarte augenblicklich zu Tage. „EliteSheriff! Willkommen in meinem technischen Labor.“ Dann stieß der General die schmale Flügeltür seines zweiten Büros auf und gab den Blick auf die großen Geheimnisse des Raumes frei. Marcelus schlug eine kleine Wärmewelle entgegen und ließ ihn zwei, drei Schritte zurücktaumeln. Vor seinen Augen befand sich eine gewaltige Glasscheibe, auf der sich aktuell ein Mann befand, der geduckt auf einem Dach hockte. Neben ihm war ein riesiger Vogel zu sehen und die Szene sah aus, als würden beide miteinander reden. Hinter der Glasscheibe schlugen dutzende von Relais einen seltsamen, ungleichmäßigen Takt an, der anscheinend eine große Druckrolle dazu brachte verschiedene Worte auf ein Stück Papier zu walzen. „Was zum Kuckuck ist das“, entkam es Marcelus. Und noch während er den Worten freien Lauf ließ, tadelte er sich bereits für seine Ungehaltenheit.

„Das Marcelus, ist das Auge von Eichenbruch. Hier laufen alle Informationen unseres Anwesens zusammen und von hier aus können wir fast jeden Teil im und vor dem Haus beobachten.“ General von Eichenbruch langte nach einem Ordner auf dem einzigen freien Tisch im Raum und reichte ihn Marcelus. „Ja, ich weiß Sheriff, ganz schön dick und das sind nur die Informationen eines Mons, die mein Haus über unseren Freund da auf dem Dach mitgeschrieben hat.“

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