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Regelmäßige Frustration

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Seit acht Monaten leitet Manfred Bickel nun die Verkaufsorganisation der Phönix Versicherung. Der 43-jährige Hamburger hat eine Promotion in Versicherungsmathematik und sorgt bei Jürg regelmäßig für Frustration. Er übergeht ihn bei wichtigen Entscheidungen, die eigentlich in seinen Aufgaben- und Verantwortungsbereich fallen, spart es sich, Informationen weiterzugeben, und noch seltener gibt es Feedback oder gar Wertschätzung für Jürgs Arbeit. Mehr als deutlich bekommt Jürg bei jeder Gelegenheit zu spüren, dass Manfred nichts von ihm und seiner Arbeitsweise zu halten scheint. Ein Gefühl von Verunsicherung, das er bis dato nicht kannte, macht sich bei Jürg breit. Er zeigt sich proaktiv und sucht das Gespräch; doch all seine Bemühungen schlagen fehl. Manfreds Haltung Jürg gegenüber ist klar: »Du und deine Mitarbeitenden, ihr müsst einfach flexibler werden« und »ihr seid zu viele Leute in deiner Abteilung«. Auf Jürgs Nachfragen, was denn »flexibel« bedeutet und weshalb er zur Annahme gelange, dass Jürg zu viele Leute habe, erhält er keine Antwort von Manfred – sondern noch mehr Forderungen. Jürg erhält Ziele und Deadlines, welche aus seiner Sicht vollkommen unrealistisch sind. Gespräche? Fehlanzeige. Manfred beharrt auf seinen Vorgaben und bekommt dazu noch Rückenwind von den anderen Abteilungsleitern. Jürg fühlt sich verraten und gerät zunehmend in die Opferrolle – es kommt ihm so vor, als ob Manfred ihn loswerden will.

Seine Unsicherheit und zunehmende Nervosität bleiben auch den Mitarbeitenden nicht verborgen. »Jürg ist irgendwie anders geworden; er wirkt so gehetzt und gestresst …«, »Was ist denn mit dem Chef los, wir bekommen überhaupt keine neuen Entscheidungen mehr mitgeteilt«, »Seit Monaten suchen wir schon jemand Neuen für die Abteilung; warum wird die Stelle nicht besetzt?«. Der Flurfunk läuft auf Hochfrequenz, die Gerüchteküche kocht und viele sehen Jürg mittlerweile ganz oben auf der Abschussliste. »Vielleicht ist das unsere Gelegenheit, Jürg endlich loszuwerden«, freut sich der ein oder andere im Team, der Jürg nie leiden konnte. Denn nicht wenige halten ihn für einen Vorgesetzten mit völlig veralteten Führungsprinzipien.

Die Personalabteilung bietet den Mitarbeitenden die Möglichkeit zu einem 360°-Feedback – die perfekte Gelegenheit, um Jürg endlich die Meinung zu seinem Führungsstil zu sagen. Als Jürg die Ergebnisse sieht, ist er wütend, sauer, schockiert: »Ich habe doch immer alles getan, um den Laden und das Team am Laufen zu halten und so wird es mir gedankt. Im Gegensatz zu den anderen bin ich doch ein guter Chef« – die Gedanken jagen durch seinen Kopf. Die Beurteilung setzt ihn gegenüber seinem Vorgesetzten noch mehr unter Druck.

Jürg vereinbart einen Termin mit seinen engsten Vertrauten, um nach Anzeichen zu suchen, dass er wirklich auf der »Abschussliste« steht. Doch es gibt keine eindeutigen Zeichen dafür. Auch Manfred bekommt für sein Wirken keine guten Noten. Sein herrisches Auftreten und sein großes Ego kommen bei seinen Geschäftsleitungskollegen offenbar nicht gut an. Für Jürg fühlt sich das wie Balsam auf seiner Seele an, wie ein Lichtblick, der hoffen lässt, dass Manfred vielleicht bald nicht mehr bei der Phönix Versicherung arbeiten wird und sich dann alles wieder zum Guten wenden wird – so, wie es eben früher war.

Das Phönix-Prinzip

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