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Wenn der Körper streikt …

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Tagein, tagaus schuftet Jürg immer noch wie besessen. Er will unbedingt seinen Status im Unternehmen wieder festigen. Überstunde reiht sich an Überstunde. Nachts kann er nicht mehr richtig schlafen, geistert durchs Haus und zermartert sich den Kopf. »Was soll ich denn noch alles tun?« – eine Frage, die ihn stets begleitet. Er versucht, sich selbst kritisch zu reflektieren. Natürlich weiß er, dass sein militärisch geprägter Führungsstil nicht immer gut bei den jungen, gut ausgebildeten Mitarbeitenden ankommt, und es ist ihm bewusst, dass er sich mit den neuen digitalen Hilfsmitteln schwertut. Ja, er hat Mühe mit den neuen Arbeitswelten und -formen. Er hält nichts von agilen Strukturen und unternehmerisch denkenden Mitarbeitenden.

Doch nicht nur seine berufliche Karriere leidet – auch sein Privatleben steht auf der Kippe. »Ich bekomme dich gar nicht mehr zu Gesicht. Hast du eine Affäre?« Die Worte seiner Frau treffen Jürg hart. Bereits schon die letzten Jahre gleicht seine Ehe mehr einer Zweckgemeinschaft als einer liebenden Beziehung. Jetzt scheint sie endgültig den Tiefpunkt erreicht zu haben. Seine pubertierenden Kinder sind nur noch mit Freunden unterwegs und haben kein Interesse an gemeinsamen Familienunternehmungen oder Gesprächen.

»Jetzt erst recht«, denkt sich Jürg. Er ist nicht bereit aufzugeben. So schlägt er sich im Büro die Nächte um die Ohren, um das Blatt zu seinen Gunsten zu wenden. Er lebt nur noch von Kaffee und Energiedrinks, stopft zwischendurch hastig Fastfood in sich rein und für Sport nimmt er sich keine Zeit mehr. Jürg merkt, dass er seinem Körper damit nichts Gutes tut. Dennoch versucht er mit aller Macht, in Sitzungen den Ton anzugeben und inhaltlich eine »Duftmarke« zu setzen.

Seit einigen Wochen quälen ihn zudem Rücken- und Knieschmerzen. Einen Bandscheibenvorfall kuriert er nur mit Schmerzmitteln rudimentär aus und zwingt sich zurück an den Arbeitsplatz. Das Aufstehen am Morgen fällt ihm zunehmend schwerer. Das Gleichgewicht zwischen Arbeit und Erholung ist vollständig aus dem Lot geraten.

Die hohe Arbeitsbelastung setzt Jürg zu, so dass er sich ausgebrannt und leer fühlt. Er ist körperlich, geistig und gefühlsmäßig am Ende. Jürg kann sich nicht daran erinnern, jemals mit so wenig Lust ins Büro gefahren zu sein. Sobald er sein Auto geparkt hat, zögert er den Moment des Aussteigens immer weiter hinaus, überlegt sogar, einfach wieder nach Hause zu fahren. Doch sein Pflichtbewusstsein und der Gedanke, dass es ab heute wieder bergauf gehen könnte, lassen das nicht zu. In längeren Meetings hat er Mühe sich zu konzentrieren. Er reagiert gereizt auf Kontroversen und Konflikte im Team. Verdauungsstörungen, Kopfschmerzen und Muskelverspannungen sind zu seinen täglichen Begleitern geworden – mehr und mehr schließt sich die Falle, in der er sitzt.

Das Phönix-Prinzip

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