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5. Surfen

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Von weitem sah es so aus, als wenn fragiler bunter Klatschmohn im Wind wanken würde. Kam man näher, wurde deutlich, dass an den Blüten Menschen hingen, die sich weit draußen parallel zur Küste mit hoher Geschwindigkeit auf kleinen Brettern bewegten. Ihr Tempo kontrastierte auffällig mit den behäbigen Bewegungen des Zugdrachens über ihnen. Das Wasser vor dem langen breiten Sandstrand wimmelte nur so von Kitesurfern. Es war ein Sport für junge Arrivierte mit Muskeln an der richtigen Stelle und mit einem gewissen Bewegungstalent. Wenn Geschwindigkeit und Wellendynamik passten, dann hoben die Routiniers ab und schwangen sich bis zu zehn Meter in die Luft.

„Die machen Faxen da oben“, sagte Endo dann.

Für einen traditionellen Windsurfer der ersten Stunde, wie ihn, war das Kitesurfen Pippifax. Ganz einfach deshalb, weil er mit den Jünglingen nicht mehr mithalten konnte.

„Erst letzte Woche hat es hier einen Franzosen zerbröselt. Eine Böe hat ihn fortgetragen. Der grandiose Flug endete an der Mauer des Bunkers vom Dos Mares. Er sah übel aus. Er musste mit dem Sanka in die Klinik gebracht werden“, sagte Endo ohne wesentliche Anteilnahme.

„Armer Kerl. Faszinierend aber ist doch, dass du deine Heldentaten direkt vor dem Publikum am Strand präsentieren kannst“, sagte K.

„Klar, die Mädels können dir zugucken. Die tun zwar so, als wenn es sie nicht interessieren würde, trotzdem kriegen die alles mit“, ergänzte Endo.

Man sah nur junge, schlanke und von der Sommersonne bronzen eingetönte Hardbodies in knappen Bikinis.

„Das alles sieht mir nach aufwendigen Anbahnungen für die nächste Nacht aus. Die Mätzchen sind einfach nur Balzgehabe, Übungen um die Hormonpumpen auf Touren zu bringen“, seufzte K., „früher war das anders.“

„Stimmt. Als wir in der Surfsteinzeit dicht vor dem Wind den großen Schlag nach draußen gemacht haben, da waren wir einfach weg. Und einige wurden nie wieder gesehen. Das Material war noch nicht so gut und die Jungs waren leichtsinnig. Bei Windstärke sieben bis acht waren einige schlicht überfordert. Sie trieben ab und wurden durch die Oberflächenströmung ins Mittelmeer hinein gezogen. Eine Coastguard gab es damals wie heute nicht“, sagte Endo versonnen.

„Sag mal, bist du wirklich bis nach Marokko rübergesurft?“

„Klar, das geht bei Poniente mit sechs Beaufort ganz gut. Es sind ja gerade mal fünfzehn Kilometer. Wir sind dann meist am Stadtstrand von Tanger gelandet. Dort warteten schon die Dealer, um uns besten Shit billig zu verkaufen. Sie hatten uns bereits lange vorher mit dem Fernglas ausgemacht. Die Miliz erschien auch gelegentlich. Die Jungs nahmen ihre Kalaschnikows in Anschlag, hielten sich aber ansonsten zurück. An den Hängen des Rif-Gebirges leben viele Bauern nur vom Haschischanbau. Wir haben uns die in Kunststoff eingeschweißten Haschischbarren dann unter den Neoprenanzug gesteckt und sind zurückgedüst. Anfänglich waren das Mengen für Family and Friends. Doch einige bekamen den Kanal nicht voll genug und tappten damit in die Schrebergärten der Herren von der organisierten Kriminalität. Das waren überwiegend Exilmarokkaner und Typen von der CIA, die da den Ton angaben.“

„Wieso CIA?“

„Auch die wollten sich was dazu verdienen.“

Beim Schlendern am Strand kamen sie an den Resten eines großen grauen Gummibootes vorbei.

„Aha, die Hinterlassenschaften der Boat People“, bemerkte K.

„Irrtum, das waren Rauschgiftschmuggler. Sie bringen das Zeug von Tanger aus mit schnellen Booten nachts rüber. Die Schiffe der Boat People sehen anders aus. Viele Boote zerlegen sich bereits weit vor dem Ziel. Die sind oft so marode, dass sie den Bedingungen auf dem offenen Meer nicht mehr standhalten. Dann kommen hier nur noch die Leichen an, aber nur wenn der Poniente bläst. Wegen der Illegalen ist die Guardia Civil bei uns besonders stark vertreten und wir haben täglich Straßenkontrollen.“

Das Myzel

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