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2.4. Ausblick

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Als letzter Punkt ist zu notieren: Der Begriff „Autorität“ kommt im Neuen Testament nicht vor. Allerdings lassen sich Fragen aufzeigen, die damit zusammenhängen und in den Bereich der späteren Kirchengeschichte ausstrahlen. Drei Fragen ragen dabei in ihrer Bedeutung heraus:

Erstens: Wenn Autorität als Gewährleistung verstanden wird, dann ist zu fragen: Wer übernimmt die Gewähr dafür, dass Christus und seine Botschaft nicht verfälscht werden? Wenn Christus als Person die unhinterfragbare Autorität in der Kirche darstellt, wie lässt er sich erreichen? Wie kann Christus in der und für die Kirche zur Sprache kommen? Diese Frage dreht sich also um die Frage nach der Offenbarung und ihrer Vermittlung.

Zweitens: Wenn Autorität im Sinne von Macht verstanden wird, dann ist zu fragen: Obwohl Christus die eigentliche Macht ausübt, muss sich die Kirche dazu verhalten, wie sie diese umsetzt. Sie muss sich fragen, ob und mit welcher Begründung es eine abgeleitete Form der Autorität gibt, die dazu berechtigt, im Namen Gottes Macht auszuüben. Schließlich muss sie diese Macht dann auch jemandem (Papst?) oder einer Institution (Synode?) zuweisen. Wenn mit der Autorität die Macht in der Kirche verbunden ist, wer darf sie ausüben?

Drittens: Wenn Autorität im Sinne eines Vertrages verstanden wird, ist zu fragen: Wer (die Gläubigen? Christus?) überträgt wem (Amtsträger?) oder was (Schrift?) Autorität und auf welcher Grundlage? Wie weit reicht diese Vertragsautorität? Gibt es eine Kompetenz, die sie letztlich verstetigt und dem Vertragsverhältnis enthebt?

Konkret müsste gefragt werden, ob sich eine vorläufige Vertragsautorität zu einer anderen Form von Autorität wandeln lassen kann und unter welchen Bedingungen. Bezogen auf die Diskussion zwischen evangelischer und römisch-katholischer Kirche müsste diese Alternative konkret so formuliert werden: Liegt es in der Kompetenz des Lehramtes, die Autorität zu garantieren oder kann (und muss) die Schrift selbst ihre Kompetenz erweisen?

Diese drei Ebenen müssen unterschieden, können aber in der Praxis nicht klar getrennt werden, weil ihre Bedeutungen zusammenhängen und deshalb zuweilen – bewusst oder unbewusst – vermischt werden. Blickt man auf die Praxis der Kirchen, kann beispielsweise einer Person eine autoritative Stellung zugeordnet werden. Hat dieser Vorgang dann rein funktionale Gründe? Weil sie predigen soll? Dann wäre in erster Linie die erste Bedeutungsebene berührt. Oder gehört die autoritative Stellung als Amt zum Kirche-Sein zwingend dazu? Das tangiert die zweite Bedeutung von Autorität, weil damit das Amt an sich nicht nur eine Dienstfunktion, sondern auch eine Machtposition einnimmt. Die dritte Ebene wird berührt, wenn gefragt wird, wer das Amt verleihen darf. Ist dies eine demokratische Wahl? Dann wäre der „Gesellschaftsvertrag“ gegeben. Ist sie dies nicht, wäre eher an Autorität als Machtausübung zu denken, die sich wiederum legitimieren müsste.

Man kann diese verschiedenen Ebenen von Autorität also gut an der Frage nach dem Amt in der Kirche exemplifizieren. Nicht umsonst steht hier die apostolische Sukzession in ihrer Bedeutungsverschiebung von reiner inhaltlicher Nachfolge zur Nachfolge im machtvollen Amt im Blickpunkt.1 Allerdings verweisen die Beispiele letztlich auf das Problem, auf welcher Grundlage die „Amtsfrage“ beantwortet werden kann. Wenn auf die Schrift verwiesen werden soll, stellt sich auch diesbezüglich die Frage, welche Autorität der Schrift zukommt.

Damit ist die vorliegende Untersuchung – wiederum im Vorgriff – an ihrer zentralen Fragestellung angelangt. Erheben die neutestamentlichen Texte selbst einen Anspruch auf Autorität? Und wenn ja: welchen?

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