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4.

Ganud

11. November 1638 NGZ

Der Flug nach Andromeda – das die Lemurer einst als Zweite Insel bezeichnet hatten – dauerte bereits über drei Monate. Die Tefroder an Bord der SCIMOR hätten die Reise als ereignislos bezeichnet – und dabei immer noch das Gefühl einer Schönrednerei gehabt.

Die Antriebseinheit des Doppelkugelraumers jagte das Schiff durch den Linearraum. Der gelegentliche Aufenthalt im Normalraum zur routinemäßigen Überprüfung der Schiffsmaschinerie brachte nur wenige Stunden Abwechslung. Das Bewusstsein, durch die sternenlose Leere zwischen den Galaxien zu treiben, umgeben von nichts als kaltem Gas und Finsternis, hellte die Bewusstseine meiner Mitreisenden nicht auf.

Da die technische Überprüfung meist in kurzen Gesprächen mit spezialisierten Positroniken bestand, die die von ihnen ermittelten Datenvolumen vektoriert, aufgewertet und in knappen Worten zusammengefasst hatten, sorgten auch diese Intermezzi nicht für spektakuläre Aufmunterungen.

Und die Zeiten, von denen manchmal die alten Astronauten berichteten, Zeiten, in denen man im Nirgendwo zwischen Karahol und Apsuhol beinahe zwangsläufig auf verirrte Mobys stieß, auf marodierende Maahks in schrottreifen Walzenraumern und auf bösartige Hinterlassenschaften der Meister der Insel in vergessenen Raumstationen mit verrückt gewordenen Positroniken – diese Zeiten waren wohl endgültig vorüber.

Die SCIMOR jedenfalls begegnete keiner einzigen Raumstation mit paranoider Positronik. Der Leerraum barg keine Geheimnisse, sondern tat bloß, was sein Name verlangte: Er stand leer.

Und ich dachte: schade eigentlich.

Wer Posbis kennt, weiß, dass auch mein Anteil lebender Materie von Zeit zu Zeit regenerieren muss. Er wechselt Stoffe mit der Außenwelt, nimmt auf, verwertet, entsorgt.

Schlaf allerdings benötigt er nicht. Für die Archivierung meiner Erlebnisse, deren Hierarchisierung und Priorisierung ist mein positronischer Anteil zuständig. Aber die Gabe des Schlafs hat mich immer inspiriert. Gelegentlich spazierte ich deswegen auch an Bord der SCIMOR aus meiner Unterkunft, die ich im Grunde nicht benötigte, und über die Korridore der Besatzungsquartiere.

Unterwegs warf ich den einen oder anderen Blick in die Gesellschaftsräume, wohnte kleinen Theateraufführungen bei oder artistischen Darbietungen; ich sah Tefroderinnen und Tefroder über komplexe Strategiespiele vertieft, hörte sie miteinander singen, streiten oder flüstern und studierte nicht zuletzt die Schemata ihrer körperlichen Annäherung aneinander. Die erstaunten mich jedes Mal aufs Neue: wozu ein solch labyrinthisches Spiel, nur um den Hormonhaushalt des eigenen Leibes zu erfrischen, Bindungskräfte zu stärken und den Programmen zur Arterhaltung zu dienen?

Da konstruierten wir Posbis uns willentlicher, experimentierfreudiger, kühner.

Anders als in unseren ewig konstanten Raumschiffen simulieren die Biologischen planetare Zyklen, Tag und Nacht – kurioserweise aber keine Jahreszeiten, obwohl dies für ihre Lebenserhaltungssysteme kein großer Aufwand wäre. Konsequenz ist eben nicht der Leitfaden solcher Kulturen, deren Betriebssystem auf Kohlenstoffbasis arbeitet.

Die Abendstunden waren mir besonders lieb. Dann schwebte ich über die Korridore, wenn das Licht gedämpft war und die Verschalung der Gänge alle Geräusche abtönte, die aus den Maschinenhallen heraufdrangen. Niemanden störte es, denn außer mir war niemand da, wenn ich meine Sensorsegmente ausspannte.

Da waren sie, all die von organischen Strukturen erzeugten elektrischen Felder. Ich nahm die Hirnströme wahr, die entspannten Alpha-Wellen, die schläfrigen Theta-Wellen von vier Hertz, die sich zu den bald nur noch ein Zehntel Hertz ausschlagenden Delta-Wellen des traumlosen Tiefschlafs beruhigten. Ich empfing die 15, 20, 30 Hertz turbulenten Wellen der Träume, gefolgt von nur noch unter 15 Hertz frequenten Spindeln, die den Schlaf wieder stabilisierten.

Hinter der einen oder anderen Kabinentür erkannte ich symmetrische Vertex-Wellen, meist von weniger als 200 Millisekunden Dauer, die den Übergang vom wachen zum schlafenden Bewusstsein signalisierten.

Anderswo begegnete ich Gamma-Wellen von 30 Hertz und mehr und wusste: Dort arbeitete jemand an einem kognitiven Problem, lernte oder meditierte.

Sonst und überall im Schiff kooperierten diese Bewusstseine, in den Nachtphasen aber trieben sie wie eigene Sterneninseln dahin, verdunkelten sich und sanken in unlösbare Rätselhaftigkeit.

Da hielt ich an und schwebte, wie gebannt von der Unsagbarkeit dieses fremdartigen Lebens.

Es war an einem dieser Abende, an denen ich durch die Korridore schwebte, als es Alarm gab.

Ich beschleunigte und schoss mit eng angelegten Kopfarmen in einem kühnen Winkel in den Antigravschacht, der zur Zentrale führte.

*

Lanbal hatte die Stirn in Falten gelegt. Der Kommandant der SCIMOR stammte von Zardar, einer tefrodischen Kolonialwelt mit geringer Schwerkraft. Mit seinen zweieinhalb Metern Körpergröße gehörte er dort nicht zu den Hünen. Sein graziler Leib steckte in einem Exoskelett aus biegsamem Metallplast.

Neben ihm saß Vetris-Molaud in einem Pneumosessel, scheinbar entspannt. Er blickte sinnend auf den Panoramaschirm. Außer schattenhaften und linienförmigen Lichtgebilden war nichts zu erkennen. Nur im Streuwinkelsektor des paraoptischen Reflexstrahls herrschte Klarheit. Dort stand das Spiralrad der Andromeda.

Die Pilotin, eine Tefroderin namens Sin-Zemhoute, saß unter der SERT-Haube; lange, blauschwarze Haare quollen ihr über den Nacken und die Oberarme. »Schiff verliert weiter an Geschwindigkeit«, sagte sie mit einer entrückten, fast unbeteiligt klingenden Stimme. »Tempo auf 71 Prozent Maximalgeschwindigkeit reduziert bei unverminderter Energiezufuhr in die Kompensationskonverter.«

»Fehlerdiagnose?«, fragte Lanbal in Richtung der Schiffspositronik.

»Daten in kein Defektmodell integrierbar«, antwortete die Positronik.

»Tempo auf 70 Prozent Max«, sagte die Pilotin. »69 Prozent, rapide fallend. 68.«

Ich betrachtete das Bild der Galaxis. Plötzlich meinte ich, eine winzige Änderung wahrzunehmen. Ich bat die Positronik des Schiffes, mir Zugriff auf ihre Sensordaten zu gewähren. Da der Tamaron mich autorisiert hatte, geschah dies nur Millisekunden später. Keine weitere Zehntelsekunde, und ich war im Bild und wusste es, bevor die Positronik es der Zentralebesatzung mitteilte: »Schiff hat den Kurs geändert. Abweichung 1,3 Strich.«

»Abweichung korrigieren!«, befahl Lanbal.

»Korrektur eingeleitet«, meldete Sin-Zemhoute.

»Abweichung aktuell 1,33 Strich«, sagte die Positronik.

»Ich versuche weiter, die Abweichung auszugleichen«, sagte die Pilotin. »Tempo auf 65 Prozent der Maximalgeschwindigkeit gesunken.«

»Abweichung 1,337 Strich, neuer Kurs nun konstant«, informierte die Positronik.

»Tempo auf 61 Prozent Max. 59. 56. 52. 47. 41. 34. 26 ...«

Zum ersten Mal schaltete sich der Tamaron ein: »Achtung: Gefechtsbereitschaft herstellen. Kreuzerbesatzungen einsatzbereit machen, Notstart vorbereiten! Alle Stationen doppelt besetzen!«

»SCIMOR fällt aus dem Linearraum – jetzt!« Die Pilotin hatte nicht einmal in dieser Situation die Stimme erhoben. »Paratronschirm steht. ZAON- und PECTOR-Kreuzer melden sich einsatzbereit. Traktorfeldprojektoren der Buchten einsatzbereit.«

»Lagebericht!«, verlangte der Kommandant.

Die Positronik sagte: »Keine Schadensmeldung. Wir befinden uns 280.200 Lichtjahre vor der Konturregion Karahols.«

280.000 Lichtjahre – das bedeutete, wir hatten etwa 90 Prozent der Flugstrecke zurückgelegt.

Die Positronik setzte ihren Bericht fort. »Unbekanntes Objekt acht Lichtjahre in Flugrichtung voraus. Unsere Eigengeschwindigkeit liegt bei 19 Prozent Licht.«

»Kannst du das vorliegende Objekt identifizieren oder klassifizieren?«, fragte Vetris-Molaud.

»Nicht zweifelsfrei«, antwortete die Positronik. »Das Objekt ist künstlichen Ursprungs. Symmetrische Strukturen und Strukturelemente. Kontinuierliche Energieemissionen. Etwa dreißig kleinere Satelliten.«

»Zeig es uns!«, forderte Lanbal.

Im Panoramaholo erschien ein scheibenförmiges Gebilde; die eingeblendeten Daten gaben einen Durchmesser von etwa elf Kilometern an, bei einer Dicke von drei Kilometern. Um das Gebilde kreisten kugelförmige Elemente, alle unter zwei Kilometer Durchmesser.

»Ein alter Weltraumbahnhof der Maahks«, murmelte Lanbal. »Umgeben von Raumschiffen typisch tefrodischer Bauart.«

»Nur, weil er den alten Maahkstationen gleicht, muss er nicht gleich alt sein«, gab Vetris-Molaud zu bedenken. »Und nur, weil die Wasserstoffvölker sie konstruiert haben, muss die Station nicht mehr den Maahks gehören.«

»Sondern?«, fragte der Kommandant.

»Wir werden es herausfinden«, sagte der Tamaron.

*

Der Tamaron hatte Ferinan Andurri angewiesen, sobald wie möglich mit einem ZAON-Kreuzer zu starten. Parallel dazu sollten Sonden ausgeschickt werden, die mit einem Lineartriebwerk ausgestattet waren.

Ich kannte Andurri. Er war ein vierschrötig wirkender Halb-Tefroder mit terranischer Mutter. Als Kommandeur der Raumlandeeinheit befehligte er zugleich die Kreuzerflotte der SCIMOR.

Die Ergebnisse waren rundweg enttäuschend: Weder Andurris Kreuzer noch den Sonden gelang es, in den Linearraum vorzudringen. Andurri scheiterte zudem mit dem Versuch einer Transition.

Wie in alten Zeiten hatte mich Vetris-Molaud gebeten, an der anberaumten Konferenz teilzunehmen. Neben Kommandant Lanbal und Andurri war auch die Pilotin eingeladen.

Ob es ein Zufall gewesen sein könnte, dass der Rücksturz so nahe an dem Weltraumbahnhof erfolgt war? Die einhellige Meinung: wohl kaum!

Erste Versuche, die SCIMOR wieder in den Linearraum zu bringen, waren gescheitert. Die unterlichtschnellen Feldtriebwerke dagegen funktionierten tadellos.

Eine Beschleunigung auf etwa 90 Prozent der Lichtgeschwindigkeit und eine Beibehaltung dieser Geschwindigkeit über die Distanz von acht Lichtjahren wäre kein Problem. Das Verhältnis zwischen Bordzeit und angezieltem Ruhesystem, der Raumstation, würde dann ziemlich exakt eins zu 2,29 betragen. An Bord würden mithin 3,49 Jahre vergehen. Diese Desynchronisierung wäre nicht nennenswert.

Bei einem Flug nach Andromeda sähe es freilich anders aus. Selbst bei einer Reisegeschwindigkeit von 99,99 Prozent Licht – die für die SCIMOR freilich utopisch war – wären wir, bei einem Verhältnis von eins zu 70,7 zwischen Bord- und Zielobjektzeit, 3960 Jahre unterwegs.

Der Tamaron und ich würden diesen Flug aller Voraussicht nach überleben. Der Rest der Besatzung nicht.

Immerhin schien kein Angriff bevorzustehen. Aber ohne Überlichtflugkapazitäten stellte die SCIMOR auch für niemanden eine ernst zu nehmende Gefahr dar.

Die geortete Station war in den Sternkatalogen der Tefroder nicht verzeichnet. Was nicht viel hieß: Die Weltraumbahnhöfe der Maahks waren von Beginn an Geheimprojekte gewesen. Allerdings waren unsere Technoanalytiker weitgehend überzeugt, dass das große Objekt baugleich mit dem Weltraumbahnhof sein musste, den die terranischen Kataloge unter dem Namen Forril-Station führten. Forril war ein Ausweichbahnhof, deutlich kleiner als Central-Station, Midway und Lookout. Ob Forril aber überhaupt noch existierte, wussten die Tefroder nicht.

Die nächsten Tage verstrichen mit frustrierenden Experimenten. Die Linearraumkonverter wurden mal mehr, mal weniger modifiziert. Nichts half; wir lagen unter Licht fest.

Es war deswegen geradezu eine Erleichterung, als am 22. November 1638 NGZ – elf Tage, nachdem die SCIMOR aus dem Linearraum gerissen worden war – die fremden Raumschiffe auftauchten.

*

Es waren vier Kugelraumer, allesamt mit einem Durchmesser von 1900 Metern. Sie wiesen mit ihrem Ringwulst die typisch tefrodische Bauart auf. Allerdings wurden die beiden Polbereiche von je einer Kuppel überwölbt, die je gut 80 Meter durchmaß und 40 Meter hoch und tief war und aus der vier antennenförmige Aufbauten ragten.

Später sollte ich erfahren, dass es sich um modifizierte Schiffe der KAVNA-Klasse handelte, damals die kampfstärkste Klasse des Virthaniums, des tefrodischen Sternenreiches in Andromeda.

Die Kugelraumer flogen, nachdem sie aus dem Linearraum getreten waren, mit etwa 45 Prozent der Lichtgeschwindigkeit auf uns zu und hielten sich damit außerhalb der Kernschussreichweite unserer Waffen.

Wir vermuteten, dass andererseits sie auch uns nicht hätten treffen können.

Die vier Raumer flogen ohne besondere Formation.

Dem Tamaron lag daran, die Initiative zurückzugewinnen. Er funkte die Schiffe an, aber es dauerte eine Weile, bis wir Antwort erhielten. Ich vermutete, dass es diese Zeit kostete, um einen Hyperfunkkanal aufzubauen. Dann meldeten sich die Ankömmlinge.

»Hier ist Yal Berrn, Kommandant der YEDD-3. Identifiziert euch.«

Der Tamaron antwortete und stellte sich vor; dann bat er um die Einflugerlaubnis nach Andromeda und darum, die Überlichtflughindernisse zu beseitigen.

Wir hatten wenig Zweifel, dass diese Raumschiffe vom Weltraumbahnhof in acht Lichtjahren Entfernung stammten. Auch lag der Gedanke nahe, dass diese Tefroder etwas wie die Wächter von Andromeda und letztlich für die Unterbrechung unserer Reise verantwortlich waren.

Yal Berrn bestätigte unsere Vermutungen, wenn auch nicht ausdrücklich. »Beendet unverzüglich den Gefechtszustand eures Trägerschiffes und seiner Beiboote. Desaktiviert die höherwertigen Schutzschirme. Wir bringen euch zum Weltraumbahnhof YEDDVEN. Haltet euch an die Anweisungen, die wir eurer Schiffspositronik übermitteln. Eine Einflugerlaubnis nach Andromeda wird nicht erteilt.«

»Warum nicht?«, fragte der Tamaron.

»Ihr kommt aus der Milchstraße«, antwortete Berrn, als wäre das eine Antwort.

Sollte Vetris-Molaud gehofft haben, sein Name und seine Funktion würden ihm alle Tore nach Andromeda öffnen, sah er sich nun getäuscht.

*

Die vier Schiffe umgaben die SCIMOR etwa in Äquatorhöhe. Zwischen den Antennen oberhalb der Pole zuckten Blitze hin und her und webten ein schwachrot glühendes Feld. Diese Felder flossen wie ein energetischer Mantel über die Schiffshüllen. Kurz darauf blähten sich die Mäntel in Richtung der SCIMOR aus und hüllten das Schiff ein.

Die vier Schiffe beschleunigten und nahmen die SCIMOR mit Traktorstrahlen in Schlepp.

Sin-Zemhoute saß wieder unter der SERT-Haube. »Die navigatorische Abteilung der Schiffspositronik empfängt einen Leitstrahlimpuls und folgt«, sagte sie. »Linearraumkonverter werden nicht aktiviert.«

Der kleine Verband beschleunigte weiter. Dann leuchtete die Energieblase auf, die uns umspannte.

»Wir sind in der Librationszone«, teilte die Pilotin uns mit. »Die Halbraumblase bewegt sich mit 35.000-facher Lichtgeschwindigkeit Richtung Weltraumbahnhof. Ankunft dort voraussichtlich in zwei Stunden.«

Zwei Stunden für acht Lichtjahre – wir brachen nicht unbedingt alle Überlichtflugrekorde. Aber es fühlte sich dennoch an wie eine Befreiung. Jedenfalls, bis man sich wieder klarmachte, dass die SCIMOR nicht aus eigener Kraft flog, sondern auf Gedeih und Verderb von den Andromeda-Tefrodern abhing.

Nach knapp zwei Stunden kehrte der Verband in den Normalraum zurück. Die Transportblase erlosch. Der Weltraumbahnhof lag etwa zehn Millionen Kilometer entfernt. Wir orteten keinen höherwertigen Schutzschirm. Allem Anschein nach war auch kein offensives Waffensystem aktiviert und auf die SCIMOR gerichtet. Keine Spur von einem Deflektorfeld: Die beiden Oberflächen der Scheibe lagen, wenn auch nicht sehr hell, ausgeleuchtet vor unseren Augen.

In einem Abstand von wenigen Tausend Kilometern kreisten weitere zwei Dutzend 1900-Meter-Raumer der Tefroder um die Station. Alle verfügten über die bereits bekannten Polaufbauten.

Auf der oberen wie unteren Landefläche des Weltrumbahnhofs standen Raumschiffe, überwiegend tefrodischer Bauart, aber nicht nur.

Ich entdeckte ein sehr flaches, diskusförmiges Schiff, einen makellosen Würfel mit 122 Metern Kantenlänge ohne jeden Aufbau oder sonstige Kennzeichen, und einen Doppelkugelraumer, den ich auf den ersten Blick für ein Schiff der Cheborparner hielt: Die obere Kugel durchmaß 180 Meter, die untere 90, war aber – anders als bei den Modellen der Cheborparner – semitransparent und eröffnete den Blick auf dicht gepackte Maschinerien. Nach lemurischer Sitte war die Bezeichnung auf die Zelle gemalt. Ich entzifferte die Buchstaben mühelos, obwohl sie in vielen Details von der Schrift der Milchstraßen-Tefroder abwich, einfacher wirkte, eindringlicher, eleganter: BURA HOMT – was etwas archaisch, aber durchaus verständlich war: das Zweite oder das Neue Licht.

Die Dimensionen der gelandeten Raumfahrzeuge waren deutlich geringer als bei den anderen Kugelraumern im Orbit der Station.

»Kein einziges Maahkschiff zu sehen«, informierte uns einer der Sensorspezialisten. »Innerhalb der Station gibt es offenkundig eine Sauerstoffatmosphäre. Wenn Räume existieren, die mit Wasserstoff geflutet sind, müssen sie sich tief im Inneren der Station befinden und besonders ortungsgeschützt sein. Wo sind unsere sichelköpfigen Freunde?«

Der Tamaron warf mir einen kurzen Blick zu. Es war tatsächlich rätselhaft. Die Vorfahren der Tefroder, die Lemurer, hatten ursprünglich kein großes Interesse an den Weltraumbahnhöfen gehabt, die von den Maahks erbaut und benutzt worden waren, um den Abgrund zwischen den Galaxien zu überbrücken. Auf diesen Bahnhöfen konnten Schiffe zwischenlanden und ihre Überlichtkonverter austauschen, die in die Werftabteilungen der Bahnhöfe wanderten und dort generalüberholt wurden.

Die Lemurer übersprangen diesen Abgrund traditionell hingegen mithilfe der Sonnentransmitter.

Nun benötigten die Maahks die Bahnhöfe ihrerseits seit vielen Jahrtausenden nicht mehr. Hatten sie sie deswegen aufgegeben? Veräußert? Den Tefrodern zur Verfügung gestellt?

»Das wird sich klären lassen«, sagte ich. »Wir sollten vorläufig über etwas anderes nachdenken.«

»Worüber?«, fragte Lanbal.

»Wir haben die Station geortet, und also wird die Station uns geortet haben. Warum hat man uns so lange warten lassen?«

»Weil man uns geortet, andere Stellen darüber in Kenntnis gesetzt und deren Befehle abgewartet hat, vermute ich«, antwortete der Tamaron.

Etwas später wurden wir vom Weltraumbahnhof angerufen. Im Zentralholo erschien das runde Gesicht eines Tefroders mittleren Alters. Das Gesicht war üppig, die Lippen voll, die Ohrmuscheln gewaltig. Das dichte, blauschwarze Haar hing in kurzen Fransen in die Stirn. Die Augen lugten zwischen den Fettpölsterchen hervor wie scheue Tiere.

Der Tefroder breitete in einer offenbar anstrengenden Bewegung beide Arme aus und machte mit den dicken Fingern kraulende Bewegungen.

»Tamaron Vetris-Molaud!«, rief er aus. Scheinbar brachte ihn die schiere Freude über diesen Besuch an den Rand eines Herz-Kreislauf-Zusammenbruchs. »Mein Name ist Gota-Thao, Kommandant dieser wunderbaren Station YEDDVEN, auch wenn manche mich eher als ihren Herbergsvater betrachten.« Er lachte schallend wie über einen großartigen Witz. »Ich begrüße dich und deine Mannschaft, selbstverständlich auch im Namen von Bogolo Spartor, des Virths aller Tefroder in Andromeda und den ihr beigesellten Satelliten-Galaxien!«

Er schnaufte, völlig außer Atem von dieser Ansprache. Die kraulenden Bewegungen seiner Finger verstärkten sich. »Kommt, kommt doch, Kinder, ich will euch dem Tamaron vorstellen. Ousha, zeig dein schönes Gesicht!«

Die Tefroderin, die nun in den optischen Aufnahmebereich trat, war alles andere als eine landläufige Schönheit. Sie war schlank, fast dürr; die Finger schmal, das Gesicht länglich, die Wangenknochen hoch. Kein ebenmäßiges, aber ein ausdrucksstarkes Gesicht. Ihre schwarzen Haare waren fast achtlos gelegt, wie notdürftig mit der Hand geordnet. Die großen, geradezu phosphorgrünen Augen schauten, wie mir schien, ein wenig spöttisch. Die Lippen, blassrosa und schmal wie die eines Kindes, verzogen sich zu keinem Lächeln.

»Das«, verkündete Gota-Thao mit der Begeisterung eines in seine Tochter verliebten Vaters, »ist Ousha Rikmoon, meine Assistentin. Und das«, er winkte heftig mit den Fingern der anderen Hand, »nun komm schon, mein Bestester, sei nicht so schüchtern! Das ist mein Chefingenieur Orrzo Tertherric.«

Ins Bild trat ein Onryone.

Perry Rhodan-Paket 62: Mythos (Teil2)

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