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6.

Ganud

22. November 1638 NGZ

Kommandant Lanbal war instruiert, die SCIMOR in stiller Alarmbereitschaft zu halten. Sollte die Ortung verdächtige Energieemissionen registrieren, die auf die Aktivierung offensiver Waffensysteme auf dem Weltraumbahnhof oder bei den dort versammelten Raumschiffen deuteten, war das Schiff in Schutzschirme zu hüllen.

Wir landeten mit einem der ZAON-Kreuzer. Der 230-Meter-Kugelraumer wurde von Ferinan Andurri kommandiert. Das Schiff verfügte über mehrere Notfall-Transmitter. An Bord hielt sich eine 120-köpfige Truppe von Raumlandesoldaten in Bereitschaft, die der Tamaron von der VOHRATA auf die SCIMOR verlegt hatte. In den Korridoren und Mannschaftsquartieren war eine Heerschar der damals modernsten tefrodischen Kampfroboter aufgestellt, vierarmige Maschinen der DROKA-Typenreihe.

»Ziehen wir in den Krieg?«, fragte ich. »Wäre ja gelacht, wenn wir Andromeda nicht bis gegen Ende des Monats erobert hätten.«

»Ich mag es, wenn du versuchst, Humor zu imitieren«, sagte der Tamaron.

Wir wussten wenig über die Lage in Andromeda. Der Nachrichtenfluss war in den letzten Jahren und Jahrzehnten immer spärlicher geworden. Von einem Virth namens Bogolo Spartor hatte ich nie gehört. Allerdings ging ich davon aus, dass das Virthanium der Tefroder neben dem Sternenreich der Maahks immer noch den größten Machtblock in der Nachbargalaxis darstellte, wenn nicht sogar immer noch expandierte.

Auch die ebenso widerstandsfähigen wie einfallsreichen Gaids würden weiterhin eine Rolle spielen. Aber die Maahks?

Bei diesen dürfte die Lage undurchsichtiger sein. Im 14. Jahrhundert hatte deren Dezentrale Überwachungsinstanz dafür gesorgt, dass sich die Zivilisation ihrer Zentren und Hierarchien entledigte. Die aktuelle Situation war mir nicht bekannt.

Maahks wie Gaids stammten aus Andromeda, wobei die Ursprungswelt der Maahks uns bislang unbekannt geblieben war.

175 Jahre zuvor hattest du, Mascant, zusammen mit Perry Rhodan, dem Tefroder Meruv Tatur, dem Gaid Daore Hapho und dem Maahk Grek 11 einen Pakt gegen die Vatrox geschlossen, den Bund von Sicatemo. Tatur war später zum Virth gewählt worden. Die weitere Entwicklung des Virthaniums lag für uns weitgehend im Dunkeln.

Beide Landeflächen des Weltraumbahnhofs YEDDVEN trugen Raumschiffe. Die eine Seite hatten wir bereits zu Gesicht bekommen, dort lag unter anderem die BURA HOMT. Und dort wurden auch wir angewiesen zu landen.

Die andere Landefläche dagegen war, wie unsere Fernmessung ergab, fast vollständig vereist; der Eispanzer war fast zehn Meter dick und von einer beinahe vollkommenen Ebenmäßigkeit.

Auf dem Eis lagen einige Trümmerstücke. Sie wirkten, als hätte sie jemand aus einem gigantischen Rad und der dazu gehörigen Nabe herausgeschlagen, wobei die Speiche, die die Felge mit der Nabe verbunden hatte, erhalten geblieben, aber verbogen war. Wenn ich aus den vorliegenden Maßen das gesamte Gebilde rekonstruierte, musste es sich bei dem vollständigen Objekt um ein Rad von etwa 2700 Metern Durchmesser gehandelt haben. Der äußere und ringförmige Bereich hatte 270 Meter durchmessen, die scheibenförmige Nabe 1080 Meter.

Das Ganze machte den Eindruck einer völligen Zerstörung. Für einen Moment überlegte ich, welche Kräfte mit welcher elementaren und erbarmungslosen Gewalt auf dieses Raumschiff eingewirkt haben mussten. Und ich fragte mich, warum die Tefroder diese Trümmer nicht längst beseitigt hatten.

Unser Pilot folgte der Anweisung der Lotsen von YEDDVEN, der ZAON-Kreuzer machte einen Schwenk und ging in den Landeanflug.

Dann setzten wir auf.

*

Dass wir von Robotern empfangen wurden, war die erste Überraschung. Man hatte uns eine Delegation von insgesamt zwölf Personen zugestanden. Maschinen waren uns untersagt. Gegen meine Anwesenheit gab es Einwände vonseiten YEDDVENS. Wir mussten fast eine halbe Stunde außerhalb des ZAON-Kreuzers warten, bis nach etlichem Hin und Her Gota-Thao persönlich entschied, mich als kulturtragende Einheit zu akzeptieren. Ich merkte dem Tamaron eine gewisse Erleichterung an.

Ferinan Andurri blieb an Bord des Kugelraumers zurück. Die übrigen zehn Mitglieder unserer Abordnung waren Techno-Analysten, Kosmopsychologen, vor allem aber kampferprobte Raumlandesoldaten.

Diese aber hätten gegen die aufmarschierten Roboter kaum eine Chance gehabt

Unser Schiff stand etwa vier Kilometer entfernt von der Zentralkuppel des Weltraumbahnhofs. Der Tamaron und seine übrigen Begleiter hätten die Strecke mit den Antigravaggregaten ihrer Einsatzkombinationen binnen zweier Minuten zurücklegen können. Man schickte uns jedoch einen größeren Gleiter mit Autopiloten.

Die Tefroder gaben sich kaum Mühe zu verhehlen, wozu der Transport in diesem Omnibus wirklich diente. Man hatte uns geheißen, die Helme abzulegen. Während wir zur Kuppel flogen, wurden wir wieder und wieder ortungstechnisch unter die Lupe genommen. Strahlungen aller Art durchleuchteten uns. Wahrscheinlich waren selbst in den Sitzen und Kopfstützen des Gleiters Miniaturlabore eingebaut, die Proben von den Anzugfasern nahmen und Hautschuppen oder Haare einsammelten, um sie einer DNS-Analyse zuzuführen.

Mein Eindruck war übrigens nicht, dass man uns einschüchtern wollte.

Mein Eindruck war: Man fürchtete uns.

Dieses Urteil festigte sich noch während des Empfangs, der allerdings so burlesk ausfiel, wie man es von einem Charakter wie Gota-Thao wohl hätte erwarten müssen,

Ich erspare euch einen detaillierten Bericht über die mal mehr, mal weniger drolligen Possen, die der Kommandant sich hatte einfallen lassen – daumennagelgroße Raumschiffsmodelle, die uns zu Ehren eine knall-krachige Flugschau als Inszenierung irgendeiner Raumschlacht boten; Leuchterscheinungen und von der Hallendecke rieselnder Flitter aus Metallschnipseln und zierlich beschrifteten Papieren (auf einem, das ich im Flug las, stand wie von Kinderhand geschrieben: Wer an YEDDVEN nicht sein Herz verliert, der hat keines zu verlieren!); aus Volieren aufflatterndes und disharmonisch kreischendes Geflügel; ein sich träge durch die Luft vorkämpfender mechanischer Riesenfisch, der etwas kaute und dabei dumpfe, paukenartige Geräusche ausstieß; arabesk kostümierte Kampfroboter; aus der Decke ragende und auf uns gerichtete Strahlenkanonen, die mit bunten Papierbändern geschmückt waren.

Inmitten dieses Zirkus stand der beleibte Kommandant, breitete die Arme aus, lachte, juchzte, schrie immerzu etwas, was stets im Lärm der Szenerie unterging. Und an seiner Seite: Ousha Rikmoon. Still und regungslos wie ein holografisches Porträt, in ein langes, jadegrünes Kostüm gehüllt, das mit einem mattblauen, in seiner Maserung an Leder oder Schlangenhaut gemahnenden Gürtel gebunden war, den lockeren Knoten an der Seite.

Ihre rechte Hand lag locker auf dem Griff einer Strahlenwaffe, die in ihrem geöffneten Holster steckte. Wachsam und auf der Hut, als hätte mit uns der Untergang Andromedas an die Pforten des Weltraumbahnhofs geklopft.

Im Hintergrund des Saales standen etwa 200 Tefroder, ferner je zwei oder drei Vertreter anderer und mir – von den beiden Gaids abgesehen – unbekannter, meist aber lemuroider Arten.

Etwas abseits hielten sich zwei Onryonen und tuschelten miteinander.

Alle Gestalten schienen leicht unscharf und flirrend wie Figuren in einem datenbeschädigten Holodrama: Ein Energieschirm trennte diese Gruppe von uns ab. Man betrachtete uns wie Materialisationen aus einem Albtraum.

*

»Wir nennen es den Halbraumschirm«, erklärte uns Gota-Thao, nachdem er sich mit dem Tamaron und mir in die Zimmerfluchten zurückgezogen hatte, die er seine Residenz nannte.

Ousha Rikmoon war keinen Augenblick von seiner Seite gewichen. Ihr Hirnstrom bewegte sich fast ausschließlich im Gamma-Wellen Bereich, also im Frequenzbereich über 30 Hertz. Sie strahlte geradezu vor Konzentration. Ich hatte keinen Zweifel, dass sie für den Kommandanten dieselbe Funktion erfüllte wie ich für den Tamaron: Wir waren beide Leibwächter.

Ich irrte.

Der Teil der Residenz, in dem wir schließlich miteinander sprachen, war erstaunlich frei von allem Pomp. Die Möbel bestanden aus leicht duftendem Holz; in einem Holo, das eine ganze Wand erfüllte, drehte sich majestätisch das Rad Andromedas.

»Der technischere Begriff dafür lautet Linearzonen-Passagen-Definitor. Der Schirm erlaubt es uns, Annäherungen von Flugobjekten im Linearraum zu entdecken und den Flug dieser Objekte zu unterbrechen. Auch Transitionen werden unterbunden. Ihr werdet uns nachsehen, dass wir nicht allzu sehr in die Einzelheiten gehen.«

»Ihr habt die Sterneninsel isoliert«, stellte der Tamaron fest.

»Wir haben sie gesichert«, verbesserte Rikmoon, die in einem Stuhl neben dem Kommandanten Platz genommen und ihre langen Beine übereinandergeschlagen hatte – effektvoll übereinandergeschlagen, wie ich den Sakkaden des Tamarons entnahm. Seine unwillkürlichen Augenbewegungen ließen keinen anderen Schluss zu: Die Frau interessierte ihn.

Der Kommandant fuhr fort: »Wir haben dazu zwei alte Weltraumbahnhöfe der Andromeda-Nebenstrecken reaktiviert und umgebaut, außerdem etliche Dutzend Schaltstellen neu erbaut. Wer in deren Umfeld im Überlichtmodus operieren will, benötigt spezielle Zusatzaggregate, die Freischalter.«

»Und das genügt, um eine Galaxis von der Größenordnung Karahols abzuschirmen?«

Der Kommandant lächelte bescheiden. »Ich will nicht verhehlen, dass wir ein wenig technischen Beistand von anderen Sternenvölkern Karahols erhalten haben, ganz zu schweigen von der Unterstützung durch unsere onryonischen Partner, die sich, wie ihr sicher wisst, im Bereich der On-Raum- beziehungsweise Linearraumforschung einige Expertise erarbeitet haben.«

Vetris-Molaud, der nun dem Kommandanten gegenübersaß, beugte sich leicht vor: »Der Halbraumschirm wurde mit der Hilfe von Onryonen entwickelt, die vor dem Weltenbrand aus der Milchstraße geflohen sind. Wofür war das die Gegenleistung?«

Der Kommandant hob abwehrend die Hände. »Wir sind keine Krämer, Tamaron!«

»Dennoch werden die Onryonen gewiss eine Art Anerkennung für ihre Dienste erhalten haben?«

Der Kommandant schmunzelte. »Wenn ihr darauf besteht, nun ja: Die Stabilität hat den Onryonen offiziell gestattet, in einer Satellitengalaxis Karahols zu siedeln. In jenem Satelliten, den die Terraner als Andromeda X oder Andro-Kappa bezeichnen.«

»Eine lentikuläre, also linsenförmige Zwerggalaxis. Etwa 2,9 Millionen Lichtjahre von der Milchstraße entfernt«, warf ich ein.

»Was ist die Stabilität?«, fragte Vetris-Molaud.

»Ein Bund«, sagte der Kommandant. »Ein Bund von Sternenstaaten zur Stabilisierung der Verhältnisse in Karahol.«

»Wer stabilisiert denn so alles mit?«, fragte der Tamaron. »Neben den Tefrodern?«

»Oh«, machte der Kommandant und lehnte sich zurück. »Die Gaids. Die Maahks, soweit sie noch in der Öffentlichkeit auftreten. Die Taymakko. Die Indarrean. Sogar die Fesoasoani.« Er zuckte kurz mit den Achseln. »Eigentlich alle.«

»Und damit niemand diese sorgsam ausbalancierte Stabilität aus dem Gleichgewicht bringt, habt ihr Andromeda abgeschottet?« Er zeichnete mit den Händen die Umrisse eines Plakats in die Luft und tat, als würde er darauf schreiben: »Für Galaktiker verboten!«

»Nun ... ja. Für Außenstehende. Das ist schließlich das Konzept eines Abwehrschirms, oder?«

»Und die Onryonen dürfen mitmachen, weil sie das Know-how geliefert haben und die Finsternis Karahols mit ihren Anuupi erleuchten?«

Gota-Thao nickte bedächtig. »Die Onryonen sind uns ein willkommener Stabilitätsfaktor.«

»Darf ich fragen«, meldete ich mich zu Wort, »ob auch das Volk, dessen Raumschiff auf die vereiste Landefläche von YEDDVEN aufgeschlagen ist, zu dieser Stabilität gehört?«

Das Dauerlächeln des Kommandanten gefror. »Nein«, sagte er. Und ließ offen, ob diese Raumfahrer nicht dazugehörten oder ich nicht danach fragen durfte.

Der Tamaron warf mir einen Blick zu und ich erwartete, dass er nachfragen würde. Denn es waren etliche Fragen offen: Wann hatten die Tefroder und warum hatte sie den Weltraumbahnhof von den Maahks übernommen? Stellte das Wrack womöglich eine Erblast dar, oder war da Schiff erst später auf die Landeplattform gestürzt? War es vielleicht abgeschossen worden?

Aber in diesem Moment sagte Ousha Rikmoon, während sich ihre Hirnstromfrequenz leicht erhöhte: »Wir haben die Milchstraße unter Quarantäne gestellt.«

*

Wir waren konsterniert. Zumal Gota-Thao uns jede weitere Auskunft verweigerte, was wir unter einer solchen Quarantäne zu verstehen hätten und wann und warum sie verhängt worden war. Der Kommandant vertröstete uns: Aus Andromeda und dem Zentrum des Virthaniums sei Aureni-Tarat unterwegs zum Weltraumbahnhof, jene Tefroderin, die in den Jahren von 1606 bis 1631 als Virth amtiert hatte. Seit einigen Jahren diente sie Bogolo Spartor, dem aktuellen Virth, als Beraterin.

Gota-Thao plauderte über die jüngere Geschichte des Virthaniums. Er sprach über den großen Virth Jarron Thabaron und seinen noch größeren Nachfolger, den besonders großen Meruv Tatur, Vertragspartner der ja auch in der Milchstraße – ha, ha! – nicht ganz unbekannten Personen Atlan und Perry Rhodan. Er warf mit Namen und Daten um sich und sagte mit vielen Worten so gut wie nichts. Er hatte, meinte ich, wieder in den Clownmodus geschaltet. Beinahe erwartete ich, dass gleich die Tür zu seinem Sitzungsraum aufgestoßen, der mechanische Riesenfisch in den Raum schwimmen würde und frivol kostümierte Kampfroboter hereingetanzt kämen.

Unsere zehn Begleiter, erfuhren wir, hielten sich in ihren Quartieren auf. Man hatte sie gebeten, diese nach Möglichkeit nicht zu verlassen. Ich war sicher, etliche Kampfroboter und Spezialkräfte des Weltraumbahnhofs würden dafür Sorge tragen, dass unser Team dieser Bitte nachkam.

Umso überraschter war ich, dass Ousha Rikmoon den Tamaron einlud, sich mit ihr den Weltraumbahnhof anzusehen, als wir gerade im Begriff waren, unsere Kabinen aufzusuchen.

Ich war offenkundig nicht explizit zu dieser Schlossführung eingeladen.

Ich weiß daher über diese denkwürdige Nacht nur, was der Tamaron mir am nächsten Tag berichtete.

*

»Nicht alle sind mit so stabilen Verhältnissen, wie wir sie haben, glücklich«, hatte Rikmoon irgendwann gesagt.

Im Lauf der letzten Jahrhunderte hatten die Tefroder sämtliche Spuren der Maahks aus dem Inneren des Weltraumbahnhofs getilgt. Nicht nur war das uralte und auf die Bereitstellung einer Wasserstoffatmosphäre spezialisierte Lebenserhaltungssystem ausgetauscht worden. Die Tefroder hatten neben funktionalen auch ästhetische Umbauten vorgenommen: Sporthallen, weitläufige Biotope, viel und an vielen Orten fließendes Wasser in Gestalt von Quellen, Fällen, Bächen.

Etwa 100.000 Tefroder lebten inzwischen an Bord; mehr als die Hälfte ständig und seit Jahrzehnten. Paare hatten sich gefunden und Familien gegründet. Es gab Schulen, eine Universität. Dank der anderen Hälfte der Besatzung, die sich immer nur für ein oder zwei Jahre aufhielt, blieb der Genpool reichhaltig genug, um gentechnische Korrekturen überflüssig zu machen. Die Tefroderin grinste den Tamaron mit entwaffnender Offenheit an.

»Aufschlussreich«, sagte Vetris-Molaud.

Rikmoon lachte das Lachen eines ertappten, aber völlig schamlosen Kindes. Ich sollte es bald darauf selbst einmal hören.

Was Rikmoon betraf, so lebte sie seit etwa einem Jahr auf dem Weltraumbahnhof. Sie war, wie sie es ausdrückte, mit einem eigenen Schiff gekommen. Sie beschrieb das Schiff kurz. Demnach musste es sich um den kleinen, 180 Meter durchmessenden Kreuzer mit dem sphärenförmigen Unterbau handeln, der mich ein wenig an ein Cheborparnerschiff erinnert hatte – die BURA HOMT.

Nach ihrer Ankunft war sie rasch zur Assistentin des Kommandanten aufgestiegen. Wobei sie ihm assistierte? Bei diesem und jenem, je nach Bedarf.

In den Tiefen der Station existierte eine kleine Onryonen-Kolonie; dort gab es auch die berühmten Anuupi, von denen niemand so recht wusste, ob sie die Haustiere ihrer Hüter waren oder die wahren Herren ihrer Hüter.

Dort, im Kern des Weltraumbahnhofs, aber nicht nur dort befanden sich Anlagen des Linearzonen-Passagen-Definitors, Energiespeicher und Wandler und Projektoren für den Halbraumschirm oder Linearraum-Stopper, wie Rikmoon ihn gelegentlich nannte. Mehr noch: Von YEDDVEN aus wurden etliche Schaltstellen des Schirms und damit einer seiner umfangreichsten Abschnitte synchronisiert und kontrolliert.

Maahks? An Bord gab es keine mehr. Gaids? Einige. Merkwürdige Gesellen mit ihren Hirnen im Brustbereich und einem Kopf, der mit seinem zyklopenhaften Facettenauge wie ein Periskop in die Wirklichkeit lugte.

Warum ein Gehirn nicht im Brustbereich sitzen sollte?, fragte der Tamaron.

Jedes Gehirn mochte von ihr aus sitzen, wo es wollte. Aber für den Brustbereich wüsste sie griffigere Organe. Sie streckte ihren Rücken durch und lachte wieder. Wie der Tamaron meinte: durchaus entzückend.

Warum sie denn nicht glücklich sei – das Gehirn ziemlich weit oben einquartiert? Nicht glücklich mit den stabilen Verhältnissen?

Ob sie denn keinen glücklichen Eindruck machte? So ein Jammer. Allerdings wüsste sie dies und das, womit der Tamaron diesem Glück aufhelfen könnte.

»Lassen wir den Flirt«, sagte der Tamaron. »Du kannst die Nacht mit mir verbringen, wenn du willst. Wenn das alles ist, was du willst, gehen wir in meine Kabine. Ist es alles?«

»Ich nehme das Angebot an«, sagte sie. »Und: Nein, es ist längst nicht alles.«

*

Die Tefroderin empfand, so interpretierte es Vetris-Molaud, die Stabilität als einen Panzer. Nach und nach – so schilderte sie dem Tamaron ihren Eindruck – legte sich etwas wie ein Eispanzer um Karahol. Nach und nach erstarrten alle Bewegungen. Man ging auf Sicherheit und lief dabei mehr und mehr wie auf Eis: behutsam, tastend, mit immer kleiner werdenden Schritten.

»Wenn wir diesen Panzer aufbrechen wollen, wird es eine Phase der Unordnung geben«, sagte Rikmoon. »Dinge werden sich bewegen. Die Bewegungen werden schmerzhaft sein, wie bei einer Geburt.«

Sie gingen langsam nebeneinander am Ufer eines kleinen Flusses entlang. Am holografischen Himmel prangte die Spiralgalaxis, geborgen in zwei menschlichen, transparenten Händen: die eine feminin, die andere maskulin. Das Licht war abendlich getönt, aber sie fanden mühelos den Weg.

Rikmoon hatte an ihrem Multifunktionsgürtel etwas aktiviert, das sie die Privatsphäre nannte. Ein schwaches Energiefeld bewirkte, dass Außenstehende sie nur wie hinter satiniertem Glas sahen, während die Sicht hinaus völlig ungetrübt blieb. Akustische Signale passierten die Sphäre nur ins Innere, und auch das ein wenig gedämpft.

Gegen jede Art von Ortung sei man geschützt. Dies sei einer der Gründe, warum Tefroder und andere nicht ungern auf dem Weltraumbahnhof lebten: die dortige größere Freiheit von allumfassender Kontrolle.

Was den Tamaron amüsierte: Gerade im Nervenzentrum eines galaxienumspannenden Abwehrschirms sollte die Kontrolle laxer sein als auf einem Planeten irgendwo im Virthanium?

Die beiden waren nicht das einzige Paar, das im Schutz einer solchen Sphäre flanierte. Aber in diesem Fall war das Paar nicht unterwegs zu einer romantischen Situation. Noch nicht jedenfalls.

Rikmoon schlug ein Gedankenspiel vor: Angenommen, es käme zu einer wie auch immer gearteten Unruhe im Virthanium. Zu einer interstellaren Katastrophe beispielsweise, zum Auftauchen eines übermächtigen Feindes aus den Tiefen des Kosmos. Einem plötzlich eskalierenden inneren Konflikt.

Ob der Tamaron sich vorstellen könnte, in einem solchen Fall einem Virthanium, das ihn um Unterstützung bäte, beizustehen?

Der Tamaron antwortete: »Ich sehe einmal davon ab, dass die Sonnentransmitterstrecke nicht mehr in Betrieb ist. Und dass unsere Schiffe vom Linearzonen-Passagen-Definitor abgewiesen werden. Und dass sie, selbst wenn dieser Abwehrschirm fiele, immer noch Monate brauchen würden, um einzugreifen. Übrigens auch davon, dass wir keine gerne gesehenen Gäste sind, wie ich bemerkt habe. Heißt deine Frage im Klartext, ob ich euch, für den Fall, dass du und andere gegen die gewählte Regierung putschen würdet, zur Seite stünde?«

»Würdest du?«

Der Tamaron lachte nur. Wie er mir erzählte.

Übrigens bestritt Rikmoon mit keinem Wort den Vorwurf, dass die Andromeda-Tefroder die Sonnentransmitter lahmgelegt hätten.

Wie auch immer. Sie wollte nichts ins Detail gehen.

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