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Lyonel Dissinger trug seinen Nadelstreifenanzug. Es gab in seinem Äußeren nur zwei Veränderungen. Er hatte die weiße Nelke im Revers gegen eine rote vertauscht, und in seinen Augen war ein Ausdruck, den Oliver Carr zum ersten Mal darin bemerkte.

Er enthielt tödlichen Hass, obwohl der Mund des Besuchers ein breites Lächeln zeigte.

„Hallo, Killer“, sagte Dissinger.

Oliver Carr, der gerade noch geglaubt hatte, sich seiner guten Nerven rühmen zu dürfen, ließ die Bierdose fallen. In seinem Magen krampfte sich etwas zusammen. Er hatte Mühe, zu atmen.

Dissinger lehnte sich gegen den Türrahmen. „Du hast deine Gewohnheiten beibehalten“, spottete Dissinger. „Ich weiß es von Jill, Jedes mal, wenn du vom Büro nach Hause kommst, trinkst du ein Bier.“

Oliver Carr griff sich an den Hals. Er musste mit einem plötzlichen Schweißausbruch fert werden. Was war geschehen? Wie kam es, dass Dissinger noch lebte, und wie hatte er es geschafft, in die Wohnung zu gelangen?

„Wir haben die Dose präpariert“, sagte Dissinger mit einem Gesichtsausdruck grimmiger Zufriedenheit. „Ein paar Dosen sind beim Probieren draufgegangen, aber dann hatten wir die Kurve raus.“

Oliver Carr begann zu zittern. Er konnte sich nicht erinnern, jemals von einem so quälenden Angstgefühl terrorisiert worden zu sein.

„Wie sind Sie in die Wohnung gekommen?“, krächzte er hilflos. Ihn drängte es nach einer ganz anderen Frage, aber er hatte nicht den Mut, sie auszusprechen.

„Oh, das war leicht“, sagte Dissinger. „Jill hat einen Abdruck des Schlüssels genommen und sich davon ein Zweitexemplar anfertigen lassen.“

„Jill“, murmelte Oliver Carr fassungslos.

Sie hatte ihn verraten. Sie hatte mit Lyonel Dissinger gemeinsame Sache gemacht.

Zugegeben, Dissinger hatte den besseren Job und die größeren Aussichten, Geld zu machen, aber er war schließlich verheiratet, mit ihm konnte sie nichts beginnen, nichts, außer einem schmutzigen, kleinen Verhältnis...

Das Übelkeitsgefühl in Oliver Carr nahm zu. Es beruhte im wesentlichen auf der Erkenntnis, dass das, was er für einen perfekten Mord gehalten hatte, zum Bumerang geworden war und sich jetzt gegen ihn kehrte.

„Was ist mit dem Bier?“, fragte er. „Das ist vielleicht eine dumme Frage“, höhnte Lyonel Dissinger. „Es ist vergiftet.“ Er lachte kurz. „Du hast dir das Geschehen selbst zuzuschreiben. Warum hast du mein ehrlich gemeintes Angebot nicht akzeptiert? Es war deine letzte Chance. Eine gute Chance, wie ich hinzufügen darf. Du wolltest nicht. Du wolltest statt dessen meinen Tod. Ich konnte nicht zur Polizei gehen. Ich musste mich zur Wehr setzen. Ich habe es auf meine Weise getan.“

„Aber ich habe gesehen, wie Sie den Kaffee getrunken haben“, würgte Oliver Carr hervor. Er registrierte ein jähes Kneifen in der Magengegend und schnappte nach Luft.

„Ich habe den Kaffee kurz in den Mund genommen, aber nicht geschluckt“, erklärte Lyonel Dissinger. „Den Zusammenbruch habe ich simuliert.“

Carr gab sich einen Ruck. Seine Knie versagten ihm fast den Dienst. Er schaffte es gerade noch, den nächsten Küchenstuhl zu erreichen. Er fiel darauf, ließ den Kopf hängen und atmete keuchend, mit offenem Mund. Er begriff, dass er dringend einen Arzt brauchte, aber er hatte nicht die Kraft, das Telefon im Wohnzimmer zu erreichen.

„Ja, Jill“, bestätigte Dissinger und bekam einen verträumten Gesichtsausdruck, „Wir lieben uns. Sie hatte nicht den Mut, es dir zu sagen. Als du sie zur Mörderin machen wolltest, verlorst du ihre letzten Sympathien. Sie berichtete mir von deinem Plan und ist seitdem bereit, meine Gegenmaßnahmen zu decken.“

„Sie hat sich nur für den größeren Betrüger entschieden“, stellte Oliver Carr fest.

„So ist das Leben, Carr“, spottete Dissinger. „Frauen lieben die Starken. Du wirst in wenigen Minuten tot sein, ich aber werde leben ... leben mit Jill.“

„Damit kommen Sie nicht durch“, krächzte Oliver Carr, dem Tränen in den Augen standen, Tränen der Wut und der Verzweiflung.

„Wer sollte mich daran hindern?“

„Die Polizei. Sie wird herausbekommen, was geschehen ist“, sagte Oliver Carr.

Dissinger lachte laut. „Warum sollte sie?“, antwortete er.

„Einen Arzt..“, wimmerte Oliver Carr.

Er hasste sich wegen seiner Schwäche, seiner Tränen und seiner Angst, aber er konnte nichts dagegen tun. Die Angst vor dem Tod würgte und schüttelte ihn.

„Du warst der Meinung, dass die Polizei bei meinem Ende auf Selbstmord tippen müsste. Das wird sie bei dir viel eher tun. Deine Verfehlungen sind bekannt. Ich habe keinen Anss, sie zu verschweigen. Es wird so aussehen, als hättest du dich vergiftet, weil dir von der Firma gekündigt wurde und weil du nicht den Mut hattest, mit dem Makel eines Betrügers zu leben. Dir blüht jetzt das Schicksal, das du mir zugedacht hattest.“

Oliver Carr versuchte sich zu erheben. Es ging nicht.

Er hatte keine wirklichen Schmerzen, war jedoch plötzlich außerstande, seine Umgebung mit der gewohnten Schärfe und Klarheit wahrzunehmen. Dissingers grinsendes Gesicht verzerrte sich wie in einem Jahrmarktsspiegel.

Carr rutschte vom Stuhl und fiel zu Boden. Er bäumte sich nochmals auf, wehrte sich gegen das kalte, endlose Dunkel, in das sein Körper ihn zerrte, aber seine Kräfte reichten nicht aus, um die Entwicklung zu stoppen. Sein Bewusstsein erlosch.

Krimi Paket 10 Thriller: Mord ist kein Vergnügen

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