Читать книгу Western Ferien Sammelban 9018 - 9 Romane um Gunfighter und Helden - Pete Hackett - Страница 51

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Für einen Augenblick befürchtete ich das Schlimmste und war wütend, weil sich natürlich sofort eine Menge Schaulustiger auf der Straße ansammelte, von denen keiner einen Finger rührte. Erst ein stämmiger Mann mit gerötetem Gesicht eilte herbei und fasste sofort mit an, um Chaco ins Office hinüberzutragen. Es war mein Freund Henry Duncan, der Chef der hiesigen Wells Fargo Frachtagentur.

„Schöne Schweinerei!“, schnaubte er wütend. „Wer ist das gewesen?“

Ich sagte es ihm.

Durch die Menge, die sich nun vor dem Office staute, drängte sich Doc Walter, der Arbeit witterte. Der kleine, ewig aktive Mann beugte sich besorgt über Chaco und zeigte ein bedenkliches Gesicht. Aber Chaco wehrte ihn ab.

„Lassen Sie es gut sein, Doc“, sagte er stöhnend. „Diesmal sind Sie noch zu früh dran. Aber viel hätte nicht gefehlt, dann sähen meine Knochen so aus wie ein Haufen durcheinandergeworfener Zündhölzer.“ Er erhob sich ächzend und ließ sich dabei nicht mal von mir helfen.

Ich war froh, dass er überhaupt noch lebte, wenn auch sein Gesicht um ein paar Schrammen reicher geworden war. Da ich sah, dass seine seelische Verfassung kaum besser als seine körperliche war, verkniff ich mir die Frage, ob er seine Gefangenen immer im Freien übernachten ließ. Aber Chaco ahnte, dass ich mich, gelinde ausgedrückt, wunderte, wie dem Bürschchen ohne Hilfe die Flucht gelingen konnte.

„Er ist wohl der gerissenste Halunke, der mir seit langem begegnet ist“, stieß er wütend hervor. Und da er meinen zu einem Einwand geöffneten Mund bemerkte, fügte er gleich hinzu: „Außer dir natürlich, Carringo.“

„Wie fühlst du dich?“, fragte ich.

„Erlaubst du mir das Fluchen?“

„Du hast es dir verdient.“

„Ach was, der Kerl ist gar nicht wert, dass ich mich ärgere.“

„Warum tust du es dann?“

„Ich ärgere mich ja hauptsächlich über mich selbst. Ich dachte, dass mich so leicht kein Gesicht mehr täuschen könnte, dabei bin ich der Fratze ordentlich auf den Leim gegangen. Dass Slinger ein schmieriger, ausgekochter Schwindler ist, der uns mit seinem Theater zu Tränen rühren wollte, hatte ich ja gewusst, aber dass er auch vor einer Gewalttat nicht zurückschrecken würde, hätte ich ihm nicht zugetraut.“

„Ohne neue Erfahrungen wäre das Leben arm“, dozierte ich.

„Deine geistvollen Sprüche kannst du dir sparen“, sagte Chaco. „Hilf mir lieber auf mein Pferd!“

Ich sah ihn überrascht an, und auch der Doc protestierte lautstark: „Was fällt Ihnen ein, Mister Gates? Was Sie brauchen, ist unbedingte Ruhe. Wenn Sie auch wie durch ein Wunder nichts gebrochen haben, so sind Ihre Prellungen auch nicht von schlechten Eltern.“

„Sind Sie etwa der Anwalt von diesem Slinger?“, fauchte Chaco. „Sie bilden sich doch nicht etwa ein, dass ich das wildgewordene Bürschchen laufenlasse?“

Vor dem Office sprang ein Reiter aus dem Sattel und trat in das Office. Sein erhitztes Gesicht glänzte. Er musste scharf geritten sein. Ich kannte ihn. Es war der Express-Reiter der Wells Fargo, der, wie ich hoffte, die telegraphische Nachricht, auf die ich dringend wartete, von Fort Whipple mitbrachte.

„Ich habe mich beeilt, so sehr ich konnte, Mister Carringo“, erklärte er keuchend, „denn ich nehme an, dass es wichtig ist, wenn Chefdetektiv James B. Hume persönlich telegraphiert.“

Mein Lob war aufrichtig gemeint. Gespannt las ich die Zeilen aus Kalifornien. Chaco beobachtete grinsend, wie ich von Zeit zu Zeit zustimmend nickte, störte mich aber nicht. Auch Henry Duncan schwieg. Aber auch er war neugierig, denn er sah meinem Gesicht an, dass es sich um keine Lappalie handelte.

Als ich das Papier sinken ließ, hielt es Chaco nicht länger aus.

„Was befiehlt der große Boss?“, fragte er. „Nach deinem Mienenspiel zu urteilen, scheinen sich eure Ansichten zu decken.“

Ich hatte ihm nicht nur von meinen Erlebnissen in St. Louis und dem Missouri erzählt, sondern natürlich wusste er auch über den Zwischenfall in Rains Bescheid. Ich nickte daher zustimmend. „Wie ich erwartet habe, wünscht Hume, dass ich mich auf jeden Fall um die geheimnisvollen Waffenhändler kümmere. Schließlich wurde bei dem Überfall auf einen unserer Waggons Wells Fargon Eigentum beschädigt. Außerdem ist ein Mitarbeiter der Agentur in Rains von den Verbrechern bestochen worden, und auf mich hat man einen Mordanschlag verübt.“

„Und Mister Hume mag es nicht, wenn man auf seine Sicherheitsagenten schießt, nicht wahr?“

„Nein, das gefällt ihm nicht. Genauso wenig wie der Umstand, dass die Wells Fargo unter offensichtlich falschen Angaben zum Transport einer illegalen Waffenladung missbraucht wurde, denn dass die Kisten weder Maschinenteile enthielten, noch für eine nicht existierende Porzellanfabrik in Cerbat bestimmt waren, ist ja inzwischen bewiesen.“

„Da wird Mister Sherlock aber gar nicht einverstanden sein“, sagte Chaco.

Er spielte damit auf den Burschen an, der sich erst, nachdem ich ihn niedergeschlagen hatte, als Spezialagent der Regierung in Washington vorstellte und das alleinige Recht für sich in Anspruch nahm, den Waffenhändlern auf die schmutzigen Finger zu klopfen. Er hatte mir sogar mit seinem hochoffiziellen Auftraggeber gedroht, wenn ich nicht meine verdammten Pfoten, wie er sich ausdrückte, von diesem heiklen Fall ließe.

„Er wird sich wohl oder übel damit abfinden müssen“, erklärte ich, nicht ohne gewisse Genugtuung. Mir waren Leute zuwider, die sich aufgrund eines Dienstausweises als die Herren der Welt fühlten. „Mister Hume sieht das genau wie ich. Die Tatsache, dass ein Regierungsagent mit der Klärung des Falls betraut wurde, schließt die Zuständigkeit der Wells Fargo nicht aus. Der Mann ist nicht berechtigt, mir Weisungen zu erteilen. Unsere Gesellschaft klärt Verbrechen, besonders wenn sie gegen das Eigentum der Wells Fargo gerichtet waren, in eigener Verantwortung.“

„Und wenn du doch wieder mit diesem Sherlock zusammenrauschst?“

„Der Boss hat mir sämtliche Vollmachten erteilt. Eventuelle Konsequenzen wird die Zentrale in San Francisco tragen. Jedenfalls habe ich den Auftrag, sofort die Verfolgung der Waffenhändler aufzunehmen.“

„Siehst du, Carringo“, meldete sich Henry Duncan, „das gefällt mir so an Mister Hume. Obwohl er weit weg vom Schuss sitzt, drückt er sich nie vor klaren Aussagen. Er lässt seine Mitarbeiter nicht hängen, indem er sich bei kitzligen Angelegenheiten windet.“

Damit hatte er recht. Obwohl James B. Hume mich nie in ein enges Korsett von Vorschriften und Anordnungen presste, die meine Handlungsfreiheit beeinträchtigt hätten, war er doch stets ein Mann des klaren Wortes, in dem ich notfalls einen zuverlässigen Rückhalt fand.

Es war also schon wieder soweit. Kaum dass ich zu Hause eingetroffen war, musste ich auch schon wieder fort. Ich hatte mich so sehr auf Manuela und die Kinder gefreut, nachdem ich wochenlang unterwegs gewesen war, doch es waren mir nur wenige Stunden vergönnt gewesen.

Andererseits war ich froh, dass ich den Halunken das Handwerk legen sollte. Diese illegalen Waffenhändler waren eine üble Plage. Durch ihre gewinnsüchtige Tätigkeit halfen sie, überall neue Brandherde zu schüren. Sie sorgten dafür, dass die ohnehin schon Starken noch stärker und die Unterdrückten völlig vernichtet wurden. dass sie dabei selbst noch über Leichen gingen, kennzeichnete ihre Rücksichtslosigkeit, von der ich bereits eine kleine Kostprobe erhalten hatte.

„Wir werden in südwestliche Richtung reiten müssen“, sagte Chaco und massierte mit grimmigem Gesicht seine geschundenen Körperpartien.

„Wir?“, fragte ich scheinheilig.

Der Kerl grinste mich an.

„Dachtest du, ich lasse dir diese fette Beute allein? Schließlich habe ich noch eine kleine Rechnung zu begleichen.“

„Slinger?“

„Genau! Die kleine Laus wird noch gern in unserem Jail sitzen und nicht mehr daran denken, harmlose Leute halb tot zu reiten.“

„Woran mag es liegen, dass du mir nie einfällst, wenn ich an harmlose Leute denke?“

Chaco warf mir einen drohenden, aber freundschaftlichen Blick zu. Wir verstanden uns, und ich freute mich, dass er mit von der Partie sein würde, wenn er auch nicht gerade den Eindruck eines vollwertigen Partners erweckte, wie er mühsam durch das Office humpelte und alles Notwendige für den Aufbruch vorbereitete.

Doch ich ließ mich nicht täuschen. Chaco war ein Bursche, den sein Schicksal gehärtet hatte. Er würde erst aufgeben, wenn sechs Fuß Erde über ihm lagen. Und das war gut so.

Als Manuela mich sah, brauchte ich kein Wort zu sagen. Sie wusste auch so, dass dieser Morgen bereits wieder den Abschied brachte. Tapfer versuchte sie, ihre Enttäuschung zu verbergen. Sie war eine prächtige Frau, und sie war klug. Sie wusste, dass sie sich nun mal für einen Mann entschieden hatte, dessen Beruf ihn weder hinter einem Schreibtisch hocken noch ein Stückchen Land dicht beim Haus bearbeiten ließ.

„Wird es lange dauern?“, fragte sie lediglich.

Ich nahm sie in den Arm und gab ihr ein Versprechen, von dem ich hoffte, dass ich es auch würde halten können: „Nicht lange. Die Männer, hinter denen ich her bin, sind vermutlich im südwestlichen Teil von Arizona zu finden.“

Sie erschrak.

„Das ist dicht bei der Grenze. Dort herrschen stets Unruhen.“

„Kein Grund für dich, ebenfalls unruhig zu sein. Chaco passt schon auf mich auf.“

„Ehrensache“, sagte Chaco, der schon auf mich wartete. Manuela lächelte schmerzlich.

Wir waren an Abschied gewöhnt. Als ich mit Chaco aus der Stadt ritt, bemühte ich mich, jeden Gedanken an Manuela und die Kinder zu verdrängen. Jetzt musste ich meine ganze Kraft der vor mir liegenden Aufgabe widmen.

„Slinger ist ebenfalls nach Süden geritten“, erinnerte sich Chaco. „Vermutlich wird er wieder Kontakt mit den Waffenhändlern aufnehmen, weil er ihnen ja schon mal geholfen hat.“

Ich nickte, während ich Fox beschleunigte.

„Die Burschen haben in Rains ein Pferdegespann gekauft“, sagte ich. „Damit können sie noch nicht allzu weit sein. Wir müssen unbedingt versuchen, die Spur zu finden, bevor sie das Transportmittel wechseln, denn mit dem Kastenwagen werden sie kaum bis zur Grenze fahren.“

„Sicher nicht. Wenn wir erst mal die Spur haben, werden die Halunken uns nicht mehr abschütteln. Und Slinger wird sich sicher auch freuen, mich endlich wiederzusehen.“

„Wirst du einen schnellen Ritt durchstehen, Amigo?“

Chaco sah mich fast wütend an.

„So schnell wie du mit deinem Klepper bin ich sogar noch zu Fuß.“

Ich freute mich. Er war jedenfalls noch immer der Alte.

„Hast du das gehört, Fox?“, schrie ich dem Braunen ins Ohr. „Dieser Bandit hat dich einen Klepper genannt. Was sagst du dazu?“

Wie ein Pfeil schoss der Hengst vorwärts. Er hatte den Druck meiner Schenkel richtig verstanden. Chaco nahm die Herausforderung an, und es dauerte nicht lange, da jagten wir nebeneinander dahin.

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