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Anita Cosia wich ängstlich vor dem Mann zurück. Anita war Ramons Frau. Erst seit vier Monaten. Sie hatten noch drüben in der Heimat geheiratet, obwohl man schon damals eigentlich nicht mehr ans Heiraten hätte denken dürfen. Aber Ramon, dieser seelengute, einfache Bauer mit den ehrlichen Augen und den einfachen, geradlinigen Gedanken hatte gewollt, dass man auch nach außen sehen konnte, dass sie zusammengehörten. Sie liebten sich, und sie würde bald ein Kind von ihm haben. Wenn es ein Chico sein würde, sollte er auch Ramon heißen wie sein ehrlicher Vater, der sich jetzt vor sich selbst schämte, weil er Dinge zu tun gezwungen war, die er verabscheute.

Ramon war gut, aber er war jetzt nicht bei ihr, denn die bösen Männer hielten die Familien streng getrennt, um ihre Abhängigkeit noch deutlicher werden zu lassen.

Einer der Banditen, ein ekelhafter hagerer Bursche mit krummem Rücken wie ein Geier, näherte sich ihr, und seine kalten Augen glitzerten verlangend. Anita Cosia schlug rasch die Augen nieder und wandte sich ab. Sie bebte am ganzen Körper und hoffte inständig, dass der Mann vorbeigehen würde. Aber Fred Steel dachte nicht daran. Die schlanke Mexikanerin, an der doch alles dran war, was so zu einer richtigen Frau gehörte, stach ihm schon von Anfang an in die Augen. Erst hatte er befürchtet, dass Al Burn sie für sich haben wollte, aber der rümpfte nur die Nase und hielt es für eine Zumutung, sich mit einer braunhäutigen Mexikanerschlampe abzugeben. Er war dagegen nicht so wählerisch. Die Auswahl war hier nun mal nicht sehr groß, und er hatte schon lange keine Frau mehr gehabt. Außerdem war er noch jung. Warum sollte er sich nicht nehmen, was er kriegen konnte? Noch dazu, wenn es nichts kostete. Mit der Kleinen hatte er bestimmt eine Menge Spaß. Die sah ihn so ängstlich an, als fürchte sie sich vor ihm, aber man hörte ja immer wieder, dass gerade die Mexikanerinnen besonders scharf und temperamentvoll sein sollten.

Mit ein paar schnellen Schritten war er bei dem Mädchen und legte ihm die Hand unter das Kinn.

Anita Cosia schrie auf, als hätte sie eine giftige Viper gebissen, und riss sich los. Das war für den hitzigen Fred Steel zu viel.

„Was?“, schrie er außer sich vor Wut. „Du willst nicht? Bist dir wohl zu fein, was? Ich werde dir zeigen, wie sich so ein kleines Miststück mir gegenüber zu benehmen hat.“ Mit einem hastigen Griff langte er nach der Bluse des entsetzten Mädchen und zerfetzte höhnisch auflachend den billigen Stoff. „Schaut sie euch an, das kleine Biest!“, grölte er. Er schickte sich an, sich auf sie zu stürzen, doch Ramon Cosia hetzte mit weit ausholenden Sätzen über den Lagerplatz, und zwei, drei der Campesinos folgten seinem Beispiel. Sie hatten das Schauspiel bis hierher voller Grimm verfolgt. Jetzt konnten sie sich nicht mehr zurückhalten. Und wenn es ihr Leben kostete, keiner war bereit, das unschuldige Mädchen auf so schmutzige Weise beschimpfen zu lassen.

Doch die Mexikaner hatten nichts als ihre Fäuste. Nach ihrem Raubzug in Ajo Copper hatten sie ihre Knüppel wieder abliefern müssen. Und damit fielen nun die Banditen über sie her und brachten sie mit ein paar wohlgezielten, kräftigen Hieben wieder zur Vernunft. Unter Schmerzen wälzten sich die Campesinos auf dem Boden, und die Banditen, unter denen sich John Millis besonders auszeichnete, hörten erst auf ein Zeichen von Maxwell Hook auf, auf sie einzuschlagen.

„Das nächste Mal pfeife ich meine Männer nicht zurück“, kündigte er an. „Dann sollen sie euch getrost totprügeln, wenn ihr noch immer glaubt, ihr könntet euch gegen uns auflehnen.“

Fred Steel, den der unerwartete Angriff der Mexikaner für kurze Zeit von seinem Opfer abgelenkt hatte, wandte sich wieder dem Mädchen zu, das versuchte, auf dem Boden davonzukriechen. Doch bevor er es einholte, fühlte er eine harte Faust auf seiner Schulter, und als er sich wütend umdrehte, krachte dieselbe Faust gegen sein Kinn, dass er einige Schritte zurücktaumelte und fast neben Ramon Cosia liegenblieb.

„Zum Teufel!“, schrie er und sprang auf die Füße. Auch seine Hände waren nun geballt, aber das tückische Gesicht Maxwell Hooks mahnte ihn zur Vorsicht.

„Wie oft habe ich euch eingehämmert, dass ihr die Weiber in Ruhe lassen sollt?“, fauchte der Anführer.

„Ich wollte doch nur ...“

„Was du wolltest, weiß ich selbst. Aber du weißt anscheinend nicht mehr, dass ich dir das verboten habe. Wenn wir unsere Sache hinter uns haben, kannst du dich amüsieren, soviel du willst und mit wem du willst. Solange aber bestimme ich, was du zu tun und nicht zu tun hast. Und jetzt sage ich, verschwinde für eine Weile von hier. Lass dich im Lager nicht blicken! Ich brauche die Mexikaner, damit sie für uns arbeiten und nicht, damit sie durchdrehen. Stunk kann ich keinen gebrauchen. Schreibe dir das hinter deine schwerhörigen Ohren! Wenn ich dich noch mal bei einer von den Frauen erwische, ohne dass ich es dir ausdrücklich befohlen habe, gebe ich dir mehr zu kosten als nur meine Faust. Und jetzt zisch ab!“

Fred Steel wagte nicht mal, seinem Boss einen wütenden Blick zuzuwerfen. Widerspruchslos trollte er sich. Wie es in seinem Inneren aussah, brauchte ja niemand zu wissen.

Die Campesinos zogen die richtigen Schlüsse. Sie ahnten, dass der junge Kerl sie von diesem Zeitpunkt noch viel mehr hasste als zuvor und sie das irgendwann zu spüren kriegen würden. Auch Maxwell Hook hatte nicht etwa für die junge Anita Partei ergriffen, sondern lediglich dafür gesorgt, dass seine Anordnungen respektiert wurden. Und das tat er in jedem Falle mit Gewalt. Ihre hoffnungslose Lage hatte sich durch den Zwischenfall jedenfalls nicht gebessert. Dass sie mit dieser Befürchtung recht hatten, bewies Maxwell Hook im nächsten Augenblick. Er wandte sich ihnen zu, und seine langen Arme pendelten drohend.

„Wenn euch hier etwas nicht gefällt“, schrie er zornig, „dann kann ich das ändern. Die Soldaten eures Gouverneurs warten nur darauf, euch in die Finger zu kriegen. Ich werde die Frauen und Kinder zur Grenze schaffen, dann werdet ihr euch wohl erinnern, wie gut ihr es bei uns hattet.“

„Tun Sie das nicht!“, bat Carlo Janos unter Stöhnen. Er spürte noch immer entsetzliche Schmerzen von den Schlägen, die er erhalten hatte. Er hätte sich jetzt am liebsten die Zunge abgebissen, statt diesen Verbrecher um etwas zu bitten, doch er tat es für Maja und die anderen Frauen, die sich erst recht nicht gegen diese brutalen Burschen zur Wehr setzen konnten.

,.Das liegt ganz an euch“, entgegnete Hook schroff. „Ihr wisst genau, dass ihr alle für Jahre ins Arbeitslager wandert, wenn wir euch dem amerikanischen Gesetz ausliefern. Was mit euren Familien drüben in Mexiko passiert, ist wohl auch nicht schwer zu erraten. Ich bin es leid, jedes Mal wieder das Gleiche predigen zu müssen. Entweder ihr spurt, dann kann ich wahrscheinlich etwas für euch tun, oder ihr führt euch auf wie missratene Kinder, dann ist euer aller Schicksal besiegelt.“

„Was könnten Sie denn für uns tun?“ Carlo Janos wagte kaum, einer Hoffnung Ausdruck zu geben.

„Allerlei! Ich habe ausgezeichnete Beziehungen zur Garde des Gouverneurs. Wenn ihr euch anständig aufführt, könnte ich mich unter Umständen dafür einsetzen, dass ihr alle in eure Heimat zurückkehren dürft, ohne für das, was ihr getan habt, verfolgt zu werden. Oder legt ihr keinen Wert darauf?“

„Doch, doch!“ Bolo Montana stieß diese beiden Worte beinahe heftig hervor. Die Aussicht, wieder in die geliebte Heimat zu dürfen, überwältigte ihn fast.

„Das dachte ich mir.“ Maxwell Hook wusste, dass die armseligen Mexikaner ihm jetzt aus der Hand fressen würden. „Natürlich erwarte ich dafür auch eine Gegenleistung, das werdet ihr einsehen.“

„Sollen wir wieder stehlen?“

Der Bandit lächelte.

„Das wird nicht mehr nötig sein. Ich möchte, dass ihr euch an einem Unternehmen beteiligt, für das wir noch ein paar Leute brauchen.“

„Was für ein Unternehmen?“, fragte Carlo Janos misstrauisch.

„Was wollt ihr euch darüber den Kopf zerbrechen? Ist nicht die Hauptsache, dass wir euch dafür die Heimat schenken? Ich denke, dass es in den nächsten Tagen soweit sein wird. Ihr werdet also nicht mehr lange in dem fremden Land sein müssen, in dem man euch wegen Raubes sucht.“

Maxwell Hook wandte sich von den Mexikanern ab, deren hoffnungsvolle Gesichter ihm verrieten, dass der in Aussicht gestellte Preis schon jetzt die meisten überzeugt hatte. Und die noch zauderten, würden trotzdem auf den Vorschlag eingehen, denn sie hatten keine andere Wahl, wollten sie ihre Familien nicht ins Elend stürzen.

„Du hast die kleinen Schweine weich gekriegt, Boss“, stellte Henry Carter anerkennend fest.

„Das habe ich euch ja gleich gesagt. Aber seid trotzdem gerade jetzt besonders auf der Hut. Man weiß bei diesen Halunken nie, was in ihnen vorgeht. Wir müssen jedes Risiko vermeiden. Vor allem bitte ich mir aus, dass so eine Schweinerei wie mit Fred nicht wieder passiert. Lasst die Finger von den Mexikanern, solange sie friedlich sind! Nur wenn einer aufmuckt, zeigt ihr ihm, wo der Weg langgeht.“

„Glaubst du wirklich, dass es bald soweit ist?“, fragte Al Burn.

Maxwell Hook nickte.

„Ja! Die Zeit des Wartens ist jetzt vorbei. Schon bald gibt es für uns richtige Arbeit.“

„Und für die Mexikaner.“

Der Anführer kratzte sein unrasiertes Kinn und grinste.

„Stimmt. Nur, dass sie keine Ahnung haben, auf was sie sich da einlassen. Gerade deshalb sind sie als Minenhunde so geeignet. Aber als ich ihnen versprach, dass sie in ihre Heimat zurück dürfen, sagte ich schließlich nichts davon, ob sie dann noch leben werden.“

Die vier Banditen lachten roh. Der gemeine Plan gefiel ihnen von Stunde zu Stunde besser.

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