Читать книгу Erbarmungslose Männer auf dem Höllentrail: Wichita Western Sammelband 7 Romane - Pete Hackett - Страница 24

16

Оглавление

Die Leiche Maria Letos lag auf Brettern neben dem Eingang zur Basilika aufgebahrt, die der Jungfrau Maria geweiht war. Die Tote lag auf dem Bauch. Ein Junge war extra dafür engagiert worden, die Fliegen von den offenen Peitschenstriemen zu verscheuchen. Er hantierte emsig mit einem Palmwedel.

Es hatte einen Strohmann von Gomez einige Überredungskunst und eine saftige Geldspende gekostet, dass das geschehen durfte. Immerhin war es bisher nur üblich gewesen, erschossene Revolverhelden in dieser Weise einer neugierigen Gafferschar zu präsentieren.

Doch Dr. Miguel Gomez bezweckte natürlich etwas damit. Er wollte den Volkszorn anstacheln, und das gelang ihm auch, denn Maria Leto – wie sie so erbärmlich und nur von weißen Laken bedeckt dalag – bot ein Bild des Jammers, das vor allem den mexikanischen Teil der Bevölkerung El Pasos tief beeindruckte und Hass schürte.

Es war Nachmittag. Neugierige pilgerten in langen Reihen an der Aufgebahrten vorbei.

Jeff Clomstock hatte von Gomez einen Haufen Geld bekommen, den er zusammen mit passenden Hetzparolen unter die Leute bringen sollte. Mehr als zweihundert Dollar hatte der Advocato in dieses Unternehmen gesteckt. Damit konnte sich zu jener Zeit eine halbe Stadt besaufen.

Im »Sierra Diamond« hatte der wiederum frisch rasierte Bandit sein Hauptquartier aufgeschlagen. Das »Diamond« war eine Taberna übelster Sorte. Nicht einmal einen Bretterboden gab es. Spucknäpfe aus billigem Ton standen in Sägespänen, die nur selten gewechselt wurden. Der Tresen war ein Verschlag aus altersgrauen, morschen Holzlatten. Hier verkehrte das Publikum, das Jeff Clomstock brauchte: Säufer, abgetakelte Huren, dazu allerlei lichtscheues Gesindel mit sehr viel Zeit.

Clomstock rümpfte die Nase, als er eintrat, fand noch einen Platz an der Theke und bestellte ein Bier. Es schmeckte schal, war warm und ohne Schaum. Er musste sich zwingen, das Gebräu in den Magen zu schütten!

Rund zwanzig Männer befanden sich im schlauchförmigen, von Tabakqualm verräucherten Raum, dazu drei »Mädchen«, die ihre besten Jahre schon hinter sich hatten.

Eines von ihnen stand auf, als der neue Gast gerade antrank.

»Ich bin Rosa«, flötete sie und legte die mit Talmiringen bestückte Hand auf Clomstocks Schulter. »Spendierst du mir ‘nen Drink?«

Die grell geschminkte Vettel widerte den Desperado an, aber er bemühte sich um ein Lächeln.

»Natürlich bekommst du ‘nen Drink, Chica. Bestell, was du willst. Allein zu saufen, macht keinen Spaß. Und ich hab heute ‘ne Menge Kummer zu ertränken.«

Von den Umstehenden wurden die ersten hellhörig. Männer mit Spendierhosen waren vermutlich selten im »Diamond«.

Ein abgerissener Tramp machte Platz für die Frau, die schon Mitte vierzig sein musste, sich aber wie eine Sechzehnjährige herrichtete.

Sie nahm einen Brandy. Hellbraun war er und dünnflüssig. Er verdiente diesen Namen nicht.

Das Animierwrack schluckte den Fusel wie Wasser und rülpste.

»Zum Wohl«, sagte Jeff Clomstock. »Noch einen?«

»Du bist ein Schatz. Kummer soll einer nie allein ersäufen. Ich helf dir dabei. – Noch einen, Jack.«

Der Keeper war ein Mulatte. Er schien der einzige in diesem Schuppen zu sein, dem ein Mann für ein paar Minuten Uhr oder Brieftasche anvertrauen konnte. Der Mulatte stellte gleich eine ganze Flasche auf den Tresen.

Die Puta griff danach und schenkte ihr Glas randvoll. Doch beim Trinken verschüttete sie nichts.

»Das tut gut«, ächzte sie. »Und jetzt lass uns über deinen Kummer reden, Liebling.«

Jeff Clomstock rang sich einen Seufzer ab. Es fiel ihm nicht leicht.

»Habt ihr dieses Mädchen schon gesehen«, fragte er in die Runde, »das sie vor der Kirche aufgebahrt haben? – Yeah. Eine Verwandte ist‘s von mir. Die Tochter eines Halbbruders. Gerade erst siebzehn geworden. Ich war Taufpate.«

Clomstock schüttelte griesgrämig den Kopf und nippte am miserablen Bier.

»Umgebracht wurde sie, bestialisch ermordet. Totgepeitscht. Aber der Sheriff ist schon dabei, den Mörder zu holen. Heute Abend wird er mit ihm ankommen. Erwürgen möcht‘ ich diesen Bastard. Er ist noch viel zu schade für den Strick. Doch die kleine Mary war ja nur Mexikanerin. Vielleicht lassen sie diesen Satan deshalb sogar laufen.«

Es befand sich eine ganze Reihe von Mexikanern im Raum. Sie horchten ausnahmslos auf, denn sie kannten die Praxis zur Genüge, den Mord an einem der ihren nicht so hart zu bestrafen wie jenen an einem Gringo.

Beifälliges, zum Teil bösartiges Gemurmel brandete auf.

»Wie ein Stück Vieh hat er sie erschlagen«, fuhr Jeff Clomstock fort, während sogar die fette Hure vergaß, sich nachzuschenken, und stattdessen den spendablen Freier mit wachsendem Mitleid anstarrte. »In einem Hotel arbeitete sie, als Mädchenhändler sie entführten, damit sie an irgendein mieses Bordell verschachert wird. Muss wohl was schief gelaufen sein auf diesem Transport. Vermutlich hat sie sich gewehrt, die Arme. Und da wurde sie eben totgeprügelt. Habt ihr sie gesehen, Leute?«

Ein paar Männer nickten. Alle waren sie näher an die Theke gekommen. Sie bildeten einen Halbkreis um den Banditen, der jetzt wieder trübsinnig in sein Bierglas starrte.

»Ein Jammer, dass Kerle wie dieser Saltillo solchen Einfluss haben. Bestimmt werden sie ihn laufen lassen, diesen Comanchen, obwohl er ein Tier ist. Eine Bestie, jawohl.«

Neben einigen Mestizen befanden sich hauptsächlich reinblütige Mexikaner in der Kneipe. Und sie hielten sich immer noch für etwas Besseres als Rothäute.

Jeff Clomstocks Hetze fiel auf fruchtbaren Boden.

Nun schaute der Bandit auf, musterte die verwüsteten Gesichter der Strolche und seufzte abgrundtief.

»Sie hätte auch eine Schwester von euch sein können …«

Das Gemurmel wurde bedrohlicher. Die Männer bildeten jetzt einen dicht geschlossenen Kreis.

»Trinkt ‘nen Schluck mit mir, Brüder«, sagte der Bandit. »Keeper! Drei Flaschen vom Besten für meine Freunde.«

Clomstock ließ Geld sehen. Dicke Notenbündel. Ein paar der Kerle bekamen prompt Stielaugen, stierten sehnsüchtig, doch das Geld verschwand schnell wieder in Clomstocks Taschen.

Drei Flaschen Brandy und eine ganze Batterie von Gläsern blieben.

Jeder bemühte sich, Jeff Clomstock teilnahmsvoll auf die Schulter zu klopfen. Stimmen wurden laut. Einige Wortfetzen blieben unüberhörbar.

»Hängen sollten wir dieses Aas!«

»Wozu noch eine Gerichtsverhandlung?«

»In Stücke schießen!«

»Hab das verdammte Halbblut noch nie leiden können.«

Jeff Clomstock hätte jetzt gern gegrinst, doch er beherrschte sich. Seine Saat begann aufzugehen.

Er orderte drei weitere Flaschen. Bis zum Einbruch der Dunkelheit würden die Männer betrunken sein. Dann waren sie willfährige Werkzeuge in den Händen eines Mannes, der mit ihnen umzugehen wusste.

Clomstock verdrückte sich irgendwann. Er suchte noch andere Lokale derselben Art auf, wiederholte sein abgekartetes Spiel, hatte ebenso viel Erfolg wie im »Sierra Diamond«.

Er wusste dann mehr als hundert Männer hinter sich, die sich nichts sehnlicher wünschten, als den Haziendero noch in dieser Nacht baumeln zu sehen.

Erbarmungslose Männer auf dem Höllentrail: Wichita Western Sammelband 7 Romane

Подняться наверх