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4. Poetik und Ästhetik im 18. Jahrhundert

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Die Literatur dieses aufgeklärten Bürgertums ist nicht nur in die beschriebenen sozialen Gegebenheiten eingebettet, die wesentliche der in ihr behandelten Themen begründen, sie steht zugleich auch in einer in dieser ‚staatsbürgerlichen‘ Gesellschaft geführten ästhetischen Diskussion, die wenigstens in Umrissen zu skizzieren ist, will man der Entwicklung der einzelnen Gattungen in der bürgerlichen Literatur des 18. Jahrhunderts und den Texten, die auf die Frage nach den vermittelten Wertvorstellungen und Verhaltensnormen besonders eindringlich antworten, in dem hier gesetzten Rahmen gerecht werden. Dabei wird zu beachten sein, inwieweit die ästhetische Diskussion des 18. Jahrhunderts in die politische eingebunden war, inwieweit man zumindest von Wechselbeziehungen zwischen beiden Diskursen sprechen kann.

Die Ursprünge der Ästhetik der Aufklärung reichen bis ins 17. Jahrhundert zurück. Die Poetik dieses Jahrhunderts war in hohem Maße rhetorisch fundiert. Sie zielte auf Wirkung und verlangte von der mündlichen Rede ebenso wie von den poetischen Werken, unter Berücksichtigung des jeweiligen Anlasses bestimmte Effekte zu erzielen. Dabei berief sie sich immer wieder auf Musterautoren aus der Antike und tradierte damit das für die Humanisten so bedeutsame Ideal der Gelehrsamkeit. Auf die im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts einflussreichste Rhetorik, den Politischen Redner Christian Weises, ist bereits im vorigen Kapitel ausführlicher eingegangen worden. In diesem Werk und in den unter seinem Einfluss stehenden Lehrbüchern und Exempelsammlungen, die sich um 1700 immer mehr verbreiteten, wurde gerade der Wirkungsbezug überdeutlich herausgestellt. Es ging dabei einerseits um Anweisungen, mit Hilfe deren Sprache kontrolliert und überzeugend eingesetzt werden konnte, nicht zuletzt um den beruflichen Erfolg, zumal den der bürgerlichen Amtsträger bei Hofe, zu fördern; und es ging andererseits um die Bereitstellung von Regeln zum Verfertigen von Gelegenheitsdichtungen, mit denen gesellschaftlich zu glänzen war. So war das, was man in diesen Jahrzehnten ‚politische‘ oder ‚galante‘ Rede nannte, zwar noch ganz an den übergeordneten Regeln der Repräsentation, an den ‚höfischen‘ Umgangsformen orientiert; allmählich aber prägte diese rationale, pragmatische Rhetorik immer nachhaltiger auch das Miteinander derer, die sich ihrer vor allem bedienten – und damit die neu sich formierende Gesellschaft der ‚Staatsbürger‘. Auch die Literatur, die in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts in dieser Gesellschaft entstand, ahmte immer wieder nach, was als ‚politische‘ Klugheit des Menschen galt, und nutzte dafür die diesem Zweck entgegenkommenden Gattungen, z.B. den ‚galanten‘ Roman, das Schulstück und die Komödie, die Fabel, den dialogischen Essay.

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