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Jugendliche lassen sich nur noch indirekt erziehen

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Eltern, Lehrkräfte und die ganze Gesellschaft stehen den pubertären Selbstfindungsprozessen unserer jungen Menschen über 14 oft verständnis- und ratlos gegenüber. Alkoholkonsum, Drogen, Gewalt und der völlig andere Tag-Nacht-Rhythmus der Jugendlichen machen ihnen Sorgen. Und dann versuchen sie, mit Schreien, Strafen, Moralpredigten oder auch mit Verweisen auf frühere Zeiten erzieherisch einzuwirken – weil sie glauben, das würde etwas bringen. In der Tat gelingt das manchmal mit der „Explosionsmethode“, also wenn man etwas für den Jugendlichen höchst Unerwartetes tut. Das gelingt aber nur äußerst selten.

Während Kleinstkinder vielleicht noch autoritär geführt werden können, weil sie ihren Bezugspersonen mit einem angeborenen Urvertrauen einfach nur folgen wollen, muss man Kinder zwischen vier und 13 Jahren schon autoritativ beeinflussen, also Forderungen mit Begründungen verknüpfen, die das Kind überzeugen und denen es zuzustimmen vermag. Jugendliche kann man gar nicht mehr direkt erziehen, weil sie auf Erziehung keine Lust haben und weil sie etwas Eigenes suchen, das sie im Sinne von Jugendkult nicht mehr mit Kindern und Erwachsenen teilen wollen. Das beginnt mit dem Musikgeschmack und mit der Kleidung oder zeigt sich in der Jugendsprache. Abgrenzung auf der einen und eine eigene Identität auf der anderen Seite suchen Jugendliche aber auch in den familienersetzenden, Wir-Bewusstsein und Feindbild gebenden, Freizeitinteressen vorgebenden und Sexualpartner ermöglichenden Jugendkultnischen (Punks, Skins, Rapper, Raver, Hippies, Skater, Stadtteilbanden, Straßencliquen, Peer-Groups), von denen über 200 verschiedene für Deutschland bekannt sind. Wilfried Ferchhoff hat dieses bunte Jugendkultmosaik als „Patchwork-Jugend“ bezeichnet.

Jugendliche, die „in den Brunnen“ zu fallen oder „den Bach hinunterzugehen“ drohen – jedenfalls aus der Sicht der Erwachsenen –, kann man nur noch per massiver Konfrontation wie auf dem „Heißen Stuhl“ des Anti-Aggressivitäts-Trainings zu verändern versuchen, vor allem kann man es aber nur durch andere Jugendlichen, also indirekt erziehend erreichen und eben nicht mehr durch aus der Sicht von 14- bis 19-Jährigen „unmoderne“ Erwachsene, die für sie in Bezug auf Normen und Werte „völlig out“ sind.

Erwachsene, also vor allem Eltern, Lehrkräfte, Erzieher und Sozialpädagogen, müssen daher dafür sorgen, dass unerwünschtes Verhalten von anerkannten Gleichaltrigen kritisiert und erwünschtes Verhalten auf eben diese Weise beim Jugendlichen verstärkt wird. Erwachsene können nämlich gegenüber Jugendlichen nur noch als Moderatoren einer indirekten erzieherischen Beeinflussung durch positive Effekte über die Gleichaltrigkeit effizient sein.

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