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Immer wieder neue Gewaltvarianten

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Vor vielen Jahren kamen massenhaft norwegische Jugendliche in ländlichen Regionen auf die Idee, mit dem Auto ihres Vaters möglichst lange frontal auf der falschen Spur auf ein entgegenkommendes Auto zuzuhalten und erst in letzter Sekunde auszuweichen. Viele verheerende Unfälle waren die Folge. Es ging um den Kick, um den Reiz des Prickelnden. Unlängst hatten wir die Happy-Slapping-Welle, die von Großbritannien zumal nach Niedersachsen herübergeschwappt war: Jugendliche inszenierten Gewalt, nahmen sie per Handy oder Digitalkamera auf und stellten die Bilder dann ins Internet. Ein 17-Jähriger in Hildesheim hat sich in sein Zimmer eingeschlossen, Feuerzeugbenzin inhaliert und verstarb dann; er wollte aus seinem grauen Alltag aussteigen, hat das aber nicht überlebt, weil er sich in der Dosis verschätzt hatte.

In den USA gibt es jetzt eine neue Welle bei Sechs- bis 19-Jährigen: Auf Schulhöfen und in Freizeitcliquen grassiert das „Choking Game“: Bei diesem Würgespiel drücken sich Kinder oder Jugendliche selbst oder gegenseitig mit bloßen Händen, einem Halstuch, einer Leine oder einem Gummiseil die Halsschlagader ab, bis es zu einer kurzen, aber berauschenden Bewusstlosigkeit kommt. 90 Prozent derjenigen, die diesen „ultimativen Kick“ suchen, sind Jungen. 84 von ihnen mussten diesen Ausflug in den Reiz des Prickelnden mittlerweile mit dem Leben bezahlen, sie erstickten während ihrer Rausch-Ohnmacht. Da viele Kinder inzwischen dieses Experiment ganz allein durchführen, geht die US-Gesundheitsbehörde von einer hohen Dunkelziffer aus, denn in den Polizeiberichten steht oft nur „Tod durch Selbst-Strangulation“.

Noch nie sind junge Menschen so vielen Reizen einer medial und real auf sie einströmenden Welt ausgesetzt gewesen. Offenbar lässt die Reizüberflutung sie so abstumpfen, dass sie sich auf die Suche nach noch stärkeren Reizen begeben, entweder mit dem Kick, das Verbotene zu tun, oder mit einem Rauschbedürfnis oder auch ganz legal mit Bungee-Springen, Wasserrafting oder Freeclimbing, wenn es schon nicht eine Atlantik-Überquerung mit dem Floß oder die Besteigung des Mount Everest sein kann. Mein Gott, muss das Leben für viele Zeitgenossen langweilig sein! Vielleicht haben sich ja deshalb 17 junge Menschen innerhalb von nur 13 Monaten in der englischen Kleinstadt Bridgend erhängt?

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