Читать книгу Mehr recht als billig - Kriminalroman - Peter Werkstätter - Страница 11

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Halte dir jeden Tag 30 Minuten für deine Sorgen frei und mache in dieser Zeit ein Nickerchen

(Abraham Lincoln)

Endlich Urlaub. Bettina und Volker saßen zufrieden und voller Erwartung in einer Boeing 777–300 der asiatischen Fluggesellschaft THAI Air. Die Maschine war mit zirka 350 Sitzplätzen vollständig ausgebucht und die Slotzuweisung bereits erfolgt. Die Boeing würde in wenigen Minuten die Startposition erreicht haben.

Bettina hatte die für die THAI obligatorische und zugleich exklusive Orchidee in der Hand, die jedem weiblichen Passagier beim Betreten des Fliegers überreicht wird. Volker hielt ihre andere Hand gedrückt und äußerte sich sehr angetan über die im Vergleich zu manch anderen Fluggesellschaften fast üppige Beinfreiheit. So würden die reichlich acht Stunden Flug bis Bangkok sicher keine Qual werden.

Nach 30 Minuten hatten sie die vorgeschriebene Reiseflughöhe erreicht und es kam Bewegung in die Passagiere. Nach dem Erlöschen des optischen Anschnallsignals suchten die ersten Reisenden schon einige der elf Bordtoiletten auf oder kramten Lesebrillen, E – Books und andere Reiseutensilien aus ihrem Handgepäck. Bettina hatte sich auf eine Handtasche beschränkt, die allerdings ein enormes Füllvermögen aufwies. Volker war der Meinung, dass die Funktionalität des Stauraumes der Tasche besonders „Schüttgut“ präferieren würde. Genauso nutzten sie auch beide die Handtasche, denn Volker hatte zugunsten ihrer drei Koffer, die sich hoffentlich im Rumpf der Boeing befanden, auf Handgepäck gänzlich verzichtet.

Der Flug verlief ohne nennenswerte Turbulenzen, das Essen wurde dem Anspruch, den die liebevoll gestaltete Speisekarte erhob, vollständig gerecht und es gelang den beiden sogar 2–3 Stunden zu schlafen. Sie landeten einigermaßen ausgeruht und voller Vorfreude am frühen Vormittag in der thailändischen Metropole Bangkok.

Als sie den Flieger verließen und die Gangway betraten, hatten sie, wie die meisten Passagiere einen Temperaturschock zu überstehen. In Deutschland waren alle bei 5 Grad Celsius gestartet und hier zeigte das Thermometer trotz der frühen Stunde bereits 32 Grad. Obwohl der Kapitän der Maschine bereits vor dem Landeanflug auf diese Temperatur hingewiesen hatte, war die Information zwar in alle Ohren gedrungen, aber der Kreislauf nicht aller Passagiere war bereit, diese Nachricht ohne Gegenwehr zu akzeptieren.

Bettina hatte auch ein wenig zu tun, um sich an diese extrem feuchte Wärme zu gewöhnen. Volker musste viel Überzeugungskraft aufwenden, um Bettina klar zu machen, dass dunkle Flecken auf der Kleidung in den Tropen keinen Makel darstellen, sondern lediglich eine natürliche Schutzreaktion des Körpers sichtbar werden lassen. Nachdem sie im Hotel eingecheckt, in dem angenehm klimatisierten Zimmer ein wenig relaxt und sich erfrischt hatten, stürzten sie sich gegen 15.00 Uhr in das Getümmel dieser turbulenten, lauten und exotisch riechenden Millionenstadt. Da bereits morgen Mittag der Anschlussflug nach Hanoi geplant war, wollten sie den heutigen Tag voll ausschöpfen.

Die große Anzahl kunstvoller Heiligtümer in dieser pulsierenden Stadt machte es für Bettina und Volker nicht gerade leicht, sich in der viel zu knappen Zeit für zwei oder maximal drei Attraktionen der thailändischen Hauptstadt zu entscheiden.

Zunächst wollten sie den Königspalast, den Grand Palace, wie er im allgemeinen Sprachgebrauch bezeichnet wird, besuchen. Da der Eintritt in diese prachtvolle Anlage nur bis 15.30 Uhr erlaubt ist, entschieden sie sich für eines der zahlreichen Tuk Tuks, die dem ohnehin schon skurril anzusehenden Verkehr im Zentrum der Stadt einen bunten exotischen Stempel aufdrückten. Diese dreirädrigen Gefährte sahen fast alle verschieden aus und man konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sie größtenteils von ihren Besitzern in Hinterhofgaragen zusammengebastelt wurden. Deutsche Ingenieure oder gar TÜV Mitarbeiter wären angesichts dieser Art von Kreativität vermutlich in Schnappatmung verfallen.

Dennoch, die kurze Fahrt zum zentral gelegenen Königspalast war ein Erlebnis, auch wenn der thailändische Driver in waghalsigen Kurvenmanövern mehrmals das Gefährt – zumindest aus Sicht der beiden Urlauber – fast zum Umkippen gebracht hatte. Viel wahrscheinlicher ist aber, dass er viel Vergnügen an den zahlreichen Schreckensrufen von Bettina hatte. Auch war die Fahrt für nur 100 Baht, was einem Preis von reichlich drei USD entspricht, durchaus ein Schnäppchen. Immerhin wurden dem Fahrgast die Vorteile eines Transportmittels und der Nervenkitzel einer Loopingbahn im Paket verkauft.

Auch der Grand Palace hatte die beiden stark beeindruckt. Die prächtigen Gebäude der früheren Herrscher, die farbenfrohen Musterungen an den Bauwerken und die prunkvollen Goldverzierungen an den Tempelanlagen zeugten von schier unermesslichem Reichtum.

Als sie 17.00 Uhr – praktisch mit dem Schließen des Königspalastes – das Areal verließen, blieb noch genügend Zeit, eine Bootstour auf den Wasserkanälen des Chao Prayo Flusses zu unternehmen. Dieses Abenteuer war gut geeignet, den Touristen ein Gefühl zu vermitteln, wie aus einem ehemaligen tropischen Sumpfgebiet ein solcher Moloch von Megastadt entstehen konnte. So erklärt es zumindest jeder Reiseführer.

Als Bettina und Volker kurz darauf eines der legendären Flussboote an der Anlegestelle des Wat Arun bestiegen, bereuten sie keinen Cent der etwa 25 USD, die sie für eine einstündige Rundfahrt durch die Klongs, wie diese Wasserwege hier genannt wurden, bezahlten. Dieser Preis stand für ein Boot, d.h., sie waren mit dem Bootsführer allein an Bord.

Beim Passieren einer Schleuse, kurz nach dem Ablegen, zeigte sich Bangkok von einer völlig anderen Seite. Die von Asphalt umsäumten Wolkenkratzer waren urplötzlich mehr oder weniger schiefen, auf Pfählen stehenden Holzhäusern gewichen, die von sumpfig braunem Wasser umspült wurden. Je weiter sie in die bunte Pflanzenwelt der grell blühenden tropischen Blumenpracht eindrangen, umso beeindruckender wirkte der Gegensatz zu den Bewohnern der Hütten. Das helle, fast leuchtend saubere Grün des stets in Feuchtigkeit gehüllten Regenwaldes vermochte die Armut und andererseits auch die Zufriedenheit der Einheimischen nicht wegzuzaubern, setzte aber alles in einen reizvollen Rahmen. Kinder und Frauen spülten in dieser cremig– braunen Brühe ihre Töpfe und Teller und man sah auch angelnde Männer. Trotz der offenkundigen Armut der hier lebenden Menschen, waren die Terrassen der einfachen Behausungen sorgfältig gepflegt und liebevoll mit leuchtend roten Bougainvilleas in selbstgebauten Pflanzkübeln geschmückt.

Die Gesamtheit der Eindrücke überwältigte die beiden Urlauber.

Nachdem sie die Bootstour nach etwa einer Stunde beendet hatten, ließen sie sich zwei Stunden durch die noch immer feuchtwarme City von Bangkok treiben. Dabei genossen sie in einer der zahlreichen Straßenküchen eine leckere Tom Khaa Gai, eine dieser wohlschmeckenden Thai Suppen, mit großem Appetit. Die aromatische Kokossuppe mit Hühnerfleisch ist immer dann eine sinnvolle Alternative, wenn man die scharf-würzigen Suppenvarianten nicht so gut verträgt.

Da bereits mit Beendigung der Bootstour durch die Klongs die Sonne unterging, waren sie längst in das grelle Kunstlicht der Millionenstadt eingehüllt. Der permanente Straßenlärm, die ständig hupenden Tuk Tuks, eine nicht definierbare exotische Geruchskombination aus Abgasen, wohlriechenden Kräutern aus den Straßenküchen und vielen anderen teilweise nicht benennbaren aromatischen Ausdünstungen dieser beeindruckenden Stadt, hatte die beiden rechtschaffen müde werden lassen. Sie ließen sich die letzten 1200 Meter noch mit einem Tuk Tuk vor das Hotelportal fahren. Bettina hatte keinerlei Angstzustände, da es nur geradeaus ging. Der nächste aufregende Tag konnte kommen.

Bettina und Volker waren planmäßig in Hanoi gelandet und hatten ein Taxi für den Transport zum Crowne Plaza West geordert. Das Hotel lag im moderneren Geschäftsviertel von Hanoi – war aber gut mit der pulsierenden und sehenswerten Altstadt vernetzt. Fußläufig waren beeindruckende Parks und Tempelanlagen zu erreichen und auch das moderne Hotel hatte seinen Reiz.

Das Klima empfanden beide, im Gegensatz zu der feuchten Hitze in Bangkok, als angenehm. 23 Grad bei einer erträglichen Luftfeuchtigkeit waren zwar in dieser Jahreszeit nicht selten, diese Tage zählten aber für Vietnam schon zu den kühleren Phasen. Im Süden des Landes würde sich das sicher ändern.

Der absolute Höhepunkt ihrer bisherigen Reise, war die zweitägige Bootstour auf einer klassischen Dschunke in der Halong– Bucht, die sie am Morgen nach ihrer Ankunft in Hanoi in Angriff nahmen. Die Abholung erfolgte vom Hotel und nach etwa drei Stunden Fahrzeit erreichten sie ihr Traumziel.

Dicht bewachsene weiße Karstfelsen in smaragdgrünem Wasser unter blassblauem Himmel – der Titel von Amen Corner „If Paradise is half as nice“, kam dem Besucher schwärmerisch in den Sinn.

Obwohl die Lufttemperatur nur bei 21 Grad lag, genossen Volker und Bettina das angenehm warme und kristallklare Wasser der Bucht. Sie wurden dabei von Bewohnern der Felsen, den dort lebenden Wildaffen beobachtet, die sich todesmutig in spielerischer Manier von Felsvorsprüngen in das Wasser stürzten. Es machte fast den Eindruck, als wollten sie den beiden deutschen Urlaubern ihre Kunststücke vorführen.

Nach dem Baden in der fischreichen Bucht legten sie an einer der zahlreichen schwimmenden Fischfarmen an und bewunderten die bunten exotischen Meeresbewohner, die in Bassins für unterschiedliche Verwendungen lebend gehalten wurden. Manche waren zur Aufzucht und andere zum sofortigen Verkauf vorgesehen. Besonders seltene Fischarten und Meeresfrüchte würden später Aquarien von Sammlern und Liebhabern dieser Spezies zieren oder dekorative Teichanlagen in den zahlreichen Luxushotels des Landes besiedeln. Es war ein einziger bunter Traum, nur konnten sich die beiden nicht vorstellen, wie die Fischer mit ihren Familien auf diesen schwimmenden Holzplattformen in den kleinen, spartanischen Holzhäusern leben konnten und dennoch ausgesprochen freundlich waren und zufrieden wirkten.

Es war einfach eine andere Welt, die man zwar wahrnahm, aber in der kurzen Zeit und in ihrer ganzen Faszination nicht realisieren konnte. Sie genossen diese Stunden sehr und waren nicht nur örtlich, sondern auch mental, sehr weit weg von Deutschland und den dortigen Problemen.

Mehr recht als billig - Kriminalroman

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