Читать книгу Mehr recht als billig - Kriminalroman - Peter Werkstätter - Страница 6

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Wem genug zu wenig ist, dem ist nichts genug

(Epikur von Samos)

Acht Monate später.

Die Weihnachtszeit stand unmittelbar bevor und in den Küchen und Wohnräumen der traditionsbewussten Bewohner des Erzgebirges und des Vogtlandes herrschte reges Treiben und zuweilen auch positiver Weihnachtsstress.

Bettina Doll verließ gegen 16.00 Uhr ihre Boutique. In ca. 20 Minuten würde die Sonne untergehen und endgültig den herbeigesehnten Feierabend einläuten.

Die schwere Zeit des Sommers hatte sie mit Volker durchgestanden und jetzt sollte endlich Ruhe einziehen und eine bessere Phase in ihrem Leben beginnen. Die Voraussetzungen dafür waren gut: Ihr Partner war dank eines brillanten Strafverteidigers mit einer moderaten 6 – monatigen Bewährungsstrafe und 2000 EUR Bußgeld mit einem blauen Auge für diesen grausamen Verkehrsunfall davongekommen. Außerdem hatte ihn ein guter Freund aus der Studentenzeit mit zahlungskräftigen Auftraggebern aus der Wirtschaft zusammengebracht und Aufträge vermittelt. Er hatte aufgrund dieser Mandantschaft für seine sonstigen Verhältnisse außergewöhnlich hohe Honorare erwirtschaftet, was ihm sogar die Anmietung neuer Kanzleiräume in bester Zentrumslage von Plauen ermöglichte. Für ihn ein qualitativer Quantensprung.

Seinen betagten Jetta musste er einem Schrotthändler überlassen, aber er konnte sich einen schicken Audi A4 leasen. Auch ihr Geburtstagsgeschenk, die Traumreise nach Vietnam, hatte Volker akzeptiert und schien sich nun auch darauf zu freuen, je näher der Termin kam.

Da sie beide zwar getrennt aber nahegelegen am Stadtrand von Plauen wohnten, war ihr Arbeitsweg völlig unproblematisch. Sie konnten häufig gemeinsam mit dem Audi zur Arbeit fahren.

Der Herrenausstatter „Golden Grip“, in dem Bettina angestellt war, lag in unmittelbarer Nähe von Volkers neuem Büro. Er hatte sich die Räumlichkeiten zu einem moderaten Preis in den Kolonnaden von Plauen angemietet. Dieses große Einkaufs – und Bürocenter verfügte zwar über eine ideale Citylage, litt aber unter einem häufigen und ständig wechselnden, partiellen Leerstand, was den überschaubaren Mietpreis erklärte.

Das moderne Gebäude hatte man direkt gegenüber dem Landratsamt des Vogtlandkreises, am zentralen Postplatz errichtet. Auch ein Parkhaus gehörte zum Gesamtkomplex der Kolonnaden. Es war von der rückwärtigen Bahnhofstraße aus zu befahren und hatte über das Einkaufszentrum einen direkten Ausgang zu der Ladenstraße, in der Bettina Doll arbeitete. Besser ging es nicht.

Sie entschloss sich, Volker in seinem Büro zu überraschen. Bereits durch die Büroscheibe, die von der Rolltreppe des Einkaufcenters aus einem günstigen Blickwinkel einzusehen war, bemerkte Bettina die Bürohilfe Mandy Bartel. Sie war offenbar gerade im Begriff zu gehen, was Bettina nicht als Fehler ansah. Sie konnte Volkers Mitarbeiterin nicht besonders leiden.

Eigenartigerweise fand sie keine logische Begründung für das über Jahre gewachsene angespannte Verhältnis. Ihr Chef im Herrenausstatter würde sagen „Weiberlogik“ und Bettina hätte dem nichts zu entgegnen gewusst.

Sie hatte den Eingang der Kanzlei erreicht und verinnerlichte sich zum wiederholten Male die noch ungewohnte Berufsbezeichnung ihres Partners, die auf einer Messingtafel den Eingangsbereich zierte:

VOLKER SELKETAL

Fachanwalt für internationales WirtschaftsrechtDependance der RechtsanwaltssozietätDr. Jörg Leifeld & Volker Selketal, Dresden

Sicher hätte diese Aufschrift nicht an die schadhafte Fassade der Kanzlei in Lützengrün gepasst.

Sie konnte es sich im Kontext dieses Vergleiches nicht verkneifen, dass sie Mandy Bartel auch lieber in den alten Räumen wüsste.

Just in diesem Moment öffnete sich die Tür der Kanzlei und Mandy verließ das Büro. Sie wäre fast in Bettina hineingelaufen und ihre Gesichter hätten sich beinahe berührt.

Die Bürogehilfin musste noch das Lächeln im Gesicht der Freundin ihres Chefs registriert haben denn sie wirkte leicht irritiert bei der Begrüßung.

Glücklicherweise konnte sie keine Gedanken lesen.

Nachdem sie sich noch einen schönen Feierabend gewünscht hatten, betrat Bettina die Kanzlei. Volker telefonierte gerade und machte ihr mit einer Handbewegung in Richtung eines Besucherstuhles und einem entschuldigenden Schulterheben und -senken klar, dass das Telefonat noch dauern konnte.

„Handelt es sich dabei um eine einmalige Beratung zu einem, eher seltenen Sachverhalt, oder gehen sie von einer permanenten Beratungstätigkeit über einen längeren Zeitraum aus?“, hörte sie ihren Freund seinen Gesprächspartner fragen.

Die Antwort war kurz und für Volker offenbar sehr zufriedenstellend, was sie seinem Gesichtsausdruck und seiner Reaktion entnehmen konnte.

„Dann sehen wir uns morgen gegen 10.00 Uhr in Aue und ich werde reichlich Zeit einplanen, um den Gesamtumfang meines Aufgabenportfolios für die Vertragsgestaltung richtig einschätzen zu können. Es wäre gut, wenn neben ihnen noch andere maßgebende Mitglieder der Geschäftsführung von Secury Tex anwesend oder zumindest erreichbar sein könnten“, bat er abschließend.

Dieser Bitte wurde offenbar entsprochen, denn Volker verabschiedete sich und legte das Mobiltelefon unter hörbar erleichtertem Ausatmen auf den Tisch.

„Ich habe endlich einen großen Fisch an der Angel, und wenn ich mich nicht stark täusche, kann daraus eine langfristige Zusammenarbeit werden. Die brauchen jemanden mit meiner Qualifikation und haben offenbar akute Personalsorgen. So eine Chance lasse ich mir nicht entgehen“, sagte Volker ungewöhnlich laut und sein Gesicht zeigte eine Entschlossenheit, die sie nicht an ihm kannte…

Der Abend könnte schön werden, dachte Bettina – vermochte aber seine überzogene Reaktion nicht recht einordnen.

Volker Selketal erschien zur vereinbarten Zeit am Empfang des Unternehmens Secury Tex GmbH. Es befand sich am Rande der ehemaligen Bergarbeiterstadt Aue im Erzgebirge.

Er hatte sich im Netz ein wenig über Struktur und Produktpalette dieses global aufgestellten Konzernes und der zugehörigen erzgebirgischen Betriebsstätte kundig gemacht.

Es handelte sich bei Secury Tex Aue um einen Hersteller „Technischer Textilien“. Das Kerngeschäft besteht in der Produktion Persönlicher Schutzausrüstungen. Das Spitzenprodukt ist ein besonders innovativer Chemikalienschutzanzug.

Selketal wurde von einem Mitarbeiter des Betriebsleiters abgeholt und in ein schlichtes, aber zweckmäßig eingerichtetes Besprechungszimmer geführt. Der große Beratungstisch war bereits eingedeckt. In der Mitte standen die obligatorischen Kaltgetränke, etwa ein Dutzend Gläser und ein Behältnis mit Servietten.

Es war für vier Personen Kaffee vorbereitet. Volker Selketal würde also vermutlich drei Gesprächspartner haben, was er als positives Zeichen für die Bewertung des Gespräches durch die Geschäftsführung anerkannte.

Die Frage des Mitarbeiters, ob er schon einen Kaffee möchte, beantwortete er freundlich mit „nein, danke“. Er fand es bei Erstkontakten immer als angebracht und höflich, wenn man den Hausherren stehend erwartete.

Er musste auch keine fünf Minuten warten, bis zwei Herren und eine Dame erschienen.

Die Reihenfolge, in der die Mitglieder der Geschäftsführung des Unternehmens den Beratungsraum betraten, entsprach – wie sich kurz darauf herausstellte – auch der Hierarchie in der Auer Firma.

Lutger Krings stellte sich als Betriebsleiter „vor Ort“ vor. Er ergänzte ohne jegliche Eitelkeit, dass er in der Konzernstruktur den Rang eines Generalmanagers einnahm. Dies sei auch notwendig, um weitgehend lokale Entscheidungsfreiheit zu haben. Die Europäische Konzernzentrale sei in Paris und der Chief Executive Officer hätte seinen Hauptsitz in Boston, erläuterte der Chef des Erzgebirgischen Unternehmens.

„Mein Name ist Verena Korte, ich bin die kaufmännische Leiterin und mein Mitarbeiter Herr Kai Jäger fungiert als Controller und erledigt die notwendigen Aufgaben als interner Berater der Geschäftsleitung unseres Hauses. Das ist im Übrigen auch erforderlich, da meine Prokura einen sehr umfangreichen und verantwortungsvollen Bereich umfasst.“ Diese beiden Sätze aus dem Munde der Prokuristin, drückten, sowohl inhaltlich, als auch in der Art und Weise, wie sie ihren Einfluss in der Firma regelrecht zelebrierte, zumindest ein hohes Maß an Selbstbewusstsein aus. Volker Selketal schien das gut zu gefallen, was man mit etwas Übung aus seinem Gesicht ablesen konnte.

Der Betriebsleiter schien das anders zu sehen, denn er ergänzte mit Blick auf den jungen und sicher noch unerfahrenen Herrn Jäger, dass dieser über hervorragende Kenntnisse in der Europäischen Förderlandschaft verfüge. „Das macht ihn für Sie, Herr Selketal, zu einem wichtigen Ansprechpartner. Da wir aufgrund unserer extrem innovationsintensiven Produktpalette viel eigene Forschungsarbeit betreiben und dabei natürlich auch Fördermöglichkeiten nutzen, benötigen wir inhaltliche Fachkompetenz auf diesem Gebiet. Um Fehler in jedem Fall auszuschließen, brauchen wir aber gleichzeitig juristischen Sachverstand, und ich wäre froh, wenn wir uns heute zu diesen Inhalten einigen würden“, erklärte der Betriebsleiter.

Nachdem sie Kaffee getrunken und sich dabei ein wenig näher kennengelernt hatten, wurden die Beratungsbereiche, deren Umfänge und die entsprechenden Konditionen ausführlich besprochen und verhandelt. Während die inhaltlichen Aufgabenstellungen an die Kanzlei Selketals sehr komplex waren und sich in der konkreten Formulierung als sehr aufwändig herausstellten, wurden sich die Parteien bezüglich der zu vereinbarenden Honorare für die Kanzlei erstaunlich schnell einig. Offenbar verdiente das Unternehmen recht gut mit seinem Produktportfolio und musste aufgrund komfortabler Gewinnmargen nicht sehr eng kalkulieren.

Wie zwischen seriösen Kaufleuten üblich, wurden die besprochenen Vertragsteile per Handschlag besiegelt. Volker Selketal bekam seinen ersten konkreten Auftrag. Er sollte den schriftlichen Vertrag unterschriftsreif innerhalb von zwei Tagen erarbeiten und der Geschäftsführung vorlegen. Sie vereinbarten sich in gleicher Runde für kommenden Mittwoch zu gleicher Zeit an gleicher Stelle. Das Verhandlungsergebnis war für Volker Selketal ausgesprochen erfreulich. Es generierte zwar noch keine Gier, regte aber zumindest den Speichelfluss an.

Selketal saß allein in seinem Büro, hatte den Vertragsentwurf vor sich liegen und genoss die 5stellige Zahl, die sie für den ersten Beratungsmonat als Honorar vereinbart hatten.

Für den Anwalt war das ein Anlass, das denkwürdige Gespräch mit seinem Freund Leifeld, was unmittelbar nach seiner Verurteilung wegen des Verkehrsunfalles mit tödlichem Ausgang stattfand, noch einmal Revue passieren zu lassen.

Dr. Leifeld lud Volker unmittelbar nach der Urteilsverkündung in das Dresdner Coselpalais ein. „Das ist doch das Mindeste, was ich an einem solch wichtigen und erfolgreichen Tag für dich tun kann“, hatte er, in der ihm nun wieder eigenen, wohlgefälligen Unantastbarkeit, seinem ehemaligen Kommilitonen gegenüber geäußert. Dass dieser noch ganz unter dem emotionalen Eindruck stand, soeben fast milde für ein schweres Vergehen, bei dem ein Mensch ums Leben kam, verurteilt worden zu sein, schien ihn in keiner Weise zu berühren. Auch seine eigene Schuld hatte er in seinen Augen mit finanziellen Unterstützungen Selketals großzügig abgegolten. Diese Art von Rechtsempfinden prägte Leifelds Persönlichkeit. Spätestens in der schrecklichen Nacht im Albertpark war das Volker Selketal bewusst geworden – und er bewunderte den Staranwalt dafür.

Während des hervorragenden Menüs – Jörg Leifeld als Stammgast in diesem noblen Restaurant hatte Oliven – Creme brulee als Vorspeise, Fasanenbrust „Sous Vide“ für den Hauptgang und Schokoladen – Rotwein Tarte zum Nachtisch empfohlen – kam es zu einem handfesten Streit zwischen beiden.

„Bist du denn mit den Mandantschaften und vor allem mit den Honoraren zufrieden, die ich dir vermittelt habe?“, leitete Leifeld das Gespräch ein.

„Ja, aber ich denke, diese kleine Mühe, die dich das gekostet hat, wiegt den Freundschaftsdienst, den ich dir erwiesen habe nicht im Ansatz auf“, erwiderte Volker Selketal heftig. Er hatte sofort erkannt, dass sein neu gewonnener Freund das Ende der Gefälligkeitsperiode einleiten wollte.

Dr. Leifeld wirkte nicht verärgert – im Gegenteil, er heuchelte sofort Verständnis für Selketals Bemühen, die für ihn komfortable Auftragssituation beibehalten zu wollen. Diese Gabe war ein Bestandteil seines Erfolgsgeheimnisses als Strafverteidiger. Er konnte völlig unvermittelt und scheinbar authentisch in die Rolle des „Advocatus Diaboli“ schlüpfen, ohne seine Strategie erkennbar werden zu lassen.

„Das wollte ich auch nicht in Frage stellen. Wir sind uns ja in den letzten Monaten auch persönlich nähergekommen und ich schätze dich sehr. Da ist es doch selbstverständlich, dass wir uns auch künftig unterstützen. Freundschaft schließt man doch nicht auf Zeit“, erklärte Leifeld belehrend.

Das Hauptgericht wurde serviert und alles schien einen harmonischen Lauf zu nehmen. Bis Volker die Katze aus dem Sack ließ.

„Ich habe das Geld aus den Aufträgen, die du mir vermittelt hast, gut angelegt. Die Kaution für meine neue Kanzlei, die geforderte Pachtvorauszahlung, der Umzug nach Plauen, das zeitgemäße Equipment im Büro und die Kosten für den neuen Wagen haben mein Konto aber ins Minus rutschen lassen. Es wird künftig notwendig sein, dass ich auch regional Fuß fasse und dafür benötige ich deine Hilfe. Die Mandantschaft im Dresdner Großraum hat mir sehr geholfen. Dennoch sind für meine Kanzlei Aufträge aus dem westsächsischen Raum unverzichtbar“, erläuterte Selketal engagiert.

„Das kann ich gut verstehen“, antwortete Dr. Leifeld, „die ständige Fahrerei von Ost nach West unseres Freistaates würde mich auch nerven – zumal du ja vorerst deinen neuen Wagen nicht fahren darfst. Aber wie könnte ich dir behilflich sein?“

Volker war auf diese Frage gut vorbereitet.

„Ich könnte mir vorstellen, dass wir einen Teil dessen, was wir deinen neuen Mandanten im „Historischen Fischhaus“ als unseren Plan verkauft haben, Realität werden lassen. Wenn du mich zum Sozius deiner Kanzlei machen würdest – eine nach außen wirkende Scheinsozietät sollte völlig ausreichen – wäre das ein Türöffner für meine berufliche Karriere in Westsachsen. Einer Sozietätsvereinbarung im Innenverhältnis bedürfte es nicht, so dass für deine Kanzlei kein Risiko bestünde.“

Jörg Leifeld hatte mit einer solchen Forderung nicht gerechnet. Vielmehr hätte er eine Bitte um einen größeren Geldbetrag erwartet. Vielleicht würde das aber auch noch kommen. Er musste diese Entwicklung im Keime ersticken – oder er machte sich auf Dauer erpressbar.

Leifeld lächelte seinen Komplizen an und versuchte seine ganze Überlegenheit in seinen Worten zum Ausdruck zu bringen. „Mein lieber Freund, versuche bitte nicht meine Großzügigkeit auszunutzen. Ich kann dir gern mit einem zinslosen Kredit oder auch mit einer Bargeldzuwendung in Höhe von – sagen wir mal – 20000 EUR Starthilfe geben.“

Er kaute genussvoll auf einem Stück der delikaten Fasanenbrust und schien auf eine Geste der Dankbarkeit von Volker zu warten. Als Selketal keinerlei Reaktion zeigte, änderte er seine Strategie.

„Du solltest im Übrigen immer davon ausgehen, dass ich in der Nacht deines Unfalls zwar in deiner Nähe, aber nicht mit dir zusammen war. Das wissen auch viele andere Personen. Und ich habe dir einen sündhaft teuren Anwalt vermittelt und bezahlt, der die wahre Geschichte nicht kennt. Er würde mich mit besonderem Ehrgeiz vertreten – schon um keinen Fehler einräumen zu müssen. Auch eventuell am Tatort oder am Unfallopfer vorhanden gewesene Spuren sind nach einem halben Jahr nicht mehr nachweisbar, und die tote Frau ist längst verbrannt. Du würdest mit einer solch haltlosen Anschuldigung nur verlieren.“

Diese Unverfrorenheit brachte Selketal aus der Fassung. Er wusste zwar, dass es Menschen gab, die eine Lüge so verinnerlichen und überzeugend wiedergeben können, bis sie selbst daran glauben, aber bei Jörg hätte er zumindest Spuren von kognitiver Empathie erhofft. Die Skrupellosigkeit, die ihm an Leifeld imponierte, würde in diesem Fall aber nicht zum Erfolg führen. Der bessere Trumpf steckte in seinem Ärmel.

Er legte das Besteck zur Seite und sah Leifeld mit einer Spur von geheuchelter Enttäuschung an.

„Diese Version der Geschichte hat einen gewaltigen Haken. Während du direkt nach dem Unfall sehr gedankenverloren wirktest, habe ich die Aufnahmefunktion meines Mobiltelefons aktiviert. Ich wusste damals gar nicht so recht wofür, aber meine Eingebung war offenbar Gold wert. Ausgeschaltet habe ich es erst, als ich in den Polizeiwagen gestiegen bin. Dein ganzer Plan, deine emotionale Überzeugungsrede und dein Vorschlag zur weiteren Vorgehensweise – all das ist auf einer kleinen SD – Card gespeichert und ich hoffe sehr, dass ich sie nie von dem sicheren Ort holen muss, an dem ich sie aufbewahre.“

Diese Offenbarung verfehlte ihre Wirkung nicht. Man konnte es fast pantomimisch nachstellen, wie Dr. Leifeld in Slow Motion Bewegungen von seinem hohen Ross herunterglitt. Er war ein zu guter Anwalt, um nicht zu erkennen, dass er diesen Satz abgeben musste.

Er stimmte dem Deal, kurz angebunden, mit eisiger Mine, zu. So schnell wie sie zu Freunden geworden waren, hatten sie sich verfeindet. Daran änderte auch der Umstand nichts, dass sie seitdem gemeinsam auf Kopfbögen und Messingplatten ihrer Rechtsanwaltssozietät verewigt waren.

Mehr recht als billig - Kriminalroman

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