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Geht nicht – gibt’s nicht!

Januar bis August

Im Grunde genommen war es ganz und gar nicht möglich. Ein Jahr lang reisen? Ein Jahr nicht am Arbeitsplatz sein. Wer kümmert sich um unsere Firma? Angenehm und sicher reisen kostet. Wie bringen wir das Budget dafür auf? Eine angeschlagene Gesundheit und ein schulpflichtiges Kind. Wie können wir eine Weltreise vernünftig und logisch planen? Solche Überlegungen entmutigen. Und doch hat uns die Idee einfach nicht losgelassen. Eine Weltreise. Ein Jahr lang. Wir drei gemeinsam.

Wir lieben es, am Abend gemütlich beisammen zu sitzen, den Tag Revue passieren zu lassen, zu philosophieren. Die Weltreiseidee stand ganz oben auf unserer Themenliste. Sie verfolgte uns bis in unsere Träume. Mein Mann ist der festen Überzeugung, dass wir das anziehen, womit wir uns beschäftigen. Beschäftigen wir uns gedanklich damit, was wir nicht haben oder nicht können, dann werden wir es auch nicht haben können und auch nicht erreichen. Träumen ist ein erster Schritt. Doch Träumen allein reicht nicht aus, um seine Ziele zu erreichen. Immer mehr hat uns die Weltreiseidee in ihren Bann gezogen. Wir haben von Ländern geträumt und uns die wundervollen Orte, die wir mit eigenen Augen sehen wollten, vorgestellt. Gleichzeitig haben wir nach Möglichkeiten gesucht, wie es gehen kann. Wir sind vom Träumen ins Tun gekommen. Und so kam es, dass wir trotz vieler „Geht-nicht“-Einwände fast ein Jahr gereist sind.

Nun aber der Reihe nach. Ich erinnere mich genau an den Sonn­tagnachmittag im Januar. Die Weihnachtsferien waren gerade vorbei. Draußen pfiff ein eisiger Wind, der die weißen Schneeflocken hin- und herwirbeln ließ. Wir drei saßen bei einer Tasse Tee vor dem offenen Kaminfeuer in unserem Wohnzimmer. „Was würdest du dazu sagen, einmal ein ganzes Jahr auf eine große, große Reise zu gehen? Ohne Unterbrechung. Ein Land nach dem anderen anschauen. Und erst nach 12 Monaten wieder heimkommen?“, fragte Horst unsere Tochter Mona.

„Boah, toll! Keine Schule und jeden Tag ausschlafen!“, antwortete Mona. „Du würdest aber auch ein Jahr lang deine Schulfreunde nicht sehen“, gab ich zu bedenken. „Aber es gibt doch ein Telefon und E-Mail!“, meinte Mona.

Horst spann den Faden weiter und wollte von Mona wissen, wo sie denn gerne hinreisen wolle.

„Mexiko, Thailand, Neuseeland“, kam es wie aus der Pistole ge­schossen. Mona gefiel dieses Spiel. Sie schleppte die große Weltkarte an, die sie von uns zu Weihnachten bekommen hatte – zugegeben nicht gänz­lich ohne Hintergedanken. Eine auf Holz aufgezogene Plakatrolle. Länder und Kontinente können freigerubbelt werden und sind dann golden. Wir rubbelten nicht, sondern steckten bei einem Glas Champagner die ersten Zielfähnchen in die Landkarte und legten grob fest, wo wir wie lange bleiben wollten. Kanada, USA, Neuseeland waren dabei. Auf alle Fälle die Südsee, Bali, Thailand.

Geht-nicht-Einwand Gesundheit: Mein Mann hatte im Herbst eine Operation an der Wirbelsäule. Zehn Wochen ein Korsett und die Aussicht auf eine komplett schmerzfreie Bewegung düster. Seine Vorstellung vom Reisen hingegen war heiter. Sobald er das Stützkorsett ablegen durfte, begann er seine Rückenmuskulatur zu trainieren. Täglich und konsequent. Immer denkend ‚Geht nicht, gibt’s nicht‘.

Praktischerweise gibt es jedes Jahr im Februar die Reisemesse f.re.e. in München. Dort ließen wir uns beraten und knüpften die ersten Kontakte mit Reiseagenturen. Von einigen Reiseagenten hörten wir: „Was, in einem halben Jahr wollt ihr los? Da seid ihr mit den Buchungen zu spät dran.“ Ja, aber: ‚Geht nicht, gibt’s nicht‘. Und so blieb Horst hartnäckig am Ball und bekam das, was wir wollten. Die Grobplanung stand Ende März. Aus dem Spiel war Realität geworden.

Anfangen wollten wir im Westen: Indian Summer in Kanada, Monu­ment Valley und Las Vegas. Dann Südamerika und entgegen der Erddrehung nach Neuseeland, Südsee, Indonesien, Thailand, eventuell Vietnam. Monas Favoritenländer sind Mexiko und Peru. Ab Februar lief die CD „Was ist was“ über Maya, Inka und Azteken heiß.

Vorerst hielten wir unser Vorhaben bedeckt. Erst Ende April weih­ten wir die Familie ein, unsere beiden Söhne, meine Eltern. Unser Sohn Christof war sehr daran interessiert, seinen Job in England aufzugeben, in unsere Firma einzusteigen und diese vorübergehend zu leiten. Dank Internet, Telefon und Computer für Horst gut vorstellbar. ‚Geht nicht, gibt’s nicht‘.

Packen und Reisevorbereitungen wie Impfungen, Medikamente etc. fielen in meinen Aufgabenbereich. Das bereitete mir durchaus Kopfzerbrechen. Was soll mit? Welche Kleidung brauchen wir? Und wie viel davon überhaupt? Wo wasche ich die Wäsche? Welche Medikamente kommen mit, welche Impfungen brauchen wir unbedingt? Richtig heftige Kopfschmerzen bereitete mir die Schule.

Geht-nicht-Einwand Schulpflicht: Mona ist acht Jahre und geht in die dritte Klasse Grundschule. Anfang der zweiten Klasse haben wir unsere Tochter wegen eines dreiwöchigen geschäftlichen Aufent­haltes in Indien von der Anwesenheit in der Grundschule befreien können. Das Lehrmaterial hatte ich im Gepäck und mit Mona täglich erarbei­tet. Problemlos. Zumal ich bis zu Monas Geburt selbst an einer Grundschule unterrichtet hatte. Doch ein ganzes Jahr? Könn­te ich und durfte ich sie selbst unterrichten? Oder gibt es eine Art Online-Unterricht? Wir haben mit Monas Klassenlehrerin und der Rektorin der Schule gesprochen. Beide waren aufgeschlossen. Die Rektorin meinte sogar, für Mona und ihre Entwicklung wäre das sicher nicht verkehrt. Nur das Rechtliche musste geklärt werden. Da gab es zwei Möglichkeiten. Möglichkeit eins: Die Schulbehörde findet unser Vorhaben so umwerfend und befreit sie von der Schulpflicht. Die weitaus realistischere Möglichkeit ist jedoch die zweite: Wir melden unseren Wohnsitz in Deutschland ab und melden uns wahlweise in einem Land an, in dem die Schulpflicht eine Bildungspflicht ist. Zum Beispiel Kanada.

Unter Einbeziehung der Schulleitung und des Schulamtes entschieden wir uns für Möglichkeit zwei. Mona beendete im Juli die 3. Jahrgangsstufe und sollte nach einem Jahr in der 4. Klasse weitermachen. Ich deckte mich mit Lehrstoff für die 4. Jahrgangsstufe in den Fächern Mathe und Deutsch ein. Um am Ball zu bleiben und auch sicherheitshalber. Sicherheitshalber, weil: Was ist, wenn wir unsere Reise aus irgendeinem Grund schon früher beenden müssten? Dann muss Mona in ihre alte Klasse.

Geht-nicht-Einwand Budget: Das Türchen zur Finanzierung unserer Reise öffnete uns eine Lebensversicherung, die vorzeitig ausbezahlt werden konnte.

Und so vergingen die Monate Mai bis Juli. Flüge wurden gebucht, Zimmer reserviert, Reisebegleiter organisiert, Wohnmobile gemietet, versicherungstechnisch alles abgeklärt und die Geschäftsführung der Firma vorübergehend an unseren Sohn übertragen. Die letzten Wochen ließen uns nicht viel Luft zum Durchatmen. Und da ist noch unser Haus. Unser Zuhause. Sollen wir es in der Zwischenzeit vermie­ten? Aber was tun, wenn wir doch früher als geplant zurückkommen? Nach vielen Abwägungen entschieden wir uns gegen eine Vermietung. Der Abflugtermin rückte immer näher. Mona genoss die Sommerferien mit ihren Freundinnen am Badesee und am 11. September meldeten wir uns beim Einwohnermeldeamt unserer Heimatgemeinde ab.

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