Читать книгу Ein herrliches Vergessen - Petra Häußer - Страница 11
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Badenweiler, also. Heimatluft fast gar, obwohl weiter drinnen gelegen, schon am Rand zu den Tannenhängen hin, am Saum der Weinberge, inmitten der Zwetschgenbäume vielleicht, ein nobles Haus mit Ausblick? Nein, das nicht. Eher mittendrin, nämlich im Kurhaus Restaurant, denk dir bloß.
Für uns sagte Georg. Wie stellte er sich das denn vor?
„Der Albert hat uns im Paket angeboten, Dich, mich und sich selbst. Sommelier, Maître de Salle und Kaltmamsell.“
„Und der Kleine?“
„Ich habe mit Fried gesprochen. Er und Mine würden ihn hier behalten. Wir würden sie dafür bezahlen. Sie bekommen Hilfe von Lorchen Freitag, dem Küchenmädchen, und auch die Pannier wird ihn stundenweise übernehmen können, wenn die anderen beiden beschäftigt sind. Er ist ja noch so klein, nicht mehr als ein kleines Hündchen. Was er braucht, ist einfach nur, dass man ihn füttert und sauber macht. Es ist doch nur für zwölf Wochen. Schau ihn dir an, wie zufrieden er aussieht, wenn die Mine ihn hält. Er lacht genauso, wenn sie ihn nimmt, wie wenn ich oder du ihn nehmen. Er braucht nur gute Pflege, egal von wem.“
Egal von wem? Käthe war verärgert. Verbittert sogar. Achtete er die Mutterschaft so gering? Was bedeutete ihm sein Sohn eigentlich? War er nur ein kleiner Fortsatz seiner selbst, etwas, das er irgendwo ablegen konnte, wo es gut gepflegt wurde, so wie er seine Kleider richten und seine Schuhe wichsen ließ?
Sie musste darüber schlafen. Musste sich an die Idee gewöhnen, ihren Sohn herzugeben, nicht so auf dem Arm rumtragen und neben sich ins Bett legen zu können, wie sie es jetzt tat. Wie oft würde sie kommen können, um ihn zu sehen? Einmal im Monat allenfalls. Sie bräuchte einen ganzen Tag dafür und wie oft hat man einen ganzen freien Tag?
„Ach“, sagte Mine und ein strahlendes Lächeln breitete sich aus auf ihrem kleinen runden Gesicht, „ ich würde ihn hegen und pflegen wie mein eigenes.“
Daran gab es nichts zu zweifeln. Sie hatte es schon bewiesen und Fried stand an ihrer Seite, man konnte es deutlich sehen.
In Käthes Zögern hinein erzählte sie nun wieder einmal von ihrem großen Kummer, dass sie seit Jahren schon wartete auf ein eigenes Kindchen, das sich einfach nicht einstellen wollte. Und so hatte sie das Gefühl, mit dem kleinen Willi machte das Schicksal ihr ein Angebot.
Sie rechneten und dachten nach, dann legten sie die Pläne weg, so als ob man sie auf ein Papier geschrieben hätte, und werkelten weiter vor sich hin.
Inzwischen führte Käthe den Haushalt, kochte für alle, zauberte etwas aus dem, was Mine und Fried und manchmal auch Georg mitbrachten aus der Küche des Bristol und dazukauften in der Fressgasse. Nicht nur Desserts, das war klar, sie kochte auch Baeckeoffe, Gaisburger Marsch, Linseneintopf und irgendwann ein herrliches Boeuf Bourguignon, da aßen sie drei Tage davon. Georg kam so oft er konnte und sah zufrieden aus. Für ihn lag die Zukunft klar voraus. Die Berichte von der Front irritierten ihn nicht. Mit dem Krieg hatte er nichts zu tun. Es war immer noch nicht sein Krieg. Auch Fried brauchte sich nicht zu fürchten. Er hatte sich an den falschen Herrn gehängt, einen, der im deutschen Heer keine gute Reputation mehr hatte, Fried hatte zu deutlich gezeigt, wie sehr er ihn respektierte und bewunderte, damit war er im Heer nicht mehr erwünscht.