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1.1.1.4Identitätsarbeit – Entwicklungsaufgabe auf der Metaebene

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Entwicklungsaufgaben lassen sich nicht isoliert voneinander bewältigen oder gar „abarbeiten“. Sie sind vielmehr eingebettet in einen größeren Prozess der Selbstwerdung der Gesamtpersönlichkeit, der ein Leben lang andauert und als Identitätsarbeit beschrieben wird. Nach Erik ERIKSON (1902–1994) gestaltet sich dieser in acht psychosozialen Stufen, innerhalb derer der Mensch phasenspezifische Krisen durchläuft, die durch Interaktionen mit seiner Umwelt ausgelöst werden. Gegensätzliche Anforderungen und Bedürfnisse müssen in ein und derselben Person bearbeitet und in sie integriert werden, damit diese mehr und mehr zu einer eigenverantwortlichen und selbstständigen Persönlichkeit wird. Auf den ersten drei Stufen bilden sich das Urvertrauen des Kleinkindes, sein Gefühl von Autonomie und seine Erfahrung von Eigeninitiative heraus. Die vierte Stufe, auf der sich Kinder etwa zwischen Klasse 1 und 6 befinden, ist von einer hohen Lernaktivität und Aufnahmebereitschaft geprägt. Kinder wenden sich nach außen und der Realität zu, wollen ihr Können demonstrieren und eigene „Werke“ erstellen und vollenden. In dieser Lebensphase ist es wichtig, dass Kinder gezielt gelobt und gefördert werden sowie lernen, mit Ausdauer und Fleiß an einer Sache zu bleiben und mit Widerständen bzw. Misserfolg umzugehen. Auf der fünften Stufe, die sich weitgehend über das Jugendalter erstreckt, geschieht ein grundlegender Perspektivwechsel: Der junge Mensch schaut auf sich: „Wie bin ich geworden?“, „Wie sehen mich die anderen – und wie sehe ich mich?“ und „Was will ich werden – wonach strebe ich?“ All diese nach innen gewandten Fragen münden in der einen Frage nach der eigenen Identität: „Wer bin ich?“ Um diese Frage positiv und entwicklungsförderlich beantworten zu können, muss der Jugendliche lernen, sich selber zu vertrauen und gegenüber dem, was ihn zuinnerst ausmacht, treu zu sein, sich unabhängig zu machen von Klischees oder Außensteuerungen, sich für das einzusetzen, wovon er überzeugt ist, und das aktiv zu gestalten, was von ihm erwartet wird und ihn voranbringt.20 Auf den letzten drei Stufen wird die Identitätsentwicklung fortgeschrieben. Dabei steht der Mensch vor der Aufgabe, intime Beziehungen zu knüpfen und zu gestalten, generativ tätig zu sein und schließlich in einem Rückblick sein So-geworden-Sein sinnhaft zu integrieren.

Im Unterschied zu ERIKSON wird heutzutage nicht mehr so sehr danach gefragt, worin Identität substantiell besteht, sondern auf welche Weise Jugendliche an ihrer Identität arbeiten. Dabei wird angenommen, dass Identitätsarbeit ein lebenslanger, dynamischer Prozess ist, der sich wesentlich aus Interaktionen speist und bei dem Heranwachsenden die Aufgabe zukommt, Teilidentitäten miteinander zu verknüpfen sowie konkrete und aktuelle Situationen so zu deuten, dass sie sich als handelnd, Aufgaben bzw. Probleme bewältigend sowie reflektierend erleben können.

Eine interne Voraussetzung der Identitätsarbeit besteht in der Beschaffenheit des Selbstwertgefühls, wobei jeder, der den Prozess begleitet, beachten muss, dass „nicht nur niedriges, sondern auch hohes Selbstwertgefühl […] zu Selbstregulationsfehlern führen und selbstschädigendes Verhalten begünstigen“21 kann, wenn die zu hohe Selbsteinschätzung eines Jugendlichen mit einer niedrigen sozialen Bewertung nicht mehr korrespondiert. Eher förderliche Auswirkungen auf die Erarbeitung der eigenen Identität hat dagegen ein Selbstkonzept, dem es gelingt, eigene und fremde Konstruktionsleistungen miteinander in Beziehung zu setzen und zu integrieren. Kontexte, die diese Erarbeitung beeinflussen, sind z. B. kritische Lebensereignisse. Sie stellen Stressoren dar, wenn sie unerwartet eintreten und der Jugendliche darauf nicht vorbereitet ist (Scheidung, Krankheit, Tod, Missbrauch). Die Bewältigung solcher traumatischer Lebensereignisse kann sehr umfangreich sein und „bis zu einer völligen Umorganisation des Selbst sowie der Sicht von Mensch und Welt führen“. Entwicklungsförderlich dagegen können sogenannte „normative kritische Lebensereignisse“22 (Schuleintritt, Prüfungen, Liebeskummer) sein. Für einen Jugendlichen werden sie zu Entwicklungsaufgaben, wenn er die Chance hat, sich – ehe sie eintreten – mit ihnen auseinanderzusetzen.

Ignatianische Schulpastoral

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