Читать книгу Big Ideas. Das Management-Buch - Philippa Anderson - Страница 24

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WIRKT DIE MACHT DER GEWOHNHEIT, LÄSST SIE EINEN NICHT MEHR LOS

KONTINUIERLICHE FORTENTWICKLUNG DER GESCHÄFTSMETHODEN

IM KONTEXT

SCHWERPUNKT

Mittleres Management

WICHTIGE DATEN

vor 1850 Die Unternehmenslandschaft ist von kleinen Familienunternehmen geprägt.

um 1850–1870 Die rasche Erweiterung des Eisenbahnnetzes und neue industrielle Technologien in Europa und den USA eröffnen den Unternehmen neue und breitere Möglichkeiten.

ab etwa 1880 Mit zunehmender Größe der Unternehmen gewinnt deren Verwaltung an Bedeutung. Familiengeführte Firmen stellen mehr und mehr professionelle Manager ein.

1982 Der britische Ökonom Norman Macrae prophezeit einen Trend hin zum »Intrapreneur« (Intra-Unternehmer) und meint damit Manager, die unternehmerisch denken.

Menschen sind wichtig für Organisationen, denn sie erledigen die Arbeit – sei es aufgrund der Initiative eines Unternehmers oder durch die Energie von Tausenden Mitarbeitern. Doch mit Energie und Initiative allein kommt ein Unternehmen nicht weit. Erst durch die Implementierung und Verwaltung von Prozessen wird die Kraft der Einzelnen gebündelt. Und wenn sich eine Firma entwickelt, müssen die Manager dazu in der Lage sein, die Abläufe immer wieder neu zu gestalten.

Bewährte Geschäftspraktiken können eine Firma jedoch auch begrenzen, wenn sie erst Gewohnheit und dann Bequemlichkeit erzeugen. In dynamischen Märkten führt dies allzu oft zu Stillstand und Stagnation. Der Investor Warren Buffet warnte: »Die Ketten unserer schlechten Angewohnheiten nehmen wir erst wahr, wenn wir sie nicht mehr sprengen können.«

»Nicht allein die Mitarbeiter, sondern vielmehr die Struktur einer Organisation entscheidet über eine Verbesserung der Qualität des Ausstoßes.«

W. Edwards Deming Statistiker (1900–1993)


»Die sichtbare Hand«

Der Wirtschaftshistoriker Alfred Chandler hob die Bedeutung des mittleren Managements in seinem Buch The Visible Hand von 1977 hervor. Der Titel bezieht sich auf die Metapher der »unsichtbaren Hand«, von Adam Smith, die für die selbstregulierenden Kräfte des Marktes stand.

Chandler beschrieb die Entwicklung folgendermaßen: Vor 1850 gab es in den USA vor allem Familienunternehmen, in denen nur unzureichend kommuniziert wurde. Da kaum gebildete Arbeitskräfte zur Verfügung standen, stellten die Eigentümer meist Familienmitglieder oder Freunde ein, die sie speziell ausbildeten und denen sie vertrauten. Mit der Erweiterung der Eisenbahnnetze ab 1850 veränderte sich die Arbeitswelt. Nach und nach wuchsen die Unternehmen und beschäftigten Mitarbeiter, die nicht aus dem Kreis der Familie und Freunde stammten. Um diese Veränderungen zu bewältigen, brauchten sie geregelte Prozesse und Strukturen. Der weitere Einzugsbereich und die Größe der Unternehmen erforderten bessere Koordination und Kommunikation. Eine Person alleine konnte das nicht mehr leisten, ein ganzes Team war nötig.

So entstand ein neuer Beruf: der Manager. Als am Anfang des 20. Jh. Standardisierung und Massenproduktion Einzug hielten und sich der Handel weltweit ausdehnte, wurden Manager noch wichtiger. Schon vor der Mechanisierung hatte es Massenproduktion unter der Leitung von Managern gegeben. Doch erst durch Standardisierung wurde Management zur Wissenschaft und die Manager wurden zu unverzichtbaren Rädchen in der Maschinerie großer Oganisationen.

Grundlagen und Befähiger

In einem Artikel in der »Harvard Business Review« mit dem Titel The Process Audit teilte Michael Hammer die Wissenschaft des Managements (im Wesentlichen das Management der Unternehmensprozesse) in zwei Bereiche: grundlegende Unternehmerfähigkeiten und die Funktion der Befähiger. Die Basis – Kultur, Führungsmechanismen und strategische Vision – schafft die Unternehmensleitung. Als Befähiger agiert dagegen das mittlere Management, und zwar in den Bereichen Entwicklung, Infrastruktur, Prozesse, Verantwortung und Leistungsmanagement. Die Befähiger sorgen dafür, dass eine Idee auch umgesetzt wird.

Aus Visionen wird Realität

Hammer behauptete, dass das Streben nach Wachstum zwar meist in der Vorstandsetage entstehe, dass aber erst die Infrastruktur, die vom mittleren Management geschaffen wird, es überhaupt ermögliche. Eine Vision sei ohne Infrastruktur nur ein Traum, der sich nie verwirklichen lasse. Er glaube, die Leiter wachsender Unternehmen wüssten, dass das mittlere Management die Basis für das Wachstum liefern.

In der japanischen Brauerei Asahi zum Beispiel entwickelte ein Team mittlerer Manager das Bier Super Dry, das in Japan wahre Begeisterung für bitteres Bier auslöste und der Firma mehr Marktanteile bescherte. Bei Motorola entwickelte eine Gruppe mittlerer Manager in weniger als einem Jahr für einen Kunden ein neues drahtloses Digitalsystem, was sonst in der Regel zwei bis drei Jahre dauert.

Die mittleren Manager bewegen sich auf der Ebene zwischen Firmenleitung und Mitarbeitern. Ihre Aufgabe besteht unter anderem darin, die leitenden Manager über das Tagesgeschäft und die Personalangelegenheiten auf dem Laufenden zu halten. Wie die Beispiele Asahi und Motorola zeigen, entwickeln sie zudem Ideen und treiben deren Verwirklichung voran. Und sie sorgen für effiziente Funktionen: Verbesserungen bei Kosten, Qualität, Tempo und Zuverlässigkeit ergeben sich aus den Prozessen, die sie einführen.

Unternehmenswachstum

Die Prozesse, die das Wachstum ermöglichen, müssen sich mit dem Unternehmen entwickeln. Anfangs beruht das Wachstum auf der Initiative eines Einzelnen, doch die Umwandlung spontaner Aktivitäten in nachhaltiges Handeln fußt auf Erfahrung. Alle Erkenntnisse fließen zusammen, es ergeben sich immer wieder neue wiederholbare und verlässliche Prozesse. Die heutigen Probleme werden zu den Prozessen von morgen und zu den Kompetenzen des kommenden Jahres: Das ist die Wissenschaft des Managements.

»Das mittlere Management als Technik oder Methode macht Organisationen, wie wir sie kennen, erst möglich.«

Alfred Chandler Wirtschaftshistoriker (1918–2007)

Prozesse stellen die Elemente der Unternehmenspraxis dar, feste Abläufe sind unverzichtbar. Sie bilden die Infrastruktur, um die herum sich eine Firma organisiert. Wenn aus einem Laden eine Kette wird, wenn mehr Mitarbeiter eingestellt und die Geschäfte international ausgeweitet werden, ist es notwendig, die Geschäftsmethoden anzupassen. Im Jahr 1993 wurde die britische Einzelhandelsfirma Cath Kidston gegründet, damals bestand sie aus einem Laden. Bis 2013 wurden daraus über 120 Zweigstellen und Konzessionen, darunter Läden in ganz Europa und Asien. Zudem gab es Pläne, nach Nordamerika zu expandieren. Maßgeblich für dieses Wachstum war, dass eine Infrastruktur entwickelt und die Fähigkeiten einer neuen Schicht mittlerer Manager eingesetzt wurden.

Cath Kidston ist bekannt für edle Stoffe, Tapeten und bunt bemalte alte Möbel. Wie viele Firmen, die von einer Person gegründet wurden, wuchs sie zunächst langsam. Anfangs dauerte die Buchführung für einen Monat sechs Wochen, inkompatible IT-Systeme behinderten Cashflow-Projektionen und das Management der Zulieferkette. Der zweite Laden wurde erst neun, der dritte elf Jahre nach der Gründung eröffnet. Nach einem Buy-out 2010 wurde Cath Kidston teilweise von einer US-amerikanischen privaten Beteiligungsgesellschaft gehalten, Kidston behielt rund 20 Prozent der Anteile.

In der Zeit danach wurden die Prozesse genauer festgelegt. Berater und Manager schufen Raum für Wachstum, indem sie neue Abteilungen wie Design, Einkauf und Merchandising einrichteten und ein neues System einführten. Zudem fing man an, die vorhandenen Erfahrungen bei der Eröffnung von Läden zu nutzen. Frühere Fehler wurden bei den Abläufen und in den Richtlinien berücksichtigt, sodass es für die mittleren Manager von Mal zu Mal einfacher wurde.

Übertreibung und Gewohnheit

Wenn Prozesse und Hierarchien zu wichtig werden, besteht die Gefahr, dass sie die Organisation stark einengen. Vorschriften und Bürokratie können die Mitarbeiter zermürben, Innovationen ersticken und das Wachstum hemmen. Prozesse dürfen die Manager nicht blind für neue Chancen machen und Systeme dürfen die Flexibilität der Strategie nicht einschränken. Motorola investierte zum Beispiel in den 1990er-Jahren weiter in Satellitentechnik, als andere schon längst auf die billigeren und effektiveren Mobilfunktürme setzten.

Gewohnheit kann sogar das Denken außer Kraft setzen: Dennis Kozlowski, der CEO der Schweizer Sicherheitsfirma Tyco International beteuerte die Untadeligkeit seines Geschäftsgebahrens so oft, dass es ihm gelang, seine Zuhörer zunächst zu überzeugen. Doch am Ende wurde er im Jahr 2005 wegen Untreue verurteilt. Manchmal führt Gewohnheit auch zu Selbstüberschätzung. Nach seinen Erfolgen im Elektronikbereich wollte der CEO von Samsung, Lee Kun-Hee, 1994 in den Automarkt einsteigen. Ergebnis: Das Unternehmen musste 2000 von Renault gerettet werden. Durch die Erfahrung der Renault-Manager konnte Renault Samsung Motors inzwischen auf dem südkoreanischen Automarkt Fuß fassen.

Unternehmensführer unterschätzen den Wert des mittleren Managements und der Prozesse auf eigene Gefahr, denn ohne sie werden Visionen nicht zur Realität. Und ohne sie würden viele Unternehmen klein bleiben, denn nur mit einem guten Management sind Weiterentwicklung und Wachstum dauerhaft möglich.


Im mittleren Management sind laut Michael Hammers Analyse der Management-Wissenschaften hauptsächlich Befähiger zu finden. Werden sie effizient eingesetzt und gepflegt, fördern sie das Wachstum und setzen die Vision des leitenden Managements in die Realität um.

»Wenn Sie das, was Sie tun, nicht als Prozess beschreiben können, dann wissen Sie eben nicht, was Sie tun.«

W. Edwards Deming Statistiker (1900–1993)

Fredmund Malik

Der österreichische Management experte Fredmund Malik (geb. 1944 in Lustenau) studierte in Innsbruck und St. Gallen Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Er ist Professor für Unternehmensführung an der Universität St. Gallen sowie Gründer und Leiter des weltbekannten Management-Beratungsunternehmens Malik St. Gallen, das bereits seit 1977 besteht.

Malik vertritt die Ansicht, dass Management sowohl eine lehr- als auch lernbare Wissenschaft und Tätigkeit ist. Deshalb widmete und widmet er sein Leben der Erforschung und Vermittlung der dazu notwendigen Kenntnisse. In seiner Arbeit wie in seiner Lehre kombiniert er seine Erfahrungen mit dem Thema Management mit Ansätzen aus der Kybernetik und aus der Bionik. Hinzu kommt der systemtheoretische Ansatz. Auf dieser Grundlage entwickelt er Managementsysteme für komplexe Organisationen.

Darüber hinaus ist Malik Autor und Mitverfasser zahlreicher Schriften und Bücher zu unterschiedlichen Bereichen der Managementlehre und zur Personalentwicklung.

Hauptwerke

1984 Strategie des Managements komplexer Systeme

2000 Führen-Leisten-Leben

2007 bis 2011 Management: Komplexität meistern (3 Bände)

2014 Wenn Grenzen keine sind. Management und Bergsteigen.

Big Ideas. Das Management-Buch

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