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Chronisch krank kostet Lebensqualität

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Dramatisch sind für chronisch Kranke und deren Angehörige oft die sozialen und familiären Konsequenzen. Denn sie haben neben dem Arzt sehr unterschiedliche Berührungspunkte mit dem Gesundheitsund Versorgungssystem, von der Pflege bis zum Sozialgericht. Diese sind meist viel häufiger und auch unerfreulicher und belastender als die eines „normalen“ Kranken. Zwar können auch ein Zuviel an Therapie und ständig wechselnde Ansprechpartner im Versorgungssystem erheblich belasten, viel dramatischer sind aber die großen Defizite zum Beispiel bei der Unterstützung psychisch erkrankter Menschen. Der Trend, die an sich erstrebenswerte Deinstitutionalisierung (das heißt die Ausgliederung behinderter Menschen aus der Verwahrung und Separierung in Heimen und Anstalten hin zu einem betreuten Alltag) auch auf psychisch Kranke auszudehnen, dies aber bei einem gleichzeitigen fatalen Mangel an parallelen, unterstützenden Maßnahmen, führt unter anderem zu hohen Arbeitslosenquoten und im Extremfall durch die Verknappung billiger Wohnungen zu Obdachlosigkeit. So treten unter Obdachlosen psychische Erkrankungen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung sehr viel häufiger auf. 93,2 Prozent haben im Verlauf des Lebens die Kriterien für mindestens eine psychiatrische Diagnose (Persönlichkeitsstörungen ausgenommen) erfüllt.2 Das Projekt Seewolf untersuchte, ob die Obdachlosigkeit die psychische Erkrankung verursachte oder die psychische Erkrankung die Obdachlosigkeit. Bei zwei Dritteln der Befragten bestand das psychische Leiden schon, bevor sie ihr Dach über dem Kopf verloren, im Mittel 6,5 Jahre vorher. Dies legt nahe, dass schlecht versorgte psychisch Kranke überproportional in die Obdachlosigkeit abgleiten. Auch wenn dies ein Extrembeispiel ist, zeigt es, dass die Probleme chronisch Kranker weit über Krankheitssymptome, Medikation und sonstige Therapie hinausgehen.

Der Rest der Bevölkerung merkt hiervon allerdings wenig, denn chronisch krank zu sein macht einsam und Einsamkeit hält eine Erkrankung aufrecht oder verstärkt sie.3 Das Risiko der Vereinsamung und sozialen Isolation, zum Beispiel durch Krankheit, hat zudem vielfach ökonomische Ursachen beziehungsweise diese erhöhen das Risiko. Der Anteil an Personen mit wenigen oder keinen sozialen Beziehungen steigt mit fallendem Einkommen. Menschen im unteren Einkommensbereich sind sehr viel weniger in soziale Beziehungsnetzwerke eingebunden als die Durchschnittsbevölkerung.4 Chronische Erkrankungen haben also einen dramatischen bis existenziellen Einfluss auf Lebensqualität und Lebensfreude, was an sich inakzeptabel für unsere Solidargemeinschaft sein sollte – aber leider reichen die Auswirkungen noch weiter …

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