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Krise, welche Krise?

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Mein Buch besteht zunächst aus zwei Teilen – einer negativen Gegenwartsbeschreibung und einer positiven Zukunftsvorhersage. Zu Beginn geht es also um das Negative, die Krise, die erst den Handlungsdruck erzeugt, um dann in der Zukunft die radikale Veränderung der Medizin zu bewirken. Enthält der zweite Teil reine Zukunftsmusik? Nein. Denn zum Glück sind wir ja schon am Anfang der revolutionären Weiter- oder Neuentwicklung der Medizin, sodass ich Ihnen viele Beispiele dafür aufzeigen kann, wie die aktuellen Schwächen und Fehler korrigiert werden können. Um Ihnen nicht das Gefühl zu geben, Sie hätten lediglich einen Vorgeschmack auf eine wunderbare, aber noch entfernt liegende Zukunft der Medizin gelesen, folgt zum Schluss ein kleiner, dritter Teil mit konkreten Tipps, die Sie schon jetzt zur Nutzung der bereits verfügbaren Innovationen nutzen beziehungsweise anwenden können; denn die Zukunft hat ja bereits begonnen.

Im ersten Teil werde ich Ihnen zeigen, dass bisher so gut wie keine Erkrankung hinsichtlich ihrer Ursachen verstanden worden ist. Darum scheiden Frühdiagnosen aus, stattdessen warten wir beziehungsweise werden von ersten Symptomen überrascht. Danach bleibt in der Regel auch nur eine Behandlung der Symptome, die, da wir ja die Krankheitsursachen nicht kennen, unpräzise ist und meist chronisch durchgeführt werden muss. Heilung ausgeschlossen. Oder denken Sie, das Arzneimittel, das Sie chronisch verschrieben bekommen und einnehmen, verschafft Ihnen einen Vorteil? Sie werden überrascht sein: in den allermeisten Fällen nicht. Eventuell spüren Sie sogar nur die Nebenwirkungen.

Der Zugewinn an Lebenserwartung und Lebensqualität stagniert seit vielen Jahren, obwohl wir immer mehr Geld in unser Gesundheitssystem pumpen, unter anderem auch durch falsche Anreize. Sowohl die Forschung als auch die Pharmaindustrie – früher mal als Big Pharma bezeichnet, als einige davon noch zu den zehn größten Unternehmen der Welt gehörten – stagnieren. Über die Hälfte der veröffentlichen biomedizinischen Forschung stellt sich hinterher als nicht reproduzierbar heraus und dient lediglich dazu, Forscherkarrieren zu ermöglichen. Die pharmazeutische Industrie fährt gegenwärtig gegen die Wand, sie wird in der gegenwärtigen Form innerhalb der nächsten zehn Jahre verschwinden. Der Ansatz, früh mit Prävention zu beginnen, anstatt spät im Laufe eines Krankheitsgeschehens Arzneimittel einzunehmen, bleibt weitgehend ungenutzt, obwohl ein Großteil aller chronischen Erkrankungen durch gesünderen Lebensstil und Umweltfaktoren zu verhindern oder zumindest günstig zu beeinflussen wäre. Eine Ursache ist sicher das mangelnde Wissen um die einfachsten Komponenten eines gesunden Lebensstils. Mangelnde Bildung kostet acht Lebensjahre; ist man zudem noch männlich, reduziert sich die Lebenserwartung noch einmal um sieben Jahre. Und das Erschreckende ist: Beides addiert sich. Ungebildete Männer leben 15 Jahre kürzer als gebildete Frauen. Stimmen Sie mir also zu, dass wir eine Krise haben?

Bevor ich mit Ihnen in die Details gehe, möchte ich vorweg noch eine Bemerkung machen, die mir sehr am Herzen liegt. Ich werde nachfolgend viel Kritik üben und diese auch belegen, aber verstehen Sie das bitte nicht als pauschale Verurteilung aller Ärzte, Wissenschaftler und Industrieforscher. Die weitaus meisten Ärzte, bis auf einige wenige schwarze Schafe, wollen ausschließlich und absolut das Beste für ihre Patienten und tun auch das Menschenmögliche hierfür. Sie können aber nur das tun, was medizinisch überhaupt möglich ist. Wenn die Diagnosen und möglichen Therapien so unpräzise sind, wie sie nun mal sind, kann auch der engagierteste Arzt dies nicht ändern. Auch die Pharmaindustrie kann nur dann präzise Arzneimittel entwickeln, wenn es präzise Krankheitsdefinitionen gibt. Wenn der Forschungsbetrieb so läuft, wie er läuft, dann kann ein einzelner Wissenschaftler ihn nicht so einfach ändern, ohne aus dem System herauszufallen – und schon gar nicht ein junger Nachwuchswissenschaftler.

Wofür ich aber kein Verständnis haben werde: Wenn nach (!) der Lektüre dieses Buches diejenigen, die wesentliche Entscheidungen in der biomedizinischen Forschung, an Hochschulen und im Gesundheitssystem treffen können – und ich werde Ross und Reiter benennen –, danach noch immer behaupten, wir könnten so weitermachen wie bisher; dann handeln sie wider besseres Wissen. Ich möchte also im Gesundheitssystem und der biomedizinischen Forschung etwas Wesentliches bewegen beziehungsweise einen nachhaltigen Anstoß geben. Lassen Sie uns daher in die Details gehen.

Geheilt statt behandelt

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