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4 Flachstrickmaschinen 4.1 Maschinenelemente der Flachstrickmaschinen

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Die zurzeit in der Fertigung eingesetzten Strickmaschinen dienen ausschließlich der Herstellung von Einfaden-Gestricken, deren Maschen also durch die Vorlage eines Fadens in Richtung einer Maschenreihe entstehen. Zu diesem Zweck sind diese Maschinen mit einzeln beweglichen Zungennadeln ausgestattet. Grundsätzlich unterscheidet man Flach- und Rundstrickmaschinen.

Die Zungennadeln der Flachstrickmaschinen sind geradlinig (flach) in Nadelkanälen der Nadelbetten beweglich angeordnet. Durch Einwirkungen auf die Nadelfüße werden sie nacheinander ausgetrieben und nach der Fadenvorlage wieder in die Nadelkanäle gezogen. Je nach Anordnung der Nadelkanäle und der Verwendung von Zungen- und Doppelzungennadeln unterscheidet man RR-Flachstrickmaschinen und LL-Flachstrickmaschinen. LL-Flachstrickmaschinen werden nicht mehr gebaut, weil die LL-Musterung in der RR-Technik durch Transfertechnik erreicht wird.


Bild 4.1: RR-Hand-Flachstrickmaschine, 1 = Schlitten, 2 = Nadelbett, 3 = Fadenführer, 4 = Fadenkontrolle

Weiterhin können die Flachstrickmaschinen nach dem Antrieb und der Steuerung unterteilt werden in:

Hand-Flachstrickmaschinen (Bild 4.1)

Die Bewegungen der Strick- und Maschinenelemente sowie die Funktionen (Fadenführer- und Festigkeitswechsel, Schaltung der Stahlkurven für die Nadelfüße u. dgl.) erfolgen durch Handantrieb.

Mechanisch gesteuerte Flachstrickmaschinen (Bild 4.2)

Die Strick- und Maschinenelemente werden von einem Motor angetrieben und die Funktionen von einer Steuereinrichtung mechanisch betätigt.


Bild 4.2: Mechanisch gesteuerte Flachstrickmaschine, 1 = Schlitten, 2 = Nadelbett, 3 = Fadenführer, 4 = Fadenkontrolle, 5 = Steuereinrichtung, 6 = Warenabzug

Elektronisch gesteuerte Flachstrickautomaten (Bild 4.3)

Sämtliche Steuerungen sowie die Einzelnadelauswahl (Jacquard) werden von einem CAD-Programm gesteuert und elektromechanisch (mit Magneten oder Motoren) ausgeführt.


Bild 4.3: Maschinenelemente der elektronisch gesteuerten Flachstrickmaschine, 1 = Spulenablage, 2 = Fadenbremse, 3 = Fadenwächter, 4 = Fournisseure, 5 = Fadenführer, 6 = Nadeln und Niederhalteplatinen, 7 = Nadelbetten, 8 = Stößer, 9 = Schlitten, 10 = Schloss, 11 = Steuereinheit, 12 = Warenabzug

Die Arbeitsbreiten der Flachstrickmaschinen werden in Abhängigkeit von ihren Einsatzgebieten (z. B. Bändern, Oberbekleidung mit veränderlicher bzw. konstanter Warenbreite) ausgeführt.

Hand-Flachstrickmaschinen haben eine übliche Arbeitsbreite von 60–120 cm, die Flachstrickmaschinen für reguläre Gestricke (Zunahme und Minderung) eine Breite von 65–104 cm und die Flachstrickmaschinen für Oberbekleidung mit konstanter Warenbreite eine Breite von 114–305 cm.

Die Geschwindigkeiten der Flachstrickmaschinen (Schlittengeschwindigkeiten), die weitestgehend von der Bindung bzw. von der Mustertechnik sowie von dem eingesetzten Material abhängig sind, liegen zwischen 0,5 und 1,3 m/s.

Bei einer Arbeitsbreite von 180 cm entspricht diese Geschwindigkeit 14–36 Schlittenhüben/ min.

Die Maschinenfeinheit der Flachstrickmaschine bestimmt u. a. die Maschenstäbchendichte im Gestrick; sie gibt an, wie viele Zungennadeln je Längeneinheit (1” e = 25,4 mm) in einem Nadelbett vorhanden sind.

Feinheit E = Nadelzahl/1” e

Die Flachstrickmaschinen werden in den Feinheiten von E 2 bis E 20 gebaut.

Die Teilung T ist der Abstand zweier Nadeln im gleichen Nadelbett.

Teilung t [mm] = 25,4/Feinheit

In Abhängigkeit von der Maschinenfeinheit ist die Materialfeinheit festgelegt, die jedoch bei einer bestimmten Maschinenfeinheit je nach Bindung und Eigenschaft des Gestrickes innerhalb oberer und unterer Grenzwerte variiert werden kann.

Die passenden Garnfeinheiten für Woll- und Wollmischgarne sind in Tabelle 4.1 in Abhängigkeit von der Maschinenfeinheit dargestellt. Es ist zu berücksichtigen, dass die Tabelle nur grobe Anhaltswerte geben kann, da die passende Garnfeinheit auch wesentlich vom Fasermaterial (Wolle, Baumwolle, Polyester usw.) und dem Garnvolumen (Ringgarn, Rotorgarn, Filamentgarn, Effektgarn usw.) abhängt. Letztendlich entscheidet die Anwendung aufgrund der gewünschten Bindung, des benötigten Deckungsgrades (Coverfactor) im Gestrick, der erforderlichen Maschenfestigkeit bzw. dem gewünschten Flächengewicht und der Verstrickbarkeit.


Tabelle 4.1: Materialfeinheiten (dtex) in Abhängigkeit von den Flachstrickmaschinenfeinheiten (E)

Die RR-Flachstrickmaschinen sind mit zwei Nadelbetten ausgestattet, die dachförmig unter einem Winkel von etwa 90° zueinander angeordnet sind (Bild 4.4) und in deren Kanälen die Zungennadeln auf- und abgleiten können (Bild 4.5).


Bild 4.4: Querschnitt im Schlitten einer RR-Flachstrickmaschine, 1 = Nadelbett, 2 = Zungennadel, 3 = Schlitten mit Schloss, 4 = Nadelfeder, 5 = Gestrick, 6 = Abschlagkamm


Bild 4.5: Kanäle mit Zungennadeln einer RR-Flachstrickmaschine, 1 = Zungennadel, 2 = Nadelkanal, 3 = Abschlagkamm, 4 = Gestrick

Diese Bewegung der Nadeln, die für die Maschenbildung notwendig ist, wird von Schlössern (Bilder 4.6, 4.7) verursacht, die in einen Schlitten (Bild 4.8) über beiden Nadelbetten eingelassen sind und von diesem über die Nadelfüße bewegt werden. Durch die Schlosskurven (Bilder 4.6, 4.7) und die Schlittenbewegung werden die Nadeln nacheinander ausgetrieben und wieder abgezogen.


Bild 4.6: Schloss, 1, 2 = untere Austriebsteile, 3, 4 = obere Austriebsteile, 5, 6 = Abzugsteile


Bild 4.7: Vordere Schlösser einer 3-systemigen RR-Flachstrickmaschine, 1 = Nadelselektionsbereich für Masche/Henkel, 2 = Nadelaustriebsteile, 3 = Abzugsteile


Bild 4.8: Schlitten einer RR-Flachstrickmaschine, Ansicht von vorne (links), Ansicht von rechts (rechts)

Das Schloss (Bilder 4.6, 4.7) besteht aus den unteren und oberen Austriebsteilen sowie den Abzugsteilen und ist in den Flachstrickmaschinen für die verschiedenen Einsatzgebiete sehr unterschiedlich konstruiert. Dennoch sind die in Bild 4.6 dargestellten Schlossteile grundsätzlich für die Maschenbildung (vgl. Bilder 4.8, 4.9) notwendig und somit auch in allen Schlössern mit geringfügigen konstruktiven Abweichungen vorhanden. Die unteren Austriebsteile (Bild 4.6) bestimmen, ob die Nadel ausgetrieben wird oder im Nadelbett verbleibt. Die Schaltung der oberen Austriebsteile (Bild 4.6.) kann nach dem Austrieb durch die unteren Austriebsteile den Nadelweg zwischen Henkel und Masche bestimmen. Die Abzugsteile (Bild 4.6) bestimmen den Rückzugsweg der Nadeln. Dieser Rückzugsweg, auch Kulierung oder Festigkeit genannt, bestimmt die Maschenlänge.


Bild 4.9: Nadelbewegung und Fadenvorlage einer RR-Flachstrickmaschine (Maschenbildungsvorgang), 1 = Zungennadel unmittelbar vor der Maschenbildung, 2 = Fadenführer

Über den Nadeln bewegt sich mit dem Schlitten ein Fadenführer, der den ausgetriebenen Zungennadeln den Faden vorlegt (Bild 4.9).

Je nach Konstruktion des Schlittens bzw. nach der Anzahl der Schlösser im Schlitten, mit denen eine Maschenbildung möglich ist, ergeben sich je Schlittenhub eine oder mehrere Maschenreihen. Üblicherweise werden die Flachstrickmaschinen mit mehreren Systemen (Schlösser) auf jeder Nadelseite ausgestattet. Um auch die Leistungsfähigkeit der Maschinen zu verbessern, die durch die ständige Schlittenumkehr beeinträchtigt wird, werden Maschinen mit vielsystemigen Schlitten (bis zu 6 Schlosssysteme auf jeder Seite = 6 Strickprozesse mit einer Schlittenbewegung) oder Maschinen mit mehreren Schlitten (Tandem-Maschinen) gebaut, die unabhängig, aber auch gekoppelt stricken können. Hinzu kommt die Hubanpassung des Schlittens an den Ort des aktuellen Strickens, die den Wirkungsgrad ebenfalls verbessert.

Der Fadenführer kann durch eine Fadenführerwechseleinrichtung nach jedem Maschenbildungsvorgang (eine Maschenreihe) gewechselt werden. Der Faden gelangt von der Spule durch eine Fadenbremse, Knotenwächter und einen Fadenspanner mit Fadenwächter (Bilder 4.10, 4.11, 4.12) zu den Nadeln. Der Fadenspanner soll den Faden zu Beginn und Ende des Strickvorganges gespannt halten, damit einwandfreie Randmaschen entstehen und durchhängende Fadenschlaufen sich nicht verdrehen (Kringelneigung der gedrehten Fäden). Die Zuführung des Fadens kann durch Fournisseure (siehe auch Rundstrickmaschinen) für die Vergleichmäßigung der Fadenspannung unterstützt werden (Bilder 4.13, 4.14).


Bild 4.10: Fadenführung, 1 = Bremse, 2 = Fadenspanner (Fadenrückholfeder)


Bild 4.11: Fadenführung mit Bremse und Fadenspanner, 1 = Bremse, 2 = Fadenspanner


Bild 4.12: Seitliche Fadenüberwachung, 1 = Fadenwächter


Bild 4.13: Fournisseur für Flachstrickmaschinen


Bild 4.14: Fournisseur für die Garnlieferung (auch elastisch) mit Rückholvorrichtung zur Plattierung

Die Maschen müssen für den Maschenbildungsvorgang von den Nadeln abgezogen werden. Zu diesem Zweck kann ein Abzugskamm (Anschlagkamm) (Bilder 4.15, 4.16) für abgepasste Artikel und für den Gestrick-Anfang und ein Walzen-Warenabzug (Bilder 4.17, 4.18) für Meterware eingesetzt werden.


Bild 4.15: Bildung des Gestrick-Anfangs mit Anschlagkamm, 1 = Netzreihe, 2 = Anschlagdraht, 3 = Draht, der die Anschlagdrähte verbindet und nach Abzug des Anschlagkammes die Fadenschleifen abzieht


Bild 4.16: Nadeln des Anschlagkammes mit Draht und Fadenschleifen (Netzreihe), 1 = Fadenschleife, 2 = Zungennadel, 3 = Nadel des Anschlagkammes, 4 = Draht des Anschlagkammes


Bild 4.17: Warenabzug, 1 = Abzugswalzen, 2 = Andruckrollen, 3 = Warenlauf, 4 = Regulierung für den Druck zwischen Abzugswalzen und Andruckrollen, 5 = Hebel mit veränderlichem Gewicht

Da die Maschen im Strickprozess nacheinander entstehen, eignen sich als Warenabzug mehrere Teilwalzen, die auf einer gemeinsamen Welle frei beweglich gelagert sind und die durch Federn (Bild 4.19) jeweils gespannt die anfallende Ware nach Bedarf abziehen. Die Spannung der Federn wird durch Verdrehung der Abzugswalzenwelle erreicht. Diese Verdrehung wird von Schaltklinken ausgeführt und von einem Hebel mit veränderlichem Gewicht unterstützt. Unter den Teilwalzen sind Andruckrollen vorgesehen, die sich mit regulierbarem Druck der Warenart anpassen und die durch die Warenumschlingung einen sicheren und wirkungsvollen Abzug gewährleisten.


Bild 4.18: Warenabzug, 1 = Abzugswalze, 2 = Andruckrolle mit Feder, 3 = Hebel mit veränderlichem Gewicht, 4 = Schaltklinken, 5 = Nadelbett und Nadelfüße


Bild 4.19: Warenabzug, 1 = Abzugswalzen, 2 = Andruckrollen, 3 = Warenlauf, 4 = Regulierung für den Druck zwischen Abzugswalzen und Andruckrollen, 5 = vorgespannte Federn, die die Abzugswalzen in Warenlaufrichtung verdrehen

Um eine einwandfreie Maschenbildung der strickenden Zungennadeln zu gewährleisten, muss beim Nadelaustrieb die zuletzt gebildete Maschenschleife über die Zunge auf den Nadelschaft gleiten. Diese Aufgabe übernimmt in der Regel der Warenabzug.

In Strickvorgängen für auf Passform gearbeitete Teilstücke (fully fashion) oder für extreme Strukturmusterungen sind Hilfselemente (Einstreicher, Niederhalteplatinen und dergleichen) notwendig, um die einwandfreie Maschenbildung zu sichern.

Die Mascheneinstreicher bewegen sich mit dem Schloss und gleiten so unter die austreibenden Nadeln, dass die Maschenschleifen auch ohne Abzug sicher aus dem Nadelkopf über die Zunge auf den Nadelschaft gebracht werden können (Bild 4.20).


Bild 4.20: Mascheneinstreichvorrichtung, 1 = Maschen einstreicher, 2 = Nadelbürste

Zusätzliche Nadelbetten können oberhalb der vorderen und unteren Nadelbetten für Umhängevorgänge angebracht sein (Bild 4.21). Insbesondere für Komplettteilfertigung sind hier Vorteile in der Fertigung.


Bild 4.21: Nadelbettenanordnung mit zusätzlichen Umhänge-Nadelbetten, 1 = Zusatznadelbett, 2 = Standardnadelbett

Mit Muster- und CAD-Anlagen können Design- und Strickprogramme erstellt werden. Vorprogrammierte Module für Strukturen oder Farbjacquards lassen sich in Maschinenprogrammen für die Erstellung und Archivierung von verschiedenen Strickteilen nutzen. Für die Ein- und Ausgabe von Muster- und Programmdaten können Zusatzgeräte wie Scanner (optische Erfassung von Farbvorlagen), Fotokamera, Graphik-Tablett (Übernahme von Schnitten, Skizzen und Programmdaten) sowie Drucker für farbige Ausdrucke und Strickprogramme eingesetzt werden.

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