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Die Alten von Okinawa

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Die Forschungsgruppe Gerontologie der Universität von Kalifornien (UCLA, Los Angeles) sammelt in einer Datenbank permanent die Namen und Daten der Ü100-Menschen weltweit. Schaut man sich diese Liste an, dann fällt auf, dass 21 von 45 in Japan leben (Stand: Mai 2020). Fast die Hälfte der international ältesten Menschen sind also Japaner – ein guter Grund, genauer hinzuschauen und sich mit dem dortigen traditionellen Lebensstil intensiver zu beschäftigen. Das sogenannte Ikigai (= Lebenswert) gehört als zentraler und traditioneller Bestandteil dazu und ist in Japan weitverbreitet.

Der Hotspot der Langlebigkeitsforschung ist Okinawa, eine Insel im Süden Japans mit subtropischem Klima. Statt im Altenheim leben die meisten Hochaltrigen auf Okinawa noch allein, arbeiten oft sogar noch oder haben ein Hobby, dem sie täglich nachgehen. Pensionierung, Rente oder Ruhestand sind Begriffe, die es im Sprachgebrauch und täglichen Leben auf der Insel nicht gibt! Obwohl die Blue-Zone-Forscher sich am Alter der Männer orientierten und dadurch auch auf Okinawa kamen, fällt auf, dass es hier vor allem die Frauen sind, die eine überdurchschnittlich hohe Lebenserwartung haben. Die fast vegetarische Ernährung der Bewohner hat bereits als sogenannte Okinawa-Diät bei den Abnehmwilligen im Westen Karriere gemacht. (Obwohl sich diese Diät deutlich von der tatsächlichen Ernährung der Insulaner unterscheidet.) Dort isst man sehr häufig maximal 80 Prozent des tatsächlichen täglichen Energiebedarfs – die Wissenschaft nennt das kalorische Restriktion, die Japaner nennen es „Hara hachi bu“, was so viel bedeutet wie nur 80 Prozent zu essen. Dieses Prinzip soll bereits in den Lehren des Konfuzius verankert sein. Die Ernährung ist sehr pflanzlich ausgerichtet und enthält täglich wenig Kalorien (etwa 2000 kcal). Ganz hoch im Kurs stehen dabei Süßkartoffeln, Tofu und besonders die Bittergurke Goya mit ihren hohen antioxidativen und den Blutzucker regulierenden Bestandteilen.

TEURE GEBURTSTAGE

Bisher waren die Japaner unendlich stolz auf ihre 100-Jährigen und feierten sie jedes Jahr mit großem Aufwand. Seit mehr als 50 Jahren erhielt jeder Japaner, der 100 wurde, vom Staat ein kostbares Geschenk: eine Sake-Schale aus Silber. Außerdem gibt es im September einen Feiertag, um den Respekt vor den Alten zu dokumentieren. Die 100-Jährigen stehen dabei wie große Stars im Mittelpunkt der Feierlichkeiten. 2016 wurde die Ehrung der 100-jährigen Jubilare mit wertvollen Geschenken eingestellt, weil es dem Staat wohl inzwischen zu teuer geworden war: Als man 1963 zu zählen begann, gab es nur 153 100-Jährige, 2016 waren es 4124 Männer und Frauen! Übrigens leben in Japan aktuell etwa 70 000 100-Jährige. Um aufzufallen, braucht es also besondere Leistungen – nur alt zu sein, reicht in Japan nicht mehr. So stellte Hidekichi Miyazaki 2015 einen Rekord über 100 Meter auf: Er lief die Strecke im Alter von 105 Jahren in 42,22 Sekunden!

Die Gartenarbeit wird auf Okinawa hochgeschätzt, weil sie nicht nur viele frische Lebensmittel liefert, sondern auch Stress reduziert und reichlich Bewegung mit sich bringt. Dadurch bleiben die Bewohner aktiv und sind oft an der frischen Luft, tanken Tageslicht und Sonne. Durch die klassische Sitzhaltung auf dem Boden trainieren Japaner ihre Beinmuskeln ganz unbewusst jeden Tag mehrmals, wenn sie aus der Kraft ihrer Beine aufstehen. Außerdem wird auf Okinawa viel Sport in Form der traditionellen japanischen Sportarten wie Karate und Judo betrieben. Auch Gateball – die japanische Form des Krockets – wird fast täglich gespielt und gehört zum Leben einfach dazu. Dan Buettner berichtet sogar von über 80-Jährigen, die noch täglich für den Zehnkampf trainieren.

Doch eins kann ich Ihnen in diesem Zusammenhang nicht vorenthalten: Leider schwindet die Langlebigkeit auf der Insel langsam aufgrund vielfältiger Einflüsse. Andere japanische Städte haben aufgeholt oder Okinawa bereits überholt. Dazu mehr ab Seite 17.

Die Gesundheitsformel der 100-Jährigen

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